18.02.2018: Flugzeugabsturz im Iran

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kingair9

Megaposter
18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
Nach den vorliegenden Berichten im Herald und anderen Medien kann man die derzeitigen Informationen zusammenfassen:

Zielflughafen und Umgebung in Hochgebirgsbedingungen - Flughafen im Talkessel bei gut 1.000m ASL, umgebende Berge bei gut 4.000m ASL. Geographie am Rande des Mission Envelopes einer ATR (Maximale Single Engine Flughöhe minimal über den dortigen Berghöhen).

Engine Failure auf Reiseflughöhe bzw. im Descent

Ob/welche anderen Faktoren (z.B. Engine degration einer älteren Maschine bei hohem Gewicht des Fliegers) eine Rolle gespielt haben wird geprüft.
 
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AustrianSimon

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30.05.2016
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Engine Failure auf Reiseflughöhe bzw. im Descent

Ich denke, dieser Teil der Zusammenfassung passt nicht. Die Airline hat erzählt, daß der Kapitän des Unglücksfluges einen Triebwerksausfall im Jahr 2014 mit erfolgreicher Landung in Yasuj bewältigt hat.

Bislang gibt es keinerlei Anzeichen eines Notrufs oder sonstigen Berichts der Crew von irgendwelchen technischen Schwierigkeiten.

Es gibt einen Bericht von Luftfahrtenthusiasten aus dem Iran wonach ATC die Maschine um 09:22L auf FL170 freigegeben habe. Allerdings war zu dem Zeitpunkt, laut Airline, der Kontakt bereits mehr als 30 Minuten abgebrochen, auch die normale Flugzeit wäre bereits überschritten gewesen (die Maschine war definitiv um 08:08L (+03:30UTC) airborne imSteigflug durch 7000 Fuß MSL, 04:38Z). Dieser Bericht wurde aber als Fakt von anderen Diensten ohne weitere Überprüfung übernommen, ebenso wie nicht nachvollziehbare Radardaten die ebenfalls außerhalb des Zeitfensters des Fluges zu liegen scheinen (wir halten diese Daten daher nicht für glaubwürdig und berichten sie nicht).

Nach dem Informationschaos aus dem Iran, wo die linke und rechte Hand voneinander nichts zu wissen scheinen, ist nun klar, daß die Endposition des Flugzeugs nach wie vor nicht bekannt ist. Allerdings ist Noqol sogar ein Wegpunkt des Airways V144 der nach Yasuj führt und das dortige NDB ebenfalls als Wegpunkt definiert. Insoferne ist die "Fund" Meldung - obwohl dementiert - ein deutlicher Hinweis auf die endgültige Position der Maschine (zumindest identifiziert sie ungefähr den Punkt des letzten Radar Kontakts). Wenn ich die Höhendaten richtig lese, führt der Airway knapp an einer Steilwand westlich vom Airways vorbei.

Ebenso würde ich zur Zeit noch nicht die Wettersituation außer Acht lassen INKLUSIVE der Dichtehöhe. Ich schließe zur Zeit nicht aus, daß FL170 (wenn diese Meldung über diese Freigabe stimmen sollte, was wir zur Zeit versuchen zu verifizieren) UNTERHALB der MSA von 15,500 Fuß gelegen haben könnte.

Zu viele Möglichkeiten und Theorien aktuell. Ich hoffe, die CAO Iran gibt bald Hinweise auf die Vorgänge rund um den Absturz.

Servus, Simon
 

Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
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Farewell City
Ein "oberflächlicher" Blick auf die jetzt gemeldeten Absturzstelle "N30.8687 E51.6483" - lt. avherald - erweckt den Eindruck dass die Maschine VOR dem Passieren des höchsten Gebirgskamm abgestürzt ist. Mit einer Umkehrkurve oder einer Kursänderung + / - 90°, so scheint es, hätte man die "Gipfel" des Passes voraus vermeiden können.

Ich kann bisher keinen Hinweis auf eine Engine Failure finden / lesen?

Den Hinweis bzgl. der Dichtehöhe verstehe ich nicht in Bezug auf die MSA, aber in Bezug auf die Performance eines "alten Flugzeugs".

Insgesamt erinnere ich zahllose Episoden von Ex-ATR Skippern (EW aus MUC raus - Jahrzehnte her) die auf ein "anspruchsvolles" Flugzeug in "icing conditions" schließen lassen. Wenn die Web Quellen richtig sind, dann liegt die Service Ceiling "in icing conditions" bei FL130 - mit mindestens 165 Knoten Fahrt auf der Uhr.

Es gibt zahllose Berichte von "temporary loss of control" in "icing conditions" - juengst eine Aurigny ATR siehe zB Incident: Aurigny AT72 near Guernsey on Dec 21st 2016, temporary loss of control due to ice accretion. Da stehen eine Reihe interessanter Punkte drinnen.

Ob diese für das konkrete Unglück relevant sind? Keine Ahnung.

Ich kann nur sagen: Ich haette im Winter keinen Flug von Teheran zu einem Gebirgsflugplatz mit einer ATR gebucht. Aber "Who am I".
 
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AustrianSimon

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30.05.2016
24
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Ich kann bisher keinen Hinweis auf eine Engine Failure finden / lesen?

Den Hinweis bzgl. der Dichtehöhe verstehe ich nicht in Bezug auf die MSA, aber in Bezug auf die Performance eines "alten Flugzeugs".

In der Tat, bisher gibt es keinen Hinweis auf ein technisches Versagen, keinen Notruf, nichts in der Richtung - was aber nicht notwendigerweise heißt, daß es kein technisches Problem gegeben hat. Die Crew könnte versucht haben Aviate, Navigate, Communicate und daher keine Zeit mehr gehabt haben, einen Notruf abzusetzen. Abwarten und Tee/Kaffee/Cola/Getränk der Wahl schlürfen.

Aber es könnte auch ein ganz simples prinzipielles Problem mit Terrain bzw. Obstacle Clearance und Altimetern gegeben haben bei niedrigen Temperaturen. Bei entsprechend niedrigen Temperaturen (unter ISA) zeigt der Altimeter höher an als das Flugzeug tatsächlich ist. Schon so manches Flugzeug ist, weil der Pilot dem Altimeter (=Druckhöhe) vertraute und glaubte er sei genügend hoch über Terrain, ins Terrain gerauscht bei niedrigen Temperaturen, weil er die Temperaturkompensation (=Dichtehöhe) nicht einrechnete.

Ein Eurocontrol Dokument gibt dazu mehr Aufschluß: https://www.eurocontrol.int/sites/d.../guidelines-ctc-by-ats-edition-1-0-signed.pdf

ICAO (und EASA) sagt dazu im übrigen in PAN OPS, daß es nicht Aufgabe des ATC ist, solche Terrain Clearance und Temperaturkompensation zu berechnen, sondern Aufgabe des Piloten.

Jetzt zeigen die METARS für Yasuj nicht unbedingt große Abweichungen von ISA Conditions an, allerdings befinden wir uns da in einem sehr speziellen Talkessel, die Umgebung könnte durchaus andere Bedingungen vorfinden. Die Große Spanne zwischen Temperatur und Dew Point in Yasuj zeigt zum Beispiel eine sehr trockene Luft (unter 20% Luftfeuchte) an, Eisbildung ist da eher unwahrscheinlich. Allerdings könnten das Föhneffekte sein und jenseits der Bergrücken regnet Luftfeuchte bei ganz anderen atmospherischen Bedingungen ab. Nebel zum Beispiel würde den Dew Point und Temperatur gleichsetzen (Luftfeuchte=100%), Eisbildung wäre da sehr wahrscheinlich in dieser Höhe und daher Temperatur. Aber eben, auch Effekte wie Druckhöhe deutlich höher als die Dichtehöhe bzw. reale Höhe, sind nicht ausgeschlossen.

Nur ein Gedanke, was da alles passiert sein kann. Keines dieser Szenarien ist ausgeschlossen. Wir haben viel zu viele Möglichkeiten im Moment, die Debatte auf Eisbildung - auch wenn Roselawn und verwandte Vorfälle durchaus der Verdacht in diese Richtung verstärken, während erfolgreiche und sichere ATR-72 Operatoren in Kanada und Skandinavien solchen Verdacht eher ausräumen - ist zur Zeit verfrüht und zu einseitig.

Servus, Simon
 
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flyer09

Erfahrenes Mitglied
04.11.2009
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Mal ein Update...

On Mar 11th 2018 Iran's AIB released their preliminary report in Persian reporting that according to FDR and CVR the aircraft had been handed over to Yasuj Tower, the autopilot was set to 15,000 feet. Descending through 15,600 feet the crew activated the anti-ice systems. The aircraft levelled off at 15,000 feet on autopilot, the crew set the QNH to 1021 and maintained 15000 feet for about one minute. Then the engines were reduced to idle, the speed reduced to 200 KIAS with the angle of attack increasing, the engines get slightly accelerated. The speed continued to decrease and reached 129 KIAS (minimum maneouvering speed 132 KIAS), the pitch reaches 15 degrees nose up, the engines accelerate to 67% torque. The altitude target is set to 14,000 feet and the aircraft begins to descend at about 600fpm. The speed further reduces to 117 KIAS, a stall warning activates, the crew disengages the autopilot, the aircraft rolls 20 degrees to the left, the pitch reduces to about 9 degrees nose down. Descending through 14200 feet at 137 KIAS the autopilot gets re-engaged, the aircraft rolls right by 12 degrees, the pitch increases to 5 degrees nose down. A GPWS warning "TERRAIN AHEAD! PULL UP!" activates, the autopilot is disengaged, the GPWS warning continues for 12 seconds until impact.

The AIB continued that there was no technical malfunction of the aircraft, the engines operated in accordance to pilot inputs, all aircraft systems supplied the crew with valid data. Due to the cloud cover the crew remained unaware of the mountains ahead until 2 seconds before impact and rolled the aircraft sharply left in order to avoid the terrain.

The AIB stated that the crew should have maintained 17,000 feet in accordance with the flight plan, however, descended the aircraft to 15,000 feet followed by a target altitude of 14,000 feet on the autopilot contrary to flight rules. In addition, while the crew was permitted to conduct the flight with the weather data available at the time of departure, the latest weather information provided by Yasuj Tower indicating clouds up to 15,000 feet prohibited the approach to Yasuj according to company procedures due to cloud cover present at the aerodrome, the crew should have diverted to Shiraz or Isfahan planned as alternate aerodromes. Pilot discussions according to the CVR confirm the presence of cloud up to 15,000 feet confirming the accuracy of the weather report by Yasuj Tower. Although the aerodrome was still more than 10km away the crew appeared to be confident the area would be in visual meteorologic conditions. The AIB warns that all of this is first interpretation of first investigation results and is not to be taken as cause of the accident.

Quelle: Crash: Iran Aseman AT72 near Semirom on Feb 18th 2018, impacted terrain
 

longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
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Mal ein Update...

Zwar nur ein Zwischenbericht aber der Satz „das Flugzeug reagierte erwartungsgemäß auf alle Piloteneingaben“ nimmt eigentlich vorweg, dass es menschliches Versagen war.
Wenn man dann noch liest welche krassen Versäumnisse die Piloten machten (zu niedrige Höhe für das Gebiet, interne Sicherheitsregeln erlauben keine Landung bei dieser Witterung) dann wird einem mulmig. Ich hoffe das ist kein Querschnitt über die Sicherheitskultur der Piloten in der iranischen Luftfahrt sondern eine Ausnahme wie wir sie hier in Europa auch schon hatten (z.B. Crossair 3597).
 

flyer09

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04.11.2009
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Eine Sicherheitskultur ist bei Iran Aseman wohl nicht vorhanden...

An Iran Aseman Airlines Avions de Transport Regional ATR-72-212A, registration EP-ATX performing flight EP-845 from Rasht to Tehran Mehradbad (Iran) with 61 people on board, was on approach to Tehran descending through 15000 feet when the crew requested to continue the approach for a landing despite thunderstorm clouds at 3500 feet and lightning at the aerodrome. The aircraft encountered severe turbulence on final approach, the EGPWS triggered due to high rate of descent, and landed without further incident. The aircraft sustained foreign object damage.

Iran's CAO reported in their preliminary report in Persian that the captain decided to not divert to the planned alternate Isfahan (Iran) and to continue the landing into Mehrabad despite the weather reports and recommendation by the first officer to divert.

The aircraft sustained foreign object damage to the first officer's windshield, a hard landing inspection needed to be carried out, following parts also needed to be examined for damage: static dischargers, L/H & R/H FW & AFD ice window outer pane probe, R/H pitot probe, L/H AFT & FWD side window, R/H ram air control valve, L/H & R/H nose wheels, Body cabin window outer pane and ECU isolation valve.

The occurrence was rated a serious incident due to the serious hazard to the safety of the flight and is being investigated.

Quelle: Incident: Iran Aseman AT72 at Tehran on Jun 11th 2018, approach in turbulent conditions, captain refused diversion
 
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Luftikus

Megaposter
08.01.2010
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irdisch
Das kann auch nur der eine Kapitän gewesen sein. Der Erste Offizier hat doch widersprochen? Die untersuchen das und berichten darüber. Soweit in Ordnung. Besser als vertuschen. Trotzdem möchte man nicht solchen Harakiri-Typen als Passagier ausgeliefert sein.
 

Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
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Farewell City

daraus

- Continuing to (...) airport for landing against Operation manual of the Company (...) due to low altitude ceiling of the cloud and related cloud mass
- Descending (...) below minimum of the route and MSA
- Lack of enough CRM during flight
- Failure to complete the stall recovery (flap setting, max RPM).
- Inappropriate use of Autopilot after Stall condition
- Quick action to switch off anti-ice system and AOA
- Failure to follow the Check lists and standard call out by both pilots

Puh...:censored: