Lieferverzug Möbelbestellung - dringend kurzfristige Einschätzung benötigt

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scandic

Erfahrenes Mitglied
02.04.2011
1.216
445
Norddeutschland
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Hallo zusammen,

umzugsbedingt bin ich dabei, mich komplett neu einzurichten und habe zu diesem Zweck bei einem Möbelhaus eine Couch bestellt (Auftragswert 2.100 EUR). Im Verkaufsgespräch wurde auf die Notwendigkeit einer schnellen Lieferung hingewiesen. Der Auftrag wurde am 30.01.2015 erteilt, auf dem Auftragsformular im Feld Termin Kundenwunsch die Bemerkung "schnell" notiert, von dort ausgehend ein Pfeil auf ein Bemerkungsfeld gesetzt und dort vermerkt "11. KW im Lager". Die Angabe sonstiger Lieferzeiten wie "Lieferzeit ca. XY Wochen" ist nicht vermerkt.

Für mich ist damit ein eindeutig bestimmter Lieferzeitpunkt fixiert (11. KW). Bis heute habe ich die Couch nicht erhalten, telefonisch in der 13. und 14. KW beim Möbelhaus nachgefragt und jedesmal bekam andere Antworten. Ein aktiver Kontaktversuch seitens des Möbelhauses zur Information über eventuelle Verzögerungen fand nie statt. Mein letzter Anruf erfolgte am 1. April 2014, wiederum mit ausweichenden Antworten. Insofern setzte ich mit Datum 1. April eine Lieferfrist bis zum 8. April 2015 (Verweis auf §323 Abs.2), das Möbelhaus argumentiert jetzt mit einer nicht angemessenen Nachfrist.

Bei einem bereits eingetretenen Lieferverzug von 4 Wochen (bei einer Lieferzeit von 5 Wochen halte ich eine letzte Frist von 1 Woche (selbst wenn diese über Ostern laufen sollte) für angemessen. Immerhin hat das Möbelhaus 4 Werktage Zeit, entsprechend zu agieren. Da ich kein Jurist bin und das Möbelhaus indirekt mit Rechtsstreit droht, bitte ich um eure Einschätzung:

* ist die Nachfrist angesichts der geschilderten Umstände tatsächlich zu kurz?
* ist der formulierte Absatz "11. KW im Lager" tatsächlich als fix definierter Liefertermin zu interpretieren?
* welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die AGB-Klausel "Angaben über Lieferfristen und Liefertermine sind unverbindlich. Etwas anderes gilt nur, wenn ein nach dem Kalendertag bestimmter verbindlicher Liefertermin vereinbart wird."

Meine Hoffnung stützt sich vor allem auf die Formulierung mit der 11. KW und folgenden Rat der Verbraucherzentrale NRW:
Möbelkauf - Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

In bestimmten Fällen brauchen Sie dem Händler keine Nachfrist zu setzen. Haben Sie zum Beispiel einen genauen Liefertermin vereinbart, der nach dem Kalender bestimmt ist (beispielsweise "Liefertermin 5. Mai 2013" oder "Lieferung in der/bis zur 32. Kalenderwoche") und von vornherein deutlich gemacht, dass Sie an einer späteren Lieferung kein Interesse haben, so ist eine Nachfrist entbehrlich.

Freue mich sehr für eine (juristische) Einschätzung von Euch und bedanke mich im Voraus!
 

scandic

Erfahrenes Mitglied
02.04.2011
1.216
445
Norddeutschland
Weil dies die Plauderecke über Gott und die Welt in unserer guten Stube ist und auch hier ein paar Juristen unterwegs sind. Auf die schnelle fällt mir kein gutes Juraportal ein und die Zeit rennt :)
 

kingair9

Megaposter
18.03.2009
22.381
764
Unter TABUM und in BNJ
Moin!

Vorweg: Sowohl der genannte Händler als auch der genannte Produzent sind seriöse und große Unternehmen.

Die gewöhnliche Lieferzeit einer sogenannten "Kommissionsbestellung" (= Produktion nur auf Bestellung, nicht ab Lager) ist gewöhnlich circa 25-35 Arbeitstage. Gerade bei Lederbezug ist man meistens am oberen Rand dieser Lieferzeit-Bandbreite.

Nun war aber das erste Quartal 2015 für die deutsche Möbelindustrie (und der genannte Hersteller hat seinen Sitz in Oberfranken) überraschend gut - die Lieferzeiten waren daher länger als der Schnitt der letzten Jahre im Vergleichszeitraum. Also eher 35 Arbeitstage = 7 Wochen.

Wenn Du das Sofa am 30.1. bestellt hast, dann ist der Vermerk "KW11 am Lager" zwar optimistisch aber grundsätzlich nicht unrealistisch - denn das wären 30 Arbeitstage gewesen. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass Du es auch in KW11 bekommen hättest - gewöhnlich musst Du 5-10 Arbeitstage von Anlieferung beim Händler bis zur Auslieferung drauf rechnen.

KW13/14 hätte es aber durchaus bei Dir sein können - ich würde da mal wegen 10-15% nachhaken...
 

scandic

Erfahrenes Mitglied
02.04.2011
1.216
445
Norddeutschland
Vielen Dank für deine aussagekräftige Einschätzung. In seiner Stellungnahme heute zum Fristablauf berief sich der Händler auf produktionstechnische Schwierigkeiten beim Lieferanten, das kann aber nicht mein Problem sein. Eine Lieferung fand nicht statt, vielmehr bestätigte man mir, dass auch die zweite Frist erfolglos bleiben musste, obgleich man alles unternommen habe, wie geplant zu liefern. Man bot einen Nachlass im unteren einstelligen Prozentbereich an, wenn ich mich auf einen weiteren Liefertermin einlasse.

Habe um Rückruf morgen gebeten und werde versuche trotz Androhung des Rücktritts (muss ich spätestens morgen ja dann auch erklären), doch noch eine einvernehmliche Lösung entsprechend deines Vorschlags zu erreichen.
 

Mulder_110

Erfahrenes Mitglied
04.05.2012
2.128
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Ich habe ein ziemlich ähnliches Trauerspiel hinter mir wie du Sachlage im Detail anders, aber im Großen und Ganzen vergleichbar. Ich hatte eine ähnlich schwammige Frist wie du im Auftrag. Nachdem diese schwammige Frist abgelaufen war, habe ich gemahnt, mit 10 Werktagen harter Nachfrist sowie der vorsorglichen Ankündigung, dann vom Kaufvertrag zurück zu treten. Sie haben mir dann letztendlich rund 10% Nachlass angeboten, mit dem Versprechen, in 3 Wochen zu liefern. Hat auch so geklappt.
Mein Problem war letztendlich: Wenn ich da zurück getreten wäre, hätte ich ja immer noch keine Couch, da es ab dann ja wieder 10-12 Wochen dauern würde, egal bei welchem Möbelhaus ... :-(
Eine Woche halte ich für grenzwertig, aber angemessen -- besonders, da du ja eigentlich schon eine Frist im Vertrag hattest. Somit ist der Händler nach harter Auslegung sowieso schon automatisch im Verzug gewesen ab Woche 11 plus ein Tag. Aber Recht haben und Recht bekommen ist ja bekanntlich was getrennt zu betrachtendes ... ;-)
 

flying_mom

Erfahrenes Mitglied
03.11.2014
2.165
508
HOQ/NUE/CGN
Zwar nicht bzgl. Lieferfrist, aber zum Thema Möbel:
Bei der Ledercouch wurden bei Lieferung mehrere Mängel festgestellt. Ein Nachbessern durch den Lieferanten/Möbelhaus lehnten wir ab, da es um Fehler im sichtbaren Bereich ging. Nach langem Hin und Her wurde die Couch nach 3 Monaten wieder abgeholt und steht jetzt notdürftig ausgebessert (an exakt den Stellen, die wir dokumentiert haben) wieder im Möbelhaus als Ausstellungsstück zum gleichen Preis, den wir für die Neuware bezahlt haben. Ohne Kennzeichnung, das es sich um bereits 3 Monate beim Kunden benutzte Ware handelt. NIE wieder kaufe ich dort etwas, das ist Betrug am Kunden.
@kingair: Was hälst Du davon?
 
P

propertindo

Guest
Lieferzeitverzug ist leider Alltag, nicht nur in der Möbelbranche, und du wirst, falls der Lieferant nicht ein kompletter Trottel ist, wovon nicht auszugehen ist, sehr schnell merken, dass du am komplett kürzeren Hebel sitzt.

Normalerweise, so kenne ich das wenigstens, ist Zahlung bei Lieferung oder es wird erst gar nicht geliefert.
 

janfliegt

Erfahrenes Mitglied
28.07.2011
6.129
5
FHH (Feld hinterm Haus)
...besonders, da du ja eigentlich schon eine Frist im Vertrag hattest. Somit ist der Händler nach harter Auslegung sowieso schon automatisch im Verzug gewesen ab Woche 11 plus ein Tag. Aber Recht haben und Recht bekommen ist ja bekanntlich was getrennt zu betrachtendes ... ;-)

Du brauchst für den automatischen Verzug ein Datum. Eine KW ist zu unpräzise...
 
F

feb

Guest
Was du schilderst - 11. KW im Lager - ist aus Sicht des Juristen ganz sicher keine sog. Fixterminvereinbarung. Dies schon alleine, weil der Erfüllungsort (= deine Wohnung) nicht bezeichnet ist, sondern irgendein Lager in Sonstewo und die 11. KW eher nicht ein nach Kalendertag bestimmter Liefertermin ist.

Gleichwohl: Setze bitte den Verkäufer in Verzug. Bei weiterem Beratungsbedarf bitte PN.
 

kingair9

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18.03.2009
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764
Unter TABUM und in BNJ
Übrigens noch ein kleiner (interner) Tipp.

Die meisten Möbelhändler haben über ihre Einkaufsverbände (jeder Händler in Deutschland ist in so einem Verband) festgeschriebene Konventionalstrafen, die sie den Herstellern berechnen dürfen, wenn die maximale Lieferzeit von X Tagen überschritten wird.

Die Höhe ist durchaus unterschiedlich aber scandics Händler bereits jetzt 5-7% vom Hersteller bekommt.
 
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propertindo

Guest
Alles gut gemeinte Ratschläge.
Aber falls der Geschäftsführer auf der Gegenseite nicht ein Vollblutanfänger ist, wovon nicht auszugehen ist, läßt er sich von sowas kaum unter Druck setzen, oder gar Einschüchtern. Das ist ja für den Alltagsschleim.
Immerhin hat der Kunde in aller Regel eine Anzahlung stehen und ist somit voll in der Hand des Lieferanten.

Und der Lieferant kassiert bei Lieferung üblicherweise sofort den Rest und hat damit erstmal 100% seines Geldes, dem du dann erstmal juristisch hinterherspringen darfst.
Na dann, viel Spaß.
 

paulraum

Erfahrenes Mitglied
08.04.2009
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ARN / ZRH
Darum geht man dann bei mehrmahligen schlechten Erfahrungen eher direkt zu einem kleinen Hersteller und lässt sich so auf den Spass dieser Möbelgiganten nicht mehr ein. Wir haben nach diversen ähnlichen Geschichten alte Möbel mit Reparationsbedarf gekauft und zum Sattler/Tischler/Polsterer (Orga übernimmt der Sattler) um die Ecke gebracht. Da bezahle ich Material vorweg und den Rest bei Lieferung. Kostet unbedeutend mehr, spart Nerven und man hat ein Einzelstück. Und die Poslterung wir 10x besser als bei jeder anderen couch, die ich je gekauft habe (ok, so viele waren es nicht ;))
 

scandic

Erfahrenes Mitglied
02.04.2011
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445
Norddeutschland
Was du schilderst - 11. KW im Lager - ist aus Sicht des Juristen ganz sicher keine sog. Fixterminvereinbarung. Dies schon alleine, weil der Erfüllungsort (= deine Wohnung) nicht bezeichnet ist, sondern irgendein Lager in Sonstewo und die 11. KW eher nicht ein nach Kalendertag bestimmter Liefertermin ist.

Gleichwohl: Setze bitte den Verkäufer in Verzug. Bei weiterem Beratungsbedarf bitte PN.

Danke auch dir für deine Einschätzung. 11.KW im Lager bedeutet dann aber auch spätestens eine Auslieferung in der 12.KW an mich, wie kingair9 schon schrieb. Seitens des Mäbelhauses wurde mir bestätigt, dass eine Lieferung in der 11.KW geplant war. Hinzu kommt (wie ich jetzt weiß), dass ich mehrmals wissentlich belogen wurde, was den Lieferzeitpunkt angeht, das ist völlig inakzeptabel. Das ergebnislose Verstreichen von zwei durch mich gesetzte Fristen wurde ebenso bestätigt, insofern heute Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, da ein letzter Versuch einvernehmlich eine Lösung zu erreichen durch Nichtreaktion seitens des Möbelhauses scheiterte. Ich habe keine Ahnung wie man dort jetzt reagiert ...

Was die Bestimmung des Lieferzeitpunkts angeht. Ich bin bei dir, dass dies immer Auslegungssache ist. Aber wenn ich den Kommentar zum BGB von Palandt heranziehe, steht dort, dass Berechenbarkeit nach dem Kalender ausreichend ist, auch eine Angabe einer Kalenderwoche wäre ausreichend. Insofern wäre m.E. unter den gegebenen Umständen mit Ablauf der 11. KW, spätestens der 12. KW Verzug auch ohne Mahnung gegeben. Meine erste Fristsetzung erfolgte Anfang KW 13, die zweite und letzte Mitte KW 14, in Summe 3 Wochen Frist zur Lieferung.

Es bleibt spannend!
 
P

propertindo

Guest
Magst du diese Auffassung etwas näher begründen?
Normalerweise leistet man mit Auftrag eine Anzahlung.
Mit einer Anzahlung bist du automatisch in der Hand des Lieferanten.

Du wirst also nach seinen Regeln spielen müssen, oder u.U. deine Anzahlung riskieren.
Übrigens, ich war selbst 25 Jahre Geschäftsführer.
Da lernst du entweder schnell, wie das Spiel läuft oder du sitzt auf dem Stuhl nicht allzu lange.
 

DrThax

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10.02.2010
11.709
10
EDLE 07
Normalerweise leistet man mit Auftrag eine Anzahlung.
Mit einer Anzahlung bist du automatisch in der Hand des Lieferanten.
Sorry, aber das ist Quatsch mit Sosse.
Aktueller Fall bei mir:
Vor gut 10 Tagen eine höherwertige Uhr beim Konzi bestellt, immerhin höhere vierstellige Anzahlung (=20% des Kaufpreises).
Konzi ruft mich gestern an, kann nicht fristgerecht liefern, bietet von sich aus Rückzahlung und Rücktritt vom Kauf an.

Kohle heute auf meinem Konto. Ich bin nicht glücklich, da ich die Uhr nicht bekommen habe, aber zufrieden mit dem korrekten Verhalten des Händlers.
Ich fühlte mich zu keinem Zeitpunkt "in der Hand des Lieferanten".

Du wirst also nach seinen Regeln spielen müssen, oder u.U. deine Anzahlung riskieren.
Übrigens, ich war selbst 25 Jahre Geschäftsführer.
Donnerknispel. :rolleyes:
Hier sind einige Leute Unternehmer/Geschäftsführer und ich würde das vom OP beschriebene Gebaren keineswegs als gottgegeben betrachten.
Und schon gar nicht muss der OP "nach den Regeln des Händlers" spielen.
Es sei denn der Händler ist unseriös.
 
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DrThax

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10.02.2010
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EDLE 07
Doch, das muss man, wenn man einen Vertrag mit "circa", "ungefähr", "üblich", "Saisonal bedingt" oder am Besten "wir melden uns" unterschreibt und darauf auch noch Anzahlung leistet...
Das ist aber doch in dem vom OP beschriebenen Fall gar nicht gegeben, oder?