Verdienstausfall durch Zeugenaussage

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FL380

Erfahrenes Mitglied
18.02.2012
369
0
unter DOMEG
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Hallo zusammen,

in der Familie hab ich einen Fall, dass jemand als Zeuge vor Gericht aussagen muss. Zeuge ist er durch seine Berufsausübung als Fahrkartenkontrolleur geworden. Der Arbeitgeber hat den Dienst, der an dem Tag der Gerichtsverhandlung ist, mit einem dienstfreien Tag getauscht, so dass die Arbeitszeit nachgeholt werden muss. Ein Verdienstausfall, in dem Sinne wie ich in verstehe, entsteht so ja erstmal nicht.

Der freie Tag, den der Bekannte jetzt für die Fahrt und Aussage aufbringt, wird in keinster Weise vom Arbeitgeber finanziell ausgeglichen, obwohl die Aussage ja auch im Sinne des Verkehrsunternehmens ist und an dem Tag der Verhandlung ursprünglich ein Dienst eingeplant war.

Das unfreiwillige Verschieben des Dienstes, für den dann ein anderer freier Tag "draufgeht", ist meiner Meinung nach ein Verdienstausfall, auch wenn die Arbeitszeit nachgeholt werden muss. Liege ich da mit meinem Rechtsempfinden falsch?

Kennt jemand ähnliche Fälle? Darf der Arbeitgeber einen den Gerichtstermin einfach freitauschen oder besteht nicht auch irgendeine Pflicht des Arbeitgebers die Zeugenaussage (z.B durch Gutschreiben von Arbeitszeit) zu fördern? Schließlich ist es quasi trotzdem ein Arbeitstag, da die Zeugenverpflichtung in diesem Fall, quasi aus dem Beruf stammt.
 

Brainpool

Erfahrenes Mitglied
15.03.2014
2.801
122
Meine Kollegen Kartenknipser (ich war der Traindriver) sind während ihrer Arbeitszeit freigestellt worden. Verdienstausfall dann durch das Gericht und nach der Verhandlung gings wieder mit dem Knipsen weiter.

Wenn der Arbeitgeber für jeden damischen Schwarzfahrer einen Ruhetag opfert, Prost Mahlzeit.
Gewerkschaft einschalten und überhaupt mal in den Tarifvertrag schauen.
 

Huey

Erfahrenes Mitglied
06.04.2009
4.484
-2
Ganz so einfach ist das nicht. Google mal nach Zeugengeld.

Hintergrund dürfte sein, dass das gezahlte Zeugengeld dem Beklagten bei Verurteilung dann 1 zu 1 auferlegt wird.

Aber ich gebe zu, die ganz feine englische Art ist das Vorgehen des Arbeitgebers nicht, wenn es sich um eine aus dem Dienstverhältnis resultierende Zeugenaussage handelt.
 
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Reaktionen: phil_strom und FL380

Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
19.748
10.797
Zu der Frage, inwieweit das Verhalten des Arbeitgebers arbeitsrechtlich bzw. tarifvertraglich koscher ist, kann ich nichts sagen.

Rein zu der Frage, welche Entschaedigung dem Zeugen zusteht, also rein auf das Zeugengeld bezogen, sind sitzen Schichtarbeiter tatsaechlich zwischen allen Stuehlen:

Wenn sie in ihrer Freizeit (bzw. im bezahlten Urlaub) herangezogen werden, gilt § 22 JVEG nicht, das hat der BGH abschliessend entschieden (es hatte Stimmen gegeben, die den 22 analog anwenden wollten). Teilzeitbeschaeftigte hingegen haben den 21, also 14 EUR/h fuer Nachteile in der Haushaltsfuehrung - da sagt der Gesetzgeber, wer seine Arbeitszeit nicht in Vollzeit dem Arbeitgeber widmet, sondern zwischen Arbeitgeber und eigener Haushaltsfuehrung aufteilt, soll gleich behandelt werden, egal ob die Verhandlung in der Arbeits- oder der Haushaltszeit stattfindet.

Nur der Schichtarbeiter, der waehrend der normalen Arbeitszeit (Mo-Fr nine to five) freihat, wird ebenso wie der Urlauber auf die 3,50 EUR/h aus dem 20 verwiesen. Das ist misslich; de lege ferenda haette ich da gerne eine Gleichbehandlung.
 

Wuff

Erfahrenes Mitglied
01.04.2012
3.145
8
HAM/LBC
Der Arbeitgeber hat den Dienst, der an dem Tag der Gerichtsverhandlung ist, mit einem dienstfreien Tag getauscht, so dass die Arbeitszeit nachgeholt werden muss..

Wobei die Zusatzfrage für die moralische Bewertung noch wäre, ob diese Dienstverschiebung vorsätzlich erfolgt ist, oder ob es sich möglicherweise um einen dummen Zufall handelt, weil die "Dienstplanerstellungsabteilung" nicht mit der "Verfolgungsabteilung" kommuniziert hat? Hat der Betroffene mal mit seinem Vorgesetzen darüber gesprochen?
 
M

Mr.Burns

Guest
Zeuge ist er durch seine Berufsausübung als Fahrkartenkontrolleur geworden. Der Arbeitgeber hat den Dienst, der an dem Tag der Gerichtsverhandlung ist, mit einem dienstfreien Tag getauscht, so dass die Arbeitszeit nachgeholt werden muss.

Der ÖPNV stellt Kontrolleure ein, damit diese Schwarzfahrer überführen und ggf. dann als Zeugen an deren Verurteilung mitwirken.
Und wenn die Kontrolleure das tun, dann sollen sie das in ihrer Freizeit machen?
So als hätten sie als Privatmann einen Verkehrsunfall beobachtet und werden als Zeuge des Unfalls vor Gericht geladen?

Ich fände es toll, wenn Du hier berichten würdest, wie die Geschichte weiter geht. Ersetzt vielleicht am Ende der Steuerzahler den verlorenen Freizeittag, so wie bei einem Bundestagsabgeordneten, der wegen eines defekten Flugbereitschafts-Jets zu spät aus dem Urlaub kommt? Oder ist Dein Freund selbst schuld, daß er einen Schwarzfahrer gefasst hat und er sollte das zukünftig besser lassen?

Ich war in meinem Leben viermal vor Gericht - und hatte es viermal mit komplett Irren zu tun.
 

Airwalk

Erfahrenes Mitglied
18.05.2010
2.240
9
DUS
Geht es hier um Arbeit oder um Dienst? Sprich: Ist der Freund Angesteller oder Beamter?
 

Karl Langflug

Erfahrenes Mitglied
22.05.2016
3.207
3.025
Es kommt natürlich auch auf den Richter an. Mein Kollege wurde vom Bezirksgericht freigesprochen. Das Obergericht sprach ihn schuldig. -> Gleiche Gesetzesartikel unterschiedlich interpretiert.

Es wäre aus meiner Sicht wertvoll, wenn es zu einem ähnlich gelagerten Fall Gerichtsurteile gibt, auf die man sich berufen könnte. Wie findet man die eigentlich?
 

alexanderxl

Erfahrenes Mitglied
24.07.2010
7.806
-3
Münsterland
Gibt es denn keinen Ausgleich, wegen entgangener Freizeit oder so?
Das heisst, wenn jemand arbeitslos ist oder Rentner oder so, dann muss er kostenlos, in Bezug der Zeit, vor Gericht aussagen?

Die Auslagen für den Weg werden wohl immer gezahlt, soweit sie angemessen sind
 

FL380

Erfahrenes Mitglied
18.02.2012
369
0
unter DOMEG
Die Verschiebung des Dienstes geschah absichtlich von Seiten des Arbeitgebers, da man ansonsten ja eh "frei" bekommen hätte müssen.
Da hat keine Abteilung mit einer anderen gesprochen.

Er ist kein Beamter und hat am Ende vor Gericht das Fahrtgeld und die besagte Entschädigung in Höhe von 3,50€/h bekommen.
 

SalesConsultant

Erfahrenes Mitglied
13.09.2015
357
11
Wäre ich betroffen würde ich das elegant lösen indem ich einfach an einem anderen (Arbeits-)Tag krank werde :sick:

Alles andere wirbelt doch viel zu viel Staub auf. Aber immer wieder interessant wie dreist zum Teil mit AN umgegangen wird... Ich bin viel zu nett, ich werde morgen mal allen in den Arsch treten und Überstunden kappen :-(