Da ich über "ein klein wenig" Einsazterfahrung bei der freiwilligen Feuerwehr verfüge, möchte ich kurz meine Sichtweise dazu darlegen.
Natürlich wäre ich als Fahrgast extrem genervt eine Nacht im ICE ohne Strom zu verbringen.
Aus Sicht der Einsatzkräfte stellt sich die Lage etwas anders dar. Der Einsatzleiter (EL) über die entsprechende Leitstelle der Bahn eine Stromabschaltung der Oberleitung und eine Streckensperrung in beide Richtungen veranlassen, das geht meist sehr schnell - evtl. ist die Abschaltung durch einen Kurzschluss eh schon automatisch erfolgt. Aus Sicherheitsgründen wird die Abschaltung / Sperrung per Fax an den EL Feuerwehr bestätigt - vorher wird man Gleis nicht tätig. Erst dann wird vor und hinter der Schadensstelle geerdet. Solche "Bahnerdungssätze" sind typischerweise bei allen größeren Feuerwehr entlang den Bahnstrecken mit Oberleitung vorhanden. Die Gegenrichtung wird meist auch geerdet, ansonsten kann es zu Induktionsströmen kommen. Ab Alarm sollte die Erdung nach etwa 30 min stehen wenn alles gut läuft - tut es aber nicht immer.
Wichtig ist für den EL, dass gegen Feuergefahr abgesichert wird - an den Stellen wo die Bäume die Oberleitung getroffen hat können schnell Brände entstehen. Dazu braucht es Gerät und Personal.
Dann hat der EL noch das Problem, dass er bis zu 850 Passagiere (max. Kapazität ICE) aus dem Zug bringen muss und die irgendwohin müssen. Ich kenne die Örtlichkeit nicht, aber wenn das Mitten in der Pampa passiert muss man erst mal Transportkapazität für 800 Leute mit Gepäck schaffen, im schlimmsten Fall mit Allradfahrzeugen. Dann gibt es noch das Problem, die Leute erst mal rauszubringen, auf dem Bild sieht man eine recht höhe Böschung. Personen, die eingeschränkt sind da runterzubringen ist nicht einfach. Dazu kommt auch noch die Psychologie: wenn man nach mehreren Stunden warten endlich raus darf, will jeder der erste sein und eine Panikreaktion ist nicht ausgeschlossen. Selbst wenn das alles geklappt hat, braucht man noch Notfallquartiere für 800 Personen. Bis sowas eingerichtet ist, vergehen Stunden. So werkwürdig es klingt, 9 Stunden im Zug zu warten ist da wahrscheinlich für alle die einfachere und risikoärmere Variante.
Einfacher ist es in einem solchen Fall auf dem Gegengleis einen Zug heranfahren zu lassen und die Passagiere über "Befehlsbrücken" aus Leitern und Holz übersteigen zu lassen. Das dauert aber, insbesondere wenn es nicht der einzige parallele Schadensfall ist.