Fragen zum Luftverkehrsbetrieb/Flugplänen aus Sicht eines Eisenbahners

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microbit

Reguläres Mitglied
10.09.2017
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Hallo zusammen,

ich interessiere mich nun schon seit vielen Jahren für Fahrplanung/Betriebsplanung im schienengebundenen Verkehr und habe auch angefangen in diesem Sektor zu arbeiten. In den letzten Monaten habe ich dann aber gemerkt, dass der Luftverkehr aus planerischer Sicht auch sehr interessant sein kann. Vielflieger bin ich ja nun selber nicht gerade mit bisher 8 Flügen in 20 Lebensjahren.

Gedanklich beschränke ich mich erstmal nur auf Deutschland um es nicht so kompliziert werden zu lassen... Wie ist es denn da mit Feiertagen? Die haben wir ja sogar in Deutschland nicht einheitlich. Findet dann ein Mo-Fr-Flug am 6.1. von STR nach MUC nicht statt, einer von MUC nach HAM aber schon? Ich habe mir mal kurz den Lufthansa-Flugplan angesehen, da geht das nicht wirklich draus hervor. Allgemein können Feiertage den Umlauf ganz schön durcheinander bringen.
Wenn durch die Angebotsgestaltung in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegenüber dem Rest der Woche ein Flugzeug mehr in B abgestellt wird, dafür eines weniger in A, ergibt sich logischerweise ein Problem wenn durch einen Feiertag die planerische Abfolge bspw. Di-So-Do ist. Dann wird im Sonntagsplan eins mehr in B erwartet wird, das aber aus dem Dienstagsplan noch in A steht. Da "eins mehr anhängen" bei Flugzeugen bisher eher selten erprobt wurde bliebe also entweder ein Leerflug oder ein zusätzlicher Flug und schauen ob da jemand mit will. Sehe ich das richtig?
International gesehen ist es mit den Feiertagen wohl noch komplexer... Wird an Weihnachten oder Neujahr, die dürften so ziemlich die international am weitesten verbreiteten Feiertage sein, nur ein eingeschränktes Angebot geflogen?

Zu Abstellungen: Wo finden diese statt? Wird sicherlich flughafenabhängig sein, aber kommt es bspw. bei Flughäfen mit Nachtflugverbot vor, dass die Maschinen die als letzte noch am Terminal andocken dort einfach stehen bleiben? Oder müssen sie wegrangiert werden?

Es wird ja viel gesagt, dass die Umläufe im Luftverkehr so optimiert seien, der PC gibt einem auf Knopfdruck den besten Umlauf- und Dienstplan aus usw. usw. Nur das sagen sie (meistens die Softwarehersteller) bei der Eisenbahn ebenfalls und... ich kenne die Realität :D.
Nur stelle ich mir die Planung welchen Typ man wo einsetzt als sehr schwierig vor. Irgendwo ist es ja ein Teufelskreis. Beim Zug weiss man irgendwann aufgrund Zählungen, automatisch oder manuell, der ist voll, die Leute kleben mit der Wange an der Scheibe, der braucht mal einen zweiten Wagen. Oder es gibt einen Entlastungszug kurz vorher/danach. Beim Flug werden aber genauso viele Tickets wie Sitzplätze verkauft (Überbuchungen mal außen vor gelassen), die Zahl der Paxe steht also im Voraus bereits fest. Bei zu gerniger Auslastung bleibt dann relativ viel frei, das ist einfach zu erkennen. Doch was ist wenn längerfristig mehr Bedarf vorhanden wäre als Plätze sind? Wie bekommt die Fluggesellschaft diesen Bedarf mit? Bei der Buchung lässt sich ja nicht angeben: "Eigentlich wäre ich lieber um 13:00 Uhr geflogen, aber der war schon voll, deswegen nehme ich den 15:00 Uhr Flug." Und wer würde das auch machen... Daher mein großer Respekt vor denen die das einschätzen können.

So das war jetzt viel Text, hoffe ich habe euch nicht allzusehr gelangweilt mit meinen seltsamen Versuchen die Eisenbahnplanung mit der des Luftverkehrs zu vergleichen...

Schönen Abend aus Baden,
microbit
 

foxyankee

Pilotendompteur
20.04.2009
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Großherzogtum
Hallo Microbit,

ich verstehe was du meinst aber lass dir von jemandem sagen der sich auch für den Eisenbahnverkehr (und die operativen Dinge dort) interessiert: Du denkst viel zu "eisenbahnerisch" :)

Wegrangiert, abgestellt :)

Und nein, der Flugverkehr ist um Welten weniger fahrplantechnisch oragnisiert wie die Bahn was die Regelmäßigkeit angeht wie du es kennst wie 1-5 oder X6.
Wie du schon erkannt hast ist der Samstag im Linienbetrieb der am wenigsten frequentierte Flugtag, allerdings im touristischen Bereich ist das natürlich Großkampftag.

Und Feiertage sind international auch nicht so wichtig. Ja klar, direkt nach Weihnachten wird das Programm deutlich eingestampft. Aber da hat man ja jahrelange Erfahrung und somit Erfahrungswerte.

Leerfahrten gibt es keine. Wenn am Abend eine Maschine irgendwo ankommt und NICHT am nächsten Morgen wieder zurück oder irgendwo anders hin fliegt stteht sie natürlich nicht am Gate oder wird weggeschleppt. Kommt aber nicht so oft vor weil der Flugverkehr deutlich verzahnter und komplexer ist als man es aus dem Bahnverkehr und der oft regional bedingten Verbindungen kennt:

Da fahren Vorortzüge aus großen Städten Abends VOLL aus der Stadt und VOLL morgens in die Stadt um die Leute zur Arbeit oder zurück zu bringen.
Wenn wir mal einen Flug nehmen wie Frankfurt-London und das mit einem Regionalzug vergleichen wird schnell klar dass das deutlich komplexer ist weil dieser Flug nicht zu bestimmten Uhrzeiten komplett leer oder komplett voll ist weil es nur 1 Passagierstrom gibt sondern es gibt Dutzende!

Ich zähle mal etwas auf - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
-Lokalpassagiere von Frankfurt nach London zum Termin
-Lokalpassagiere von Frankfurt nach London nach Hause
-Passagiere aus Frankfurt die in London umsteigen irgendwo hin auf der Welt
-Passagiere die in Frankfurt auch nur Umsteigen und in London zu Hause sind.
-Passagiere die sowohl in Frankfurt als auch London Umsteiger sind.

Durch die langen Reisezeiten für Businessreisende die beispielsweise am Freitag nach einer Arbeitswoche in Asien gen Europa fliegen kommen dann vielleicht am Samstag Vormittag in Franfurt an, steigen dort nach London um und kommen dort am Samstag Nachmittag an. Zur gleichen Zeit könnte aber auch am Samstag Nachmittag wieder der erste Businessreisende losfliegen über London nach Asien, dortige Ankunft dann am Sonntag Nachmittag pünktlich zum Dienstbeginn am Montag Morgen. Somit sitzen in dem Flieger FRA-LHR am Samstag Nachmittag Leute die von der Arbeit kommen und welche die in die Arbeit fleigen. Dazu Urlaubsreisende als Umsteiger und die Lokalpaxe aus dem touristischen bereich. Sowas gibt es in dieser Komplexität bei der Bahn nicht oder nur abgeschwächt, dort gibt es mehr die klassischen Peakzeiten.

Es gibt sicherlich auch Parallelen, aber deutlich weniger als Unterschiede.

Gruß aus Baden nach Baden