Boeing noch sicher?

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section31

Reguläres Mitglied
18.08.2014
65
7
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Hallo,

ich bin jemand, der generell viel Vertrauen in die Sicherheit der europäischen und US-amerikanischen Luftfahrt hatte, da ich davon ausging, dass Sicherheit die oberste Priorität bei den Herstellern und auch den Behörden, wie FAA und EASA hatte. Da ich in meinem Bekanntenkreis als "Vielflieger" gelte und auch sehr an der Technik und Zertifizierungsverfahren interessiert bin, bin ich immer auch die Ansprechperson wenn jemand Flugangst hat. Ich verweise da gerne auf die gesamten Mechanismen, die greifen, damit die Luftfahrt so sicher ist, wie sie es ist.
Durch die aktuelle 737 max Geschichte kommen ja nun einige neue Tatsachen heraus. Am bedenklichsten finde ich dabei, dass die üblichen Mechanismen zum Wahren der Flugsicherheit scheinbar nicht mehr gegriffen haben. Bisher hatte ich daher meine Ratschläge darauf beschränkt: "Meide einfach die 737 max wenn du dich unsicher fühlt, auch nachdem sie wieder freigegeben wird." Nun merke ich aber, dass es mir schwerer fällt, Boeing und die FAA allgemein zu verteidigen. Auch ich selbst muss sagen, dass da einiges an Vertrauen verloren gegangen ist.

Was würdet ihr jemandem antworten, der fragt, ob man Boeing noch als uneingeschränkt sicher bezeichnen kann? Kann man einer 737-800 noch vertrauen? Oder sollte man lieber auf Airbus ausweichen? Mir gehen da allmählich die Argumente aus. Vielleicht haben Boeing und die FAA ja auch bei anderen Modellen an der Sicherheit gespart? Die 787 macht ja neuerdings auch wieder Schlagzeilen. Dies ist kein Bashing. Mich würde nur generell interessieren, warum und ob Ihr Euch mit Boeing noch so sicher wie vor den 737 max Vorfällen fühlt?
 

Wagimen

Erfahrenes Mitglied
23.02.2014
793
4
Das ist wieder so eine Frage... Lass es mich vergleichen: sind alle Fahrzeuge von Mercedes nix, weil vor Jahren eine A-Klasse umgekippt ist?
Sind alle Lebensmittel von Nestle nix, weil se Zucker enthalten?
etc etc
Sorry, aber wenn jemand deshalb nicht fliegen will soll er/sie es lassen.
 

bursche99

Erfahrenes Mitglied
14.07.2011
2.839
617
MUC, near OBAXA
in ne max 8-x würde ich erst wieder steigen wenn die Piloten die auch wieder gerne / wirklich fliegen, sprich erst nach ein paar Wochen „real life Erprobung“ (klingt bitter, aber die ersten Wochen sicherlich nicht!)

die restlichen Boeings bzw der buzz drumherum ist meiner Meinung nach vernachlässigbar.
Da werden halt die üblichen Säue durchs Dorf gejagt, macht Auflage!
(ich halte die Vorwürfe für wichtig und prüfenswert, aber sie lassen mich nicht pauschal an anderen Modellen zweifeln.)
 

Alex1971

Erfahrenes Mitglied
27.09.2016
636
37
FRA
Auf der Langstrecke in Eco meide ich Boeing so gut es geht, weil mir neun Sitze in einer Reihe in der 787 oder 10 Sitze in einer Reihe in der 777 einfach zu eng sind. Da finde ich den A330 deutlich angenehmer. Hat aber nicht unbedingt was mit dem Sicherheitsgefühl zu tun.
 

section31

Reguläres Mitglied
18.08.2014
65
7
Grundsätzlich würde ich ja auch sagen, dass die Probleme mit einem Modell nicht grundsätzlich etwas mit Boeing zu tun haben. Was aber mit Boeing zu tun hat (und auch der FAA) ist die generelle Einstellung: Immer noch wird auf einen Pilotenfehler hingewiesen. Was ich überhaupt nicht verstehe: Ein Sensor, der entscheidet, ob eine Maschine in den Sturzflug geht? Ernsthaft? Ist nicht normalerweise 3fach Redundanz angebracht? Und scheinbar waren all diese Probleme bekannt. Aber es wurde nicht als sicherheitskritisch bezeichnet. Und Piloten, die sich beschwert haben, wurden ignoriert. Diese ganze Art, mit dem Problem umzugehen ist es, die nicht gerade vertrauenserweckend wirkt. Wer weiß denn dann, wie andere Boeing Maschinen durch die Zertifizierung gewunken werden?
Das einzige, was noch beruhigen kann, meiner Meinung nach, sind die geringen Zahlen von Unfällen der Vergangenheit mit bewährten Modellen wie der 737NG. Aber wenn Boeing und die FAA die 777X oder die kommende 797 ähnlich zertifizieren, finde ich das schon gruselig.
 

section31

Reguläres Mitglied
18.08.2014
65
7
Das ist wieder so eine Frage... Lass es mich vergleichen: sind alle Fahrzeuge von Mercedes nix, weil vor Jahren eine A-Klasse umgekippt ist?
Sind alle Lebensmittel von Nestle nix, weil se Zucker enthalten?
etc etc
Sorry, aber wenn jemand deshalb nicht fliegen will soll er/sie es lassen.

Ich verstehe dein Argument. Wenn es wirklich ein Unfall ist, dann ist es tatsächlich Quatsch auf andere Modelle zu schließen. Immerhin lernt man ja auch aus Fehlern. Aber wenn Mercedes irgendwann sagt: "Komm, lassen wir mal die Airbags in der neuen A Klasse weg, denn die Fahrer sind inzwischen so gut, dass sie nirgends mehr gegen fahren." Dann würde ich sagen, diese neue Firmenmentalität sagt mir nicht mehr zu.
 

bivinco

Erfahrenes Mitglied
03.08.2014
2.402
133
BSL
Mich würde ja mal eine Statistik interessieren darüber wieviele Menschen während dem Y-Flug oder unmittelbar danach sterben. Ungelogen, kenne 2 Fälle persönlich. Beides mal verursacht durch einen Herzinfarkt.
 
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longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
8.081
5.968
Aber wenn Boeing und die FAA die 777X oder die kommende 797 ähnlich zertifizieren, finde ich das schon gruselig.

Gerade hier würde ich davon ausgehen, dass es in Zukunft besser laufen wird. Auf weitere Grand Jurys hat bei der FAA sicherlich keiner Lust...

Ansonsten gilt: das ganze so rational wie möglich betrachten. Die 737 MAX ist derzeit (und ohne Hardwareänderungen) inherent unsicher(er) als eine NG. Das betrifft aber nur dieses eine Modell. Es gibt derzeit schlicht keinen rationalen Grund den anderen Modellen grundsätzlich zu misstrauen.
 
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section31

Reguläres Mitglied
18.08.2014
65
7
Danke für eure Reaktionen zum Thema. Sind alles gute Punkte. Einen Gedanke habe ich gerade noch in einem englischen Forum gefunden: Was, wenn bereits weitere fragwürdige Aspekte (nur ein Sensor, etc.) bei etablierten Flugzeugtypen ähnlich durch die Zertifizierung gewunken wurden, von denen man jetzt noch nichts mitbekommen hat, weil noch nichts passiert ist? Eventuell nur, weil man Glück hatte?
 

Meick

Erfahrenes Mitglied
29.11.2013
768
182
MUC/BRE
Solange man statistisch gesehen 100x wahrscheinlicher auf der Taxifahrt vom und zum Flughafen umkommt, mach ich mir einfach keine weiteren Gedanken zu dem Thema ;-)
 
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airhansa123

Erfahrenes Mitglied
03.11.2012
4.143
13
Solange man statistisch gesehen 100x wahrscheinlicher auf der Taxifahrt vom und zum Flughafen umkommt, mach ich mir einfach keine weiteren Gedanken zu dem Thema ;-)

Einfach mal so dahingeschrieben, wo ist der Beleg für diese krude Statistik?. Allein bei den beiden Unglücken 737 MAX in Äthiopien und Sukhoi Superjet in Moskau sind in 2019 fast 200 Tate zu beklagen. Bei deinem Wahrscheinlichkeitsfaktor 100x hieße das 20.000 Taxitote bei Fahrten zum/vom Flughafen. Einfach nur "complete bullshit"
 

roturn

Aktives Mitglied
29.11.2018
210
13
HAJ
Die FAA wird sich so etwas wie bei der 737 max nicht noch einmal erlauben wollen und dürfen. Da muss man ab sofort immer deutlich genauer hinschauen, denn das Vertrauen muss man auch bei den europäischen/kanadischen/asiatischen... Luftfahrtbehörden erstmal wieder gewinnen. Die werden da ab sofort auch ganz genau hinschauen und es nicht mehr als selbstverständlich hinnehmen, dass ein "Okay" von der FAA in Zukunft ausreicht.

Bis es wieder soweit kommt, muss sich bei Boeing und der FAA einiges ändern bzw. die Arbeit wieder zu 100% "ernst" genommen werden. Halt, das verlorene Vertrauen zurückbekommen.

Gerade, da die 777X in den Startlöchern steht und mit Lufthansa/Emirates/BA große Kunden aus Nicht US Bereichen kommen, wird man da sehr penibel hinschauen.

Und was eventuell noch viel wichtiger ist. Auch die US Airlines sind alles andere als glücklich. Gerade, weil man vorher bereits gemeckert hatte und überhört wurde. Auch da muss Boeing in Zukunft sorgfältiger sein.


Ist leider wieder einmal so ein Fall, dass immer erst etwas passieren muss, bevor sich etwas ändert. Dieses Mal aufgrund von Ignoranz/Unwissenheit leider sogar zweimal...
 

travelben

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
3.273
44
MUC
Einfach mal so dahingeschrieben, wo ist der Beleg für diese krude Statistik?. Allein bei den beiden Unglücken 737 MAX in Äthiopien und Sukhoi Superjet in Moskau sind in 2019 fast 200 Tate zu beklagen. Bei deinem Wahrscheinlichkeitsfaktor 100x hieße das 20.000 Taxitote bei Fahrten zum/vom Flughafen. Einfach nur "complete bullshit"

Na da haben aber zwei Leute jetzt eindrucksvoll bewiesen, dass sie nicht rechnen und/oder nichts von Statistik verstehen.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Ich gebe mal hier einen Tipp: Auch bei Unfällen von Verkehrsmitteln gilt es die Zahl der Nutzer, die Nutzungsdauer, die Transportwege, die Widrigkeiten selbiger usw. zu vergleichen, ggf. ein Risikokumul zu berücksichtigen und selbstredend die Streuung zu berücksichtigen, nachdem man sich die Verteilung genauer angesehen hat (z.B. Normalverteilungsannahme). Dann kann man eine Hypothese mit gewünschter Irrtumswahrscheinlichkeit und Teststärke aufstellen.

Natürlich läßt sich die Flugstrecke zum Mond oder die Fahrt durch die wilde Gegend kurz vor Kalifornien (in dieser wüsten Gegend muss man immer damit rechnen, dass man nicht nur von einer Räuberbande überfallen wird, vielmehr können einem auch Ungetestete Flugobjekte (tm), sogenannte UFOs, eines Herstellers aus Seattle auf den Kopf fallen :D ) nicht mit einer Eisenbahnfahrt von München Hbf. nach München Pasing vergleichen.


Allerdings muss man schon sagen, und das habe ich mal spasseshalber grob mit Streuung gerechnet, dass die 737MAX zu den eher recht unsicheren Verkehrsmitteln gehört, egal wie man es nach Kilometern oder Flugzeit oder Personen-km wendet. Nicht umsonst wurden die Mühlen alle gegroundet. Andere Boeing Flugzeuge zeigen eine deutlich bessere Statistik. Bedenklich ist eher die Tendenz, von abrauchenden Batterien über eben ganze Abstürze, das spricht IMHO nicht gerade für ein gutes Management und Boeing darf einiges tun, um den aktuell doch schlechten Ruf wieder deutlich zu verbessern. Mit Schuldzuweisungen an die Piloten wird man das ganz sicher nicht hinbekommen, eher mit "mea maxima maxima culpa" und Transparenz, wie es künftig besser geht.
 
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bursche99

Erfahrenes Mitglied
14.07.2011
2.839
617
MUC, near OBAXA

Grundsätzlich würde ich ja auch sagen, dass die Probleme mit einem Modell nicht grundsätzlich etwas mit Boeing zu tun haben. Was aber mit Boeing zu tun hat (und auch der FAA) ist die generelle Einstellung: Immer noch wird auf einen Pilotenfehler hingewiesen. Was ich überhaupt nicht verstehe: Ein Sensor, der entscheidet, ob eine Maschine in den Sturzflug geht? Ernsthaft? Ist nicht normalerweise 3fach Redundanz angebracht? Und scheinbar waren all diese Probleme bekannt. Aber es wurde nicht als sicherheitskritisch bezeichnet. Und Piloten, die sich beschwert haben, wurden ignoriert. ....
Das (beides, Screamliner und die Thematik "Fehler-Management" und "Fehler-Kultur" habe ich nicht übersehen, ich versuchte nur zu relativieren im Sinne von:
- ich finde es gut dass darüber berichtet wird (NYT!), und dass das auch weitergeführt wird.
- (diese bezeichne ich auch nicht als "Sau durch's Dorf treiben")

Es lässt mich aber nicht pauschal am Hersteller oder der FAA zweifeln.
(Als "Viel-EMEA-Flieger" und Basis MUC komme ich eh eher wenig mit dem Hersteller in Berührung)
 
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blazerhulk

Erfahrenes Mitglied
31.01.2012
1.264
67
MUC / TXL
Mich würde ja mal eine Statistik interessieren darüber wieviele Menschen während dem Y-Flug oder unmittelbar danach sterben. Ungelogen, kenne 2 Fälle persönlich. Beides mal verursacht durch einen Herzinfarkt.
Und wieviele andere Menschen kennst Du, die nicht an einem Herzinfarkt nach einem Eco-Flug gestorben sind?
 

Dirkster

Erfahrenes Mitglied
09.12.2017
464
726
LBC/HAM
Keine direkte Antwort auf die Frage, da nicht zwischen Y und C unterschieden wird, aber immerhin eine Größenordnung.

"By the end of the year 2016, approximately 3 billion people worldwide travelled by commercial air transport. Between 1 out of 14,000 and 1 out of 50,000 passengers will experience acute medical problems/emergencies during a flight (i.e., in-flight medical emergency). Cardiac arrest accounts for 0.3% of all in-flight medical emergencies."

Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29730774

Allerdings: "While cardiac arrest accounts for just 0.3% of all in-flight medical emergencies, it is responsible for 86% of in-flight events resulting in death."

Quelle: https://medicalxpress.com/news/2017-06-cardiac-plane-journeys-guidelines.html
 
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fvpfn1

Erfahrenes Mitglied
06.02.2016
911
335
Wenn auch vielleicht nur von akademischem Interesse, aber cardiac arrest (Herzstillstand) ist nicht gleich Herzinfarkt.