Ich müsste jetzt auf viele Beiträge antworten - und weiss gar nicht, ob ich das tun soll, denn ich bin ja hier von einem User als "Aushilfs-Sicherheitsexperte" bezeichnet worden - von anderen aber vermutlich falsch verstanden worden. Deshalb muss ich etwas ausholen, warum für mich die "Bedrohungslage" am Flughafen nur eine Randnotiz wert war und ist:
Der Vorfall am Flughafen wurde ja in Verbindung gebracht mit der bekannten "Bedrohungslage" in ganz München, dem Amoklauf des jungen Mannes. Die Polizei wurde für ihren Einsatz hoch gelobt. Doch das einzige, was an diesem späten Nachmittag ab 17:50 Uhr wirklich geklappt hat, war die logistische Leistung: Man hatte es geschafft, innerhalb von einer Stunde nach der ersten Meldung gut 2.300 Polizisten in München zum Einsatz zu bringen. Und später die GSG9 zum Flughafen. Das ist in der Tat bemerkenswert. Das war es aber auch schon.
Der Rest? Am Olympia-Einkaufszentrum fallen also Schüsse. Es sollen Zeugen ausgesagt haben, dass man Männer mit "Langwaffen" gesehen hätte. Die Lage ist in der Tat unübersichtlich. Es gibt Tote. Es wird veröffentlicht. Die Nachricht macht Münchner nervös. Dann gab es Hinweise, dass sich der Täter auf dem Dach des Parkhauses befindet. Ein Anwohner hat ihn sogar gefilmt. Ein anderer Anwohner hat den Täter in eine Diskussion verstrickt - und damit auf den Täter so eingewirkt, dass er zwar auf ihn, aber nicht mehr auf andere schoss (meiner Meinung nach ist dieser Anwohner der Held, der Schlimmeres verhindert hat, er wurde aber angezeigt!).Die Polizei wird verständigt, findet den Täter aber nicht auf dem Parkdeck, sondern meldet, dass man in München jetzt öffentliche Plätze meiden sollte. Das macht noch nervöser. Die Polizei schickt bewaffnete Zivilpolizisten los. Auch zum Stachus. Dort denken aber die Menschen, dass dies bewaffnete Terroristen sind und posten es auf Facebook oder melden es der Polizei. Die Spirale dreht sich. Es werden jetzt weitere, diesmal uniformierte Polizisten zum Stachus und in die Innenstadt geschickt, denn dort sollen ja möglicherweise Terroristen sein. Zeugen wollen jetzt sogar Schüsse in der Innenstadt gehört haben. Das alles wird veröffentlicht. Man wird noch nervöser.
Genau da dreht dann auf dem Flughafen bei einem Caterer ein ehemaliger Mitarbeiter durch, und bedroht seine Vorgesetzte mit einer Waffe. Eine Beziehungstat? Doch das wird als möglicher Terrorakt gemeldet, ohne die Sachlage zu überprüfen. Ein GSG9 Hubschrauber wird zum Flughafen geordert. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vater des Amokschützen schon längst auf der Polizeiinspektion 42, um seinen Verdacht zu äussern, dass es sich bei dem Amokschützen um seinen Sohn handelt. Die Polizei findet den Amokschützen dann in einer Seitenstrasse nahe dem Parkhaus. Der Amokschütze erschiesst sich um 20:30 Uhr vor den Augen der Polizisten. Doch erst nach Mitternacht beruhigt die Polizei die Münchner. Beim Caterer am Flughafen wird da schon längst wieder normal gearbeitet, der Fall wurde ohne GSG9 gelöst, die Passagiere bekommen wir gewohnt ihr Essen.
Für mich sind hier viele Fragen offen. Der Einsatz der GSG9 am Flughafen ist die erste offene Frage. Am Flughafen jedenfalls war es ein Vorgang, den es jeden Tag irgendwo in Deutschland gibt: jemand bedroht einen anderen mit einer Waffe. In München passierte dies nicht im Passagierbereich, sondern in einem Betriebsgebäude an der Nordallee. Da sofort die GSG9 zu rufen, war bestimmt übertrieben. Denn so etwas kann zur allgemeinen Panik beitragen, besonders wenn es auch noch öffentlich gemeldet wird. Und Panik gab es in München an diesem Abend wirklich. Für die Münchner Presse jedenfalls war dieser Vorfall am Flughafen ebenfalls nur eine Randnotiz wert, und das ist auch gut so.