Ist das ein Baumangel?

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frontloop

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
345
0
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Hi,

kann mir jemand weiterhelfen, ob sich hier ein weiteres (juristisches) Vorgehen lohnen könnte (gegen wen?), oder ob wir einfach Pech gehabt haben?

Wir sind 10 Wohnungseigentümer, also Mehrfamilienhaus mit 10 Einheiten. Baujahr 2015.
Jede Wohneinheit hat einen eigenen Carport (Gemeinschaftseigentum mit Sondernutzungsrecht).

Bau/Vermarktung/Verkauf der Wohnungen über einen Bauträger.

Beim Einplanungsgespräch/Bemusterung haben 3 Wohnungseigentümer den Wunsch geäußert, eine Elektroauto-Lademöglichkeit im Carport zu haben.
Daraufhin wurde ihnen von der ausführenden Elektrofirma (mit der auch das Gespräch stattgefunden hat) als Sonderausstattung eine CEE-Steckdose für 11 kW - Ladeleistung verkauft und eingebaut.

Die Hausinstallation ist wie folgt aufgebaut:

1 Kabel vom EVU (Energieversorger) in 1 Hausanschlusskasten in einem gemeinsamen Technikraum. Von diesem 1 Hausanschlusskasten geht es auf 1 Zählerverteilung/Kasten mit 10 Zählern. Von jedem der 10 Zähler geht es separat in die einzelnen Wohnungen, wo jeweils eine eigene Wohnungsverteilung installiert ist. Von dieser Wohnungsverteilung geht dann (bei den 3 Kunden, die das so wollten) eine entsprechende Leitung in den Carport.

Der Abschnitt "Zähler (bzw. Zählervorsicherung) bis Carport ist dabei so ausgeführt, dass 11 kW Ladeleistung auch abgerufen werden können (Dimensionierung der Kabel und Sicherungen).

Aber:
Der Hausanschluss ist mit 80 A (55 kW) abgesichert. Diese Absicherung ist gemäß DIN 18015 für eine Haus mit 10 Wohneinheiten korrekt, jedoch ist dabei keine (!) Sonderlast wie z.B. elektrische Warmwasserbereitung oder eben Elektromobilität vorgesehen.
Berücksichtigt man die 3 Ladepunkte in den Carports, müsste der Hausanschluss mit 125 A abgesichert sein.

Damit gibt es jetzt folgendes Problem:
Die Eigentümer haben zwar eine Lademöglichkeit, jedoch "fliegt" unter Umständen die Hausanschlusssicherung (bestimmungsgemäß) bereits beim 1. Elektroauto das angesteckt wird.

Eigentlich hätte der Elektriker bzw. Bauträger beim EVU also eine Absicherung von 125 A beantragen müssen.

Macht man das jetzt im Nachhinein fallen folgende Kosten an:
  • Dem EVU zu zahlender Baukostenzuschuss für die höhere Leistung
  • vermutlich Umbau des Hausanschlusskastens, da 125 A nicht mehr in der selben Bauform wie 80 A verfügbar sind
  • ggf. Umbau der gesamten Zählerverteilung (Zählerschrank), falls diese nicht auf 125 A ausgelegt ist.

Frage: Wer hat die Kosten zu tragen?

Vermutlich wird's so ablaufen:
Der Eigentümer wird sagen: "ich habe ja beim Elektriker die Lademöglichkeit beauftragt und bezahlt. Ich bin also raus."
Der Elektriker wird sagen: "Ich habe dem Eigentümer die Lademöglichkeit ja eingebaut. Nämlich die Steckdose. Eine höhere Anschlussleistung hat er ja nicht beauftragt." (wie auch, der Kunde ist ja Laie!).
Der Bauträger wird sagen: "Was an Sonderwünschen vom Elektriker gemacht wird ist Sache zwischen Eigentümer und Elektriker. Außerdem bin ich Laie, habe davon keine Ahnung. Wofür habe ich denn einen Elektroplaner?"

Also: Macht der Gang zu einem entsprechendem Fachanwalt Sinn, oder haben wir Eigentümer hier einfach Pech gehabt?
 

bursche99

Erfahrenes Mitglied
14.07.2011
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MUC, near OBAXA
Ich bin wahrlich Laie, aber der Elektriker ist für die Bereitstellung der Leistung am Endpunkt zuständig, bzw. er muss darauf achten dass das was er einbaut auch "geliefert" bzw. abgerufen werden kann.
Der Bursche kann nicht sagen "mir wurscht ob die Sicherung fliegt", dafür (bzw. für die Überwachung und Kontrolle der Funktion, bzw. der nach- und vorgelagerten Einbauten) ist er schon zuständig.
Zuständig heißt zumindest dass er darauf hinweisen muss (beim Einbau), bzw. erst dann einbauen soll wenn das auch vorne und hinten gewährleistet ist.

Mit Steckdosen schrauben allein ist sein Job nicht getan.
 
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paulraum

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08.04.2009
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13
ARN / ZRH
Beim einem MFH gibt es verpflichtend einen Elektroplaner, welcher hier für Planung und Dimensionierung entsprechend der Vorschriften und den Wünschen der Eigentümer. Dieser ist hier entsprechend auch haftbar. Der Elektiker führt nur aus, ist aber nicht für Fehlleistungen in der Planung verantwortlich.
 
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bursche99

Erfahrenes Mitglied
14.07.2011
2.839
617
MUC, near OBAXA
Beim einem MFH gibt es verpflichtend einen Elektroplaner, welcher hier für Planung und Dimensionierung entsprechend der Vorschriften und den Wünschen der Eigentümer. Dieser ist hier entsprechend auch haftbar. Der Elektiker führt nur aus, ist aber nicht für Fehlleistungen in der Planung verantwortlich.
Und wer ist Deines Erachtens bei obigen Setup der Elektroplaner?
Im OP steht
Beim Einplanungsgespräch/Bemusterung haben 3 Wohnungseigentümer den Wunsch geäußert....
Daraufhin wurde ihnen von der ausführenden Elektrofirma (mit der auch das Gespräch stattgefunden hat)...verkauft und eingebaut.
also sollten dass doch hoffentlich auch die Planer gewesen sein oder aber bei der Planung mit einbezogen gewesen sein.

Aber sach mal Du, wer ist denn zuständig?
 
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kingair9

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18.03.2009
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764
Unter TABUM und in BNJ
Mit Steckdosen schrauben allein ist sein Job nicht getan.

Nach der Aussage von paulraum schon:

Beim einem MFH gibt es verpflichtend einen Elektroplaner, welcher hier für Planung und Dimensionierung entsprechend der Vorschriften und den Wünschen der Eigentümer. Dieser ist hier entsprechend auch haftbar. Der Elektiker führt nur aus, ist aber nicht für Fehlleistungen in der Planung verantwortlich.

Ich wäre da mit meiner "Schuldzuweisung" grundsätzlich auch beim Bauträger - WENN die Beauftragung der Extra-Anschlüsse und Extra-Leitungen denn über ihn gelaufen wäre. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein denn

Frontloop meinte:
Daraufhin wurde ihnen von der ausführenden Elektrofirma (mit der auch das Gespräch stattgefunden hat) als Sonderausstattung eine CEE-Steckdose für 11 kW - Ladeleistung verkauft und eingebaut.

Sofern hier nicht ein Teil der Information fehlt haben die 3 Wohnungseigentümer dem Elektriker einen privaten Auftrag gegeben. Vergleichbar eben doch mit dem privaten Auftrag, doch bitte ein paar mehr Steckdosen in der gekauften Wohnung zu installieren.

Hier trifft den Elektriker zumindest eine Unterlassensschuld, denn er hätte vor dem Einbau der 3 Ladestationen sicherstellen müssen, daß der Hausanschluß dies auch verkraftet. Genauso wie er vor dem Einbau zusätzlicher Steckdosen in der Wohnung sicherstellen muß, daß der Wohnungs-Sicherungskasten das verträgt.

Die 3 Eigentümer mit Ladestation müssen sich nunmehr überlegen, ob sie diese Stationen ungenutzt lassen oder die Kosten für einen größeren Hausanschluß tragen. Die Kosten hierfür können sich sich imho dann beim Elektriker im zivilrechtlichen Einzelverfahren wieder holen.

Der Besuch beim Anwalt lohnt imho für Dich als nicht beteiligtem Eigentümer auf jeden Fall in dem Moment, in dem die Kosten für die Erweiterung nicht nur von den dreien sondern von allen getragen werden sollen.
 
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frontloop

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
345
0
ok. Danke.

Zur Klarstellung:

Bauträger beauftragt Elektroplaner mit der Planung der Elektroanlagen. Gleichzeitig informiert der Bauträger die (zukünftigen) Eigentümer (Wohnung ist ja zu dem Zeitpunkt schon gekauft aber noch nicht gebaut), dass sie Änderungswünsche (Mehr/andere Steckdosen, Lichtschalter, Lichtauslässe, Netzwerkverkabelung, etc. - unter anderem eben auch die Lademöglichkeit) mit dem Elektroplaner durchsprechen können/sollen.
Elektroplaner lädt Eigentümer zum Einplanungsgespräch ein. Dabei wird Mehraufwand (also alles was über die Baubeschreibung hinaus geht) direkt zwischen Elektroplaner und Eigentümer vereinbart und berechnet.
Ob ein Informationsaustausch Elektroplaner <-> Bauträger über diese Änderungen erfolgt ist, weiß ich nicht.

Elektroplaner führt dann die Installation (Bauausführung) selbst aus bzw. beauftragt einen Subunternehmer (ich denke, es war kein Subunternehmer im Spiel).
 

kingair9

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18.03.2009
22.381
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Unter TABUM und in BNJ
ok. Danke.

Zur Klarstellung:

Bauträger beauftragt Elektroplaner mit der Planung der Elektroanlagen. Gleichzeitig informiert der Bauträger die (zukünftigen) Eigentümer (Wohnung ist ja zu dem Zeitpunkt schon gekauft aber noch nicht gebaut), dass sie Änderungswünsche (Mehr/andere Steckdosen, Lichtschalter, Lichtauslässe, Netzwerkverkabelung, etc. - unter anderem eben auch die Lademöglichkeit) mit dem Elektroplaner durchsprechen können/sollen.
Elektroplaner lädt Eigentümer zum Einplanungsgespräch ein. Dabei wird Mehraufwand (also alles was über die Baubeschreibung hinaus geht) direkt zwischen Elektroplaner und Eigentümer vereinbart und berechnet.
Ob ein Informationsaustausch Elektroplaner <-> Bauträger über diese Änderungen erfolgt ist, weiß ich nicht.

Elektroplaner führt dann die Installation (Bauausführung) selbst aus bzw. beauftragt einen Subunternehmer (ich denke, es war kein Subunternehmer im Spiel).

Danke für die Bestätigung.

Der Elektrioplaner hätte den Auftrag nicht so einfach ausführen dürfen ohne die Leistungsfähigkeit des Hausanschlusses zu prüfen bzw. prüfen zu lassen.

Und da sind wir dann mit der "Schuld" bei ihm - Unterlassensschuld.
 

John Galt

Erfahrenes Mitglied
05.03.2010
1.219
33
ISBN 3932564030
Sicherung "könnte" rausfliegen.
Es ist also noch überhaupt kein Schaden entstanden.
Die Sicherung "könnte" auch rausfliegen, wenn Weihnachten alle 10 Haushalte gleichzeitig eine Gans braten ...

Was ist das für ein HA Sicherungselement, das 80A aufnimmt aber keine 125A?
 

paulraum

Erfahrenes Mitglied
08.04.2009
2.477
13
ARN / ZRH
Der Elektroplaner handelt als Sub des Bauträgers, welcher als Bauherrenvertreter die Wünsche der Bauherren weitergibt.
Der Elektroplaner ist als Fachplaner für die entsprechende Planung (und normalerweise auch überwachung der Baufertigstellung enstpechend Planung) verpflichtet und auch haftbar. Der asuführende Elektriker ist nur für die fachgerechte Ausfühgrung der im aufgetragenen Arbeiten verpflichtet und haftbar (Mängel- und Ausführungserfüllungshaftung).
Bauträger ist nochmal ne Sondersituation, da er in jedem Falle ein GU oder sogar TU ist. Diese haften general/total für die Planungsleistung, allerdings wird die Haftung in Falle eines Subplaners (E-Planer) ganz klar weitergereicht. Wenn E-Planer = ausführender Elektriker ist, dann ist das ein interne Kommunikationsproblem.
Auch ist der Bauträger nicht komplett draussen, es trifft ihn zumindest eine Teilschuld, da er ja gegenüber dem Bauherrn die Bauleitung und Ausfühgrungsbelgietung übernimmt - auch Sonderwünsche des Bauherrn obliegen ja der überwachungspflicht, er rechnet sie ja zumindest wohl als baurelevante Kosten für das Honorar ab.
Insofern erst mal checken, wie die Haftungslage zwischen Bauträge, Elektroplaner und Elektriker ist.

PS: das ist keine Rechtsberatung, nur die Sicht eines Architekten/Fachplaners, der diese Situation recht gut kennt.
 

frontloop

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
345
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Sicherung "könnte" rausfliegen.
Es ist also noch überhaupt kein Schaden entstanden.
Die Sicherung "könnte" auch rausfliegen, wenn Weihnachten alle 10 Haushalte gleichzeitig eine Gans braten ...

Was ist das für ein HA Sicherungselement, das 80A aufnimmt aber keine 125A?

Ja klar, könnten auch alle gleichzeitig eine Gans braten und Wasserkocher betrieben und Wäsche waschen.
Aber da dieser Fall sehr unwahrscheinlich ist, gibt es eben die DIN 18015, die eine entsprechende Gleichzeitigkeit vorgibt. Die 5,5 kW je Wohneinheit (also 8 A bzw. dann in Summe eben die installierten 80 A / 55 kW) sind ja nicht viel. Und das ist ja auch ok so.

Der VBEW hat eine Tabelle/Grafik zur Gleichzeitigkeit von Elektrofahrzeugen veröffentlicht. Bis zu 4 Ladepunkte haben die Gleichzeitigkeit 1, also es müssen alle 4 mit der vollen installierten Leistung berücksichtigt werden.

Dementsprechend gilt meiner Meinung nach der 80 A - Anschluss inkl. Lademöglichkeit eben als nicht normgerecht ausgeführt. Dabei ist es unerheblich, ob schon ein Schaden entstanden ist oder nicht.


Und der Unterschied 80 A - 125 A: 80 A - Sicherungen werden oft in der Bauform NH00 verbaut. Die 125 A sind in dieser Bauform aber nicht mehr möglich.
 
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chris_flyer

Erfahrenes Mitglied
08.06.2015
2.726
0
Wiesloch,FRA,STR
Sicherung "könnte" rausfliegen.
Es ist also noch überhaupt kein Schaden entstanden.
Die Sicherung "könnte" auch rausfliegen, wenn Weihnachten alle 10 Haushalte gleichzeitig eine Gans braten ...

Was ist das für ein HA Sicherungselement, das 80A aufnimmt aber keine 125A?

Das sind normale B16 Automaten. Die halten den fünffachen Strom von 80 Ampere aus. Die sind in jedem Has Standard. Davor kommen die Schmelzsichetungen. Wenn die den gleichen Strom maximal aushalten können ist nicht sicher welche Sicherrung auslöst. Unter Umständen also immer die 80 A NH-Absicherung.

Nur mal so am Rande: 400 V Steckdosen sind Standard in Garagen. Zudem hätte man sich das Ganze sparen können und Wallboxen zum Laden für Autos kaufen können, die hätte man montieren lassen können ohne großen Schnickschnack. Der Vorteil hierbei ist, dass die Wallboxen in einem Master-Slave Modus arbeiten und selbständig den Strom begrenzen und miteinander kommunizieren können.
Hätte man das vorher bedacht, wären die Probleme nicht da.

Und man kann die natürlich die NH00 mit 125 A Absicherung in den Kasten hängen. Denn wenn der LS nur 80 A aushalten kann, dann geht auch die Schmelzsicherung von 80 A kaputt unter Umständen.
 
Zuletzt bearbeitet:

SleepOverGreenland

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09.03.2009
20.494
8.876
FRA/QKL
Ja klar, könnten auch alle gleichzeitig eine Gans braten und Wasserkocher betrieben und Wäsche waschen.
Aber da dieser Fall sehr unwahrscheinlich ist, gibt es eben die DIN 18015, die eine entsprechende Gleichzeitigkeit vorgibt. Die 5,5 kW je Wohneinheit (also 8 A bzw. dann in Summe eben die installierten 80 A / 55 kW) sind ja nicht viel. Und das ist ja auch ok so.
Also ich bin schon etwas überrascht zu lesen, dass 80A bei 10 Wohneinheiten okay ist, das Einfamilienhaus aber mit 63A dimensioniert wird. Die 8A je Wohneineit (x 3 Phasen) entsprechen ja letztlich nur 50% eines (!) üblichen 16A Automaten für einen (!) Stromkreis. Eine Waschmaschine, oder ein Backofen belastet eine Phase mit bis zu 16A (3,6kW). Jetzt mag die Gleichzeitigkeit laut DIN von bestimmten statistischen Werten ausgehen. Aber so eine Anlage muss doch für Spitzenbelastung ausgelegt werden. Und da erscheinen mir die 80A als sehr gering, jetzt mal völlig unabhängig von den zusätzlichen 16A CEE Steckdosen im Carport.
 
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