Also die Bestellung von Nahverkehr durch die Länder ablehnen, alle Strecken eigenwirtschaftlich betreiben, Takte auf wenig genutzten Abschnitten ausdünnen weil defizitär, Umsteigeverbindungen für nicht zuschlagspflichtige Züge durch lange Wartezeiten unattraktiv machen, Nahverkehrsstrecken mit parallelem Hochgeschwindigkeitsverkehr an die Anrainerkommunen abgeben die dann das Defizit finanzieren können und bei großen Neubauvorhaben in der Vergabe Mauscheleien machen?
Das ist jetzt etwas provokant, aber so gut wie der Schnellverkehr in Japan funktioniert, so groß sind die Probleme in den ländlichen Gebieten. Die Privatisierung der Staatsbahn hat auch in Japan zu Problemen geführt.
Aus meiner Sicht muss man nicht die Deutsche Bahn privatisieren, um bei den Japanischen Bahnen abzuschauen, wie Bahnfahren richtig funktioniert.
Es wird in Deutschland gerne vergessen, wie stark bei uns ÖPNV und Bahnfernverkehr subventioniert werden. Da ist man von einer Privatisierung weit entfernt. Wenn es nach mir ginge, würde man den ÖPNV vollständig subventionieren (Null-Euro-Tickets) und das Fernbahnnetz auf staatliche Kosten sanieren, aber dafür einen qualitativ hochwertigen - und funktionierenden - ÖPNV und Bahnfernverkehr erhalten.
Generell kann Privatisieren ein sinnvolles Mittel zum Zweck sein. Bei ÖPNV und selbst Bahnfernverkehr sehe ich es aber nicht als entscheidend an. Da können auch öffentliche Unternehmen erfolgreich, ja sogar erfolgreicher sein. Übertragen auf die Luftfahrt: In Deutschland sind der beste Flughafen (MUC) und der schlechteste Flughafen (BER) in öffentlicher Hand. Da scheinen die Eigentumsverhältnisse auch nicht relevant für die Qualität zu sein. Der Airport FRA kann auch gute Aspekte beim Airport MUC abschauen, ohne dass man ihn verstaatlichen muss (das tut er übrigens auch).
Der Rechenfehler wird regelmäßig gemacht. Es sollte bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen nicht darum gehen, die Kosten zu minimieren, sondern den Nutzen für die Bürger pro subventionierten Euro zu maximieren. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist man z.B. deutlich über das Maximum hinaus. Da könnte man mit halben Budgets immer noch fast das gesamte wirklich genutzte Angebot finanzieren. Man benötigt keine 90 öffentlichen Fernseh- und Radioprogramme. Hätte man ”nur” 30, würde das (fast) keinem ausfallen.
Ein Klassiker für das Gegenbeispiel sind städtische Büchereien. In vielen hat man generelle Ausleihgebühren eingefügt. Dann sind die Ausleihzahlen deutlich runtergegangen, der Subventionsbedarf hat sich aber nicht relevant verändert. Am Ende zahlte der Steuerzahler ein Vielfaches pro ausgeliehenem Buch. Lesen ist aber gut für die Gesellschaft. Da sollte eine Gewinnorientierung nicht interessieren. Da hatte man sich mit generellen Gebühren selbst ins Knie geschossen. Eine hohe Nutzung von ÖPNV und Bahnfernverkehr ist ebenfalls gut für die Gesellschaft. Statt mit viel Aufwand den Individualverkehr unattraktiv zu machen, sollte man besser ÖPNV und Bahnfernverkehr attraktiv gestalten.
Denn bei der Bahn ist eben beim Nutzen deutlich Luft nach oben. Da sind die Subventionen weitgehend verschwendet, weil man am Ende seit Jahrzehnten weitgehend Mist dafür bekommt. Lieber mehr zahlen und dafür Hilfsreiches erhalten. Das geht auch in öffentlicher Hand.