Die Vorstellung, dass man eine tolle oder gar teure Kamera und Objektive braucht, um gute Aufnahmen zu machen, ist bestenfalls Realsatire. Sie diskreditiert jene, die so etwas ernsthaft äußern, man kann sie also auch als Indikator nutzen.
Gute Fotos macht der Fotograf, und zwar mit so ziemlich jeder Kamera, inkl. Smartphones. Er muss die Kamera nur gut genug kennen, um sie sachgerecht einsetzen und seine Vorstellungen umsetzen zu können. Sonst hat man "Sand im Getriebe", denn es ist wichtig, ein Bild nicht nur im Kopf zu haben, sondern auch über die Mittel zu verfügen, es technisch umzusetzen. Das klappt nur, wenn man seine Ausrüstung blind kennt.
Deshalb ist es sinnvoll, sich mit seiner Kamera und Marke intensiv zu beschäftigen (am besten mehrere Jahre lang). Leute, die mehrmals jährlich Kamera und Marke wechseln, kann ich per se nicht ernst nehmen. Das sind Technikfreaks, keine Fotografen, und in der Regel verorten sie die Ursache für ihre miserablen bis mittelmäßigen Aufnahmen bei Technikdefiziten. Zielführend ist das nicht.
Die Vorstellung, dass Kleinbild bei den Amateuren künftig relevante Marktanteile gewinnen wird, halte ich für absurd. Vielmehr steht die DSLR als Technologie vor der Ablösung, in etwa 5-7 Jahren wird das im Massenmarkt vollzogen sein. Also ein durchaus überschaubarer Zeitraum. Kleinbild gewinnt als Format derzeit durchaus Marktanteile, aber vor allem bei den Spiegellosen, da es hier eine Enthusiastengemeinde gibt, die Spaß an der Technik hat. Sony verkauft die entsprechenden Kameras jedoch zu defizitären Preisen, sie dienen offenbar als Massentest (proof of concept) für Nikon vor deren unausweichlichem Einstieg in die spiegellose APS-C- und Kleinbildwelt. Nikon setzt bekanntlich auf Sensoren von Sony, Fuji ebenfalls (und fast alle anderen ernsthaften Anbieter auch). Nur Canon lebt in der Vergangenheit und verbaut nach wie vor mittelalterliche Sensortechnologie aus eigener Entwicklung.
Selbstverständlich kann man auch mit F5.6 tolle Portraits mit Freistellung machen, auch mit APS-C. Niemand braucht ein teures Objektiv, um ansprechende Bilder abzuliefern. Kein auch nur annähernd akzeptabler Fotograf braucht eine teure, große Kamera, um gelungene Aufnahmen zu machen. Das ist alles "nice-to-have", reiner Luxus, purer Überfluss. Für manchen Profi im täglichen Konkurrenzkampf womöglich sinnvoll (wenn auch vielleicht oft nur eingebildet), für den Hobbyisten weniger eine Notwendigkeit als ein Bonus, den man sich gönnt, weils Freude macht. So wie man in First zwar bequemer ans Ziel kommt, aber auch nicht früher.
Grundsätzlich ist es zielführender, freies Fotohobby-Kapital in einen Fotokurs, in Fotobücher, in Fotoreisen oder in Fotoworkshops zu stecken (und sich mit der vorhandenen Ausrüstung optimal anzufreunden) anstatt in neue Kameras und Objektive. Wird aber kaum gemacht, weil das auch Anstrengungen seitens des Fotografen verlangt. Wer ernsthaft nach einer Kamera sucht, "die gute Fotos macht", sucht vermutlich auch nach Töpfen, die ihm "gutes Essen kochen".