Kim Il-sung in Wien

ANZEIGE
C

carlo

Guest
Als politisch denkender Mensch bedaure ich sehr, daß sich Entscheidungsträger eines freiheitlich-demokratischen Staates in Europa als Handlanger stalinistischer Propagandakunst mit Führerkult hergeben.


Wahrlich kein Ruhmesblatt für das sonst so wunderbare MAK...
 

Nick Carraway

Erfahrenes Mitglied
27.03.2009
1.786
2
n/a
... eines freiheitlich-demokratischen Staates in Europa als Handlanger stalinistischer Propagandakunst mit Führerkult hergeben.

Ist dieses Vokabular irgendeinem McCarthy-Pamphlet entnommen?

Nun soll man also auch noch diesen - in der Tat kuenstlerischen - Weg der Kommunikation der Isolation opfern? Immerhin regt es doch die oeffentliche Debatte einmal mehr an.
 
  • Like
Reaktionen: tomnikde
C

carlo

Guest
Nun soll man also auch noch diesen - in der Tat kuenstlerischen - Weg der Kommunikation der Isolation opfern? Immerhin regt es doch die oeffentliche Debatte einmal mehr an.

Welchen Weg und welche Kommunikation, Nick? :confused:


Den Weg des bestellten Propaganda-Bildes vom siegreichen, überlegenen, kommunistischen Landwirt, während geschätzte 2 Millionen Nordkoreaner inzwischen verhungert sind?

Die Kommunikation zwischen regimetreuen, gehirngewaschenen Auftragskünstlern einer Diktatur und Kunstfreunden einer pluralistischen, Meinungsvielfalt gewohnten, diskursiven Gesellschaft?


Und welche öffentliche Debatte soll denn angeregt werden? Worüber genau?

In Diktaturen verliert Kunst ihre Eigenständigkeit und ihren Wert. Sie wird naturgemäß zum Werkzeug der Herrschenden, zur bloßen Propaganda-Maschine, die die Unmenschlichkeit des Systems übertünchen soll. Das ist jedoch nichts neues - Stalin, Hitler, Mao, Ceaucescu - alles schon mal dagewesen und jedes Mal mit einer unendlichen Blutspur des Grauens auf dem Erbschein.


Somit stützt diese Ausstellung schlußendlich die Position nordkoreanischer Machthaber und zeigt eben keine neuen, diskussionswürdigen Aspekte auf.


Hier noch ein kurzes Interview mit Peter Scholl-Latour über seinen Besuch dort:

Leben in der Diktatur: „Nordkorea erwartet permanent den Krieg“ - Eurasisches Magazin
 

Nick Carraway

Erfahrenes Mitglied
27.03.2009
1.786
2
n/a
Welchen Weg und welche Kommunikation, Nick?

Danke fuer die Anregungen. Ich denke, Du beantwortest Dir die Frage mit Deinem Post doch selbst.

Es ist keine Frage, dass, seit es Kunst gibt, diese auch zu Zwecken der Inszenierung der Herrschaft genutzt wird.

Seit Erfindung der Massenmedien samt Reproduktionstechniken wird die Kunst der Inszenierung und Installation von der Politik instrumentalisiert.

Riefenstahl und Eisenstein sind die Prototypen politischer Kunst des 20. Jh. und sie werden dennoch geschaetzt.

Ich finde, wir erleben doch gerade leibhaftig Kommunikation. Die Debatte ist also in vollem Gange da, wo sie sein soll. Nicht im professionellen Diskursstuebchen, sondern beim Volk. Nun ist es sowohl eine aesthetische als auch eine politische und mittlerweile auch ethische Frage, wie der Betrachter, Besucher, Leser sich dazu positioniert.

Das meine ich mit Kommunikation. Keine 8 + 15 Gespraeche.
 

Naddel

Erfahrenes Mitglied
18.03.2009
548
0
Interessant fände ich es ja, wenn es eine Ausstellung gäbe, wo es um den Wandel, nein Vergewaltigung der Kunst, Musik, Philosophie (auch Jenseitsvorstellung) etc. im Zuge einer idelogischen Gehirnwäsche durch Staaten, Glaubensgemeinschaften (inkl. Scientology) geht...
 
  • Like
Reaktionen: Nick Carraway
C

carlo

Guest
Es ist keine Frage, dass, seit es Kunst gibt, diese auch zu Zwecken der Inszenierung der Herrschaft genutzt wird.
Sie wird und wurde nicht "auch" genutzt, sondern in diesem Fall regelrecht bestellt, wie ein Wiener Schnitzel, Nick, das ist der Unterschied! Und zeigt im Ergebnis weder Realität noch Abstraktion, sondern unterwirft sich bedingungslos dem ideologischen Wahn seiner Auftraggeber.


Seit Erfindung der Massenmedien samt Reproduktionstechniken wird die Kunst der Inszenierung und Installation von der Politik instrumentalisiert.

Gut, aber das verringert die Diskrepanz zwischen zwangsweise angeordneten Auftragsarbeiten der nordkoreanischen Führung und dem Kunstbegriff im non-funktionalen, kreativen Sinne nicht im mindesten.


Riefenstahl und Eisenstein sind die Prototypen politischer Kunst des 20. Jh. und sie werden dennoch geschaetzt.

Politische Kunst findet sich bereits in griechischen Tragödien, neu ist das nicht. Nur hat Riefenstahl selbst zeitlebens jede Nähe zur Politik abgestritten, und Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" war keine Auftragsarbeit Stalins.

Nichts liegt mir ferner, als die nordkoreanischen Werke zu geringschätzen. Nur duldet das bestellte Kunstwerk eben keine Interpretation und erstickt damit die Kreativität als Triebfeder im Beuysschen Sinne vollständig.


Ich finde, wir erleben doch gerade leibhaftig Kommunikation. Die Debatte ist also in vollem Gange da, wo sie sein soll. Nicht im professionellen Diskursstuebchen, sondern beim Volk. Nun ist es sowohl eine aesthetische als auch eine politische und mittlerweile auch ethische Frage, wie der Betrachter, Besucher, Leser sich dazu positioniert.

Das meine ich mit Kommunikation. Keine 8 + 15 Gespraeche.
Da treffen wir uns wieder, ganz meinerseits...(y)
 
  • Like
Reaktionen: Nick Carraway

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
Ich finde es gut, dass man, wenn man sich dafür interessiert, Gelegenheit hat, sich nordkoreanischen Auftragsarbeiten auch in unserer Nähe anzusehen. Wer nicht will, der hat schon - im Gegensatz zu Nordkorea besteht hier ja keine Pflicht, in die Ausstellung zu pilgern und die Exponate gut zu finden oder zu bejubeln.

Und ob der Betrachter beim Rezipieren nun Realität, Abstraktion oder sonst etwas zu erkennen glaubt, ist doch letztlich Sache seiner ganz persönlich Interpretation.

Abgesehen davon ist es doch eigentlich mutig, wenn sich totalitäre Kunst der Kritik eines demokratischen Landes und seiner Bürger stellt. Immerhin müssen die Macher und Auftraggeber hierzulande mit einem vernichtenden Urteil rechnen.
 

Naddel

Erfahrenes Mitglied
18.03.2009
548
0
Sie wird und wurde nicht "auch" genutzt, sondern in diesem Fall regelrecht bestellt, wie ein Wiener Schnitzel

Noch zu harmlos...
Bestellt wie ein Wiener Schnitzel wurden vom König die Kompositionen von Bach.
Bestellt der "große Führer" bei einem Künstler ein Werk zur gezielt verherrlichenden Darstellung seiner mörderischen Diktatur, so kommt dieser Akt für den heiligen Ernst des Künstlers einer erpresserischen Zwangsprostitution gleich :sick::sick:

Stelle mal vor, Pina Bausch wäre Nordkoreanerin (gewesen, RIP) - dann müßten sie und ihre Truppe wohl bei der Massengymnastik die Führung übernehmen (nein, das würde sie nicht tun, somit wäre sie schon längst im Arbeitslager) :censored:
 
C

carlo

Guest
Abgesehen davon ist es doch eigentlich mutig, wenn sich totalitäre Kunst der Kritik eines demokratischen Landes und seiner Bürger stellt. Immerhin müssen die Macher und Auftraggeber hierzulande mit einem vernichtenden Urteil rechnen.

Der Begriff von "totalitärer Kunst" führt den Kunstbegriff ad absurdum...:rolleyes:


Mutig ist da nichts, denn Pjöngjang (schreibt man das so?) hat nichts zu verlieren. Ganz im Gegenteil, sollte die Wiener Ausstellung nicht vollständig floppen, sähe sich das Regime auch im fernen Europa bestätigt und würde nicht müde, diesen Umstand seinem geknechtetem Volk als bestätigendes Zeichen der Stärke zu kommunizieren.


Floppte die Ausstellung hingegen, müßte vorzeitig abgebrochen werden etc., würde dies die propagierten, eingeimpften allgemeinen Vorurteile dem Westen gegenüber trivial bestätigen. Ergo gewinnt Kim-Il-Irgendwas immer...
 
C

carlo

Guest
Stelle mal vor, Pina Bausch wäre Nordkoreanerin (gewesen, RIP) - dann müßten sie und ihre Truppe wohl bei der Massengymnastik die Führung übernehmen (nein, das würde sie nicht tun, somit wäre sie schon längst im Arbeitslager) :censored:

Danke, danke, danke...:kiss:
 

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
Floppte die Ausstellung hingegen, müßte vorzeitig abgebrochen werden etc., würde dies die propagierten, eingeimpften allgemeinen Vorurteile dem Westen gegenüber trivial bestätigen. Ergo gewinnt Kim-Il-Irgendwas immer...

Und deshalb sollte man solche Ausstellungen totalitär verbieten und Kunst aus Nordkorea nirgends drucken, zeigen oder sehen können? :D Wir sollten quasi Nordkorea imitieren. Na toll, wenn das so umgesetzt wird, hat Herr Kim in jedem Fall gewonnen. :D
 

Naddel

Erfahrenes Mitglied
18.03.2009
548
0
Gelöscht, weil Carlo zeitgleich den Ansatz viel schöner ausgedrückt hat :)
 
Zuletzt bearbeitet:
C

carlo

Guest
Und deshalb sollte man solche Ausstellungen totalitär verbieten und Kunst aus Nordkorea nirgends drucken, zeigen oder sehen können? :D

Nicht im geringsten!


Statt dessen wäre es sinnstiftend, die unzweifelhaft existierenden, wahren Künstler Nordkoreas aufzuspüren und ihnen mit Hilfe unserer Massenmedien Gehör und Aufmerksamkeit zu gewähren. Nichts fürchten die Machthaber mehr, als daß menschliche Individualität in Nordkorea existent und sichtbar wird. :idea:
 
  • Like
Reaktionen: Naddel

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
Nicht im geringsten!


Statt dessen wäre es sinnstiftend, die unzweifelhaft existierenden, wahren Künstler Nordkoreas aufzuspüren und ihnen mit Hilfe unserer Massenmedien Gehör und Aufmerksamkeit zu gewähren. Nichts fürchten die Machthaber mehr, als daß menschliche Individualität in Nordkorea existent und sichtbar wird. :idea:

Also doch verbieten, unterdrücken und zensieren - und stattdessen etwas anderes zeigen, was einem selbst genehm erscheint. Wie in einer Diktatur.

Ich wäre dafür, NICHTS zu verbieten und ALLES zu zeigen. Ich brauche kein stattdessen. In meiner Welt gibt's nur sowohl als auch (eben genau wie hier im VFT). Alles andere ist unfrei, undemokratisch und vor allem: abgrundtief verlogen.

Aus genau diesem Grund bin ich auch nicht gut auf die zu sprechen, die hier zum Beispiel über die Paybackleute herziehen. Schließlich hat so ziemlich jedes Mitglied Themen, die es nicht interessieren oder gar schrecklich nerven, evtl. gar im Sekundentakt. Daraus jedoch Forderungen abzuleiten, solche Themen und ihre Macher in irgendeiner Art und Weise zu unterdrücken, zu verstecken oder anderweitig als "zweitklassig" zu diskriminieren, ist mit mir nicht drin. Wenn einem was nicht passt, soll er gefälligst selber filtern. So viel Medienkompetenz darf man von einem aufgeklärten Mitglieder der demokratisch-freiheitlichen Wertegemeinschaft wohl erwarten. Die Werkzeuge dafür stellt dieses Forum gern bereit, hier darf man bekanntlich nicht nur User, Mods und Unterforen, sondern sogar Admins ignorieren.

Und genau so verhält es sich mit Ausstellungen totalitärer Auftragskunst aus Nordkorea. Die Besucher müssen auch hier die nötige Kompetenz mitbringen. Und die Veranstalter müssen dabei Hilfestellung geben, indem sie etwa Informationsmaterial bereit stellen, Hintergründe erleuchten und sachkundige Experten kommentieren lassen.

Unabhängigen nordkoreanischen Künstlern sollte man natürlich sowieso ein Forum geben. So wie der VFT auch verschiedenen Exoten-Airlines im übertragenen Sinn ein Forum gibt, in der Hoffnung, dass sich irgendwann vielleicht eine Gruppe unabhängiger Experten dort niederlässt und eine Themengemeinschaft bilden - auch auf die Gefahr hin, dass sie Teile des "Mainstreams" damit nerven, möglicherweise im Sekundentakt. Genau das ist nämlich bei Payback passiert: Wir haben das Biotop "Payback & Co." bereitgestellt, andere haben es besiedelt. Und ein eigens engagierter Mod sorgt dafür, dass dort alles "rund" läuft. Vielleicht macht dieses Beispiel ja für andere VFT-"Exotenforen" Schule.
 

Nick Carraway

Erfahrenes Mitglied
27.03.2009
1.786
2
n/a
Statt dessen wäre es sinnstiftend, die unzweifelhaft existierenden, wahren Künstler Nordkoreas aufzuspüren und ihnen mit Hilfe unserer Massenmedien Gehör und Aufmerksamkeit zu gewähren. Nichts fürchten die Machthaber mehr, als daß menschliche Individualität in Nordkorea existent und sichtbar wird. :idea:


Bestellte Kunst und Auftragskunst - natuerlich, der Unterschied ist ziemlich offensichtlich. Nun, das ist aber auch kein Geheimnis.

Ich habe den leisen Verdacht, dass man nicht nur in diesem besonderen Fall von einem Kunstbegriff abruecken muss, der insb. in Deutschland gerne gepflegt wird. Seit der Romantik wird die Autonomie - in carlos Worten "Individualitaet" des "wahren" - Kuenstlers und der Kunst mit Heiligem Ernst vorgetragen. Dies fuehrte bis hin zum Geniekult. Davon konnte sich der Kunstbegriff nicht befreien und viele Stroemungen in der Kunst entwickelten einen Absolutheitsanspruch. Natuerlich ist diese Autonomie eine Illusion, die Kunstproduktion ist nicht unabhaengig vom kulturellen, politischen, soziooekonomischen und historischen Kontext, und, sie ist nicht zuletzt limitiert durch Vorgaben des Materials. Nun flossen all diese Ideenstroemungen in die diskursive Praxis, die natuerlich nach dem klassischen wahr-falsch-Schema operiert und so diese Ausdifferenzierung weiter vorantreibt.

In Europa hat sich die Kunst institutionalisiert und scheut dadurch nicht mehr die Naehe zur - politischen, oekonomischen und medialen - Macht. Obwohl der 0-8-15 Museums- oder Galeriebesucher immer noch andaechtig vor einem ausgestopften Zebra steht, waehrend der Kuenstler sein Charly im dark room zieht. Natuerlich gibt es den Kuenstler, der durch seine technische Perfektion, Beharrlichkeit, seine Leidenschaft und seine Hingabe auffaellt. Womoeglich gibt es diesen Kuenstler auch in Nordkorea. Na dann immer her mit ihm oder ihr. Der Markt wird sicherlich ein warmes Plaetzchen finden. Darauf warten wir ja wie man oben sieht, scheinbar schon lange. Und es soll nicht zynisch klingen, wenn ich jetzt sage, dass die politischen Effekte - die ich keineswegs abschaetzen kann und will -, die dieses Unternehmen zeitigen wuerde, nicht groesser oder kleiner sein wuerden, als die, die mit der oben geposteten Ausstellung evt. auch erzielt werden. Zumindest glaube ich, dass das Regime nach innen hin voellig unabhaengig davon agiert. Was ich aber glaube ist, dass wir etwas sehen, dass uns sicherlich sensibler im Umgang mit Nordkorea und vlt. sogar mit dem Kunstbegriff werden laesst. Wenn also der Wiener vor Kim Il-sung steht und sieht, dass der ja scheinbar sogar ins Bettchen seiner Landsleute huepft, dann fragt er sich vielleicht, warum nicht alle so einen "grossen Fuehrer" haben koennen.
 

Nick Carraway

Erfahrenes Mitglied
27.03.2009
1.786
2
n/a
C

carlo

Guest
Also doch verbieten, unterdrücken und zensieren - und stattdessen etwas anderes zeigen, was einem selbst genehm erscheint. Wie in einer Diktatur.

Ich wäre dafür, NICHTS zu verbieten und ALLES zu zeigen. Ich brauche kein stattdessen. In meiner Welt gibt's nur sowohl als auch (eben genau wie hier im VFT). Alles andere ist unfrei, undemokratisch und vor allem: abgrundtief verlogen.

Nun,

wenn das so ist, wäre ich an Deiner Meinung hierzu interessiert:


Hier in Berlin darf ein Künstler eine tote Kuh aus dem Helikopter werfen, brechen Künstler in ihrer "performance" ahnungslosen Kaninchen das Genick, bezuschussen linke Bürgermeister Kinderporno-Ausstellungen im Namen der Kunst mit 30.000 €, während nebenan der Mädchennotdienst wegen gestrichener Gelder dichtmachen muß.


Wenn ich richtig verstehe, deckt Dein Verständnis von Toleranz diese drei Beispiele vollständig ab, da ihr Verbot und die Zensur Unterdrückung gleichkäme; unfrei, undemokratisch und verlogen wäre.


Ist das so?
 

paulraum

Erfahrenes Mitglied
08.04.2009
2.477
13
ARN / ZRH
Muss Kunst immer den Bezug zu aktuellen, soziokulturellen und politischen Themen haben?

Trotz aller - scheinbarer oder wirklich offensichtlicher - ideologischer Nähe der ausgestellten Künstler zum politischen Regime sollte man Ihnen dennoch zugestehen, dass sie Kunst einfach nur zum Selbstzweck - wie meiner Meinung nach fast alle Künstler.
Das drückt sich eben dann auch unterschiedlich aus - manchmal eben mit sehr alltäglichen aktuellem Bezug - diese Künstler leben ja auch ihr Leben in der heutigen tagesaktuellen Welt.

Wie sich Kunst dann darstellt - das sollte man wirklich dem Künstler überlasen und keiner Entscheidungsstelle, welche in irgendeinem Rathaus sitzt. Schon alleine wegen Ihrer Position sind Sie ein perfektes Beispiel an Subjektivität. Dass die Ausformung manchmal recht extrem ist - so ist das eben. Kunst soll ja auch zur Diskussion anregen, manchmal aggressiv sein und die Mitmenschen zum Aufschreien reizen.

Beim direkten Beispiel der o.g. Ausstellung wird wohl eins vermisst werden: eine Gegenüberstellung systemkonformer, gar unterstützter Kunst und dem reaktionären und aufmüpfigen Künstlern in Nordkorea.

"Wahre Künstler" - wie der Begriff vorhin mal zitiert wurde: das sind wohl beide Gruppen.
 

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
Wenn ich richtig verstehe, deckt Dein Verständnis von Toleranz diese drei Beispiele vollständig ab, da ihr Verbot und die Zensur Unterdrückung gleichkäme; unfrei, undemokratisch und verlogen wäre.


Ist das so?

Das ist doch Unfug. Jeder weiß, dass zur freiheitlichen Ordnung gehört, seine Freiheit nur soweit auszuleben, dass sie die Freiheit und die Grundrechte anderer nicht beeinträchtigt. Da könnte man im Namen der Kunst (oder was auch immer) sonst alles erlauben, bis hin zum Mord an den eigenen Kindern. Sind halt "kulturelle Unterschiede". :rolleyes: Demokratie und Freiheit sind aber nicht gleichbedeutend mit Anarchie und Toleranz für Intoleranz. Das sehen höchstens irgendwelche ultraweichgespülten Weltverbesserer so, die gar nicht merken, dass sie mit ihrer "anything goes"-Rhetorik dafür sorgen, dass bald gar nichts mehr geht. Also da hätte ich von dir jetzt mehr erwartet als so ein Stammtischbeispiel. :kiss:

Selbstverständlich sollte man Dinge, die passiert sind oder existieren, jedoch immer zeigen dürfen. Bei einer "Kinderpornoausstellung" kommt es also darauf an, wie es gemacht ist. Dass so etwas dringend notwendig ist, liegt auf der Hand, denn alle Welt spricht schließlich davon, die wenigsten wissen aber, was sich hinter dem Begriff alles verbirgt. Einen Begriff, der aber in der europa- und weltweiten Diskussion tagtäglich als Kahlschlagwort zur Rechtfertigung aller möglichen Zensurmaßnahmen und Unterdrückungsgesetze in Sachen Meinungsfreiheit im Internet herhalten muss, sollte man selbstverständlich eine aufklärerische Ausstellung widmen - und noch viel mehr. Zu deinem konkreten Beispiel sage ich indessen nichts, da ich mich nicht damit beschäftigt habe.

"Buzzwords" sind ja nichts Neues in der Politik, und sie funktionieren wie in "1984" beschrieben: Sie sorgen dafür, dass man nicht weiter über die Sache nachdenken muss. Jede noch so dämliche Sicherheitsmaßnahme, gerade auch im Luftverkehr, wird deshalb mit dem Schlagwort "Terrorismus" gerechtfertigt, das dann anscheinend jede weitere Diskussion erübrigt. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Schlagwort "Kinderpornos" im Internet.
 

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
"Wahre Künstler" - wie der Begriff vorhin mal zitiert wurde: das sind wohl beide Gruppen.

Die Beurteilung, was "wahre Kunst" ist, kann man getrost dem Rezipienten überlassen, es spielt hier auch keine Rolle, denn selbstverständlich soll man solche Exponate gerade auch dann zeigen, wenn sich alle einig sind, dass es sich dabei nicht um Kunst handelt, sondern beispielsweise nur um Handwerk. Who cares? Der Punkt ist hier doch gar nicht der Anspruch, hehre Kunst zu präsentieren, sondern vielmehr Exponate, die uns einiges über das Wesen, Ticken und die Selbstansicht Nordkoreas und seiner Machtelite verraten. Das wäre zumindest das, was ich an einer solchen Ausstellung spannend fände. Diese "Kunstwerke" sind vermutlich nicht minder aufschlussreich als Bild/Video/Text/Ton-Dokumentationen aus dem Innenleben der Paläste, Kasernen oder Folterkeller dieses Regimes. Auch die sind keine "Kunst", aber höchst wichtige Informationensquellen, die uns dabei helfen, mehr und besser zu verstehen.
 
  • Like
Reaktionen: Nick Carraway

paulraum

Erfahrenes Mitglied
08.04.2009
2.477
13
ARN / ZRH
Der Punkt ist hier doch gar nicht der Anspruch, hehre Kunst zu präsentieren

Den Anspruch hat aber das MAK doch, da es ein Museum ist.
Gerade Kuratoren und Direktor stehen eindeutig dafür - mit stolzgeschwelllter Brust. Darum bin ich in den Falle auch sehr kritisch.

Auch die sind keine "Kunst", aber höchst wichtige Informationensquellen, die uns dabei helfen, mehr und besser zu verstehen.

Kunst kann und wird wohl sehr oft ein Zeitzeugnis sein.
 
  • Like
Reaktionen: flysurfer

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.000
36
www.vielfliegertreff.de
Den Anspruch hat aber das MAK doch, da es ein Museum ist.

Und was hat ein Museum zwangsläufig mit Kunst zu tun? Museen zeigen Exponate, die etwas erklären/belegen sollen. Im Deutschen Museum in München wirst du nicht viel Kunst finden, in Sinsheim auch nicht. Auch historische oder anthropologische Museen zeigen häufig Alltagsgegenstände, die eine Menge über das Leben anderer Menschen und Kulturen aussagen. Und naturhistorische Museen zeigen ausgestopfte Tiere uvm.

Eine Galerie zeigt schlicht und einfach Bilder. Ob es sich dabei um Kunst handelt, oder um was für Kunst - das ist ja schon ein Teil der wichtigen Diskussion, die sich aus dem schieren Akt der Präsentation ergibt.

Kunst kann und wird wohl sehr oft ein Zeitzeugnis sein.

Und genau deswegen sollte man sie immer zeigen, auch wenn manche das gern unterdrücken wollen, weil sie sie für "entartet" halten (wie im Dritten Reich) oder für "unwürdige Propaganda" (wie hier im Thread).

Was bitte gibt es eigentlich gegen ein Propagandamuseum einzuwenden? Das wäre sicherlich sehr interessant und aufschlussreich. Für einige vielleicht zu aufschlussreich, da sich Propaganda keineswegs auf totalitäre Diktaturen beschränkt.
 
Zuletzt bearbeitet: