Dienstreisen in gefährliche Länder?

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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
4.820
2.074
FRA
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Ich bin mal neugierig - wenn es keine explizite Vereinbarung über Dienstreisen im Arbeitsvertrag gibt, darf ein Arbeitnehmer zu Dienstreisen auch in "gefährliche" Länder verpflichtet werden?

Darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter z. B. auf eine Dienstreise in die DR Kongo schicken? Darf ein Mitarbeiter eine solche Dienstreise verweigern?

Wenn man auf einer Dienstreise in einem gefährlichen Land einem Verbrechen zum Opfer fällt, haftet der Arbeitgeber, oder ist er fein raus?

Wie wird sowas in der Praxis geregelt - denn einerseits gibt's schon Jobs, die einen in gefährliche Ecken der Welt bringen. Andererseits erwartet man bei einem "normalen" Job natürlich nicht, in einer "shithole country" zu landen, wo man sich nicht auf die Straße trauen kann...
 

Ragesh

Erfahrenes Mitglied
19.02.2014
658
9
Also keine Ahnung wie das gesetzlich aussieht, kann nur aus der Praxis berichten. Projekt in Mexico in einer eher unschönen Region grenznah zu den USA. Selbstverständlich wurden die Mitarbeiter gefragt und konnten ohne jegliche Konsequenzen den Einsatz ablehnen (was auch einige getan haben).

Wenn es nicht gerade Teil der Stelle ist und vorher bekannt, würde ich erwarten dass der Mitarbeiter das Recht hat solche Einsätze abzulehnen.
 

kingair9

Megaposter
18.03.2009
22.381
764
Unter TABUM und in BNJ
Ich hatte Ende der 90er einige Jahre einen Job mit 75% Reiseanteil, bei dem die DR Kongo noch zu den besseren Gegenden gehörte.
Damals gab es von meinem AG eine Versicherung in London, die einen im Krisenfall oder bei Verletzung notfalls mit bewaffneten "Begleitkräften" aus einem Land geholt hätte. Ist halt alles Verhandlungssache beim Arbeitsvertrag. Wenn mir dann mein AG sagt "nächste Woche nicht Kongo und Ruanda, sondern bitte Kolumbien", dann kann ich kaum ablehnen.

Nehme ich den nicht ganz so krassen (und wahrscheinlich realistischeren) Fall, daß jemand bereits einen Arbeitsvertrag mit hohem Reisenanteil hat, derjenige aber heute zB hauptsächlich USA, England, Spanien als Techniker bereist, dann kann ich ihn imho als AG nicht einfach so ohne weitere Absprache in ein Land mit AA-Reisewarnung entsenden.

Schwierig wird es dann, wenn für ein Land keine AA-Warnung besteht, der MA aber trotzdem nicht will.
 
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Kunduzbird

Erfahrenes Mitglied
20.08.2013
380
2
Das kommt auf den Job an. Wenn Du in gehobener Position bei einer Firma mit Schwerpunkt Business in Afghanistan anheuerst, weißt Du vorher, dass Du einige interessante Trips vor Dir hast.
 
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Langstrecke

Erfahrenes Mitglied
31.08.2013
8.694
6.190
LEJ
OT
Dienstreisen in gefährliche Länder sind oft die Folge gefährlicher Verträge mit ebenso gefährlichen Produkten.
Der Verdienst ist mehr als überdurchschnittlich und die Handlungsfreiheit des Dienstreisenden vor Ort darf sehr individuell gestaltet werden.
gez. Dr. Mauser,
erstellt in enger Zusammenarbeit mit der DAG
 
Zuletzt bearbeitet:

kingair9

Megaposter
18.03.2009
22.381
764
Unter TABUM und in BNJ
Aber noch mal etwas pragmatischer dargestellt, denn die Welt ist nicht schwarz/weiss… sondern grau:

Wenn ich als AG (der ich bin) Mitarbeiter habe, in deren Verträgen und/oder Stellenbeschreibungen "regelmäßiger Reiseanteil innerhalb der EU" drin steht und ich weise einen MA an, in ein westliches Land wie die USA zu fliegen, dann erwarte ich als AG, daß er das macht.

Will ich von diesem "EU-Reisen Mitarbeiter", daß er in ein an sich sicheres aber deutlich schwierigeres und "nicht westliches" Land reist (Beispiel China, Indien, Malaysia), dann muss ich ihm bereits in so einem Fall in meinen Augen eine Weigerung zubilligen, auch wenn sie mir als AG vielleicht nicht gefällt. Dann muß ich ihn eben (ggf. mit Geld) überzeugen.

Habe ich einen MA, bei dem im Vertrag/Stellenbeschreibung "regelmäßige interkontinentale Einsätze" steht und der normalerweise in den USA und in Brasilien eingesetzt wird, dann muß ich von ihm in meinen Augen erwarten können, daß er auch Indien, China oder Malaysia macht.

Will ich aber von diesem "Sichere Interkont Länder Mitarbeiter", daß er in ein Land reist, für welches eine AA-Warnung (egal ob regional oder ganzes Land) hat, würde ich selbst ihm mit seinem Interkont-Vertrag eine Weigerung zubilligen.
 

peter28

Aktives Mitglied
02.10.2009
178
5
Es ist meine persönliche Erfahrung, dass die Entscheidung ob man einen Arbeitnehmer in "gefährliche" Länder zwingt, eine Abwägung der Faktoren
- Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (also ggf. Bereitstellung von entsprechendem Personenschutz, sicheres Hotel, Wahl sicherer Transportmittel, etc.);
- Anweisungen der Versicherungen des Arbeitgebers (Haftpflicht!)
- und Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes
ist.
Welche Konsequenzen eine Weigerung des Arbeitnehmers hat, hängt dann sehr von der generellen Unternehmenskultur bzw. dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab. Und natürlich davon, ob im Arbeitsvertrag "weltweite Dienstreisen", "Dienstreisen in Europa & Nordamerika", o.ä. steht.

Vernünftige Arbeitgeber haben je nach Grösse bzw. Geschäftsanteil in "gefährlichen" Ländern entweder eine eigene Sicherheitsabteilung oder einen Vertrag mit einer spezialisierten Sicherheitsfirma (z.B. Control Risks), die die entsprechenden Lageeinschätzungen und Handlungsanweisungen erstellt.

Folgende Versicherungen sind nach meiner Erfahrung Standard:
- Lebens-/Unfallversicherung mit sehr hoher Versicherungssumme
- Kidnap & Ransom Versicherung
- Auslandskrankenversicherung mit ggf. Transport im Ambulanzflieger
 
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Kamel

Erfahrenes Mitglied
31.01.2019
650
186
Südbaden
Bin freiberuflich und in einer im Grunde völlig restlos "sicheren" Branche tätig (als Gegensatz zu "gefährliche Verträge mit gefährlichen Produkten), komme aber doch öfter in Länder mit mehr oder minder deutlichen AA Warnungen. Dort muß ich immer unterschreiben, daß ich mir der Reisewarnung des AA bewusst bin und dieses Risiko eingehe.
Da ich dann letztlich doch immer im Dunstkreis der Botschaft bin, bin ich dieses Risiko bisher immer eingegangen.

Meine persönliche Angst gilt übrigens weniger etwaigen Anschlägen, als vielmehr auch gesundheitlichen Risiken durch Tropenkrankheiten etc. Seit ein enger Freund fast am Denguefieber verreckt ist, denke ich da deutlich anders.
In einem Taxi in Delhi gestochen worden, dazu noch eine blöde Abart erwischt. War mit 10 anderen in der Spezial-Dengue-Abteilung eines Spezialkrankenhauses in Delhi - und der einzige der überlebt hat und bis er wieder Treppen laufen konnte, ohne nach 3 Stufen oder einem Absatz fast umzufallen dauerte es 8 Monate:eek:
 

PAXfips

Erfahrenes Mitglied
15.12.2016
1.936
403
HAM
Darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter z. B. auf eine Dienstreise in die DR Kongo schicken? Darf ein Mitarbeiter eine solche Dienstreise verweigern?
Man wird in Handschellen in den Flieger gesetzt...

Anders gesagt: welche Konsequenzen hat eine Weigerung? Will ich fuer einen AG weiterhin arbeiten, wenn dieser mich in so eine Situation bringen will?
Ich denke die angesprochenen Warnungen des AA sind ein guter Indikator.

Wenn man nur "bad feelings" hat, wird das weniger Geltung bekommen. z.B. war ich auf einer Konferenz in Belgrad - einige sind nicht gekommen, weil in Yugoslawien (!) gibt es ja noch soviele Landminen(!). Ja, gibt es, aber eher selten im Radisson Blue zwischen Etage 5 und Konferenzraum.
 

janetm

Erfahrenes Mitglied
11.02.2012
3.975
1.039
DUS, HAJ, PAD
Ich hatte mal eine Kollegin aus UK, die wollte nicht alleine in die Tschechische Republik reisen, weil Sie sich dort unwohl fühlen würde. Ich vermute dann ist tatsächlich jemand mitgereist. Bei einem vernünftigen AG mit vernünftigen AN wird man vermutlich immer eine für alle Beteiligten gute Lösung finden.
 

Autumla

Erfahrenes Mitglied
30.07.2013
1.906
119
GRZ
Damals gab es von meinem AG eine Versicherung in London, die einen im Krisenfall oder bei Verletzung notfalls mit bewaffneten "Begleitkräften" aus einem Land geholt hätte.

Etwas OT: Gab es zu dieser besagter Versicherung nicht mal eine Doku im TV? Irgendwas klingelt da bei mir, aber mir fallen einfach keine Details mehr ein.
 

Mr. Tequilla

Erfahrenes Mitglied
03.04.2014
2.698
7
Wenn man auf einer Dienstreise in einem gefährlichen Land einem Verbrechen zum Opfer fällt, haftet der Arbeitgeber, oder ist er fein raus?
wenn es bereits offizielle Reisewarnungen des auswärtigen Amtes gibt, würde ich mal sagen, bewegen sich die Organe des Arbeitgebers nach meinem laienhaften Rechtsverständnis bereits im grob fahrlässigen Bereich (Vorsatz ist selbstverständlich nochmal was ganz anderes) einen AN trotzdem da hin zu schicken, und bei gutem Rechtsbeistand und im Zweifel entsprechender Gerichtsbarkeit hat der Arbeitnehmer in diesem Falle wohl ziemlich gute Chancen

anders sieht es bei solchen Gegenden oder Orten aus, die nur einen schlechten Ruf haben, aber ansonsten auch nicht unsicherer sind, als so mancher Problembezirk in Deutschland
Beispiel: Tijuana
 

Mr. Tequilla

Erfahrenes Mitglied
03.04.2014
2.698
7
Ich hatte mal eine Kollegin aus UK, die wollte nicht alleine in die Tschechische Republik reisen, weil Sie sich dort unwohl fühlen würde. Ich vermute dann ist tatsächlich jemand mitgereist.
hoffe, dass war dann keine von diesen Gendertrullas: "gleicher Lohn für gleiche Leistung", dann da das ganz offensichtlich nur die halbe erbrachte Leistung war, hätte ich ihr den Lohn halbiert, denn schließlich und ganz offensichtlich musste noch eine Kindernanny zum Händchenhalten und Aufpassen mitgeschickt werden
 
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kingair9

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18.03.2009
22.381
764
Unter TABUM und in BNJ
hoffe, dass war dann keine von diesen Gendertrullas: "gleicher Lohn für gleiche Leistung", dann da das ganz offensichtlich nur die halbe erbrachte Leistung war, hätte ich ihr den Lohn halbiert, denn schließlich und ganz offensichtlich musste noch eine Kindernanny zum Händchenhalten und Aufpassen mitgeschickt werden

Solche Postings sind normalerweise eher nach 23:00 Uhr zu erwarten.
 
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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
4.820
2.074
FRA
Anders gesagt: welche Konsequenzen hat eine Weigerung? Will ich fuer einen AG weiterhin arbeiten, wenn dieser mich in so eine Situation bringen will?

Mir ging's eher darum, inwieweit man bereits bei Vertragsverhandlungen Reisen in unsichere Länder ausschließen muss, wenn man auf keinen Fall hin will. Es kommt wahrscheinlich nicht so gut an, wenn der möchtegern-Mitarbeiter gleich eine Liste von 50-100 Länder präsentiert und bittet, Dienstreisen in diese Länder auszuschließen. Das ist ein Nachteil bei den Verhandlungen.

Deshalb wollte ich wissen, inwieweit Reisen in unangenehme Länder ohne solche Absprachen zulässig und normal sind, und wie das in der Praxis gehandhabt wird. Gerade auf VFT dürfte es viel Erfahrung dazu geben.
 

xcirrusx

Erfahrenes Mitglied
16.10.2012
3.818
1.069
KUL (bye bye HAM)
Man ist zumindest im Maschinen- und Anlagenbau oft erstaunt in welche Regionen es gehen kann. Natürlich liegt es auch am Produkt. Die Autoschweisslinie wird sicherlich seltener in den Irak verkauft als eine Energieanlage. Letztere sind auch das typisch deutsche Export für unsichere Regionen. Wer in dem Bereich arbeitet, weiss in der Regel wohin er geht und wohin nicht.

@Andie007: ich war im Juli 2006 in Beirut
 

spotterking

Erfahrenes Mitglied
14.07.2012
4.791
2.757
FRA
anders sieht es bei solchen Gegenden oder Orten aus, die nur einen schlechten Ruf haben, aber ansonsten auch nicht unsicherer sind, als so mancher Problembezirk in Deutschland
Beispiel: Tijuana
Genau so sieht es aus. Ich persoenlich finde das es das Auswaertige Amt manchmal treibt. Warum auch immer. Ich hab mir abgewoehnt das genau zu lesen. Macht man sich nur verrueckt.
 

peter28

Aktives Mitglied
02.10.2009
178
5
Genau so sieht es aus. Ich persoenlich finde das es das Auswaertige Amt manchmal treibt. Warum auch immer. Ich hab mir abgewoehnt das genau zu lesen. Macht man sich nur verrueckt.

Es gibt einen sehr grossen Unterschied zwischen "Sicherheitshinweisen" und "Reisewarnungen" des Auswärtigen Amtes. Erstere decken alles mögliche ab ("Achtung: Taschendiebstahl!") und dienen in erster Linie dazu, dass niemand bei der Botschaft klingelt und sich beschwert, dass er nicht vor Taschendiebstahl gewarnt wurde.
"Reisewarnungen" werdend deutlich sparsamer und wohlüberlegter vergeben, weil daran u.a. rechtliche Ansprüche auf Reiserücktritt, Verfall von Versicherungsschutz (wenn die Versicherungsbedingungen eine Reise in Länder mit Reisewarnung ausschliessen) etc. geknüpft sind. Auch hier gibt es Abstufungen, von "vor Reisen wird gewarnt", über "Ausreise wird empfohlen" bis "die deutsche Botschaft kann im Ernstfall keinerlei Hilfe leisten".

Kidnap & Ransom Versicherungen übernehmen die Verhandlungen mit Geiselnehmern und, je nach Vertragspaket, auch andere "Dienstleistungen". Oft schreiben die Versicherungsbedingungen dem Arbeitgeber vor, dass er den Arbeitnehmer nicht oder nur sehr begrenzt über den Umfang der Leistungen informieren darf, damit dieser ggf. nicht ausplaudert wo die finanzielle und operative Schmerzgrenze der Versicherung ist. Dem Arbeitnehmer muss es dann ausreichen, dass der Arbeitgeber sagt "Wir kümmern uns im Notfall.".

Grüße aus Nigeria. Dicke Luft hier, aber gerade eigentlich nur klimatisch.
 

travelben

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
3.273
44
MUC
Augen auf bei der Berufswahl.
Wer vorher aufpasst wird später nicht überrascht.
Manchmal hilft es, sich übers Unternehmen zu informieren.

Ich war für meinen damaligen AG im Irak, Afghanistan, Jemen, Pakistan, Palästina und ein paar anderen lustigen Ländern.

Ist alles eine Frage der (Selbst-)Organisation.
 

shop-and-go

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
544
41
zwischen BSL/SXB/FKB
Letztes Jahr um diese Zeit haben sich zwei Kollegen unserer Niederlassung in China nicht nach Deutschland getraut. Grundsätzlich erfolgt eine Risikoanalyse der jeweiligen Regionen durch das Reisemanagement unserer Firma, seit einiger Zeit habe ich im Rahmen einer Kidnap & Ransom Versicherung immer eine Art Kreditkarte mitzuführen. Dort sind eine Kontaktnummer ("Call collect worldwide...") und eine E-Mail Adresse aufgeführt, die im Fall des Falles kontaktiert werden kann. Ausprobieren musste ich das aber zum Glück noch nicht.
 
R

rolst01

Guest
Wie schreibt man denn eine E-Mail wenn man gerade gekidnappt worden ist?
 

Rambuster

Guru
09.03.2009
19.548
237
Point Place, Wisconsin
Bei einem früheren Arbeitgeber gab es für manche Länder spezielle Richtlinien.
So ZB Kolumbien.
Man bekam vor Abflug in FRA mitgeteilt, welcher Fahrer mit welchen PKW Kennzeichen einen am Flughafen abholt.
Wenn irgendetwas nicht gestimmt hat, musste man sofort wieder zum Checkin gehen und im selben Flieger zurück bzw dürfte den Flughafen nicht verlassen.

Abgeholt wurde man in gepanzerten Limousinen, die einen ins Hotel brachten. Dies dürfte man auch nicht verlassen. Abholung zur Arbeit erfolgte dann auf gleicher weise.
War wie Luxus Knast.
 
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