Die trigonometrischen Reisen des Mr. Monty – Bermuda und New Orleans

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monty2006

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17.11.2011
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Zugegeben, wir waren dieses Mal spät dran, unseren Osterurlaub zu planen. Auf eine Insel sollte es gehen. Und warm sollte es sein, fordern die Kinder. Und etwas Neues sollte auch dabei sein. Wer kennt nicht den Gesichtsausdruck des überforderten Elternteils aus der Werbung: Aber das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal. Ein Blick in den guten, alten Diercke Schulatlas macht mich schließlich auf das 54 km[SUP]2[/SUP] kleine Eiland im Atlantik aufmerksam. Bermuda und das mysteriöse Teufelsdreieck – meine Fantasie schlägt Purzelbäume. Perfekt. Der Familienrat tagt, der Familienrat goutiert den Vorschlag. Leider ist an bezahlbare Flüge nicht mehr zu denken. Gut, dann muss eben der Meilenberg abgeschmolzen werden, die nächste Preiserhöhung steht eh schon in den Startlöchern. Meine Suche nach passenden Flügen beginnt. Es wird geplant, geschoben, wieder geschoben, umgeplant. Miami über Ostern, das ist wie die Quadratur des Kreises – unlösbar. Aber eigentlich geht es hier ja um Dreiecke. Am Ende kommt ein Routing dabei heraus, das es uns erlaubt, neben Bermuda auch noch New Orleans kennen zu lernen sowie das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Shopping in New York und Chicago. Passt.

11.04.19 MUC – EWR mit LH / zwei Nächte im Hilton Garden Inn Nanuet
13.04.19 JFK – BDA mit AA / vier Nächte im Hamilton Princess & Beach Club
17.04.19 BDA – MIA mit AA / eine Nacht im Hilton Garden Inn Fort Myers
18.04.19 MIA – MSY mit AA / vier Nächte im The Troubadour Hotel New Orleans, Tapestry Collection by Hilton
22.04.19 MSY – ORD mit AA / eine Nacht im Palmer House a Hilton Hotel
23.04.19 ORD – MUC mit LH

Um viele Meilen und wenige Avios erleichtert, zählen wir die Tage. Ich verabschiede mich aus dem Büro und knutschi sich aus dem Labor. Zu Hause erwartet uns die Entourage mit gepackten Koffern. Äh, Kinder, ihr könnt nicht alle mitkommen. Eine Auswahl wird getroffen, dann kann die Reise beginnen...
 

Krug56

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21.04.2012
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Bielefeld
17.04.19 BDA – MIA mit AA / eine Nacht im Hilton Garden Inn Fort Myers
der Gesamtplan schaut gut aus - auch wenn Ihr hierbei mehr Zeit im Auto verbringt als in den meisten Eurer Flüge:) Bin gespannt.
Weiterhin Grüße aus Bielefeld
 

monty2006

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17.11.2011
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der Gesamtplan schaut gut aus - auch wenn Ihr hierbei mehr Zeit im Auto verbringt als in den meisten Eurer Flüge:) Bin gespannt.
Weiterhin Grüße aus Bielefeld

Gut 150 Meilen resp. 2,5 Stunden Fahrt - war okay. Wir wollten aber unbedingt Sanibel und ein Airboat Tour in den Everglades mitnehmen. Und es hat sich gelohnt. :)
 
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monty2006

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17.11.2011
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Teil 1: Die Anreise nach Newark oder wozu hat man eigentlich Status

Wie immer leistet uns der Airport Expressbus hervorragende Dienste und bringt uns innerhalb von 50 Minuten vom Münchner Hauptbahnhof ins Erdinger Moos. Ausstieg Terminal 2. Wir rollern unsere Koffer zum Lufthansa Schalter, es ist erstaunlich viel los heute. Ich bin nunmehr gespannt, wie die Dame auf der anderen Seite des Schalters mein 'Problem' löst. Beim gestrigen Online Check-in war trotz richtig hinterlegter (und mehrfach geprüfter) SEN Nummer bei mir nur M/M als Status zu lesen. Scheinbar einer der 17 Trilliarden Fehler auf der Webseite, von denen hier laufend berichtet wird. Sie zieht meine Karte durch den Leser. Und wieder. Und wieder. Und wieder. "Stimmt etwas nicht?", frage ich mit Unschuldsmiene. "Das System akzeptiert Ihren Senatorstatus nicht, da erscheint immer nur M/M." Ja, kommt mir bekannt vor. Ich biete an, stattdessen meinen OZ Status zu hinterlegen, das wäre schließlich auch ein *G. "Als Senator, so weit kommt's noch", grinst sie zurück. Nach weiteren Versuchen übergibt sie uns zwei Bordkarten. Bei knutschi steht korrekt LH*S FTL, bei mir steht LHP SEN. Sieht irgendwie anders aus als sonst. Ob das funktioniert?

Es geht durch die Fummelbude, dann weiter mit dem Shuttle rüber zum Satelliten. Abflug L Gates. Wir stehen am Eingang zur Lounge. Die Dame scannt meine Bordkarte. Beep. "Dürfte ich mal Ihre Senatorkarte sehen?" Okay, es funktioniert nicht. Inzwischen ist es mir aber egal, ich bin jetzt in dieser tiefenentspannten Urlaubsstimmung. Wir verweilen ein wenig im exklusiven Wartesaal, bevor wir zum Boarding schreiten. Mit gut dreißig Minuten Verspätung ist unser A350 dann zum Einsteigen bereit. Als Statusloser gibt es weder Begrüßung, noch namentliche Ansprache in der C; dafür werden die Kinder umso herzlicher zur Kenntnis genommen, die inzwischen auf der Mittelkonsole Platz genommen haben. Nach dem Start kredenzt man uns südafrikanischen Weißwein und Nüsse, da dürfen Knutschi und Streifi natürlich nicht fehlen. Vor- und Hauptspeise sind beide unerwartet sehr lecker (an der Stelle mal ein Lob an Hansels Köche), nur bei der Nachspeise ist noch viel Luft nach oben – eine nach italienischer Tradition zubereitete Eisspezialität, sprich Bratapfeleis im Plastikbecher. Also bitte, das können andere besser. Der Kapitän tritt ordentlich aufs Gas und fast pünktlich landen wir etwa neun Stunden später an der Newark Bay im Bundesstaat New Jersey. Einreise, Gepäck, Zoll; wir sind fast da.





Per Airtrain geht's zum Mietwagenzentrum, bei Hertz steht mein Name bereits auf der Anzeigetafel. Ich solle mir einfach einen Wagen aussuchen, heißt es. Na ja, Toyota, Nissan, Ford, Chevrolet – wir sind im Land der günstigen Gallonen, da muss es schon so eine protzige Spritschleuder sein. Am Ende fällt die Wahl auf einen Dodge Charger, der hat zumindest Satellitenradio. Die zirka einstündige Fahrt nach Nanuet im Bundesstaat New York führt uns eine Weile am Hudson entlang. Idyllisch hier, aber inzwischen leider schon zu dunkel, um ein paar Impressionen einzufangen. Gegen 21:00 Uhr erreichen wir unser Domizil. Für heute brauche ich nur noch ein Bett. Zeitig suchen wir die Horizontale auf, denn morgen steht Schwerstarbeit auf dem Programm: Shopping. Müde schließe ich meine Äuglein, da erscheint mir im Traum ein Blümchen – also die Pflanze, nicht die Jasmin Wagner. Einzeln zupfte ich die Blütenblätter aus dem Kelch. Ich habe Status, ich habe keinen, ich habe Status, ich habe keinen...



Der nächste Morgen beginnt mit einem ordentlichen amerikanischen Frühstück. Nein, keine pochierten Eier auf Muffins, die unter Tütensauce begraben wurden. Das Garden Inn bietet frische Spiegeleier mit Speck und Kartoffeln aus der Küche; mit einer der Gründe, weshalb ich da immer wieder gerne absteige. Gut gestärkt geht es Richtung Norden zu den Woodbury Common Premium Outlets. Auf 72.000 m[SUP]2[/SUP] befinden sich 220 Geschäfte, und zumindest ein paar von denen würden wir gerne besuchen. Der Tag zieht sich, die Anzahl der Einkaufstüten wächst exponentiell. Zur Stärkung gibt es zwischendurch einen Burger bei Shake Shack. Ja, lecker, aber mir persönlich schmeckt es bei den fünf Jungs besser. Natürlich hat auch die grüne Nixe hier einen Tempel errichtet, was wäre so ein Einkaufszentrum ohne SBux. Nach dem Essen noch einen Kaffee, dann stürzen wir uns erneut ins Getümmel. Nachdem die amerikanische Wirtschaft ausreichend unterstützt wurde, geht es mit vollem Kofferraum zurück ins Hotel. Langsam macht sich Hunger breit, ein Inder soll es werden. Im Restaurant Tulsi ordern wir Garnelen und Samosas als Vorspeise sowie zwei Curries als Hauptspeise (sorry für die Bildqualität, das ist knutschis Mobiltelefon aus dem Reich der Mitte). Alles sehr lecker und ordentlich. Anschließend ruft das Bett, der Tag war lang und anstrengend. Ich denke an morgen, morgen ist wieder Flugtag, morgen reisen wir ins Bermudadreieck…







Schon von weitem grüßt uns Lan, die gute Seele des Restaurants, mit ihrer liebevollen, aber lauten Art. Ich muss gar nichts sagen, sie kennt meine Wünsche: Spiegeleier mit Speck und Kartoffeln. Im Fernseher läuft CNN, wie so oft eine Reportage über Trump. Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es ans Koffer packen. Hatten wir auf dem Hinflug noch leichte siebzehn Kilogramm, so dürften es seit gestern deutlich mehr sein. Egal, alles muss rein. Irgendwie. Gegen Mittag verlassen wir Nanuet und machen uns auf den Weg zum JFK. Der Charger hat Durst und säuft ganze fünfzehn Gallonen. Nur gut, dass der Sprit hier fast nichts kostet. Vom Federal Circle bringt uns der Howard Beach Train zum Terminal 8. Flagship Check-in bei American funktioniert prima, auf der Bordkarte steht sogar mein korrekter Einewelt Status. Na also, geht doch. Dank TSA Pre sind wir ein paar Minuten später bereits in der Lounge. Wir bestellen die Snacks von der Karte einmal rauf und runter, die Kinder halten sich lieber gleich an den Alkohol. Mit schönem Blick aufs Vorfeld werden Espresso Martini und diverse Cocktails vernichtet. Dann wird es Zeit fürs Boarding. Warum auch immer summe ich gedankenverloren ein Lied der Beach Boys. "Aruba, Jamaica, oh I want to take ya. Bermuda, Bahama, come on pretty mama..."







Der zweistündige Flug verläuft ereignislos, das Bermudadreieck hat uns nicht verschluckt. Wir landen um 21:25 Uhr Ortszeit auf dem L.F. Wade International Airport im Norden der Insel. Die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt, zur Abwechslung gibt es mal wieder einen Stempel in den Pass. Da die Behörden die zulässige Anzahl an PKWs auf ein Fahrzeug pro Haushalt beschränkt haben, geht es nicht per Mietwagen, sondern per Taxi zum Hotel. Die Fahrt in die Hauptstadt Hamilton dauert zirka dreißig Minuten, gezahlt wird wahlweise in US- oder Bermudadollars. Der Wechselkurs beträgt 1:1, das macht die Sache einfach. Für die nächsten vier Nächte sind wir Fremdschläfer, da es auf Bermuda kein Hilton gibt. Insofern haben wir uns, insbesondere aufgrund der zentralen Lage, für das Hamilton Princess & Beach Club – A Fairmont Managed Hotel entschieden. Eine gute Wahl. Bei einer der gängigen Hotelplattformen gab es das Zimmer inklusive Gold Lounge-Zugang für die Hälfte des regulären Preises. Wir erhalten sogar ein Upgrade auf ein Zimmer mit Balkon und Meerblick. Schnell noch ein Bild mit den Kindern gemacht, dann starten wir zu unserem nächtlichen Rundgang. Der Infinity Pool sieht einladend aus, aber dafür ist es heute zu spät. Stattdessen gibt es noch einen Kaffee in der Lounge, selbige hat bis 23:00 Uhr geöffnet.







Falls sich die geneigte Leserin jetzt fragt, weshalb auf dem Bett so viele Kinder sitzen, hier die Erklärung. Der übliche Reisekader bestehend aus Knutschi, Streifi, Queeny, Kiwi und Monty ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Allerdings wollten Shorty und Stupsi (zwei Eisbären) sowie Smiley (ein Elefant) unbedingt mit von der Partie sein. Voilà. Und nein, das sind noch nicht alle Kinder. Und ja, wer nun glaubt, dass wir ein bisschen gaga sind, hat sicherlich ein bisschen recht. Aber sonst wäre das Leben ja auch zu langweilig. Kurz vor Mitternacht fallen wir dann müde ins Bett, denn die infernalische Maschine soll uns gegen nullsiebenhundertdreißig wieder aus ebendiesem schmeißen. Für morgen stehen Hamilton und die Dockyards im Westen der Insel auf dem Programm. Ach, Trigonometrie kann so schön sein...
 
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Dreaonline

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29.04.2012
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Mensch, endlich ist die Monty-Reisegruppe wieder unterwegs.
Habe Knutschi, Streifi, Queeny und Kiwi schon vermisst.
Ich freue mich auf die Bermudas
 
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monty2006

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17.11.2011
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Teil 2 (1): In und um Hamilton herum – von der Hauptstadt zum Royal Naval Dockyard

Ich schwelge im Land der Träume und Dreiecke, wo die Geschwister Sinus und Kosinus regieren. Wäre da nicht die infernalische Maschine, die uns zu unchristlicher Zeit aus dem Schlaf reißt. Kinder, aufstehen. Bett, Bad, Balkon – zwanzig Grad Sonnenschein; ein laues Lüftchen; die Frisur sitzt. Im Hamilton Harbour ziehen ein paar Segelboote an unserer Marina vorbei. So stelle ich mir den perfekten Morgen vor. Es geht zum Frühstück in die Lounge, Emily grüßt uns bereits mit Namen. Und weil heute Sonntag ist, gibt es eine landestypische Spezialität, die mir Emily mit Nachdruck ans Herz legt: Bermuda Breakfast. Da sage ich nicht Nein und packe mir alle sechs Komponenten auf den Teller: Kabeljau, Kartoffeln, Eier, Avocado, Banane und viel Tomatensauce. Das Ganze wird dann mit der Gabel zerdrückt und vermischt. Schmeckt ungewohnt, aber nicht verkehrt. Im Fernseher läuft CNN, wieder geht es um Trump. Bestens gestärkt machen wir noch einen kurzen Boxenstopp auf dem Zimmer, bevor es uns in die Innenstadt verschlägt. Auch wenn es nicht danach aussieht, aber Sonnencreme ist dringend zu empfehlen. Abends werde ich schmerzlich wissen, welche Körperpartien ich vergessen habe. Was man dagegen nicht benötigt, ist Mückenspray. Bermuda gilt als Stechmücken- und Zika-freie Zone, da es keine (natürlichen) Frischwasservorkommen gibt und die kleinen Biester somit keine Möglichkeit zur Eiablage finden. Sehr angenehm.





Wir beginnen unseren Rundkurs auf der Hauptstraße. An der Pitts Bay Road fällt zunächst das Gebäude mit dem Fledermauslogo auf. Seit 1992 hat Bacardi in Hamilton seinen Hauptsitz und steht damit in direkter Konkurrenz zu den Gebrüdern Gosling, die im Jahr 1806 hier mit der Rumproduktion begonnen haben. Wir laufen weiter und entdecken zwei Dinge, für die Bermuda berühmt ist – farbenfrohe Häuser und Moongates, die überall auf der Insel verstreut sind. Angeblich gibt es vierzig dieser gemauerten Torbögen, durch die frisch Vermählte Hand in Hand schreiten sollen, um – so will es die Legende wissen – fortwährendes Glück zu erfahren. Am Barr's Bay Park werden wir auf die geschichtliche Verbindung der Bucht zum African Diaspora Trail aufmerksam gemacht, jenem Ort, an dem die Enterprise mit 78 Sklaven an Bord, ein Jahr nachdem Sklaverei und Sklavenhandel auf Bermuda abgeschafft wurden, vor Anker gehen musste und die Sklaven schließlich von den Zollbehörden befreit wurden. Heute erinnert die Skulptur 'We Arrive' an diesen Moment und überblickt den Hamilton Harbour mit all seinen Segelschiffen und Jachten.











Unweit des Parks befinden sich der königliche Jachthafen und das Fährterminal. Von letzterem kann man bequem den großen Sund überqueren, der sich schließlich im Hamilton Harbour verjüngt, oder zum Royal Naval Dockyard sowie nach St. George an den jeweiligen, diametralen Endpunkten Bermudas fahren. Wie schon oben erwähnt, stellen farbenfrohe Häuser und Moongates das Wahrzeichen der Insel dar – und so manche Tür stellt eine Verbindung, neudeutsch Cross-over, aus beiden her. An interessanter Architektur scheitert es hier jedenfalls nicht. Ein kurzer Blick auf den Stadtplan zeigt uns den weiteren Weg auf: über Front, Church und Court Street vorbei am Sessions House und der anglikanischen Kathedrale hin zum Rathaus samt Victoria Park und Busbahnhof. Die Front Street ist heute allerdings für Kraftfahrzeuge gesperrt, da Radprofis für den in zwei Wochen stattfindenden Bermuda Triathlon trainieren. Wir beobachten den aktuellen Viererpulk eine Weile, der auf seiner Runde um die Blocks alle paar Minuten ans uns vorbeirauscht. Noch flugs ein Wandbild eingesammelt, dann geht's weiter. Ob es sich bei diesem Torbogen um eines der vierzig aufgeführten Moongates handelt? Nun, weder ist dies Gleis neundreiviertel, noch mein Name Harry Potter, insofern verzichte ich auf den Versuch, diesen Torbogen zu durchschreiten und begnüge mich mit einem Foto.













Wir kommen am Cabinet Building, dem Amtssitz des Gouverneurs von Bermuda vorbei, das im Jahr 1884 eröffnet wurde. Hier tagt von November bis Juli jeden Mittwoch Punkt 10:00 Uhr der Senat. Die Sitzungen sind öffentlich, sodass Interessierte den Gouverneur dabei beobachten können, wir er in einem Stuhl aus dem 17ten Jahrhundert seine 'Thronrede' hält. Vor dem Gebäude steht ein Kenotaph, der an Bermudas gefallene Soldaten aus den beiden Weltkriegen erinnert. Direkt gegenüber befindet sich das Custom House, das neben diversen Aufgaben auch den Receiver of Wreck, eine Art Verwalter für Schiffwracks, bestellt, der sich vor allem um die Klärung von Eigentumsverhältnissen gefundener Wracks kümmert und dafür Sorge trägt, dass die gesetzestreuen Finder auch entsprechend entlohnt werden.





In der Court Street folgt das Bermuda House of Assembly oder kurz Sessions House. Hier sitzt und arbeitet das Parlament im oberen Stockwerk, während unten der oberste Gerichtshof (sollte der nicht eher oben sein) angesiedelt ist. Das Gebäude wurde 1817 fertig gestellt, nachdem man die Hauptstadt im Jahr 1815 von St. George nach Hamilton verlegt hatte. Wer nun beim Anblick des Fotos glaubt, hier hätte Maurits Cornelis Escher persönlich seine Finger im Spiel gehabt, der sei beruhigt, dies liegt nur an meiner höchst professionellen, koreanischen Ausrüstung. Hinter dem Sessions House bietet sich dann ein mir ungewohnter Anblick einer rosafarbenen Kirche. Für den Bruchteil einer Sekunde kommt mir 'Unternehmen Petticoat' in den Sinn, aber schließlich ist es nur die Saint Andrew's Presbyterian Church. Auf der anderen Seite – also links – thront dagegen äußerst erhaben die Cathedral of the Most Holy Trinity. Nachdem die Kirche im Jahr 1884 durch einen Brandstifter zerstört wurde, begannen die Bauarbeiten von vorne und wurden 1905 beendet. Drinnen finden sich die üblichen Bögen und Mosaikfenster; wer Zeit mitbringt, sollte die 155 Stufen auf den Turm hinauf steigen, von dort bekommt man einen herrlichen Ausblick auf Hamilton und Umgebung.











Kurz darauf stehen wir vor dem Rathaus, jenem prominenten, weißen Gebäude auf dessen Turmspitze eine bronzene Wetterfahne prangt, die der Sea Venture nachempfunden ist. Mit ebendiesem Schiff wollte George Somers anno 1609 von Plymouth nach Jamestown (Virgina) segeln, als er in der Nähe von St. George auf ein Riff lief und damit die erste Siedlung auf Bermuda begründete. Nördlich vom Rathaus liegt der Victoria Park mit seinen Akazien- und Pinienbäumen sowie dem reich verzierten Musikpavillon, der bereits im Jahr 1899 errichtet wurde. Spielten hier früher noch Militärkapellen, so sind es heutzutage vornehmlich Open Air Konzerte, die im Sommer und in den Wintermonaten am Pavillon stattfinden. Unser eigentliches Ziel aber ist der Busbahnhof, der sich in der Washington Street direkt an den Park und das Rathaus anschließt. Die beiden Wandbilder nehmen wir gerne noch mit, bevor wir uns mit dem hiesigen Tarifsystem der öffentlichen Verkehrsmittel auseinandersetzen. Die gesamte Insel ist in Zonen aufgeteilt, die anhand einer Übersichtskarte ermittelt werden können. Je nach Anzahl wird dann eine der beiden Wertmarken für 3 oder 14 Zonen fällig. Das ist leicht. Vielleicht sollten wir dieses Tarifmodell einmal der Münchner Verkehrgesellschaft MVG vorschlagen, die mit ihren Streifenkarten, Zonen und Ringen bei Besuchern der bajuwarischen Hauptstadt immer wieder für Verwirrung sorgt.











Rund eine Stunde dauert die Fahrt entlang Route 8 bis zur Endstation. Wir schlendern am Royal Naval Dockyard entlang, als uns ein Moongate den Weg versperrt. Gut, frisch vermählt sind wir schon lange nicht mehr, trotzdem marschieren wir Händchen haltend durch den Bogen. Nichts passiert. So viel sei verraten, das fortwährende Glück soll uns erst in ein paar Tagen erreichen, wenn wir unerwarteten Nachwuchs bekommen. Vor uns rückt nunmehr die alte Festung an der Spitze der Insel ins Blickfeld, auf deren Gelände sowohl das Nationalmuseum als auch das Haus des ehemaligen Werftbeauftragten untergebracht sind. Selbiges wurde im Jahr 1802 errichtet und gilt als das erste gusseiserne Gebäude der Welt. Umrahmt wird das Ganze von einem türkisfarbenen Meer, das aufgrund seiner Intensität schon fast in den Augen schmerzt. Postkartenidylle pur. Unerbittlich brennt die Sonne herunter. Ich lausche angestrengt, aber es ist kein Lockruf zu vernehmen – die grüne Nixe bleibt stumm. Bermuda ist nicht nur Zika-, sondern auch SBux-freie Zone; schlechte Aussichten für Tassensammler. Stattdessen holen wir uns bei Alex + Pete's Artisan Ice Cream eine kleine Abkühlung und genießen Sorten wie Mango Sherbet und Rum Swizzle.







Der Hafen bietet mit der ursprünglichen Kings Wharf und der im Jahr 2009 hinzugekommenen Heritage Wharf ausreichend Platz für zwei große Kreuzfahrtschiffe. Heute ist es die Norwegian Gem, die gerade an der Kings Wharf angelegt hat und nun Horden von Passagieren ausspuckt, die sogleich wie Heuschrecken über das Dockyard mit seinen Souvenirläden und Restaurants herfallen. Da verhalten wir uns lieber antizyklisch und spazieren noch ein wenig im Hafen herum. Neben Lotsen- und Rettungsbooten, teuren Segelschiffen und Jachten sind dort auch ein paar Seelenverkäufer zu finden, die aber zurzeit auf dem Trockendock generalüberholt werden. Am Ende des Hafens schließt sich das große Gebäude mit den beiden gut 30 Meter hohen Uhrentürmen an. Errichtet im Jahr 1850, diente es ursprünglich als Magazin für die Britische Marine; heute beherbergt es neben zahlreichen Einkaufsläden im Erdgeschoss auch die Gefängnisbehörde, die im oberen Stockwerk einquartiert wurde. Interessantes Detail und unnützes Wissen: die beiden Uhren auf den Türmen zeigen unterschiedliche Zeiten an – die eine die aktuelle Uhrzeit, die andere den Zeitpunkt der Flut.











Inzwischen haben sich die Kreuzfahrer auf dem gesamten Dockyard disloziert, sodass wir nun unseren Weg ungeniert fortsetzen können. Erneut kommen wir an einer Schaluppe vorbei, die ich bisher gekonnt ignoriert habe. Ja, ich spüre schon den gestrengen Blick von Mr. Groover im Nacken. Die Spirit of Bermuda ist Replika eines dreimastigen Kanonenboots, wie es zwischen dem 17ten und 19ten Jahrhundert auf Bermuda für die Britische Marine gefertigt wurde. Allerdings ist die Spirit of Bermuda 'made in USA' und wurde von der Bermuda Sloop Foundation als Schulschiff im wahrsten Sinne des Wortes in Auftrag gegeben. Sie ist eine Art schwimmendes Klassenzimmer für Bermudas Schüler; wer möchte da nicht gerne am Unterricht teilnehmen. Letzte Station unseres Ausflugs ist der Victualling Yard, ehemaliger Proviantlagerplatz der Marine, der von hohen Mauern umgeben ist, die seinerzeit Diebstahl verhindern sollten. Heute laden hier Restaurants und Kunsthandwerk zum Verweilen ein, die hohen Mauern dienen nur noch dem Zweck des Schattenspendens. Es geht zurück nach Hamilton. Dieses Mal fahren wir auf der Route 7, die am malerischen Südufer vorbeiführt und hin und wieder den Blick auf die Küstenlinie mit ihren rosafarbenen Sandstränden freigibt.







Die Hauptstadt hat uns wieder. Wir laufen zum Hotel, schließlich beginnt alsbald die Happy Hour. Die Kinder haben Hunger und Durst, wobei Knutschi und Queeny speziell den alkoholischen Getränken großes Interesse beimessen. Auf dem Weg fällt mir ein Gebäude ins Auge, das bei so manchem Verschwörungstheoretiker pures Entzücken verursachen würde. Bermudas Freimaurer haben sich in der Reid Street niedergelassen, ihre Geschichte geht auf das späte 18te Jahrhundert zurück und verweist auf Gründungsurkunden, die seinerzeit von schottischen und britischen Logen ausgestellt wurden. Vermutlich könnte man die Hallen besuchen, mich aber lockt die Aussicht auf warme und kalte Speisen in der Gold Lounge. Pünktlich um 18:00 Uhr sind wir da. Emily erkundigt sich nach unserem Tag, im Fernseher läuft eine weitere Reportage über Trump. Alles wie immer. Trotzdem ist die Welt da draußen von unserer kleinen Insel ganz, ganz weit entfernt. Abends sitzen wir auf dem Balkon und genießen die Kühle, während knutschi meinen Sonnenbrand verarztet. Dann fällt mir zum ersten Mal das hell erleuchtete Moongate im Garten der Hotelanlage auf. Wenn das kein Zeichen ist.





Müde gehen wir zu Bett. Ich erkundige mich bei knutschi, welche Ausflugsziele morgen auf dem Programm stehen. "Morgen, da besuchen wir eine Tropfsteinhöhle und Flatts Village." Klingt gut. Meine Äuglein fallen zu und wieder bin ich bei den Geschwistern Sinus und Kosinus, die sich gerade eifrig mit Pythagoras über Dreiecke unterhalten...
 
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Teil 2 (2): Ein farbenfroher Streifzug durch den Osten Bermudas (Pfarrei Hamilton)

Abermals ist es die infernalische Maschine, die mich aus meinen dreieckigen Träumen reißt. Ein Blick auf die Uhr verrät mir: null – siebenhundert – dreißig. Die Kinder strecken kurz die Nase unter der Decke hervor, schon sind sie wieder verschwunden. Langsam quäle ich mich aus dem Bett. Verdammter Sonnenbrand. Nach der morgendlichen Dusche folgt der obligatorische Gang zum Balkon. Zur Abwechslung ziehen heute mal keine Segelschiffe durch den Hamilton Harbour, dafür legt die Luxusjacht Seanna mit einem eleganten Wendemanöver an unserer Marina an. Eine kurze Recherche ergibt, das imposante Wasserfahrzeug wurde 2011 von Benetti erbaut, misst 65 Meter in der Länge, wiegt 1426 Tonnen und schafft 13 Knoten. Ich bin beeindruckt. Man kann die Seanna chartern, für eine ganze Woche kostet der Spaß gerade mal 500.000 Euro. Gut, das ist nicht ganz mein Budget, insofern werden wir Miami wohl nicht per Jacht bereisen. Und bei meinem Glück respektive nautischen Können wären wir sowieso im Bermudadreieck verloren gegangen. Apropos Dreieck, das Bermuda Underwater Exploration Institute, kurz BUEI, steht für heute auch auf der Agenda.



Nach dem Frühstück marschieren wir den inzwischen bestens bekannten Weg zum Busbahnhof. Heute sind es die Routen 10 und 11, die uns ans Ziel im Nordosten der Insel in die Pfarrei Hamilton bringen. Für Ortsfremde ist es allerdings schwierig, die richtige Haltestelle nicht zu verpassen, denn die einzelnen Busstationen sehen alle gleich aus und besitzen keinerlei namentliche Kennzeichnung. Insofern nennt man dem Fahrer beim Einsteigen den gewünschten Zielort und sobald der Bus dort hält, wird man aufgerufen. Einfach, aber effektiv. Unsere Haltestelle ist Crystal Cave, eine gut 36 Meter unter dem Erdboden gelegene Kaverne. Zusammen mit der Fantasy Cave sind die beiden Höhlensysteme bekannt für ihre bizarren Kalksteinformationen von Stalaktiten und Stalagmiten sowie für ihre unterirdischen Seen mit dem kristallklaren Wasser. Entdeckt wurde Crystal Cave im Jahr 1907 von zwei spielenden Kindern, die auf der Suche nach ihrem Ball zufällig auf die Höhle stießen. Wir entschließen uns für nur eine der beiden Touren und folgen unserem Guide kurze Zeit später die Treppen hinunter zur Crystal Cave. Er erklärt uns, dass die Stalagmiten im See ein handfestes Indiz dafür sind, dass die Höhle früher trocken war und erst im Lauf der Jahr(tausend)e mit Meerwasser befüllt wurde. Wer will ihm da schon widersprechen, ich bin Bitschieber und kein Geologe. Unter den Stalaktiten hindurch laufen wir über den schmalen Steg auf die andere Seite der Kaverne, dort offenbart sich uns die wahre Farbenpracht dieser phantastischen Strukturen. Übrigens, das Berühren der Tropfsteine ist strengstens verboten und wird auf Bermuda mit Freiheitsstrafe geahndet.









Zurück an der Oberfläche werden wir unerbittlich von der Sonne verbrannt. Da der nächste Bus erst in dreißig Minuten erwartet wird, suchen wir Schutz und willkommene Abkühlung bei Bailey's Bay Ice Cream Parlour direkt gegenüber der Haltestelle. Aus den über vierzig Sorten, die alle als 'Home-Made All Natural Flavours' angeboten werden, wählen wir schließlich Pistachio Nut und Pina Colada – beide sehr lecker. Der Bus kommt. Wir werfen ein 3-Zonen-Token in die Fahrpreisbüchse und fahren auf der North Shore Road das kurze Stück zurück bis zum Harrington Sund, wo im frühen 17ten Jahrhundert das malerische Fischerdörfchen Flatts entstanden ist. Die anderen Fahrgäste, die hier zusammen mit uns aussteigen, sind aber überwiegend wegen des BAMZ gekommen. Das Bermuda Aquarium, Museum and Zoo wird als Top-Attraktionen der Insel gelistet, nicht zuletzt wegen seines über eine halbe Million Liter fassenden 'North Rock' Aquariums, das eines der vielen eindrucksvollen Korallenriffe an Bermudas Küsten nachbildet. An einem Außenpool neben dem Eingang lassen sich grüne Seeschildkröten bei ihren Schwimmübungen beobachten, die hier im BAMZ aufgezogen und nach zwanzig bis dreißig Jahren zur Fortpflanzung wieder ausgesetzt werden. Die grünen Seeschildkröten stehen durch das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen zwar unter internationalem Schutz, dennoch sind ihre Populationen stark vom Aussterben bedroht, Tendenz abnehmend.











Wir befinden uns noch immer in der Pfarrei Hamilton; genau genommen liegen Teile von Flatts Village auch in der Pfarrei Smith's, aber wer möchte schon päpstlicher sein als der Papst. Kennzeichen des verschlafenen Fischerdörfchens sind seine pastellfarbenen Häuser, Palmen und pittoresken Fischfanggebiete. Seit Gründung um 1600 hat sich hier nicht viel verändert, jedoch kann heutzutage niemand mehr genau erklären, woher der Name Flatts ursprünglich abstammt. Um 1700 war Flatts noch zweitwichtigster Hafen nach St. George, durch stetige Sandablagerung wurde der Hafen ab 1850 für größere Schiffe aber schließlich unpassierbar. Damit verlor Flatts zunehmend an Bedeutung, diente zwischenzeitlich sogar Schmugglern als Versteck und wird inzwischen vornehmlich von Touristen heimgesucht, die zum BAMZ möchten. Der wohl berühmteste Einwohner dürfte Mark Twain gewesen sein, der im Jahr 1910 seine letzten Tage hier verbracht hat. Wir spazieren ein wenig an der Hauptstraße entlang und lassen die Farben auf uns wirken. Ja, hier könnte man es sicher ein paar Tage aushalten.









Offiziell ist das Fischen von Brücken auf Bermuda verboten, in Flatts Village scheinen diese Regeln aber vorsätzlich missachtet zu werden, denn es gehört hier praktisch zum guten Ton. Wer genau hinsieht, kann im (seichten) Wasser viele kleine und so manchen größeren, oftmals bunten Fisch erkennen, aber die geneigte Leserin möge von mir respektive meiner koreanische Hightech-Ausrüstung bitte keine Wunder – und schon gar keine Unterwasseraufnahmen – erwarten. Eigentlich würde ich jetzt selbst gerne die Angel auspacken und einen Wurm wässern, aber jeder meiner Schritte wird kritisch beobachtet. Da hofft wohl jemand selbst auf fette Beute.





Wir laufen auf die andere Seite des Hafens. Von dort lässt sich die Flatts Brücke gut erkennen, die den Harrington Sund, eigentlich ein Binnenmeer, begrenzt. Natürlich dürfen auch die pastellfarbenen Häuser nicht fehlen, ebenso wenig wie ein kunstvolles Wandbild, das perfekt zu diesem wunderschönen Flecken Erde passt. Habe ich schon erwähnt, dass man es hier sicher ein paar Tage aushalten könnte? Mittlerweile ist es Nachmittag und wir haben noch einen weiteren Programmpunkt vor uns. Also zurück zur Bushaltestelle; bis Hamilton benötigt man ein 3-Zonen-Token, die Fahrt führt am Nordufer der Insel entlang und eröffnet uns traumhafte Impressionen, über die ich nur staunen kann und dabei vollkommen vergesse, selbige auf dem Speicherchip festzuhalten. Mea culpa.







Nach etwa zwanzig Minuten erreichen wir Hamilton. Über die Front Street, vorbei an den Hamilton Docks, laufen wir bis zur Crow Lane. Dort befindet sich das Bermuda Underwater Exploration Institute, welches das Ocean Discovery Centre – eine Art interaktives Museum – beherbergt. Im BUEI lernt der Besucher viel Interessantes über den Ozean und seine Lebewesen, über Schiffwracks rund um Bermuda und natürlich über das Teufelsdreieck. Und deswegen sind wir ja hier. Im Erdgeschoss erwarten uns zunächst Exponate zur Geschichte des Tiefseetauchens, gefolgt von einer eindrucksvollen Sammlung unterschiedlichster Muscheln, 1200 an der Zahl; und das ist nur ein Viertel der gesamten Kollektion. Nächste Station: America's Cup. Hier wird einem insbesondere der technische Fortschritt bei der Bootsentwicklung vor Augen geführt; wer möchte, kann sich mit 'Built to Win' auf eine immersive Katamaranfahrt begeben. VR sei Dank. Schließlich geht es nach unten. Das Licht wird schummrig und taucht den Raum in eine geheimnisvolle Stimmung. Im Rahmen einer sehr ausführlichen Dokumentation werden alle Unglücke im und rund um das Bermudadreieck aufgearbeitet, rätselhafte Phänomene – soweit möglich – wissenschaftlich aufgeklärt sowie außerirdische Wesen, übernatürliche Kräfte und Ähnliches ins Reich der Märchen verbannt. Ein Rest Skepsis bleibt dennoch. In einer weiteren Ausstellung sind versunkene Schätze zu bestaunen, die Teddy Tucker bei seinen Tauchgängen in Bermudas Gewässern aus über 100 Schiffwracks hervorgeholt hat. Pünktlich um 17:00 Uhr schließt das BUEI seine Pforten. Jetzt gehöre auch ich zu den Erleuchteten und kenne die wahren Hintergründe über das Teufelsdreieck. Der Nimbus ist entzaubert. Oder hatten doch böse Mächte ihre Finger im Spiel, etwa der KGB oder die Mafia?









Da wir eh schon in der Crow Lane sind und bis zur Happy Hour noch etwas Zeit verbleibt, marschieren wir die 200 Meter bis zur Statue von Johnny Barnes. Johnny Who? Nein, der gleichnamige Forist hat damit nichts zu tun. Johnny Barnes stand bis ins hohe Alter jeden Morgen zwischen 5:00 und 10:00 Uhr am Crow Lane Kreisverkehr und winkte vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmern zu mit den Worten "Good morning", "I love you" oder "God bless you". Glaubten anfangs noch viele, der ehemalige Busfahrer wäre verrückt geworden, so gewann der 'Mr. Happy Man' zunehmend an Popularität und war alsbald bei Einwohnern und Touristen äußert beliebt. Etliche kamen vorbei, um ihm die Hand zu schütteln oder ein paar Blumen zu überreichen. Im Jahr 1991 wurde er von Königin Elisabeth II. für seine Verdienste geehrt, im Jahr 1998 hat man ihm eine Statue unweit des Kreisverkehrs errichtet. Heute wird Johnny Barnes von seinen Landsleuten schmerzlich vermisst, er starb am 9. Juli 2016 im Alter von 93 Jahren.





Immer noch brennt die Sonne vom Firmament. Wir machen uns auf den Rückweg zum Hotel, über Front Street und Pitts Bay Road geht es am Hamilton Harbour entlang. Wieder sind es die pastellfarbenen Häuser, die unsere Aufmerksamkeit wecken. Schön ist es hier, man könnte es sicher ein paar Tage aushalten. Aber das sagte ich ja bereits. In der Lounge werden wir von Emily begrüßt, im Fernseher steht Notre-Dame in Flammen. Plötzlich ist die Welt da draußen gar nicht mehr so weit entfernt. Abends sitzen wir auf dem Balkon und genießen die Kühle, während knutschi meinen Sonnenbrand verarztet. Stopp, habe ich gerade ein Déjà-vu? Das schrieb ich doch gestern schon. Dennoch ist es zutreffend, langsam sehe ich aus wie ein typischer britischer Tourist nach dem ersten Sonnenbad. Ich sage nur Hummer.



Erschöpft vom Tag falle ich ins Bett, die Kinder tun es mir gleich. "Und morgen, was machen wir da?" Hätte ich mal besser nicht gefragt. "Morgen machen wir einen Badetag, morgen geht's zum Strand." OMG, das kann nur eines bedeuten – noch mehr Sonnenbrand...
 
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Cflyer

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Als ich letztes Jahr in Provo, TC war dachte ich das wäre vergleichbar. Nach dem Bericht gefällt mir aber Bermuda wesentlich besser! Zeit mal hin zu fliegen.
 
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Als ich letztes Jahr in Provo, TC war dachte ich das wäre vergleichbar. Nach dem Bericht gefällt mir aber Bermuda wesentlich besser! Zeit mal hin zu fliegen.

Zu den Turks- und Caicosinseln kann ich leider nichts sagen, die stehen noch auf unser ToDo-Liste. Unabhängig davon kann ich Bermuda aber uneingeschränkt empfehlen.
 

monty2006

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Teil 2 (3): Drei Farben: Rot – Sonnenbrand am Sinky Bay Beach

Ich liege nahezu katatonisch im Bett und starre an die Decke. Der Rauchmelder spricht in Morsezeichen zu mir. Blink. Blink. Blink. Mein Sonnenbrand war heute Morgen bereits vor mir wach. Jetzt bloß keine falsche Bewegung, das könnte schmerzhaft werden. Von draußen lacht Klärchen zum Fenster herein. Eine kurze Abkühlung unter der Dusche, dann spazieren wir zum Frühstück. Emily heißt uns wie immer willkommen, im Fernseher steht Notre-Dame nach wie vor in Flammen; die anwesenden Briten und Amerikaner scheint das aber nur wenig zu interessieren. Für heute war Badetag angesagt. Eigentlich gäbe es noch viel zu entdecken. Insbesondere die ehemalige Hauptstadt St. George steht ganz oben auf unserer Liste; aber du warst nicht auf Bermuda, wenn du nicht mindesten einen Strand besucht hast. Gut, diesen Spruch hören wir überall auf der Welt. Wir packen die Badehose ein, nehmen die kleinen Kinderlein, und dann nischt wie raus nach Wannsee, pardon, Sinky Bay Beach. Per Shuttle geht's zum hoteleigenen Privatstrand in der Pfarrei Southampton, der gleich neben dem berühmten Horseshoe Bay Beach mit seinem rosafarbenen Sand gelegen ist.





Nach gut dreißig Minuten Fahrt erreichen wir die kleine Bucht. Die Sonne steht hoch am Himmel, es herrscht Verbrennungsgefahr. Getreu dem Motto viel hilft viel verstecke ich Gesicht, Nacken, Arme und Beine unter einer dicken Schicht Sonnencreme. Die letzten beiden Tage haben mir gereicht, heute möchte ich gerne ohne weitere Blessuren davonkommen. Während knutschi sich im Stand-Up Paddling versucht, machen sich die Kinder auf der Liege breit. Du warst nicht auf Bermuda, wenn du kein Strand-Selfie hast. Nachdem auch dieser Teil erfolgreich absolviert wurde, ist es nunmehr mein Part, das Geheimnis des rosafarbenen Sands zu erkunden. Verantwortlich dafür sind die roten Foraminiferen, einzellige Lebewesen, die am Meeresboden leben und ein Außenskelett aus Kalk bilden. Nach dem Absterben werden die roten Schalen durch die Meeresströmung zermahlen und mischen sich anschließend unter den weißen Sand. Nun, so eine zarte Rosafärbung ist zu erkennen. Sehr deutlich dagegen trocknen auf diesem Sand ein paar Physalia physalis in der Sonne vor sich hin. Die Portugiesische Galeere gehört zur Gattung der Seeblasen und wird zu den Quallen gezählt. Hinweistafeln warnen vor den Organismen, die selbst in diesem Zustand noch schwere Verbrennungen verursachen können. Danke, Verbrennungen habe ich schon genug.







knutschi hat inzwischen das Surfbrett gegen eine Hängematte getauscht, die Kinder vergnügen sich mit alkoholischen Getränken. Säufer. Wir lassen die kleinen Schnapsdrosseln zurück – da wird morgen jemand wieder Kopfweh haben – und begeben uns auf Erkundungstour. Ein schmaler Weg führt uns die Klippen hinauf zum Eingang der Bucht. Von dort bekommt man einen guten Überblick über die gesamte Gegend. Unten im Wasser schwimmen ein paar größere Fische, auf den Felsen posieren Reptilien für die Kamera. Außerdem ist Gibbs Hill Lighthouse von hier deutlich zu erkennen, ein 36 Meter hoher und 75 Meter über dem Meeresspiegel gelegener Leuchtturm, der im Jahr 1846 errichtet wurde und zu den ältesten gusseisernen Leuchtfeuern der Welt zählt. Sein Licht – eine 1000 Watt-Birne hat die ursprünglichen Kerosinlampen ersetzt – ist bis zu 40 Meilen vor Bermudas Küsten zu sehen und half früher den Seeleuten beim Navigieren durch die gefährlichen Riffe. Der Leuchtturm steht für Besucher offen und wer die 185 Stufen bis zum Balkon meistert, wird angeblich mit einem Ausblick über den großen Sund bis hin zum Royal Naval Dockyard belohnt. Beim nächsten Mal.











Oben auf den Klippen angekommen, bietet sich uns ein faszinierender Blick übers Meer. Wieder ist es das türkisfarbene Wasser, das mir sofort ins Auge sticht. Auf einigen Felsen haben sich Muscheln mit einem Durchmesser von zehn bis fünfzehn Zentimetern angeheftet. Ich stehe einfach nur da und schaue auf die See hinaus, beobachte das anmutige Spiel der Wellen. Von hier lässt sich sehr gut nachvollziehen, weshalb Besucher großen Gefallen an diesem kleinen Eiland mitten im Atlantik finden. Meine Füße melden sich zu Wort, sie sind knallrot. Zeit, zum Strand zurückzukehren. Wir bleiben noch eine Weile und genießen die Idylle des Sinky Bay Beach, bevor uns der Shuttlebus wieder nach Hause bringt. Auch die schönsten Tage finden irgendwann ein Ende.







Da heute ja bekanntermaßen Badetag ist, verbringen wir den Rest des Nachmittags am Infinity Pool. Durch den Garten, vorbei an Kunstobjekten wie dem übergroßen Mädchen mit den Händen vorm Gesicht, erreichen wir die Anlage mit den beiden Schwimmbecken, die in der Mitte durch eine Sitzgelegenheit miteinander verbunden sind. Von der richtigen Perspektive aus erscheint der Pool tatsächlich als unendlich. Natürlich möchten die Kinder auch von hier ein Selfie; du warst nicht im Infinity Pool... Bitte sehr. Langsam geht die Sonne unter und bei mir kommt so etwas wie Wehmut auf. Gerne wäre ich noch ein paar Tage geblieben, aber morgen früh müssen wir weiter nach Miami. Wie schnell die Zeit doch vergangen ist. Zumindest habe ich ein Andenken an Bermuda, das mich noch ein wenig 'erfreuen' wird. Mein Sonnenbrand, der bleibt.









Wir sitzen auf der Terrasse der Gold Lounge und genießen den Blick auf den Hamilton Harbour. Emily fragt nach unserem Tag. Schön war er. Drinnen läuft weiterhin Notre-Dame im Fernseher. Bevor nun knutschi meine neuen und alten Verbrennungen verarztet, steht noch Koffer packen auf dem Programm. Unser Flug BDA–MIA geht um nullachthundertvierzig. Das heißt zeitig aufstehen und kein Frühstück. Müde und erschöpft falle ich ins Bettchen. Ich blicke den Rauchmelder an, bis mich das periodische Blinken ins Land der Träume entführt. Ausnahmsweise sind es heute keine Dreiecke...

Zwischenresümee: Bermuda hat uns beiden sehr gut gefallen. Die Insel(gruppe) besitzt viele schöne Ecken und traumhafte Sehenswürdigkeiten, die nicht nur Naturfreunde begeistern dürften. Das türkisfarbene Wasser, die rosafarbenen Strände, die bunten Häuser – Bermuda ist eine Reise wert. Drei Tage waren definitiv zu kurz, eine Woche sollte man schon einplanen. Es war sicherlich nicht unser letzter Besuch, wir kommen sehr gerne wieder.
 
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Vollzeiturlauber

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27.11.2012
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Corona-Land
Sehr schöner Beitrag, nur es fehlen zwei Dinge:

fEibA6ZW_o.jpg


Hier die Spitzen des Turmes

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Und das Nationalgetränk (doppelt hält besser):

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Kirche Hamilton.jpg hamilton guinness.jpg
 

Cflyer

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Zu den Turks- und Caicosinseln kann ich leider nichts sagen, die stehen noch auf unser ToDo-Liste. Unabhängig davon kann ich Bermuda aber uneingeschränkt empfehlen.

Nun ich war ziemlich enttäuscht um ehrlich zu sein. Ausserhalb der Resorts (überfüllt mit US und kanadischen Touristen) gibt es leider einfach Nix. Die Strände sind ganz nett, "Sylt der Karibik" trifft es ganz gut. Ansonsten gibt es keine Restaurants, du bist ohne Auto aufgeschmissen, auch gibt es leider kein Zentrum, und alles ist ziemlich verstreut. Kann man sich sparen um ehrlich zu sein.
 
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globetrotter11

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07.10.2015
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Wer auf Bermuda zusammen durch ein Moongate schreitet, muss auch die Lovers Lane besuchen....

t40_1506318852373-img2035.jpg

In Paget, gleich gegenüber...
 
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Airwalk

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Nun ich war ziemlich enttäuscht um ehrlich zu sein. Ausserhalb der Resorts (überfüllt mit US und kanadischen Touristen) gibt es leider einfach Nix. Die Strände sind ganz nett, "Sylt der Karibik" trifft es ganz gut. Ansonsten gibt es keine Restaurants, du bist ohne Auto aufgeschmissen, auch gibt es leider kein Zentrum, und alles ist ziemlich verstreut. Kann man sich sparen um ehrlich zu sein.

Auch wenn ich Dir in manchen Punkten zustimme, so wird das den Turks & Caicos nicht gerecht. Es gibt sehr schöne Ecken auf den Turks & Caicos - ein Mietwagen ist so oder so Pflicht dort - besser noch ein Boot, um auch mal die Orte besuchen zu können, die man mit dem Wagen nicht erreichen kann. Die Zimmerpreise sind hoch - allerdings gibt es auch tolle kleine "Ressorts". Gute (und günstige) Restaurants sind schwierig zu finden, das ist richtig ... und wahrscheinlich auch eines der größten Mankos - gepaart mit dem Umstand, das immer mehr Stränke "zugebaut" werden - heißt: Der Zugang zum Strand ist von der öffentlichen Strasse aus nicht mehr möglich. So verschaffen sich die Hausbesitzer einen Privatstrand. Je länger man also wartet um die Turks & Caicos zu besuchen, um so weniger (tolle) Strände wird mal erleben können ...
 
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Cflyer

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Auch wenn ich Dir in manchen Punkten zustimme, so wird das den Turks & Caicos nicht gerecht. Es gibt sehr schöne Ecken auf den Turks & Caicos - ein Mietwagen ist so oder so Pflicht dort - besser noch ein Boot, um auch mal die Orte besuchen zu können, die man mit dem Wagen nicht erreichen kann. Die Zimmerpreise sind hoch - allerdings gibt es auch tolle kleine "Ressorts". Gute (und günstige) Restaurants sind schwierig zu finden, das ist richtig ... und wahrscheinlich auch eines der größten Mankos - gepaart mit dem Umstand, das immer mehr Stränke "zugebaut" werden - heißt: Der Zugang zum Strand ist von der öffentlichen Strasse aus nicht mehr möglich. So verschaffen sich die Hausbesitzer einen Privatstrand. Je länger man also wartet um die Turks & Caicos zu besuchen, um so weniger (tolle) Strände wird mal erleben können ...

Das mit dem Auto habe ich einfach vernachlässigt, da ich gedacht habe für 3 Tage lohnt sich das nicht, wenn man nur am Strand sein und ein bisschen entspannen möchte. Vielleicht zusätzlich suboptimal bei meiner Wahl: Ich entschied mich für ein Airbnb, auf der gegenüberliegenden Seite beim Gansevoort Resort. Der Insel Highway trennte mich vom Strand, in der Peek Time kein drüberkommen, Supermarkt mega weit weg und ein Taxisystem gibt es ja auch nicht (ausser diese riesigen Trucks, welche einfach viel zu gross sind und somit zu unwirtschaftlich für kleine Strecken.)

Der Strand war aber wirklich schön!
 

monty2006

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17.11.2011
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Teil 3 (1): Von der Insel auf die Insel – nächster Stopp: Sanibel Island

Punkt nullfünfhundertdreißig läutet der Wecker. Dusche, Kinder einpacken, Check-out. Per Taxi fahren wir zum L.F. Wade International Airport. Check-in bei American geht gewohnt schnell, auch mein Einewelt Status ist vorhanden. Hilft aber nicht, denn es gibt keine Lounge. Die Einreise in die USA erfolgt bereits hier auf Bermuda – Preclearance ist schon etwas Feines. Kurze Zeit später sitzen wir am Gate und warten auf den Abflug; weitere Destinationen von AA sind Charlotte, Washington, Philadelphia und New York. Die Maschine hebt pünktlich ab und bringt uns innert drei Stunden nach Miami. Wieder haben wir dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen, wieder hat uns das Teufelsdreieck nicht verschlungen. Koffer, Miami Mover (sofern er funktioniert), Mietwagenzentrum. Hertz begrüßt uns mit namentlicher Ansprache auf der Tafel und verweist uns in den Five Star-Bereich. Die Wahl fällt dieses Mal auf einen Japaner, schon sind wir unterwegs. Das Navi lotst uns über den Tamiami Trail, wie der 275 Meilen umfassende Abschnitt des U.S. Highway 41 von Miami bis Tampa auch genannt wird – vielleicht nicht die schnellste, dafür aber die wesentlich schönere Strecke im Vergleich zum Interstate Highway 75. Langsam macht sich bei uns ein Hungergefühl bemerkbar. Zur rechten Zeit taucht da ein Hinweisschild am Straßenrand auf und kündigt die fünf Jungs mit Fritten an. Passt. Burger hatten wir ohnehin schon länger keinen mehr. "Two patties" ergeht der Ruf an die Küche, dann wird das kleine Kunstwerk liebevoll erschaffen.



Gut gestärkt machen wir uns nunmehr daran, die 150 Meilen bis Sanibel Island in Angriff zu nehmen. Die Route führt durchs Miccosukee Indian Village und den Big Cypress National Preserve sowie vorbei am Ochopee Post Office, dem kleinsten Postamt Amerikas – Augen auf, sonst hat man es schnell verpasst. Kurz vor dem Ziel erreicht mich dann ein Rufen, das ich schon seit einiger Zeit nicht mehr vernommen habe. Die grüne Nixe ist hier und scharrt ihre Anhänger um sich. Wie könnte ich da widerstehen. Matcha Green Tea Cream Frappuccino ® wird feilgeboten, mir ist eher nach einem koffeinhaltigen Heißgetränk. Nachdem die kleine Meerjungfrau hinreichend beglückt wurde (das klingt irgendwie unanständig), geht es schließlich über den Sanibel Causeway auf das idyllische Eiland im Golf von Mexiko. Bekannt ist Sanibel Island vor allem für seine zahlreichen Strände, Vogelarten sowie Muschelsorten; nicht zu vergessen die ehemaligen CIA-Mitarbeiter, die angeblich hier wohnen. Unser heutiges Ziel ist der Leuchtturm an der Ostspitze der Insel, diesen Teil hatten wir beim letzten Besuch ausgelassen. Am Strand herrscht buntes Treiben, es gibt Sonnenanbeter und Muschelsammler. Wir interessieren uns mehr für Gopherschildkröten und werden auch prompt fündig. Am Ende des Wegs erwartet uns der alte Leuchtturm mit seinem eisernen Skelett, der schon von weitem zu sehen ist und dessen Leuchtfeuer im Jahr 1884 zum ersten Mal über die Insel schien. Unnützes Wissen: Gemäß Stadtverordnung darf kein Haus auf der Insel größer sein als die höchste Palme; gut, für den Leuchtturm gilt das wohl nicht.











Den Leuchtturm selbst kann man leider nicht besteigen, insofern bleibt es bei einem Foto von unten. Vom Point Ybel geht es weiter zum Fishing Pier. Schautafeln zeigen auf, welche Tiere und Muscheln es zu entdecken gäbe; Delfine lassen sich heute aber keine blicken. Dafür sollten Muschelsammler ihre wahre Freude haben, denn die Schalenweichtiere liegen in unterschiedlichsten Formen und Farben im Sand verstreut. Als Währung werden sie Dollar, Euro und Bitcoin in naher Zukunft wohl nicht mehr ablösen, demzufolge belassen wir sie an Ort und Stelle – das Sammeln von lebenden Muscheln ist übrigens verboten. knutschi nutzt die Gunst der Stunde und watet barfuss im warmen Wasser, man könnte fast glauben, wir wären allein am Strand. Aber das täuscht. Es bilden sich mehr und mehr Grüppchen im seichten Wasser, da wollen wir natürlich auch wissen, was es zu sehen gibt. Seesterne. Im Gegensatz zu den Muscheln besitzen die Stachelhäuter in manchen Kulturen einen gewissen Handelswert nicht nur als Lebensmittel, auch als Souvenir sind sie heiß begehrt. Wir veranstalten ein kurzes Fotoshooting, dann bekommt er/sie/es von uns ein neues Plätzchen zugewiesen, wo ihn die Jäger und Sammler nicht so leicht finden können.













Von der Seebrücke aus eröffnet sich ein herrliches Panorama auf Point Ybel samt Leuchtturm; vermutlich eines dieser Bilder, das gerne als Motiv für Ansichtskarten bemüht wird. Während im Wasser ein paar Reiher auf Beute lauern, zieht eine Schar Pelikane über unsere Köpfe hinweg und lässt sich anschließend in den nahegelegenen Bäumen nieder. Ja, an Vogelreichtum mangelt es hier keineswegs, Ornithologen kommen da gewiss auf ihre Kosten. Der Nachmittag nähert sich langsam seinem Ende und wir marschieren zurück zum Parkplatz. Ehe wir nun unsere Herberge für heute Nacht aufsuchen, möchten wir noch einen kurzen Zwischenstopp auf einer der beiden künstlichen Inseln einlegen, über die der Sanibel Causeway das Eiland mit dem Festland verbindet. Schöne Landschaftsaufnahmen und spektakuläre Sonnenuntergänge – zur rechten Zeit – sind dort garantiert.







Wir halten auf der ersten der beiden Inseln. Auch hier sind wieder Muschelsammler unterwegs, ebenso wie (fotoscheue) Reiher, die man überall in der Gegend findet. Im Hintergrund ist die 21 Meter hohe Brücke A gut zu erkennen, die größeren Schiffen die Durchfahrt nach Cape Coral und Fort Myers ermöglicht. Sie ist Teil des Sanibel Causeways, der zusammen mit Brücke B (zwischen den beiden künstlichen Inseln) und Brücke C (nach Sanibel Island) eine Gesamtlänge von 3 Meilen aufweist. Eröffnet im Jahr 1963 mit Baukosten von 2,73 Millionen Dollar ist der Damm (wie so viele Straßen und Brücken in Florida) mautpflichtig, nur Fahrräder dürfen kostenlos passieren. Brücke B ist die kürzeste und niedrigste von allen dreien, aber offensichtlich ein beliebter Rastplatz für Pelikane, die sich von dort immer wieder wagemutig zum Fischfang ins Wasser stürzen. Inzwischen steht die Sonne tief über dem Meer, ein willkommener Anlass noch ein letztes Foto zu schießen, bevor wir uns auf die Fahrt zum Hilton Garden Inn Fort Myers begeben.















Das Hotel liegt relativ zentral und folgt von Aufteilung und Design dem typischen HGI Prinzip. Nothing to write home about. Einmal kurz frisch gemacht, dann muss die entscheidende Frage des Abends geklärt werden. Wo gehen wir essen? Man mag uns für das ganze Fast Food steinigen, aber irgendwie ist mir heute nach Schalentier. Google sagt, es gibt in der Nähe einen Red Lobster, damit ist die Sache entschieden. Zur Vorspeise bestellen wir Hummersuppe, für die Hauptspeise fällt die Wahl auf einen gemischten Fischgrillteller mit Garnelen, Jacobsmuscheln und Lachs. Und natürlich darf auch der Hummerschwanz nicht fehlen. Alles sehr ordentlich und lecker.







Für die vollendete Glückseligkeit fehlt nur noch der obligatorische Gang zur grünen Nixe, die – es war nicht anders zu erwarten – in unmittelbarer Nähe ihren Tempel errichtet hat. Im Prinzip wäre die kleine Meerjungfrau fußläufig zu erreichen, jedoch befinden wir uns nicht irgendwo, sondern im Land der notorischen Autofahrer. Die Fahrt von Parkplatz zu Parkplatz dauert letztendlich länger als der Fußmarsch, aber das interessiert hier niemanden. Nachdem der Koffeinpegel wieder aufgefüllt wurde, ruft das Bett. Es war ein langer Tag, aber der Umweg über Fort Myers hat sich definitiv gelohnt. Morgen besuchen wir noch die Everglades, dann geht die Reise weiter zur nächsten Etappe. Meine Äuglein fallen zu und in Gedanken bin ich plötzlich 1100 Meilen entfernt. Ach, wie schön sind Dreiecke...
 

Travel_Lurch

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15.09.2009
2.411
752
Kurzweilig und detailliert geschrieben....als ob man selbst dabei wäre! Vielen Dank dafür!
Nachdem uns die 3 Sorten Algen (giftig, stinkend und 1x vergessen) letzten Dezember vom Besuch von Sanibel abhielten, waren diese bei Eurem Aufenthalt wieder weg?
 
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endeavour78

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17.05.2012
361
2
MUC
Danke dir für die herrlichen Fotos und unterhaltsamen sowie lehrreichen Texte. So nen Prof hätt ich auch gern gehabt (y)
 
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