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Freitag, 13.09.2019
Eigentlich hatte ich nicht vor einen Reisebericht zu diesem Wochenendtrip zu verfassen, deshalb entschuldigt bitte die spärliche Bebilderung – aber ich wollte mal die Seite Chişinăus aufzeigen, welche man sieht, wenn man mit Locals unterwegs ist.
Hierzu sei gesagt, dass langjährige Freunde von uns Moldawier sind, diese aber normalerweise mit Tochter übers Wochenende nach Odessa kommen.
Nun hatten wir uns entschieden einen Gegenbesuch abzustatten, ein Wochenende in Moldawien zu verbringen, auch um die von uns geliebte Sowjetarchitektur (Brutalism) zu bewundern.
Ein kleines, vereinfachtes Vorwort zu Moldawien, welches mit seinen knapp 4 Millionen Einwohnern (in Wirklichkeit sind es wegen der Auswanderungen eher 3 Millionen) zu den kleinen Ländern und nach BIP das ärmste Land Europas ist (Nr. 2: Ukraine; Nr. 3 Kosovo).
Das Land war in seiner Geschichte hin- und hergerissen: seit 1812 gehörte es zum Russischen Zarenreich. Nach dem Oktoberrevolution wurde der Teil westlich des Dnisters von Rumänien besetzt und annektiert – östlich des Dnisters bildete sich die Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik mit (ab 1929) Hauptstadt Tiraspol.
Mitte 1940 wurde dann der rumänische Teil von Truppen der Roten Armee besetzt (Hitler-Stalin-Pakt) und das gesamte Land in Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik mit Hauptstadt Chişinău umbenannt.
Mitte 1941 wendete sich das Blatt erneut, als Deutsche und Rumänische Truppen das Land besetzten (Unternehmen Barbarossa).
Doch schon 1947 fiel Moldawien wieder der Sowjetunion zu, über Jahrzehnte vermischte sich die Bevölkerung des Riesenreiches, Russisch war Amtssprache und vor allem östlich des Dnisters wurde Schwerindustrie und Unternehmen zur Stromerzeugung aufgebaut – während der Teil westlich es Dnisters vorwiegend landwirtschaftlich bedeutend war (Schwarze Erde).
1989, nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde Moldawien zunehmend nationalistisch, Russisch wurde als Amtssprache komplett abgeschafft, die lateinische Schrift wiedereingeführt, zudem gab es Bestrebungen der Vereinigung mit Rumänien.
Dies ließ sich jedoch die Russische und Ukrainische Bevölkerung nicht gefallen und so rief Transnistrien (der östlich des Dnister gelegene Teil des Landes mit ca. 500'000 Einwohnern) mit mehrheitlich russisch- und ukrainischstämmiger Bevölkerung, die Unabhängigkeit von Moldawien aus, welche 1992 sogar zum offenen Krieg führte. Die dort stationierte Russische Armee vermittelte einen Waffenstillstand der Kriegsparteien – doch offiziell befindet sich das Land bis zum heutigen Tage im Bürgerkrieg, weshalb es auch nicht der EU und NATO beitreten kann.
Soviel zum Basiswissen.
Am Freitag gegen 12:30 bepackten wir unser Auto, verabschiedeten unserem Mädchen, tankten bei SOCAR voll
(auch bei uns kostet der Liter 95er schon EUR 1.15) und machten uns auf in Richtung Chişinău.
Von Odessa stehen 2 Routen zur Auswahl: der kürzere Weg durch Transnistrien mit 2 Grenzübertritten (Ukraine – Transnistrien – Moldawien) oder der längere Weg mit einem Umweg nach Süden, dafür nur mit einem Grenzübertritt.
Da Valentyna keine Lust auf Transnistrien hatte, wählten wir den längeren (aber schnelleren) Weg in Richtung Süden mit Grenzübergang bei Majak.
Die Straße hat etwas Besonderes, denn sie verwindet die Ukraine nördlich Odessa mit der Südukraine, führt jedoch über Moldawisches Gebiet. An der ‚Grenze’ steht Ukrainischer Grenzbeamter und gibt einem einen Zettel, auf welchem handschriftlich das Autokennzeichen und die Personenzahl notiert ist (eine Kopie behält er). Jeden Abend wird dann kontrolliert, dass die Autos und Personen, welche nicht wieder am anderen, südlichen Kontrollpunkt in die Ukraine eingereist sind, auch wirklich offiziell aus der Ukraine aus- und nach Moldawien eingereist sind.
3 Kilometer nach dem Kontrollpunkt bogen wir allerdings rechts ab und standen im funkelnagelneuen Grenzübergang zwischen der Ukraine und Moldawien.
Es war zum Glück nichts los und wir gaben unsere Pässe, die Fahrzeugpapiere und den Zettel ab.
Es folgte eine schnelle, oberflächliche Zollkontrolle und nach ca. 15 Minuten gab uns der Moldauische Grenzbeamte unsere Papiere zurück.
Wir kauften noch schnell einen grünen Versicherungsschein für Moldawien, zahlten die Maut für eine Woche – und schon waren wir im südlichen Teil Moldawiens angekommen.
Zu meiner Verwunderung war die Straße ganz okay, keine Probleme für meine 20-Zöller. Die Straße führt durch kleine Ortschaften, alles ziemlich trostlos, noch eine Schippe unterhalb der Ukraine – aber eine kleine.
Plötzlich erreichten wir eine hervorragend ausgebaute Bundesstraße, auf welcher man es bei relativ wenig Verkehr für die nächsten 50 Kilometer zwischen 180 und 190 laufen lassen konnte.
Leider war es aber irgendwann vorbei und die Straße wurde ziemlich übel, auch Pferdekarren und Traktoren blockierten ein zügiges Vorankommen.
45 Kilometer vor Chişinău erreichten wir dann die Hauptverkehrsache, die Straße wurde zwar besser – wegen des zähen Verkehrs und der vielen Kontrollkameras kamen wir aber trotzdem nicht besonders zügig voran.
Nach gut 3 Stunden Fahrt erreichten wir die Hauptstadt Moldawiens – standen prompt im Stau.
Erster Anlaufpunkt für uns war ein Industriegebiet im Norden größten Stadt Moldawiens (ca. 500'000 Einwohner), wo unser Freund gerade eine hochmoderne Glasfabrik hingestellt hat – diese durften wir zuerst begutachten. Es war schon verwunderlich, der Kontrast einer neuen, modernen Fabrik inmitten von heruntergekommenen, teilweise zerfallenen Sowjetfabriken.
Anschließend ging es zu unseren Freunden nach Hause, in eine Villengegend 5 Kilometer nördlich der Stadtgrenze, wo wir erst Mal verköstigt wurden und einen riesigen Sack von Moldawischen Süßigkeiten überreicht bekamen (dieselben Sowjetprodukte, welche man auch in anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen UDSSR bekommt).
Gestärkt ging es dann in die Innenstadt, wo sich unser nagelneues Hotel, das ‚Courtyard bei Marriott’ befindet.
Die Stadt ist relativ sowjetisch was die Bebauung angeht, vieles steht jedoch leer, so zum Beispiel auch das ehemalige Intourist-Hotel an der Hauptstraße, welches eigentlich zu einem Rohbau, ohne Fenster, Türen und Innenleben verkommen ist.
Zur Kommunikation: offiziell ist Russisch keine Amtssprache mehr, jedoch spricht es eigentlich jeder – auch unsere Freunde gehören zum russischsprachigen Bevölkerungsteil.
So erfolgte der Check-In reibungslos, man merkte aber schon, dass noch die Routine fehlt... so wurde mir das Frühstück erst kostenlos zugesprochen nachdem ich auf die Titanium-Benefits hinwies. Auch einen Room-Upgrade gab es nicht – das Hotel hat aktuell nämlich nur eine Zimmerkategorie.
Hoch ins 4. Stockwerk, wo im Zimmer schon Wasser und eine große Obstschale bereitstanden. Zwar ist das Zimmer recht übersichtlich, dafür alles funkelnagelneu, wir sind angeblich die ersten Gäste in diesem Zimmer.
Ausgepackt, frisch gemacht – und schon warteten unsere Freunde am Hoteleingang, es ging in eines der besseren Restaurants der Stadt, wo wir ein ziemlich durchschnittliches Abendessen serviert bekamen.
Wir unterhielten uns, über den Wohnungsmarkt (ca. EUR 1'000 pro Quadratmeter), die wirtschliche Lage. Interessant ist, dass, laut unseren Freunden, bis zum Ende der UDSSR die Lage in Moldawien wesentlich besser als in Rumänien war – sich dieses Verhältnis um das Jahr 2000 drehte. Heute gehen viele Moldawier nach Rumänien zum Arbeiten, schicken Geld nach Hause, um die zurückgelassene Kinder und Großeltern zu ernähren. Wie auch in der Ukraine ist der Abstand zwischen Arm & Reich riesig. So sieht man zwar extrem viele Porsche-, Lexus-, BMW-, Mercedes- und Bentley-SUV’s, auf der anderen Seite aber auch sehr viel gebrauchten Schrott aus der EU.
Nach einem langen Abendessen ging es zurück ins Hotel, wir waren doch ziemlich fertig.
Samstag, 14.09.2019
Am Samstag wachten wir frisch und erholt auf, nahmen das Frühstück im Hotelrestaurant ‚New York’ ein. Draußen sieht es für eine Hauptstadt ziemlich ländlich aus...
Auch hier, sehr angenehm, alles funkelnagelneu – die Auswahl überraschend gut, wenn auch in Bezug auf Wurst & Käse etwas zu national.
Das Courtyard by Marriott gehört zu einem modernen Komplex, bestehend aus Hotel, Business-Center und der besten Shopping-Mall des Landes. Valentyna wollte Kosmetik shoppen und ein Geschenk für die 10-jährige Tochter unserer Freunde kaufen.
Für mich war eher interessant, dass sich die Bevölkerung so sichtbar in zwei Gruppen gliedert, der rumänischstämmigen und der slawischen. Man erkennt dies nicht nur an der Sprache, auch die Optik unterscheidet sich deutlich.
In der Shopping-Mall die üblichen Marken, jedoch weder Zara, noch H&M, noch McDonalds (es gibt nur 3 in Moldawien, alle in Chişinău).
Die Kosmetik war gefunden, das Geschenk gekauft,
und schon fuhren wir wieder zur Fabrik unseres Freundes,
das Geschenk sicher verstaut.
Hier sei noch erwähnt, dass der Verkehr in Chişinău eine Katastrophe ist, die Straßenführung eine komplette Fehlplanung ! Alle fahren kreuz und quer – nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es wegen der Straßenplanung müssen. 6 Kilometer am Samstag: 30 Minuten.
Wir wurden schon erwartet und nach Überreichen des Geschenkes ging es zum großen Markt der Stadt, welcher natürlich am Samstag ziemlich überlaufen war.
Parkplatz gefunden und hinein in den Trubel.
Das Angebot an Obst (vor allem Trauben), Gemüse, Nüssen, Wein etc. war sehr gut, die Produkte von bester Qualität und zudem, selbst im vergleich zur Ukraine, spottbillig (1 kg Kartoffen 25 Cent, 1 Kilo Aubergine 40 Cent...).
Ich gönnte mir weiße Himbeeren und einen wunderschönen Busch mit einer Chilipflanze.
Nun waren wir hungrig, wir besuchten ein Restaurant mit traditioneller Moldawischer Küche, wo wir eine sehr leckere Suppe, Fladenbrot mit Füllung (Käse, Kartoffeln und Kraut), eingelegtes Gemüse und eine Aufschnittplatte vorgesetzt bekamen.
Sehr lecker und bei weitem nicht so fettig wie ukrainische Küche.
Im Anschluss noch gegrillte Fleisch und Leber, wir Männer verabschiedeten unsere Damen zum Shopping, wir machten uns auf zu einer Sightseeingtour.
Zuerst ging es zum großen See innerhalb der Stadt, dann weiter an zahlreichen Neubauten, hübschen Altbauten und auch vielen heruntergekommenen Bauten vorbei. Für mich als Liebhaber des sowjetischen Brutalismus ein Augenschmaus.
Auch kamen wir durchs ehemals jüdische Viertel (diese hatte vor Sommer 1941 einen Anteil von fast 50%) und hinauf auf den Hügel über dem See, wo heute die teuersten Villen stehen, laut meinem Freund überwiegend von ‚Korruptionären’ bewohnt.
Weiter zum ‚Siegesplatz’
und zum Hauptplatz mit Parament und Triumphbogen (ein ziemlich kleiner).
Die ehemalige Leninallee ist gesäumt von Bauten der Sowjetzeit,
meine Welt !
Zur Geschichte der Stadt sei noch erwähnt, dass die Stadt nicht nur durch den Durchmarsch der verschiedenen Armeen zerstört wurde, zwei Erdbeben (1940 & 1977) taten ihr übriges.
Schon war die Tour beendet und wir fuhren zum Zirkus,
neben welchem sich ein angesagtes Café befindet, wo wir uns wieder mit unseren besseren Hälften trafen, Café tranken und uns unterhielten – auch über kulturelle Unterschiede zwischen ‚Ost’ und ‚West’. So ist es für unsere Freunde unvorstellbar in eine gemischte Sauna zu gehen oder dass ihr Kind Mama & Papa nackt sieht...
Wir holten mein Auto ab, welches ich vor dem Restaurant stehen gelassen hatte, wir fuhren ins Hotel, unsere Freunde nach Hause.
Den Abend verbrachten wir dann mit Feueralarm, einem kleinen Abendessen und etwas TV im Hotel.
Eigentlich hatte ich nicht vor einen Reisebericht zu diesem Wochenendtrip zu verfassen, deshalb entschuldigt bitte die spärliche Bebilderung – aber ich wollte mal die Seite Chişinăus aufzeigen, welche man sieht, wenn man mit Locals unterwegs ist.
Hierzu sei gesagt, dass langjährige Freunde von uns Moldawier sind, diese aber normalerweise mit Tochter übers Wochenende nach Odessa kommen.
Nun hatten wir uns entschieden einen Gegenbesuch abzustatten, ein Wochenende in Moldawien zu verbringen, auch um die von uns geliebte Sowjetarchitektur (Brutalism) zu bewundern.
Ein kleines, vereinfachtes Vorwort zu Moldawien, welches mit seinen knapp 4 Millionen Einwohnern (in Wirklichkeit sind es wegen der Auswanderungen eher 3 Millionen) zu den kleinen Ländern und nach BIP das ärmste Land Europas ist (Nr. 2: Ukraine; Nr. 3 Kosovo).
Das Land war in seiner Geschichte hin- und hergerissen: seit 1812 gehörte es zum Russischen Zarenreich. Nach dem Oktoberrevolution wurde der Teil westlich des Dnisters von Rumänien besetzt und annektiert – östlich des Dnisters bildete sich die Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik mit (ab 1929) Hauptstadt Tiraspol.
Mitte 1940 wurde dann der rumänische Teil von Truppen der Roten Armee besetzt (Hitler-Stalin-Pakt) und das gesamte Land in Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik mit Hauptstadt Chişinău umbenannt.
Mitte 1941 wendete sich das Blatt erneut, als Deutsche und Rumänische Truppen das Land besetzten (Unternehmen Barbarossa).
Doch schon 1947 fiel Moldawien wieder der Sowjetunion zu, über Jahrzehnte vermischte sich die Bevölkerung des Riesenreiches, Russisch war Amtssprache und vor allem östlich des Dnisters wurde Schwerindustrie und Unternehmen zur Stromerzeugung aufgebaut – während der Teil westlich es Dnisters vorwiegend landwirtschaftlich bedeutend war (Schwarze Erde).
1989, nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde Moldawien zunehmend nationalistisch, Russisch wurde als Amtssprache komplett abgeschafft, die lateinische Schrift wiedereingeführt, zudem gab es Bestrebungen der Vereinigung mit Rumänien.
Dies ließ sich jedoch die Russische und Ukrainische Bevölkerung nicht gefallen und so rief Transnistrien (der östlich des Dnister gelegene Teil des Landes mit ca. 500'000 Einwohnern) mit mehrheitlich russisch- und ukrainischstämmiger Bevölkerung, die Unabhängigkeit von Moldawien aus, welche 1992 sogar zum offenen Krieg führte. Die dort stationierte Russische Armee vermittelte einen Waffenstillstand der Kriegsparteien – doch offiziell befindet sich das Land bis zum heutigen Tage im Bürgerkrieg, weshalb es auch nicht der EU und NATO beitreten kann.
Soviel zum Basiswissen.
Am Freitag gegen 12:30 bepackten wir unser Auto, verabschiedeten unserem Mädchen, tankten bei SOCAR voll
(auch bei uns kostet der Liter 95er schon EUR 1.15) und machten uns auf in Richtung Chişinău.
Von Odessa stehen 2 Routen zur Auswahl: der kürzere Weg durch Transnistrien mit 2 Grenzübertritten (Ukraine – Transnistrien – Moldawien) oder der längere Weg mit einem Umweg nach Süden, dafür nur mit einem Grenzübertritt.
Da Valentyna keine Lust auf Transnistrien hatte, wählten wir den längeren (aber schnelleren) Weg in Richtung Süden mit Grenzübergang bei Majak.
Die Straße hat etwas Besonderes, denn sie verwindet die Ukraine nördlich Odessa mit der Südukraine, führt jedoch über Moldawisches Gebiet. An der ‚Grenze’ steht Ukrainischer Grenzbeamter und gibt einem einen Zettel, auf welchem handschriftlich das Autokennzeichen und die Personenzahl notiert ist (eine Kopie behält er). Jeden Abend wird dann kontrolliert, dass die Autos und Personen, welche nicht wieder am anderen, südlichen Kontrollpunkt in die Ukraine eingereist sind, auch wirklich offiziell aus der Ukraine aus- und nach Moldawien eingereist sind.
3 Kilometer nach dem Kontrollpunkt bogen wir allerdings rechts ab und standen im funkelnagelneuen Grenzübergang zwischen der Ukraine und Moldawien.
Es war zum Glück nichts los und wir gaben unsere Pässe, die Fahrzeugpapiere und den Zettel ab.
Es folgte eine schnelle, oberflächliche Zollkontrolle und nach ca. 15 Minuten gab uns der Moldauische Grenzbeamte unsere Papiere zurück.
Wir kauften noch schnell einen grünen Versicherungsschein für Moldawien, zahlten die Maut für eine Woche – und schon waren wir im südlichen Teil Moldawiens angekommen.
Zu meiner Verwunderung war die Straße ganz okay, keine Probleme für meine 20-Zöller. Die Straße führt durch kleine Ortschaften, alles ziemlich trostlos, noch eine Schippe unterhalb der Ukraine – aber eine kleine.
Plötzlich erreichten wir eine hervorragend ausgebaute Bundesstraße, auf welcher man es bei relativ wenig Verkehr für die nächsten 50 Kilometer zwischen 180 und 190 laufen lassen konnte.
Leider war es aber irgendwann vorbei und die Straße wurde ziemlich übel, auch Pferdekarren und Traktoren blockierten ein zügiges Vorankommen.
45 Kilometer vor Chişinău erreichten wir dann die Hauptverkehrsache, die Straße wurde zwar besser – wegen des zähen Verkehrs und der vielen Kontrollkameras kamen wir aber trotzdem nicht besonders zügig voran.
Nach gut 3 Stunden Fahrt erreichten wir die Hauptstadt Moldawiens – standen prompt im Stau.
Erster Anlaufpunkt für uns war ein Industriegebiet im Norden größten Stadt Moldawiens (ca. 500'000 Einwohner), wo unser Freund gerade eine hochmoderne Glasfabrik hingestellt hat – diese durften wir zuerst begutachten. Es war schon verwunderlich, der Kontrast einer neuen, modernen Fabrik inmitten von heruntergekommenen, teilweise zerfallenen Sowjetfabriken.
Anschließend ging es zu unseren Freunden nach Hause, in eine Villengegend 5 Kilometer nördlich der Stadtgrenze, wo wir erst Mal verköstigt wurden und einen riesigen Sack von Moldawischen Süßigkeiten überreicht bekamen (dieselben Sowjetprodukte, welche man auch in anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen UDSSR bekommt).
Gestärkt ging es dann in die Innenstadt, wo sich unser nagelneues Hotel, das ‚Courtyard bei Marriott’ befindet.
Die Stadt ist relativ sowjetisch was die Bebauung angeht, vieles steht jedoch leer, so zum Beispiel auch das ehemalige Intourist-Hotel an der Hauptstraße, welches eigentlich zu einem Rohbau, ohne Fenster, Türen und Innenleben verkommen ist.
Zur Kommunikation: offiziell ist Russisch keine Amtssprache mehr, jedoch spricht es eigentlich jeder – auch unsere Freunde gehören zum russischsprachigen Bevölkerungsteil.
So erfolgte der Check-In reibungslos, man merkte aber schon, dass noch die Routine fehlt... so wurde mir das Frühstück erst kostenlos zugesprochen nachdem ich auf die Titanium-Benefits hinwies. Auch einen Room-Upgrade gab es nicht – das Hotel hat aktuell nämlich nur eine Zimmerkategorie.
Hoch ins 4. Stockwerk, wo im Zimmer schon Wasser und eine große Obstschale bereitstanden. Zwar ist das Zimmer recht übersichtlich, dafür alles funkelnagelneu, wir sind angeblich die ersten Gäste in diesem Zimmer.
Ausgepackt, frisch gemacht – und schon warteten unsere Freunde am Hoteleingang, es ging in eines der besseren Restaurants der Stadt, wo wir ein ziemlich durchschnittliches Abendessen serviert bekamen.
Wir unterhielten uns, über den Wohnungsmarkt (ca. EUR 1'000 pro Quadratmeter), die wirtschliche Lage. Interessant ist, dass, laut unseren Freunden, bis zum Ende der UDSSR die Lage in Moldawien wesentlich besser als in Rumänien war – sich dieses Verhältnis um das Jahr 2000 drehte. Heute gehen viele Moldawier nach Rumänien zum Arbeiten, schicken Geld nach Hause, um die zurückgelassene Kinder und Großeltern zu ernähren. Wie auch in der Ukraine ist der Abstand zwischen Arm & Reich riesig. So sieht man zwar extrem viele Porsche-, Lexus-, BMW-, Mercedes- und Bentley-SUV’s, auf der anderen Seite aber auch sehr viel gebrauchten Schrott aus der EU.
Nach einem langen Abendessen ging es zurück ins Hotel, wir waren doch ziemlich fertig.
Samstag, 14.09.2019
Am Samstag wachten wir frisch und erholt auf, nahmen das Frühstück im Hotelrestaurant ‚New York’ ein. Draußen sieht es für eine Hauptstadt ziemlich ländlich aus...
Auch hier, sehr angenehm, alles funkelnagelneu – die Auswahl überraschend gut, wenn auch in Bezug auf Wurst & Käse etwas zu national.
Das Courtyard by Marriott gehört zu einem modernen Komplex, bestehend aus Hotel, Business-Center und der besten Shopping-Mall des Landes. Valentyna wollte Kosmetik shoppen und ein Geschenk für die 10-jährige Tochter unserer Freunde kaufen.
Für mich war eher interessant, dass sich die Bevölkerung so sichtbar in zwei Gruppen gliedert, der rumänischstämmigen und der slawischen. Man erkennt dies nicht nur an der Sprache, auch die Optik unterscheidet sich deutlich.
In der Shopping-Mall die üblichen Marken, jedoch weder Zara, noch H&M, noch McDonalds (es gibt nur 3 in Moldawien, alle in Chişinău).
Die Kosmetik war gefunden, das Geschenk gekauft,
und schon fuhren wir wieder zur Fabrik unseres Freundes,
das Geschenk sicher verstaut.
Hier sei noch erwähnt, dass der Verkehr in Chişinău eine Katastrophe ist, die Straßenführung eine komplette Fehlplanung ! Alle fahren kreuz und quer – nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es wegen der Straßenplanung müssen. 6 Kilometer am Samstag: 30 Minuten.
Wir wurden schon erwartet und nach Überreichen des Geschenkes ging es zum großen Markt der Stadt, welcher natürlich am Samstag ziemlich überlaufen war.
Parkplatz gefunden und hinein in den Trubel.
Das Angebot an Obst (vor allem Trauben), Gemüse, Nüssen, Wein etc. war sehr gut, die Produkte von bester Qualität und zudem, selbst im vergleich zur Ukraine, spottbillig (1 kg Kartoffen 25 Cent, 1 Kilo Aubergine 40 Cent...).
Ich gönnte mir weiße Himbeeren und einen wunderschönen Busch mit einer Chilipflanze.
Nun waren wir hungrig, wir besuchten ein Restaurant mit traditioneller Moldawischer Küche, wo wir eine sehr leckere Suppe, Fladenbrot mit Füllung (Käse, Kartoffeln und Kraut), eingelegtes Gemüse und eine Aufschnittplatte vorgesetzt bekamen.
Sehr lecker und bei weitem nicht so fettig wie ukrainische Küche.
Im Anschluss noch gegrillte Fleisch und Leber, wir Männer verabschiedeten unsere Damen zum Shopping, wir machten uns auf zu einer Sightseeingtour.
Zuerst ging es zum großen See innerhalb der Stadt, dann weiter an zahlreichen Neubauten, hübschen Altbauten und auch vielen heruntergekommenen Bauten vorbei. Für mich als Liebhaber des sowjetischen Brutalismus ein Augenschmaus.
Auch kamen wir durchs ehemals jüdische Viertel (diese hatte vor Sommer 1941 einen Anteil von fast 50%) und hinauf auf den Hügel über dem See, wo heute die teuersten Villen stehen, laut meinem Freund überwiegend von ‚Korruptionären’ bewohnt.
Weiter zum ‚Siegesplatz’
und zum Hauptplatz mit Parament und Triumphbogen (ein ziemlich kleiner).
Die ehemalige Leninallee ist gesäumt von Bauten der Sowjetzeit,
meine Welt !
Zur Geschichte der Stadt sei noch erwähnt, dass die Stadt nicht nur durch den Durchmarsch der verschiedenen Armeen zerstört wurde, zwei Erdbeben (1940 & 1977) taten ihr übriges.
Schon war die Tour beendet und wir fuhren zum Zirkus,
neben welchem sich ein angesagtes Café befindet, wo wir uns wieder mit unseren besseren Hälften trafen, Café tranken und uns unterhielten – auch über kulturelle Unterschiede zwischen ‚Ost’ und ‚West’. So ist es für unsere Freunde unvorstellbar in eine gemischte Sauna zu gehen oder dass ihr Kind Mama & Papa nackt sieht...
Wir holten mein Auto ab, welches ich vor dem Restaurant stehen gelassen hatte, wir fuhren ins Hotel, unsere Freunde nach Hause.
Den Abend verbrachten wir dann mit Feueralarm, einem kleinen Abendessen und etwas TV im Hotel.
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