Ein Veganer in Afrika: Algerien, Burkina Faso, Niger, Tschad und Zentralafrik. Republik

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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
804
1.381
Berlin
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Woran erkennt man einen Veganer? Er wird es dir erzählen – unaufgefordert. Der Titel ist mit Absicht so formuliert – er muss ja catchy sein! Aber mehr dazu später.

Ich möchte meinen diesjährigen Jahresurlaub auch wieder dazu nutzen, von Reisen zu eher ungewöhnlichen Destinationen zu berichten.
Es wird leider zu einem sehr langen Städtetrip. Es geht von Frankfurt nach Algier (Algerien), nach Ouagadougou und Bobo-Dioulasso (Burkina Faso), Niamey (Niger), N’Djamena (Tschad) und Bangui (Zentralafrikanische Republik). Die Reise ist ein Mix aus 5 Tickets, die bis auf Niamey – Addis – N’Djamena und Bangui-Paris-Hannover (Meilentickets) alle mit harten Euro erworben wurden.

Das Routing sieht wie folgt aus:



Zu erst etwas zum Organisatorischem. Für alle Länder brauche ich ein Visum. Die Beantragung war mehr oder weniger unproblematisch:

Algerien: Bei Wohnsitz Bonn ist das Generalkonsulat Frankfurt zuständig. Da Anträge auf dem Postweg nicht bearbeitet werden, blieb nur die Beauftragung eines Visadienstes oder die persönliche Bittstellung. Ich entschied mich für letzteres. Im Konsulat muss eine Nummer gezogen werden, ehe man den Warteraum betreten kann. Ich war an einem Freitag Ende Oktober um kurz nach halb 10 (ab 9 Uhr geöffnet) da und hatte die übernächste Nummer, musste aber eine gute Dreiviertelstunde warten, ehe ich an der Reihe war. Vollkommen normal, wie mir zwei Vertreter von Visadiensten bestätigten. Später wurde mein Wunsch nach einem Transitvisum (60 Euro) anhand der Dokumente geprüft, ehe mir mitgeteilt wurde, ich sei zu früh da. Visa sind ab Ausstellungsdatum nur eine gewisse Zeit gültig. Meine Angst weggeschickt zu werden, war jedoch unbegründet. Das Visum sollte einfach später ausgestellt werden. Abholung: ab dem 29.11. Kurz noch gefragt, ob ich mir ob der Wahlen (12.12.) in Algerien Sorgen machen müsse, lachte der Mitarbeiter nur und sagte, ich müsse mir keine Sorgen machen. Tatsächlich hatte ich nur im Hinterkopf, dass ein alleinreisender Mann mit einem Transit vom 8.-11. Dezember verdächtig sein könnte.
Abholung war nur kurz spannend, als der gleiche Mitarbeiter meinen Pass nicht finden konnte. Ich musste dann nochmal Platz nehmen. Eine gut halbe bis Stunde später wurde mir der Pass dann überreicht.

Burkina Faso: Beantragung per Post kein Problem. Jedoch war mein Pass einen Tag verschollen. An einem Freitag hatte ich diesen per Einschreiben nach Berlin geschickt. Laut Tracking wurde dieser auf „Wunsch des Empfängers an eine andere Adresse“ weitergeleitet. Das kam mir bei einer so kleinen Botschaft komisch vor, sodass ich am Montag drauf zum Telefonhörer griff. Die Mitarbeiterin konnte sich darauf keinen Reim machen und wollte intern nochmal rumfragen. Am nächsten Morgen (Dienstag) immer noch nichts. In der Mittagspause habe ich dann eine E-Mail bekommen, dass mein Pass erst am Dienstag zugestellt wurde und nun bearbeitet würde. Die Erleichterung war riesig. In meiner Verzweiflung hatte ich schon einen Express-Termin bei der Stadt Bonn vereinbart, um mir einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen. Seitdem habe ich nur noch DHL Easy (immerhin bis 500 Euro versichert und kostet nur 11,50 Euro) benutzt. Das ist aber auch eine glatte 6, da dort das Tracking nicht funktioniert. Die Nummer, die auf der Sendung steht, führt bei der Abfrage durch den Kunden zu einem Fehler. Jedoch kann an der Hotline anhand der Nummer eine andere Nummer nachguckt werden kann, anhand derer der tatsächliche Sendungsstatus ermittelt werden kann.

Niger: Ging ebenfalls auf dem Postweg und so reibungslos, dass ich mich an nichts mehr erinnere.

Tschad: Verhält sich ähnlich wie Niger. Die einzig erwähnenswerte Anekdote ist, dass ich aus irgendeinem Grund in der Botschaft anrief (ich bin der Überzeugung, dass solche Anrufe, bei denen man sympathisch rüberkommt und in einem Begleitschreiben zu den übersandten Dokumenten darauf Bezug nimmt, mögliche Probleme viel eher in meinem Interesse gelöst werden) und mich erkundigte, ob es im Tschad wirklich so gefährlich sei, dass ein Aufenthalt außerhalb von N‘Djamena nicht zu empfehlen sei. Zu meinem Erstaunen bejahte das die Mitarbeiterin. Ach und ich erinnere mich, dass ich zu ersten Mal in meinem Leben einen Scheck ausstellen müsste.

Zentralafrikanische Republik: Die Republik, die dafür bekannt ist, dass sie Boris Becker (k)einen Diplomatenpass ausgestellt hat, hat nur Botschaften in Brüssel und Paris. Ein Postversand kam aufgrund der Erfahrung mit Burkina Faso nicht in Frage, also habe ich mit +1 (Memo an mich: Signatur ändern) über den 3. Oktober ein verlängertes Wochenende in Brüssel verbracht. Die Botschaft liegt unweit vom Atomium. Abgabe der Unterlagen und Abholen des Visums (nur ein schnöder Stempel, kein Sticker) am Tag darauf.

Damit waren alle Visa - außer Äthiopien (VOA) für das Leg Niamey - Addis - N'Djamena - eingesammelt.


Ich hoffe, dass ich euch zeitnah retrospektiv aus Algerien berichten kann. Sowohl in Algier als auch jetzt in Ouagadougou ist das Internet eher mau, sodass ich keine Fotos einbinden kann.
 

AdvoDia

Aktives Mitglied
09.01.2017
195
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Seitdem habe ich nur noch DHL Easy (immerhin bis 500 Euro versichert und kostet nur 11,50 Euro) benutzt. Das ist aber auch eine glatte 6, da dort das Tracking nicht funktioniert.

OT: DHL ist zu einer einzigen Katastrophe geworden. Sendungen gehen verloren und der Kundenservice ist absurd schlecht. Wir sind vor einiger Zeit auf GO! umgestiegen und sehr zufrieden.
 

mainz2013

Erfahrenes Mitglied
18.09.2013
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Als bekennender Fleischesser und toleranter Mensch freue ich mich auf deinen Reisebericht! ;) :D Spaß beiseite....Sehr interessantes Routing! Klasse! Ich bin dabei! :)
 
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Lauter

Reguläres Mitglied
30.09.2016
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Dann bin ich mal gespannt auf deine Erfahrungen und freue mich auf deine Berichte. Sind selber seit Jahren Vegan in der Welt unterwegs und hatten nie wirklich Probleme gehabt, satt zu werden... Ganz im Gegenteil.
Aber dein Routing schreckt mich doch noch ab und fehlt auch auf unserer Landkarte. Vielleicht kannst du ja uns die „Angst“ nehmen :D
 

Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
4.019
2.493
BER
Ich bin auch gespannt. Einer Handvoll dieser Ziele habe ich auch vor einiger Zeit mal Besuche abgestattet, bin daher neugierig auf Deine Eindrücke.
 

Afreaka

Erfahrenes Mitglied
29.01.2017
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SCN/AJY
Freue mich schon auf deinen Bericht, insbesondere den Teil im Niger, den ich sehr gut kenne. Das neue von den Türken gebaute terminal in NIM ist top!

NIM-NDJ müsste zu anderen Zeiten auch ohne Umweg via ADD mit Air Maroc nonstop gehen. Bis Ende Januar wird die Strecke wohl nicht bedient, da NIM nachts wegen Umbauarbeiten teilweise dicht ist.
 
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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Algerien:

Gebucht war FRA-ALG-OUA mit drei Nächten in Algier für faire 340 Euronen. Am Sonntag (8.12.) ging es morgens nur mit Hemd bekleidet zum Bonner Hauptbahnhof, ehe ich kurz vor dem Betreten feststellte, dass ich meine DKB-Kreditkarte vergessen hatte. Auf die AMEX Platinum wollte ich mich nicht verlassen, wird diese doch in Deutschland schon kaum akzeptiert. Also kurzerhand den Koffer mehr oder minder wortlos in einer Bäckerei abgestellt, ein Nextbike geschossen und die knapp drei Kilometer nach Hause geradelt. Die Kreditkarte war schnell gefunden, das Nextbike wieder gesattelt und keine 15 Minuten später konnte ich erleichtert feststellen, dass die DB ihre Verspätung ausgebaut hatte. Aber ich habe mich bereits vorher schlecht vorbereitet gefühlt und das war nur der Beweis, dass es auch tatsächlich auch so war.

Mit dem EC ging es via Mainz zum FRA, dort noch einen Notgroschen abgehoben und zur Priority Pass Lounge, um sich vom Schock zu erholen. Die Lounge war nicht der Rede wert –es gab Kartoffelsalat, jedoch keine Wiener.

Air Algerie hat es nicht geschafft, mein Special Meal an Bord zu bringen, sodass ich mich mit dem normalen Essen begnügen musste: Hühnchen (liegengelassen) und Salat. Nothing to write home about.

Den Hüpfer nach Algier nutzte ich etwas zum „socializen“ und habe mich mit einem Geschäftsmann und einer Frau auf Heimatbesuch ausgetauscht. Ein wertvoller Tipp war, Geld auf dem Schwarzmarkt zu tauschen und dass ein Taxi in die Innenstadt während der Rushhour rund 2000 Dinar kosten solle (1 Euro = 180-200 Dinar, bei Banken 1 Euro = 140 (+/-) Dinar).

Die Einreise war etwas holprig, da mein Transitvisum doppelt geprüft werden musste. Nach dem Verlassen des Sicherheitsbereich auch gleich von Schwarzmarkthändlern angesprochen worden und 50 Euro getauscht. Eigentlich wollte ich dann mit dem Zug zum Bahnhof Agha in der Innenstadt, aber eine gute Stunde auf die nächste Bahn wollte ich nicht warten. Also fuhr mich mein Schwarzhändler für 1.500 Dinar zum Hotel.



Für das Hotel hatte ich meine 200 Euro Reiseguthaben der AMEX eingesetzt. Dazu ein kurzer Exkurs: gerne hätte ich dieses für den Flug (FRA-ALG-OUA) benutzt, aber Ouagadougou fehlt in der Buchungsmaske von AMEX komplett. Auf meine Hinweise / Bitten an AMEX wurde eingeräumt, dass das Problem bekannt sei, dass einzelne Orte fehlen, dies aber nicht angegangen würde. Nach den ganzen Bugs auf der Webseite ein Grund mehr die Karte zu kündigen.

Hotels in Algier sind vergleichsweise teuer und schlecht bewertet. Bei meinem Plaza Algier Hotel konnte ich nicht meckern, allerdings habe ich es primär nach Lage, Lage, Lage ausgesucht (d.h. nah an einer Metrostation). Knapp 200 Euro für 3 Nächte waren ok. Zum Glück wurde an der Rezeption auch Englisch gesprochen.

Nachdem ich mein Geraffel im Zimmer deponiert hatte, bin ich noch durchs abendliche Algier geströmert.







Zu meiner Verwunderung war recht wenig los, die meisten Geschäfte geschlossen, nur die unzähligen Fast Food-Buden waren noch offen – und die Patisserien. Überall gab es also nur Fast Food oder Süßkram. Eigentlich hatte ich vor, Couscous zu essen, aber weit und breit war nichts dergleichen zu sehen. Irgendwann drang der Geruch von frisch gebackenem Brot in meine Nase und ich stand vor einer „Pizzeria“, die algerische Pizza zubereitet. Kurz erkundigt, ob darin kein Fleisch sei, was bejaht wurde. Dafür war aber Käse drinnen – neben Tomatensauce, Zwiebeln und einer weiteren Zutat, für die ich keine Übersetzung kannte. Ich bestellte mir eine Pizza zum Mitnehmen. So viel zum veganen Leben.



Zurück im Hotel habe ich dann die Pizza gegessen, die sich als mäßig im Geschmack aber sehr mächtig erwies, dabei mein weiteres Programm geplant und Fussball geguckt. Bei BEINSports rollte der Ball immer.

Tag 2 begann gegen 10 Uhr mit Verlassen des Hotels.



Erster Programmpunkt für den Tag: Ein Besuch beim Friseur. Für 200 Dinar wurde das Haupthaar gekürzt.



Ein Akt, bei dem ich nahezu immer einschlafen könnte. Allgemein würde ich sagen, dass die Algerier gut frisiert und rasiert sind. Und dass die meisten viel Wert auf Kleidung legen. Zumindest in Algier und bis auf die Jugend. Jogginghosen und -anzüge wohin das Auge reichte – ob ähnlich wie in Hannover auch das Tragen verboten würde?!

Anschließend ging es mit der topmodernen Metro in die Qasbah – die Altstadt. Hierzu habe ich für ebenfalls 200 Dinar das 24 h Ticket gelöst. Bahnen fahren alle 5 Minuten und werden gut angenommen.










In der Altstadt bin ich das mehr oder weniger ziellos umhergelaufen. Was aber überall evident war, war die Vielzahl an Polizei. Erinnerung: es war kurz vor den Wahlen und es wurden wohl Proteste / Ausschreitungen befürchtet.











Unter anderem war ich an der „Grande Poste“







In dessen Nähe auch dieses Gebäude stand, das mit etwas an das Flatiron Building in NYC erinnert hat:





Später – nach meiner Abreise – gab es an dieser Ausschreitungen mit der Polizei, wie ich der Presse entnommen habe.
Irgendwann meldete sich der Hunger und ich habe einen Foodcourt ausfinding gemacht, wo es auch Couscous geben sollte.



Vegetarisch wie mir gesagt wurde. Leider schwommen in der Begleitsuppe dann mehrere große Fleischstücke. Über die haben sich dann aber ein paar Katzen sehr gefreut. Statt Straßenhunden habe ich nur Straßenkatzen gesehen.

Für Tag 2 hatte ich einen Ausflug nach Blida geplant. Die Stadt liegt eine gute Stunde mit dem Zug von Algier am Tor zu den Bergen (Tellatlas).





Mit einer Art S-Bahn ging es für schlanke 80 Dinar dorthin. Diese war aber relativ runtergekommen und die Scheiben von Steinschlägen maltretiert.





Auf der Fahrt konnte man ziemlich viel grün sehen, was mich überrascht hat, denn bis dato hatte ich Algerien nur mit Wüste verbunden.
Blida hatte ich nur ausgewählt, weil ich gelesen hatte, dass von dem Ort eine Seilbahn von knapp 200 m. ü. NN. auf rund 2000 m. ü. NN. fahren solle. Dort wäre im Winter sogar Wintersport möglich. In Blida angekommen war es noch etwas kälter und der Himmel sah nach Regen aus.







Mit einem Taxifahrer hatte ich ausgemacht, dass er mich für 50 (cinquante) Dinar zur Seilbahnstation bringt. Den Preis hatte ich vorher bei einem Passanten erfragt. Kurz nachdem ich bei einem Taxler im Wagen Platz genommen hatte, sagt er, die Seilbahn führe nicht. Er könne mich für 2000 Dinar direkt mit dem Auto in die Berge fahren. Solche Geschichten hört man ja nicht zum ersten Mal und ich bestand darauf, dass er mich zur Seilbahnstation brächte. Nach einigen Minuten Fahrt fängt er wieder an, Station geschlossen, direkt in die Berge an. Ich insistierte wieder auf Seilbahnstation. Irgendwann griff er zum Handy und ich sollte mit irgendwem sprechen. Da die Verbindung aber mies war und ich nichts verstand, brachte das nichts. Ich sagte weiterhin Seilbahnstation und zeigte zur Verdeutlichung auf ein Foto dieser. Irgendwann hatte er es dann begriffen, drehte, fuhr in die Richtung, aus der wir gekommen waren und fing an, andere Preise zu nennen. Irgendwann redete er wieder von 2000 Dinar und mir wurde es zu bunt und ich sagte ihm, entweder zur geschlossenen Seilbahnstation für 50 Dinar oder ich steige aus. Dann eskalierte die Situation etwas. Mittlerweile waren im die 50 Dinar zu wenig und er wollte mehr. Ich sah es nicht ein, seine Irrfahrt mit mehr Geld zu bezahlen und machte Anstalten, das Taxi zu verlassen. Das ließ er nicht zu und nahm mich – auf dem Beifahrersitz sitzend – von hinten in den Schwitzkasten. Da die Tür schon offen stand, rief ich „Aidez-moi“ aus dem Auto, woraufhin er los ließ und ich das Taxi verließ ohne irgendetwas zu bezahlen. Danach schlackerten mir erstmal etwas die Beine. Sowas habe ich noch nie erlebt.

Danach bin ich erstmal kreuz und quer gelaufen, um meinen möglich Verfolger abzuschütteln. Als ich mich gefangen hatte, habe ich einen Passanten angesprochen, wie ich zur Seilbahnstation käme. Zum Glück war das per Bus von dort direkt möglich. Und der Mann war der Meinung, dass die Bahn in Betrieb sei. Dort angekommen, musste ich aber feststellen, dass dem nicht so war. Der Taxifahrer hatte also die Wahrheit gesagt.





Ob der Wetterlage und der Ereignisse hatte ich keine Lust mehr auf Blida und trat den Rückweg an. Per Bus und Taxi (dieses Mal 200 Dinar) ging es zurück zum Bahnhof. Einerseits erhoffte ich mir, den Taxifahrer vom Vormittag zu treffen, anderseits war ich nicht darauf erpicht. Da ich ihn nicht mehr traf, konnte ich ihm auch kein Geld mehr geben.

In Algier endete die Bahn bereits im Bahnhof Agha. Von dort ging ich zur Prachtstraße von Algier, konnte dort aber wenig prachtvolles entdecken:







In der Nähe sollte ein arabisches Restaurant sein, das guten Hummus im Angebot haben sollte. Leider konnte ich das jedoch nicht ausfindig machen, sodass ich irgendwann bei einer sehr günstigen, aber sehr durchschnittlichen Pizza landete. Abends gab es dann noch ein Dutzend frische Mandarinen, die ich auf der Straße gekauft habe.

Der letzte Tag in Algier begann spät, da der Flug nach Ouagadougou erst am Abend anstand. Während ich noch meine sieben Sachen packte, hörte ich von draußen Geräusche. Aus dem Fenster konnte ich einen kleinen Demozug ausfindig machen:



Beim Auschecken habe ich dann erfahren, dass es sich um einen Protest „gegen“ die Wahlen handeln solle bzw. die Organisatoren der Regierungspartei angehörten, die keine (großen) Veränderungen wünschen würden, um ihren Einfluss nicht zu verlieren. Tatsächlich war ich auch verwundert, dass in direkter Nachbarschaft zu diversen Ministerien so eine Demonstration so lange von Sicherheitskräften in Ruhe gelassen wurde.
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
804
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Berlin
Mit der Metro ging es dann zum Denkmal der Märtyrer. Von der Metrostation kann man entweder laufen oder für 20 Dinar mit der Seilbahn auf den Berg fahren.



Das Denkmal ist ziemlich eindrucksvoll und der Ausblick von dort auch nicht schlecht.









Die Altstadt im Hintergrund:



Auf dem Areal gibt es auch einen kleinen Verkehrsübungsplatz und Kinderbespaßung.



Auf dem Weg runter habe ich wieder auf die Seilbahn vertraut und bin nur über die Straße, um in den Park zu gehen, der immerhin 150 Dinar Eintritt kostete. Die Anlage war aber gut gepflegt und ich genoß es einfach nur, dort in der Sonne zu sitzen, bis ein Typ den Rasenmäher anwarf.





Gegen Mittag habe ich dann meine Tageskarte genutzt, um nach El Harrach zu fahren. Der Ort markiert die Endstation der Linie. Ein paar Eindrücke aus El Harrach:







Warum orussia Dortmund so beliebt ist, habe ich nicht erfahren. Soweit ich weiß, haben die keinen Algerier im Kader. Im Gegensatz zur Borussia aus Mönchengladbach, deren Algerier die Mannschaft gegen Bayern München am Wochenende zuvor mit zwei Toren zum Sieg schoss.



Irgendwann quälte mich der Hunger. Mein Auge konnte außer eine gut besuchten Fastfood-Bude jedoch nichts ausmachen. Als ich dann nach einiger Zeit des Wartens noch nicht an der Reihe war, bin ich noch etwas durch die Straßen flaniert, ehe ich durch Zufall vor einem „Restaurant“ stand. Dieses verbarg sich hinter einem unscheinbaren Stück Stoff, der als Tür diente. Drinnen gab es mehrere Holztische, an denen nur Männer saßen und Suppe mit Baguette aßen. Die Suppe war schön kräftig:



Danach ging es dann zurück zum Hotel, um mein Gepäck zu holen und dann schon recht früh zum Flughafen. Dieses Mal für 750 Dinar. Wenn es mich nicht täuscht, hat mir das Hotel ein Uber bestellt.

Der Flughafen ist supermodern und war wenig ausgelastet:







Der Flug nach Ouagadougou war nur mäßig gebucht. Was aber auffiel, war die vergleichsweise hohe Anzahl an Asiaten (ich vermute Chinesen). Diese habe ich weiteren Verlauf der Reise überall antreffen können.



Sonstige Beobachtungen:
- Quote von Frauen mit Vollverschleierung sehr gering - <5 % schätze ich.
- In Algier fährt niemand Fahrrad. Ich hatte fast schon damit gerechnet, das Land ohne ein einziges Fahrrad gesichtet zu haben, zu
verlassen. In Blida hingegen habe ich alleine 10 Stück innerhalb weniger Stunden gesehen.
- Ich habe 2 Leute gesehen, die ihre Hunde ausgeführt haben. Allgemein im arabischen Raum ja eher ungewöhnlich
- Ich habe den Muezzin nur 1 Mal gehört.
 

Afreaka

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29.01.2017
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Das neue Terminal in Algier wurde letzten April eröffnet und löst das "alte" Terminal aus dem Jahr 2006 schon wieder ab.

Leider geht der algerische Irrsinn beim Transit weiter. Alle transit-Passagiere werden namentlich aufgerufen und es gibt neue boarding cards für den Weiterflug, danach geht es zur immigration mit ausgefülltem fiche...bevor es dann durch die security wieder zurück zum Abflugbereich geht
 
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schlepper

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31.08.2016
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FRA
Danke für den Bericht, bin gern dabei. Das ist das Problem in solchen Ländern, dass man diese Räuberpistolen nicht glaubt, auch wenn sie wahr sind. In diesem Fall verstehe ich das Verhalten des Taxifahrers aber nicht, er hätte dich doch zur Station fahren können und trotzdem ob der geschlossenen Station auf ein Anschlussgeschäft hoffen können, dann sogar mit einem Vertrauensvorschuss.
 
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Hopper

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29.04.2010
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grounded
Bitte den Hinweis nicht falsch verstehen (hinterher ist man immer schlauer): Wenn dich jemand im Schwitzkasten hat, dann mit beiden Armen und geballten Fäusten nach hinten schlagen, mit hoher Wahrscheinlichkeit triffst du mit mindestens einer Faust den Kopf und dann hast du ein bis zwei Sekunden Vorsprung und kannst in Ruhe die nächste Attacke koordinieren. Im engen Platz des Autos macht dann eine Angriff auf die Augen am meisten Sinn. So etwas wird dann auch immer als Notwehr gesehen.
 
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Afreaka

Erfahrenes Mitglied
29.01.2017
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SCN/AJY
Bei der Taxifahrt war das Problem sicher nicht nur das Drängen auf einen Zusatzabstecher gegen mehr Geld. Die Fahrt über die kurvige N37 in den Wintersportort Chréa (Endstation der Seilbahn) könnte ja auch in einem einsamen Feldweg enden und dann wird ausgeraubt, entführt oder sonstwas. Chréa war im algerischen Bürgerkrieg eine Basis der GIA und alle Einwohner flüchteten vor deren Terror. Der Abbruch war sicher vernünftig, zumal die Berge an dem Tag auch wolkenverhangen waren.
 
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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Der Flug von Algier nach Ouagadougou landete statt kurz nach bereits kurz vor Mitternacht. Immigration war relativ schnell und effizient. Der Flughafen war aber schon weitgehend verwaist. Meinen Fahrer vom Hotel Villa Yiri Suma (ca. 40 Euro / Nacht) war nirgends auszumachen, sodass ich noch auf dem Parkplatz warten musste. Nach ca. 10 Minuten holte er mich mit einem alten Mercedes, bei dem so quasi gar nichts mehr funktionierte, ab.

Noch vor 1 Uhr fiel ich in mein Prinzessinnenbett:





Ich muss der Unterkunft ein absolutes Kompliment machen, was die Bekämpfung von Mücken angeht. Sowohl in den Zimmern als auch im idyllischen Innenhof waren überall elektrische Geräte bzw. Kerzen verteilt, sodass ich keine Mücke auch nur sah.

Am nächsten Morgen führte der erste Weg direkt zum Bahnhof. Die Weiterreise sollte organisiert werden. Ich wollte ein Zugticket für die Strecke Ouagadougou – Bobo Dioulassa (kurz Bobo) am Samstag kaufen.



Den Tag konnte ich jedoch nur in Erfahrung bringen, dass das Ticket bis Bobo in der 1. Klasse 11.000 CFA (etwas mehr als 15 Euro) kosten solle und der Zug um 9 Uhr losfährt. Ich solle um 8 Uhr da sein und könne dann ganz einfach mein Ticket erwerben.

Vor dem Bahnhof gibt es eine Statue, die die ankommenden Reisenden begrüßt:



Anschließend wollte ich mir eine SIM-Karte kaufen. An sich ein simples Begehren, aber vor Ort lief es auf eine Odyssee hinaus. Erstens wusste ich nicht, wo sich der offizielle Orange-Laden befand und zweitens, weil mich eigene locals solange durch die Straßen führten, bis wir vor einer Bretterbude standen, wo mir eine SIM-Karte angeboten wurde – für 5 – 12.000 CFA. Also habe ich das Vorhaben vertagt und entschlossen, die örtliche Kathedrale aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin kam etwas Weihnachtsstimmung auf:





Irgendwann hatte ich mein Ziel erreicht. Die Kathedrale machte nicht allzu viel her:




Da die Mittagszeit angebrochen war, verspürte ich etwas Hunger. Online hatte ich zuvor ein vegetarisches / veganes Restaurant ausgemacht, wo ich einkehren wollte. Ein Motorradfahrer fungierte spontan als Moto-Taxi.



Da es keine Menükarte gab, habe ich einfach gesagt, der Kellner solle mich überraschen. Nach und Nach fanden mehrere Teller den Weg auf meinen Tisch, die ich gar nicht alle aufessen konnte und mir die Reste einpacken ließ:



Das Lokal wurde gut angenommen. Vom Anzugträger bis zum einfachen Mann waren alle Bevölkerungsgruppen vertreten. Die Rechnung belief sich dann für Tofu-Spieße, Spinatbällchen, Reis, Bohnen und Dips für etwas weniger als einen Euro. Absolut zu empfehlen!

Mit dem Sammeltaxi ging es dann zurück zum Grand Marché im Stadtzentrum und von dort zu Fuß zum Hotel.



Irgendwann möchte ich mal am Flughafen einen französisch-sprachigen Landes in ein Taxi steigen und als Ziel nur „Hotel de Ville“ angeben. Leider sie diese meist ziemlich runtergekommen:



Durch Zufall kam ich beim Orange-Geschäft vorbei und versuchte eine SIM-Karte zu kaufen. Meine Wartenummer war die 101 und der Bildschirm zeigte gegen Nachmittag erst eine Nummer in den 50er an. Da ich keine Stunden mehr warten wollte, verließ ich den Laden wieder.



Im Innenhof des Hotels habe ich dann den Abend mit meinen leftovers und ein paar Bier ausklingen lassen.
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
804
1.381
Berlin
@Afreaka: Danke für das Hintergrundwissen!

@Hopper: Bis ich irgendwann mal jemanden körperlich angehen sollte, muss schon einiges passieren. Ich bin da eher defensiv unterwegs ;)
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Der zweite volle Tag begann mit einem Ausflug zum Park Bangr Weogo, nachdem ich in der Nachbarschaft meine Wäsche zur Reinigung gebracht hatte und mit einem Sicherheitsmenschen geschnackt hatte, der für mich ein Taxi gerufen hatte. Den Park hatte ich ausgewählt, da ich gelesen hatte, dass man dort Krokodile in halbwegs freier Wildbahn sehen könne.

Für ca. 2000 CFA ging es bis vor die Tore des Parks im Nordosten der Stadt.


Der Eintritt betrug 100 CFA und der Mann, der mich abkassierte hatte, bestätigte nochmal, dass es dort Krokodile gäbe. Mein Ziel des Tages war also, eines der Viecher zu sehen.



Irgendwann wurde mir etwas mulmig, da ich im Gebüsch Geräusche hörte – und bewaffnete mich mit einem Stock:



Im Nachhinein war das mit Abstand gefährlichste aber, dass ich ohne Frühstück und ohne Speis und Trank mehrere Stunden durch den Park getigert bin. Dieser ist aber durchaus einen Besuch wert:





Nach ca. 20 Minuten erreichte ich zwei Wasserflächen, wo die Chance angeblich am größten sein sollte, die Krokos zu sehen. Und ich hatte Glück. Rechts am Ufer lag ein Tier in der Sonne:



Im angeschlossenen „Restaurant“ noch etwas gegessen:



Dort konnte ich auch eine Premiere feiern: Wasser aus Plastikbeutel trinken. In vielen afrikanischen und asiatischen Ländern wird Wasser oft in diesen kleinen Tüten gereicht, bis jetzt konnte ich diese aber immer umgehen.

An der Straße…



Habe ich mir dann ein shared taxi herangewunken. Diese habe alles den Grand Marché zum Ziel, von wo ich erst wieder zur Reinigung ging, um die Wäsche abzuholen. Im Hotel habe ich dann bei Bier und Serien etwas entspannt. Abends habe ich dann im Innenhof ein deutsches Ehepaar getroffen, das irgendwo im Busch ethnologische Studien betreiben – aus Spaß an der Freude. Was sie berichteten, verwunderte mich nicht: Egal wo sie gewesen wären, es gab überall kaltes Bier! In der Hinsicht ist Burkina Faso wirklich sehr weit vorn - in den Straßen gab es überall kleine Bars, die morgens wie abends gut besucht waren.
 

Karl Langflug

Erfahrenes Mitglied
22.05.2016
3.204
3.022
Als ich bei den netten Burkinabes war, lagen im Zentrum von Ougadadougou rund um die Moschee überall Flüchtlinge rum. Die konnten einem dann auch ziemlich hartnäckig auf dem Fersen bleiben.

Abends kam ich auf die Idee, einem Einheimischen und seiner Kollegin ein Bier zu bezahlen. Das war keine gute Idee, plötzlich wimmelte es von Kollegen vom Kollegen und die Kollegin wollte plötzlich eine "simple Relationship" doch niemand erklärte mir genau, was das nun genau heissen sollte. :p

Jeder wollte mir nun etwas andrehen. Ich muss aber fairerweise sagen, dass sie alle sehr sehr nett waren, da war keine Aggressivität, sie waren auch nicht sehr hartnäckig, ich fühlte mich auch nicht unwohl. Die Bierflasche wurde rumgereicht, aber ich wurde um kein weiteres Bier gebeten. Es waren sehr nette Menschen.

Spannende Reise!
 
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