Kurztrip nach Jeddah

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flo.e

Erfahrenes Mitglied
10.06.2009
510
18
ZRH
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Das Königreich Saudi-Arabien (KSA) war lange Zeit für Touristen schwierig zu besuchen. Ohne eine geschäftliche Einladung oder aus religiösen Gründen hatten man praktisch keine Chance, das Land zu betreten. Nach einer kurzen Ausnahmeregelung für eine Formula-E Veranstaltung vor etwa 1,5 Jahren öffnete sich KSA schließlich mit einem großen Knall im 3. Quartal 2019 für Touristen. Unzählige Social-Media-Leute wurden eingeflogen, um mit glänzenden Fotos für das Land zu werben.

Nicht beeindruckt von den sozialen Medien, sondern eher von der Neugier auf ein Land, das nicht nur nicht vom Tourismus abhängig ist, sondern ihn aktiv verhindert hat, habe ich die Gelegenheit zu einem Besuch ergriffen. KSA ist ein Land, das im Ausland nicht unbedingt einen guten Ruf genießt. Der größte Teil der öffentlichen Wahrnehmung (zumindest in Europa) wird von Themen wie Menschenrechtsfragen, der Abhängigkeit vom Öl, der Ungleichheit der Geschlechter und der militärischen Intervention in der Region bestimmt. Während die Saudis frei ins Ausland reisen können, ist die Interaktion in Europa selten und im Allgemeinen von Skepsis geprägt.

Die Beantragung eines Visums war sehr unkompliziert. Online-Antrag ausfüllen, Gebühr bezahlen und schon kann es losgehen. Die einzige Herausforderung bestand darin, dass das erforderliche Foto 200 x 200 Pixel groß sein musste. Nicht 198 x 202 Pixel. Ich wurde innerhalb einer Stunde genehmigt. Der Check-in-Agent schien vorher nicht viele Touristenvisa gesehen zu haben, aber nach ein bisschen Tippen durfte ich an Bord gehen.

Ich hatte Saudia MUC-JED gebucht. Für einen fairen Betrag via PlusGrade noch ein C Upgrade gezogen. Die C lohnt sich auf dem 5h Flug selbst im A320 da Saudia (nur 111 Plätze!) Lie-Flat installiert hat.

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"Signature Drink" Bellini with fresh apricot juice and sparkling water ist einfach ein San Pellegrino Zuckergesöff

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Ich kam im glänzenden neuen Terminal 1 in Jeddah an. Der Flughafen öffnet phasenweise und ist wirklich schön. Ich fand es interessant, dass ausnahmslos alle Einwanderungsbeamten weiblich waren. Es wurden keine Fragen gestellt, und ich wurde in das Land gestempelt, begleitet von einem freundlichen "Welcome to Saudi".


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Das neue Terminal 1; sehr beeindruckend und wie Tag und Nacht zum alten North Terminal.







Jeddah ist das Handelszentrum der KSA und die zweitgrößte Stadt mit rund vier Millionen Einwohnern. Aufgrund ihrer Lage am Roten Meer und der Nähe zur heiligen Stadt Mekka kann sie auf eine jahrhundertelange Geschichte mit Händlern und Pilgern zurückblicken. Sie gilt als eine der aufgeschlosseneren Städte des Königreichs.


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Internationales Fast Food ist überall in Jeddah

Was ich bei der Suche nach einer Unterkunft schnell gelernt habe, war, wie riesig die Stadt ist. Zumindest für meine Verhältnisse konnte ich kein "Stadtzentrum" erkennen (abgesehen vom historischen Stadtzentrum). Und mich am öffentlichen Verkehrsnetz zu orientieren, kam nicht in Frage, weil... es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Die Stadt mit vier Millionen Einwohnern scheint insgesamt neun Buslinien zu haben. Also ja, man braucht ein Auto oder man verlässt sich auf Ride-Hailing-Apps (was ich getan habe).


Aufgrund der Lage von Jeddah am Roten Meer verfügt die Stadt über eine weitläufige Strandstraße. Sowohl morgens als auch abends fahren die Einheimischen gerne mit dem Fahrrad, gehen zu Fuß oder hängen in den unzähligen Cafés oder Restaurants herum. Ich hatte auch den Eindruck, dass man in dieser Gegend sein Auto oder Motorrad sehen oder gesehen werden und zeigen kann. Insgesamt würde ich sagen, dass etwa jedes fünfte Auto von einer Frau gefahren wurde. Die Stadt hat bei der Entwicklung dieses Stadtteils gute Arbeit geleistet.

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Jeddah Waterfront

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Der Höhepunkt von Jeddah aus touristischer Sicht ist höchstwahrscheinlich "Al-Balad" ("die Stadt"), das historische Zentrum der Stadt. Al-Balad wurde 2014 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und war nach dem Beginn des Ölbooms etwas verlassen und vernachlässigt worden. Die Saudis zogen in andere Stadtteile mit breiteren Straßen für größere Autos. Langsam werden die verfallenen Häuser renoviert und als Touristenattraktion hergerichtet.

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Baab Makkah; Stadttor Richtung Mekkah.


Das ziellose Schlendern durch die Gassen ist faszinierend und erinnert an eine völlig andere Zeit als die heutige ölgetriebene saudische Wirtschaft.

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Tatsächlich ist Al-Balad so pittoresk, dass es bereits einen großen Teil der Mitarbeiter von Instagram angezogen hat. Mit "fairer Anteil" meine ich, dass ich drei europäische Damen getroffen habe, die ausgiebig für das "Gram" posierten.


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Al-Ma'amar-Moschee
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Ich fuhr in Richtung Sharafiyah, Jeddahs Kleinindien, weiter. In einem pakistanischen Restaurant bekam ich zwar hervorragendes Chicken Biryani, aber ansonsten war die Gegend nicht allzu aufregend. Vielleicht war ich einfach zur falschen Zeit dort.

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Sharafiyah, Jeddahs Klein-Indien

Obwohl es ein sehr kurzer Aufenthalt im Königreich war, war es interessant, einen Eindruck aus erster Hand zu bekommen. Ich habe die saudische Bevölkerung als sehr freundlich kennen gelernt. Im Gegensatz zu meinen Erfahrungen in anderen Golfstaaten waren alle Taxifahrer Einheimische. Alle erkundigten sich nach meiner Herkunft und hießen mich in ihrem Land willkommen.

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Westliche Marken in einem der unzähligen Einkaufszentren
Aber das Land ist noch weit davon entfernt, ein touristischer Hotspot zu werden, zumindest

Das Departure Board gab einige exotische Destinationen her:
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Mit Turkish Airlines ging es dann via IST wieder zurück.

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Viele Widebodies auf dem Tarmac.
 
Zuletzt bearbeitet:

hollaho

Erfahrenes Mitglied
22.10.2016
1.079
625
Nach einer kurzen Ausnahmeregelung für eine Formula-E Veranstaltung vor etwa 1,5 Jahren öffnete sich KSA schließlich mit einem großen Knall im 3. Quartal 2019 für Touristen. Unzählige Social-Media-Leute wurden eingeflogen, um mit glänzenden Fotos für das Land zu werben.

Immer interessant solche Berichte. Danke.

Kurz vor dem Termin hatte ich da mal mit einem Kollegen drüber gesprochen, der aus beruflichen Gründen schon seit Jahren regelmäßig (also nicht Jeddah, sondern zu den Firmenkunden sonst wo in Saudiarabien) immer so einige Tage hin muß. Und meinte auch, daß er da ja einen exklusiven Zugang mit mehrjährigen Businessvisum hat.

Seine Version über das Land war deutlich nüchterner. Er reist da immer so schnell wie möglich ab, wenn der Job erledigt ist, weil es in dem Land praktisch keine touristische Infrastruktur hat und es auch wenig interessante Dinge generell da gibt. Ich geb es wieder, wie ich es gehört habe: "Da gibts auch sonst nix Interessantes, ohne den Auftrag würde ich da nicht reisen.". Off-the-beaten-track finde ich grundsätzlich schon interessant, deshalb hatte ich gefragt. Aber mit der touristischen Erschließung, das kann wohl noch was dauern, bis das ein Touristenmagnet wird...
 

Reyhan

Erfahrenes Mitglied
30.09.2017
597
557
FMO
...mein + 1 muss recht wahrscheinlich dieses Jahr dort hin. Nicht nach Jeddah, sondern " den Ort wissen wir noch nicht genau".Da er keinen deutschen Pass hat, ist es für uns immer wieder interessant zu lesen wie sich der Ablauf im Hinblick auf das jeweilige Visum darstellt.

Danke dafür, aber auch für die Einblicke.
 

airhansa123

Erfahrenes Mitglied
03.11.2012
4.143
12
Die Beantragung eines Visums war sehr unkompliziert. Online-Antrag ausfüllen, Gebühr bezahlen und schon kann es losgehen. Die einzige Herausforderung bestand darin, dass das erforderliche Foto 200 x 200 Pixel groß sein musste. Nicht 198 x 202 Pixel. Ich

Wo bekommt man denn 200x200 Pixel Fotos oder wie mit welchen Tool erstellt man die aus bestehenden Fotos ?
 

bair

Neues Mitglied
03.12.2017
10
0
CGN/DTM/DUS
Das mit dem Foto kann so geloest werden:
Programm: Paint.NET
neue Vorlage
200x200 Pixel auswaehlen
Bild rein kopieren
zurechtziehen bis das Gesicht mittig ist
speichern
 

210597

Erfahrenes Mitglied
11.10.2017
417
277
Mich verschlägt es kommende Woche der Arbeit halber nach Jeddah...

Der Bericht oben ist ja zur Orientierung schon mal wunderbar. Sonst irgendwelche interessanten Tipps, was man gesehen haben sollte?
 
  • Wow
Reaktionen: globetrotter11

flo.e

Erfahrenes Mitglied
10.06.2009
510
18
ZRH
Hat sich sicher einiges wieder getan in den letzten 2.5 Jahren seit ich dort war. Ausser dem historischen Stadtzentrum und der Waterfront, gab es für mein Interessensgebiet sonst nichts offensichtliches. Viel Spass.
 

UniformSierra1

Aktives Mitglied
06.02.2022
242
2.263
HAM
Interessant, off the beaten track ist immer besonders reizvoll!
Ist gleich weiter nach oben gerutscht auf der Liste. :cool:
 

210597

Erfahrenes Mitglied
11.10.2017
417
277
Wir waren untergebracht im Sheraton. Nicht das Luxuriöseste, aber gut für Bonvoy-Punkte.

Ich habe mich am Ende ein wenig rund um die Altstadt Al-Balad rumgetrieben sowie auf der Corniche, für größere Ausflüge war keine Zeit. Altstadt - kann man machen, gibt ein paar nette kleinere Läden, streunende Katzen sollte man mögen. Ich war am Souq unterwegs, am Baab Makkah (dunkel, gruselig angeleuchtet, x tausend streunende Katzen), Nassif House (hatte zu), und dann an einer kleinen (7 stöckigen) Mall die eher für Locals war, wo ich aber noch Raumduft von Arabian Oud als Souvenir mitgenommen habe (Al Mahmal Center, meine ich). Google Maps und Kreditkarten funktionieren, Careem für Autos funktioniert besser als Uber. Man kann sich auf lange Fahrten zwischen Stadtteilen und auf hart ballernde Klimaanlagen einstellen.

Das Leben spielte sich (Juni) nachts ab. Es ist also nix dabei, wenn Eltern um 23:00 mit ihren Kindern nochmal einen Baskin Robbins holen gehen oder die Leute um 23:30 gemeinsam Eiskaffee holen gehen. Essen gibt es fast alles was international existiert und ungesund ist, insbesondere an der Corniche. Alkohol habe ich keinen gesehen und keinen gesucht, alkoholfreies Bier gibt es im Supermarkt für teures Geld.

Al-Baik-Chicken habe ich noch am Flughafen probiert, hat mich aber nicht umgehauen.

Postkarten konnte ich keine erwerben und keine Ahnung, ob's das dort überhaupt gibt. Dafür immerhin einer Kollegin einen Starbucks-Becher mit "Kingdom of Saudi Arabia" vom Flughafen mitgebracht für ihre Sammlung.
 

global2011

Erfahrenes Mitglied
04.06.2011
1.443
895
Da gibts auch sonst nix Interessantes, ohne den Auftrag würde ich da nicht reisen.". Off-the-beaten-track finde ich grundsätzlich schon interessant, deshalb hatte ich gefragt. Aber mit der touristischen Erschließung, das kann wohl noch was dauern, bis das ein Touristenmagnet wird...

Ich selbst war von Mitte Februar bis Anfang März 2020 (also just bevor Covid für Lockdowns und Grenzschließungen sorgte) auf eigene Faust in Saudi-Arabien unterwegs und war damals an den besuchten Orten ostmals der einzig westliche Tourist - manchmal sogar überhaupt der einzige Tourist weit und breit :D

Dass es in Saudi-Arabien "nichts" Interessantes zu sehen gibt, möchte ich mal mit den folgenden Impressionen, die meinen damaligen Reiseverlauf zeigen, zu widerlegen versuchen:

Das futuristische King Abdulaziz Center for World Culture in Damman:

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Von dort aus fuhr ich mit dem Zug...

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...nach Hofuf...

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...und schließlich weiter in die Hauptstadt Riad (hier zu sehen der nächtlich beleuchtete Murabba-Palast):

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Ein Ausflug zum Edge of the World durfte natürlich nicht fehlen:

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Durchdas restliche Land schlug ich mich überwiegend mit den öffentlichen SAPTCO-Bussen, war erstaunlich gut funktionierte (Tickets sind online buchbar) und sich recht komfortabel gestaltete. Sightseeing-Stopps legte ich unter anderem ein in Uschaiqir (Heritage Village)...

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...Ha`il (Airif Fort)...

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...Sakaka (Zaabal-Fort)...

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...und Dumah Al Jandal (Qasr Marid-Festung):

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Ein Highlight ist definitiv Al-Ula:

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Eines der Felsengräber von Hegra:

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Der Elephant Rock:

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Zerklüftete Gebirgslandschaft aus einer Beechcraft Model 18:

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Die Altstadt Al-Dirah:

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Die Dancing Rocks:

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Nach einem Kurzbesuch in Medina ging's mit Highspeed weiter nach Jeddah...

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...und von dort aus per Bus nach Taif (Albogari-Palast - mit einer kleinen Reminiszenz an die deutsche Heimat):

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Ja, auch das ist Saudi-Arabien. Über diese Pass-Straße...

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...erreichte ich Dhee Ayn:

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Von der im Südwesten des Landes gelegenen Stadt Abha erreichte ich das Rijal Alma Traditional Village...

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...und unternahm einen Tagesausflug zu den Lehmhäuser von Najran:

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Wie man sieht: es mangelt nicht an Fotomotiven. Und abgesehen von Al-Ula (und dem kleinen Städtchen Tayma) war auch die touristische Infrastruktur zumindest brauchbar. Soll heißen: Hotels konnten vorab online gebucht werden und mittels Careem-App war in aller Regel auch schnell ein Fahrer organisiert.
 

210597

Erfahrenes Mitglied
11.10.2017
417
277
Das mit dem alten deutschen Reisebus kommt mir bekannt vor! Am Flughafen in Riad stand beim Warten auf den Shuttle zwischen Terminals plötzlich ein Bus der Firma Hübbe Reisen aus dem Odenwald vor mir. Die Firma gibt's immer noch, den Bus laut deren Buchhaltung wahrscheinlich nicht mehr :)
 
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YankeeZulu1

Erfahrenes Mitglied
09.07.2020
505
318
@flo.e DANKE fürdie tollen Fotos; SO hätte ich das nicht vermutet. Die Fotots sind mir besonders wichtig, da ichwohl dort nicht hinreisen werde.
@210597 Deutsche Busse in weiter Ferne sind nicht selten; die werden bei uns ausgemustert, ver-(gekauft, und on the road überführt; auch zB in den Emiraten habe ich schon solche gesichtet.
 

schlepper

Erfahrenes Mitglied
31.08.2016
3.474
2.839
FRA
Wie man sieht: es mangelt nicht an Fotomotiven. Und abgesehen von Al-Ula (und dem kleinen Städtchen Tayma) war auch die touristische Infrastruktur zumindest brauchbar. Soll heißen: Hotels konnten vorab online gebucht werden und mittels Careem-App war in aller Regel auch schnell ein Fahrer organisiert.
Danke, auch für die Bilder.