Auf dem Amazonas Tabatinga-Manaus
5-6 Tage soll das Schiff unterwegs sein. So genau weiss man das nicht, es hängt vom Wasserstand ab und ob man dazwischen noch einen Hafen anläuft. Mir schien es, als ob die Unterwegshalte je nach Bedürfnis angefahren werden. Ich war schon mehrfach auf dem Amazonas per Schiff unterwegs. Es gehört einfach dazu - manchmnal hat man auch keine andere Wahl.
Es gibt kleine, mittlere und grosse Schiffe, die am Wochenende unterwegs sind. Es gibt wenige Kabinen und Hängemattenplätze. Wobei je nach Schiff die Kabinen heiss und stickig sein können. Zumindest, als ich unterwegs war. Es gibt Duschen, eine Bar und drei Mahlzeiten täglich. Ich war jeweils auf kleinen Schiffen, grosse Unterschiede zwischen ihnen konnte ich nicht erkennen.
Die Fahrt ist tendenziell ereignisarm. Nur auf dem Abschnitt Tabatinga-San Antonio do Ica sieht man die Ufer und hin und wieder Tiere, vor allem Flussdelphine. Danach ist er breiter als der Bodensee. Spannend sind die Regenbänke. Man sieht sie von weitem. Sie scheinen starr über dem Fluss zu liegen. Man fährt hinein, geniesst die Abkühlung und ist zwei Minuten später wieder draussen. Übrigens: Moskitos gibt es an Bord nicht, nicht einmal am Ufer begegnete ich einem.
Ein Schiff hat jeweils mehrere Stockwerke, mindestens drei. Wer oben keinen Platz mehr findet, schläft im Frachtraum. Das will eigentlich niemand. Darum spannen sie ihre Hängematten übereinander. Über mir liegen seit
Sao Paulo do Olivenca zwei weitere Menschen. Das Leben an Bord, also Leben gibt es kaum. Die Leute liegen in ihren Hängematten. Aufgestanden wird morgens um 6 Uhr. Da putzt man sich und frühstückt. Dann legt man sich wieder hin. Bewegung kommt um 12 Uhr auf, denn jeder will mit der ersten Gruppe essen, warum auch immer. Dann legt man sich bis 18 Uhr wieder hin. Jetzt gibt es das Abendessen und dann geht man schlafen. Das Essen ist nichts für Feinschmecker, es gibt immer Reis mit Bohnen und ein Stück Fleisch. Wasser gibt es eiskalt, soviel man will. Auch komfortverwöhnte werden hier leiden. Alles ist rudimentär. Sauberkeitsfanatiker sind hier auch fehl am Platz. Zumindest haben andere Reisende das so empfunden. Ich fand es jeweils sauber genug, das Essen war gut genug, und die Hängematte ist an Komfort kaum zu übertreffen und einer Kabine vorzuziehen.
Ich bin ein Mensch, der sich bewegen und entdecken will und habe ziemlich gelitten. So eine Schiffahrt ist grausam und fantastisch, Folter und Delikatesse und sie war lang.
Die ersten Tage verbrachte ich immer mit rumtigern, bis ich wieder in der Bar landete. Dort hatte es immer wieder Reisende für einen Schwatz. Rückgeld hat die Crew nie. Es wird angeschrieben und am Schluss geht alles auf. Hin und wieder starten sie ein Beiboot um Bier zu holen. Und immer kommen sie mit lediglich ein paar Büchsen zurück und ich fragte mich, warum sie nicht einfach mal ne rechte Ladung holen. Die Crew arbeitet auf eigene Rechnung. Gut vorstellbar, dass in den Dörfern das Bier teurer ist als in den grösseren Städten. Morgens um 6 Uhr bleib ich liegen und lasse das Frühstück aus. Gegen neun stehe ich auf, wasche mich und drehe meine Runden, geniesse die Landschaft. Dann geht es zum Mittagessen, dann tigere ich rum und komm einfach nicht damit klar, dass es hier nichts zu tun gibt und gehe lesen. Nach dem Abendessen bleibe ich bis Mitternacht in der Bar, denn dann macht sie zu. Ich würde gerne die Nacht hier oben geniessen, aber das ist aus Sicherheitsgründen verboten.
Flussabwärts dauert die Fahrt 5-6 Tage, flussaufwärts noch ein paar Tage mehr und somit ist die Fahrt teurer. Die Cleveren nehmen für den Rückweg das Flugzeug, weil es dann billiger kommt.
In Tabatinga wird das Boot um 12 Uhr freigegeben, um 14 Uhr geht es los. Es ist von Vorteil, früh dazu sein, vor allem, wenn man keine Übung mit Hängemattenaufhängen hat. Dazu braucht man Seile, die man an die Stangen bindet. Ich sehe gerade zu, wie sie mit einem Kran einen grossen Schrank ins Schiff bugsieren, der dabei ziemlich malträdiert wird, was keinen zu stören scheint, als die Drogenpolizei kommt. Alles wird ausgepackt, jedes Pulver geprüft. Wir fahren ab, wenn die fertig sind, es wurde 16 Uhr. Der nächste Halt, Sao Paulo de Olivenca. Die Drogenpolizei kommt und nimmt mich gleich ins Visier. Ich darf wieder alles auspacken. Man ist der unfreundlich. Dann sieht er im Pass den Ausreisestempel und meint, ich sei ja schon in Tabatinga kontrolliert worden. Wie hätte ich sonst auf das Schiff gekonnt? Als ich alles wieder eingepackt habe, kommt ein anderer, das gleiche Spielchen, der gleiche Spruch.
Der letzte Halt vor Manaus ist
Santo Antonio do Ica. Hier schwimmen im Hafen Flussdelfine rum und alles versorgt sich mit frischen Früchten, vor allem riesigen Wassermelonen. An Bord muss man sich vor Dieben in Acht nehmen. Vorallem in den Häfen. Da kommen Leute an Bord, sapzieren rum und gehen wieder, Die tun das wohl kaum aus Vergnügen. Jetzt geht es ohne Halt bis Manaus und es zieht und zieht sich. Die Leute sind unzufrieden mit dem Boot, es sei viel zu langsam unterwegs.
Apropos Leute. Sie sind schüchtern und herzig. So recht getrauen sie sich nicht, mit mir zu sprechen, aber jeder meiner Schritte wird neugierig kommentiert. Schau, jetzt liest er ein Buch! Er geht in die Bar! Es gibt übrigens nur wenig, was die Brasilianer lieber tun, als mit einem Touristen zu plaudern, wie mir mehrfach bestätigt wurde. Meistens haben sie dann aber nach einem Hallo und woher kommst du genug.
Die Amazonasbewohner sind ausgesprochen nette Menschen und wer hier reist - eine Schiffahrt gehört einfach dazu.