Rückblick: Städte der Amazonasregion

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Karl Langflug

Erfahrenes Mitglied
22.05.2016
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Ich wage es, die "Ruhephase Corona" zu nutzen. Um ein paar Städte in der Region Amazonas vorzustellen. Es sind Ecken, in die ein "normaler" Tourist wohl kaum aufsuchen würde, darum glaube ich, lohnt sich ein Bericht. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren viele Ecken in dieser Region abgeklappert und mehrfach besucht. Ich habe für diesen Bericht Orte ausgewählt, die in denen ich mich in den letzten 5-7 Jahren aufgehalten habe.

In stelle folgende Orte vor: Guajara-Mirim/ Guayamerin - Porto Velho - Rio Branco - Puerto Maldonado - Iquitos - Tabatinga/Leticia - Santarem/Alter do Chao - Macapa - Oyapoque.

Wie muss man sich diese Orte vorstellen? Es ist natürlich heiss und sehr feucht. Ein Klima, das mir ziemlich behagt, andere aber kaum aushalten. Diese Orte sind zumeist wenig schön, rote Erde beherrscht das Bild. Man darf sich sich die Region auch nicht als flaches Waldgebiet vorstellen. Vom Fluss zur Stadt kann es ziemlich hügelig werden. Das Leben ist an allen Orten gleich. Das Wetter bestimmt den Gang der Dinge. Die Menschen versuchen sich vor der Hitze oder Regen zu schützen, am Abend geniesst man die Abkühlung. Ausser Sonntags, da feiert jeweils die ganze Stadt.

Ich hoffe, dass ich damit einen interessanten Einblick in unbekanntere Gefilde anbieten kann.
 

Karl Langflug

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22.05.2016
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Guayaramerin - Guajara-Mirim


Mit der Fluggesellschaft Ecojet gings von Santa Cruz de la Sierra nach Guyararamerin, einer Kleinstadt am Rio Beni. Zum meiner Überraschung landeten wir nicht mitten in der Stadt, offenbar wird der Stadtflughafen nicht mehr angeflogen. So landen wir irgendwo im Grünen. Flughafen kann man das nicht nennen, es ist eine Piste mit einem Hag drumherum. Es hat zwar noch ein Gebäude, aber das nützt nicht viel, denn das Dach fehlt. Links auf dem Foto sehen wir die Passagiere, die zusteigen.





Das Flugzeug hat schon lange wieder abgehoben, doch die Gepäckstücke werden immer noch, ja wie soll ich das nennen, in die richtige Position gebracht. Denn der Gepäckausladevorgang ist für uns durchorganisierte Europäer kaum mitanzusehen. Aber auch hier funktioniert eigentlich alles immer vorzüglich, einfach auf die südamerikanische Art.

Drei Handwagen wurden gefüllt und zur Wiese gebracht. Manchmal wird ein Koffer vom Handwagen auf die Wiese gestellt. Dann stellt man ihn etwas mehr nach links. Später wieder mehr nach rechts, während ein anderer Angestellter das gleiche mit dem nächsten Koffer macht. Dazwischen laufen sie zu den wartenden Passagieren, nehmen Gepäcketiketten entgegen und suchen die entsprechenden Koffer. Geben sie aber nicht heraus, sondern stellen sie ein paar Meter nach links oder eben nach rechts.

Plötzlich unterbrechen die Arbeiter das Abladen beginnen, die Koffer über den Zaun zu hieven und den Passagieren zu übergeben. Die wartenden Passagiere sind total diszipliniert und es geht sehr gesittet zu und erstaunlich schnell vonstatten. Ich will mir das Chaos gar nicht vorstellen, wenn das ein Flughafen in Europa wäre und jeder versucht, seinen Koffer als erster zu kriegen.



Es ist Regensaison. Was tun die, wenn gerade ein Tropenregen über den Flughafen fegt? Aber auch dafür werden die Bolivianer eine Lösung haben.


Guayaramerin macht einen ordentlichen Eindruck, mit klassischen Plazas und wirkt ganz nett und durchaus lebendig. Auch sehe ich nette Restaurants, was eigentlich nicht erwähnenswert sein sollte. Aber eben. Ich will gleich weiter nach Brasilien.




Guajara-Mirim ist der Ausgangspunkt (gewesen) der Eisenbahn Rio Madeira - Rio Marmoré nach Porto Velho. Sie hätte gemäss Vertrag bis nach Riberalta weitergehen sollen, ich glaube als Kompensation, dass Brasilien den Bolivianern Acre weggenommen hatte. Weiter als Guajara-Mirim ging es aber nie.

Was gibt es sonst zu sagen? Die dicke Chefin meiner Herberge guckt mich jeweils ausserordentlich böse an und sagt kaum ein Wort, Grüssen tut sie eh nicht. Guajara-Mirim ist ein Nest. Also so ein richtiges Nest. Wie viele Städte hier, ist das Zentrum eine langgezogene Strasse. Nach 15 Uhr sind alle Restaurants zu, wie ich feststellen musste. Schliesslich finde ich doch noch einen einfachen Schuppen, mit ein paar Gästen, geniesse ein Bier und amüsiere mich erstaunlich gut. Gegen 21 Uhr macht doch noch ein Restaurant auf.

Diese hier guggt böse. Als ich zum Hotel zurückkehre sitzt sie vor dem Hotel und glotzt grimmig, wie wenn ich ihr ein Stück Kuchen weggefressen hätte. Meinen Gruss erwidert sie nicht.









 
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Karl Langflug

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22.05.2016
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Porto Velho

Porto Velho hat den Ruf einer "Wild-West-Town". Ich habe davon nichts mitbekommen. Es geht geschäftig zu, es ist sehr heiss. Zu sehen gibt es nicht viel, was die lange Anreise rechtfertigen würde - ausser man liebt die Eisenbahn. Am Bahnhof herrscht noch ein richtiges Treiben. Man kann auf einer Draisine oder in einem lustigen Gefährt ein paar Runden drehen.

Als ich das erste Mal hier war, da flanierte abends alles am Rio Madeira entlang. Man hatte vom Bahnhof aus einen wunderbaren Blick auf den Fluss, es war wunderschön. Aber dann kam ein übles Hochwasser, das den ganzen Bahnhof meterhoch unter Wasser setzte. Jetzt ist die Sicht von Wellblechwänden versperrt und niemand flaniert mehr. Dafür wurde jetzt ein Depot fertig restauriert.

Jeweils um 16 Uhr öffnet die Bar, sie ist auf einem Floss im Rio Madeira. Gar nicht mehr so leicht zu finden, jetzt, wo das Wellblech die Sicht versperrt. Das ist mein Lieblingsplatz. Da sitzen, dem Treiben auf dem Fluss zuschauen. Hin und wieder kommt eine Gruppe von Flussdelphinen vorbei. Fantastisch. Ich bin jeweils der erste der kommt und der letzte, der geht. Mir gefällt es hier einfach. Erklären kann man das nicht.

Etwas ausserhalb hat es einen Lokomotiven-Friedhof. Es lohnt sich, der Strasse entlang zu gehen und nicht den Bahngleisen. Denn die Gleise sind das Revier der Strassenköter und mit denen scheint nicht zu spassen zu sein. Mir kamen aber sofort Einheimische zu Hilfe, während ich dann doch lieber umkehrte und die Strasse nahm. Es ist ein netter Flecken, es gibt wenig zu sehen, mir gefällt es hier.

1. Besuch:













dsc00276z5jr1.jpg


2. Besuch:










 
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Karl Langflug

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22.05.2016
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Rio Branco

Ich bin damals 2017 oder 2018 mit dem Bus von Porto Velho nach Rio Branco gefahren. Wir stoppten zuerst in Jaci-Parana. An der Strasse gab es eine ganze Menge Läden, die sich auf Reparaturen von Fahrzeugen spezialisiert haben. Und irgendwie ist die Strasse der Ort. Viel mehr gab es nicht zu sehen. Er wirkte aber noch recht lebhaft. Rote Erde prägte das Bild.

Was mich immer wieder in diesen gesichtslosen Orten überrascht, dass sie im Umland wahre Perlen besitzen, oft in Form eines Wasserfalls oder Flussbad, schöne Landschaften. Ich plante darum eine Übernachtung in Abuna, ich habe gelesen, dass es dort noch Überbleibsel der ehemaligen Eisenbahn gab und fragte mich, ob die dort eine Spitzkehre machen mussten. Das wollte ich vor Ort abklären, zudem sah ich im Internet ein schönes Flussbad. Schliesslich brauste ich durch, nachdem man mir erklärt hatte, dass es dort kaum Unterkünfte gibt. Der Ort war auch überraschend klein und absolut nichts los. Die Hütten wirkten baufällig, der Weiler wenig einladend. Wer hier von Urwald träumt, tja, dann träum weiter. Dafür - es ist Hochwasserzeit - ist rundherum alles überflutet und man fragt sich, wie es die Strasse schafft, über Wasser zu bleiben.

Dann erreichen wir den Bundesstaat Acre. Hier sieht alles wilder, wenig bevölkert und einfacher aus. Auch ist hier wieder richtig Wald. Und ich glaube, endlich den wilden Westen gefunden zu haben. Tja, da darf mich wahrlich als ausgesprochen naiv betiteln, wie ich später entsetzt feststellen muss.

Rio Branco ist irgendwie viel gemütlicher wie Porto Velho, auch wenn es hier nicht allzu viel zu sehen gibt und der Rio Acre im Vergleich zum Rio Madeira ein Rinnsal ist. Rio Branco ist grüner und gleich hinter dem Zentrum beginnen die Wälder. Am Flussufer hat es ein paar schöne Häuserzeilen und gemütliche Kneipen. Das war es dann aber auch, wenn man den für brasilianische Städte üblichen Palacio dazuzählt. Am Abend wird am Rio Acre herausgestuhlt und die zahlreichen Kneipen sind gut gefüllt. Ich finde es sehr nett hier. Die Menschen wissen, was in der Welt geschieht, es hat Hochschulen und ein Museum oder Theater oder Theatermuseum, so genau habe ich das nicht kapiert und derzeit heisst das Thema Holocaust. Rio Branco ist definitiv kein isoliertes Kaff, sondern eine recht moderne, aufgeschlossene Stadt.

Rio Branco ist aber auch seltsam. Denn im Zentrum gibt es ausschliesslich Kleider- oder Krämerläden. Keinen einzigen Supermarkt. Für eine Flasche Wasser gehe ich ins Restaurant. Abends soll es hier richtig cool sein. Aber nicht im Zentrum. Abgesehen von den Kneipen am Rio Acre ist alles zu. Wie so oft im Amazonas-Gebiet wird ausserhalb der Stadt gefeiert, auf einer Fazenda, einem Restaurant im Grünen, in der Disko im Aussenquartier. Wer nicht weiss, wo, denkt, dass hier absolut nichts los ist.












 
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Karl Langflug

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22.05.2016
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Puerto Maldonado

Früh geht es los Richtung Assis Brasil, der Grenze. Fast alle Busse ab Rio Branco fahren früh am Morgen oder spät am Abend. Der Busbahnhof ist modern, voller Läden, da ist aber am Morgen, wenn alle Busse fahren, nichts offen. Also gar nichts. Man kommt weder an Wasser noch an sonst was.

Die Strecke ist total öde. Und ich stehe ziemlich unter Schock. Soweit das Auge reicht: Gras, Gras, Gras. Da steht kein Baum mehr. Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet hier, fernab der Zivilisation, derart kräftig abgeholzt wurde. Man fragt sich, warum man für die paar Rinder, Pferde, Geissen oder was da sonst noch für Viecher zu sehen sind, eine derart riesige Fläche roden musste. Und bei dieser Hitze braucht es doch Schatten.

In Brasiliea gibt es eine Pause. Im Busbahnhof gibt es einen kleinen Kiosk. Das war es dann auch. Also ab den Ort erkundigen. Man ist der unspannend. Es gibt nichts zu sehen. Schon wieder so ein Nest. Ich dachte, ein grösseres Nest als Guajara-Mirim kann man gar nicht finden. Falsch gedacht.

Je weiter man sich von Brasilea entfernt, desto mehr Wald ist sichtbar, was nicht viel heissen soll. Kurz vor Assis Brasil hält der Bus am Grenzposten. Die Zeiten, in denen man durch einen Fluss waten musste, sind vorbei. Jetzt gibt es eine Brücke, über die ich nach Peru laufe. In Peru ist es landschaftlich viel schöner. Die Nutztiere grasen unter den Bäumen, man hat darauf verzichtet, wegen den paar Rindviechern gleich den ganzen Wald zu roden.

Puerto Maldonado sieht aus, wie eine Stadt im Amazonas-Becken aussieht. Die Häuser sehen aus wie überall im Amazonas, ein oder zwei Stockwerke aus Beton, Wellblechdach, Strassen gehen von Ost nach West, von Nord nach Süd, ohne auch nur die geringste Kurve. Auch hier prägt die rote Erde und die grüne Vegetation das Bild.

Motorräder und Mototaxis (eine Art Rikscha) sind allgegenwärtig. Der Rio Madre dos Dios, der im Westen auf die Stadt trifft, dann eine grosse Schlaufe macht, um sich im Osten der Stadt mit dem Rio Tamboaca zu vereinen, wirkt mächtig. Eine neue Brücke verbindet nun die Ufer, deshalb verkehrt die einfache Fähre nicht mehr. Der einstige Fährhafen ist verweist. Ein paar Bootsbetreiber hoffen auf Touristen, die sich für eine rund einstündige Bootsfahrt begeistern lassen. Wie überall in dieser Region schlurft das Personal so langsam auf einen zu, dass man aufpassen muss, dass man beim zusehen nicht wegnickt.

Rund um den Plaza hat es doch erstaunlich viele Kneipen, es flanieren auch viele Menschen, es ist was los. Aber viele Kneipen bleiben leer. Es ist das Land der Machos. Ich mit meinem höflichen "Bier bitte" habe ich Mühe zu erreichen, dass sie mich überhaupt wahrnehmen. Hier schreit man durch die ganze Kneipe "Bier!", worauf die Kellnerin gemächlich mit dem Bier draufloschlarpt.










 
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Karl Langflug

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Iquitos

In Iquitos habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Mein Weg hat mich immer wieder über Iquitos geführt. Bei meinem ersten Aufenthalt vor rund 20 Jahren (wie die Zeit vergeht), war es eine ziemlich isolierte Stadt mit wenigen und teuren Flugverbindungen und wenigen und langsamen Schiffsverkehr, wenn wir mal das Schnellschiff nach St. Rosa/Leticia/Tabatinga weglassen. Damals gab es hier kaum Touristen, dementsprechend gross war die Neugier der Einheimischen und die Beliebtheit bei den wirklich schönen und lieben Mädchen. Wenn ich nur nicht so schüchtern gewesen wäre, wer weiss, vielleicht wäre ich jetzt mit einer schönen Iquitena verheiratet. Tagsüber besucht man das Armenviertel Belen, mit ihren wirklich freundlichen Bewohner oder die Laguna Quistacocha, ein Badesee und Zoo mit Papageien und Flussdelphinen. Mir blieben vom ersten Besuch aber vor allem die Begegnungen in Erinnerung.

Die Iquitenas und Iquitenos können ziemlich gut englisch, etwas, was man in brasilianischen Teil kaum fand und findet. Schwermütig erzählten mir die Einheimischen, dass sie gerne mal den Ort verlassen würden, aber es gehe nicht. Es sei zu teuer. Als ich am Boulevard sass, wurde gerade aufgeklärt. Eine Frau ging auf die Mädchen zu und zeigte ihnen, wie man ein Kondom über den Stengel zieht. Also sie üben es gleich vor Ort. (Bei den Machos hier wäre Aufklärung wohl eine vergebene Mühe gewesen) Kurz darauf quatschen mich die jetzt aufgeklärten Mädchen an und nach einem herzigen Gespräch wollen sie mir dann ihr Heim zeigen. Das mache ich eigentlich nicht, ich gehe am Abend nie in eine Gegend, die ich nicht kenne. Aber wer kann diesen unschuldigen Augen mit ihren "naiv-ehrlichen" Fragen schon was abschlagen. Wir landen nach ein paar Minuten Rikscha in einer eher armseligen Gegend. Ein Typ hängt den Macho raus. Meine Begleiterinnen mögen ihn nicht, er prahle, dass er schon Sex gehabt hätte. Die Hütte der einen besteht aus zwei Räumen, einem unebenen Steinboden, Hängematten, Wellblech und einem kleinen Vorraum. Ich sehe weder Waschraum noch fliessend Wasser. Sie erzählt mir, dass sie acht Personen sind, die hier leben. Ihr Vater arbeite auf einem Ölfeld und sei daher nur selten daheim und sie sei zwanzig Jahre alt und Jungfrau. Ob das ein Problem sei für einen Mann? Ob sie mit zwanzig nicht zu alt sei für einen Mann? Im Haus meiner zweiten Begleiterin sieht es etwas wohlhabender aus.

Es wird Zeit, mich von dieser Gastfreundschaft zu verabschieden. Die 20-Jährige schaut mich an und sagt. "Ich weiss, wir sind mausarm. Aber ich glaube an Gott und darum bin ich glücklich." Diese Worte hingen noch lange in meinem Kopf. Ich bin nicht besonders religiös, so religiös, wie man es halt in Europa hält, aber es machte mir wieder klar, welche wichtige Funktion der Glaube einnehmen kann, vor allem, wenn man ausserhalb unserer Wohlstandsgesellschaft lebt. Sie bitten mich noch um einen Sol, damit sie ein Taxi bezahlen können, sie wollen mich morgen am Flughafen verabschieden. Und tatsächlich, am nächsten Tag stehen sie da mit allen Geschwistern. Nur Mädchen, irgendwie werden am Amazonas nur Mädchen geboren. Ich war völlig überrascht und hatte nicht einmal ein Abschiedsgeschenk dabei. Wie ich mich genierte und beschämte und wie mir das Herz aufging. Sie geben mir soviel, einem Fremden, einfach nur so. Und von mir kommt nichts.

In den nächsten Jahren konnte man sehen, wie sich Orte durch den Tourismus verändern. Die Flüge wurden billiger, die Schiffe zahlreicher und schneller, der Ort wurde einfacher zu erreichen. Es wimmelte plötzlich von jungen amerikanischen und kanadischen Freikirchenanhänger, die sich um die Waisenkinder und um die Seelen kämpften. War ich früher der einzige Tourist, scheinen sie heute, auch dank inländischen Touristen fast schon die Mehrheit der herumschlendern Leute zu sein. Die Einheimischen sind weit weniger neugierig und der spezielle Status bei den Mädchen ist auch weg. Sowas.

Ich bin immer sehr gerne hier gewesen und würde sofort wieder hingehen. Am Abend ist immer etwas los, es lebt und vibriert, man blickt auf den Amazonas, auf den Fluss Die Leute sind total lieb und herzig. Ob man jetzt Iquitos als schön bezeichnen will, ich weiss es nicht. Manche sagen, Iquitos sei gefährlich uns ich wurde auch schon mal von einem Briten um Geld gebeten, der eine üble verletzte Hand hatte und meinte, er sei auf der Strasse umgestossen worden und man hätte ihm alles geklaut. Rucksack, Schuhe, Pass. Mir machte er nicht den Eindruck, als dass er zu der Spezies gehörte, die ihre Reise mit dem Geld der anderen finanzieren wollte. die Geschichte könnte wahr sein. Mir ist nie etwas passiert, ich fühlte mich nie unsicher.

Leider finde ich die Fotos nicht. Ich suche weiter. Ein paar sind aber doch auf der Festplatte:







 
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Karl Langflug

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22.05.2016
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Santa Rosa/ Tabatinga/ Leticia

Das Triple Frontier. Alle diese Städte sind nur per Luftweg oder Schiff zu erreichen. Drei Nationen, weit weg von der Zivilisation. Ich wurde nie richtig warm mit diesem Triple Frontier, obwohl ich nichts negatives über die Orte sagen kann. Es ist schwer zu erklären, warum man gewisse Orte mag und manche weniger. Die Schiffahrt von und nach Iquitos fand ich jeweils wenig ereignisreich. Eindruck machte mir mal eine Situation, als bei einem Zwischenhalt in einem Dorf eine Patientin auf das Schiff gebracht wurde um ins Spital nach Iquitos gebracht zu werden. Sie wurde das eher steile, matschige Ufer runtergetragen, ins kleine Boot gebracht und ich habe keine Ahnung, wie sie sie in Iquitos - nach rund 7 Stunden Schiff - diese enorm steile Treppe vom Steg zur Strasse hochbringen.

Ich war zweimal im Triple Frontier. Einmal ohne Kamera und einmal, als ich fotografierfaul war. Leider habe ich nicht mehr Fotos.

Santa Rosa, Peru

Alle Schiffe von und nach Iquitos fahren ab Santa Rosa, egal was die Ticketverkäufer in Tabatinga und Leticia sagen. Wer ein Ticket von Leticia nach Iquitos kauft, der muss am morgen früh eine Barke nach Santa Rosa finden. (Was kein Problem ist) Wer von Iquitos nach Tabatinga fährt, wechselt ebenfalls in Santa Rosa das Boot. Santa Rosa ist auf der gegenüberliegenden Seite, nur per Boot erreichbar. Gut möglich, dass es auf einer Flussinsel liegt. Der Ort besteht aus wenigen Hütten, ich könnte mir vorstellen, dass es hier weder Unterkunft noch Restaurant gibt.



Leticia, Kolumbien

Leticia ist der Ort, der die beste touristische Infrastruktur bietet. Er ist klein, kompakt und übersichtlich. Er sieht für mich nicht aus, wie eine typische Stadt am Amazonas. Es fehlt die rote Erde, er sieht einfach anders aus. Der Ort ist nicht hässlich, aber ich habe mich hier jeweils gelangweilt. Anderen gefällt er. In Leticia kommt man mit COP und Real weit, aber die peruanischen Sol will hier niemand (auch in Tabatinga nicht). Man kann hier gemütlich die Grenze nach Brasilien überqueren. Es kontrolliert niemand.




Tabatinga, Brasilien

Tabatinga ist die grösste Stadt der dreien und wenig schön. Es ist eine lange Strasse mit Häusern. Hier habe ich auf dem Markt eine Hängematte und die dazugehörigen Schnüre (für die spätere Schiffahrt gekauft). Es sind sehr nette Menschen, ich habe mich dabei wunderbar unterhalten. Tabatinga soll auch die Stadt mit der grössten Anzahl/pro Kopf an Transvestiten sein. Ich habe tatsächlich ein Grüppchen gesehen. Aber niemand konnte mir erklären, warum die gerade in Tabatinga sind. Ich liebe es, am Fluss zu sitzen und ein Bierchen zu trinken, respektive ein Bierchen zu trinken und auf den Fluss zu schauen. Das fehlt in Leticia, in Tabatinga geht das. Und im Unterschied zu Leticia ist hier abends etwas los, natürlich kann man das nicht mit den europäischen Städten vergleichen, wo oft alles brechend voll ist. Rückgeld geben sie gerne auch mal in COP. Das ist nicht gut, wenn man nach Manaus weiterfährt, denn die wird man nicht mehr los.


 
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Karl Langflug

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22.05.2016
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Auf dem Amazonas Tabatinga-Manaus

5-6 Tage soll das Schiff unterwegs sein. So genau weiss man das nicht, es hängt vom Wasserstand ab und ob man dazwischen noch einen Hafen anläuft. Mir schien es, als ob die Unterwegshalte je nach Bedürfnis angefahren werden. Ich war schon mehrfach auf dem Amazonas per Schiff unterwegs. Es gehört einfach dazu - manchmnal hat man auch keine andere Wahl.

Es gibt kleine, mittlere und grosse Schiffe, die am Wochenende unterwegs sind. Es gibt wenige Kabinen und Hängemattenplätze. Wobei je nach Schiff die Kabinen heiss und stickig sein können. Zumindest, als ich unterwegs war. Es gibt Duschen, eine Bar und drei Mahlzeiten täglich. Ich war jeweils auf kleinen Schiffen, grosse Unterschiede zwischen ihnen konnte ich nicht erkennen.

Die Fahrt ist tendenziell ereignisarm. Nur auf dem Abschnitt Tabatinga-San Antonio do Ica sieht man die Ufer und hin und wieder Tiere, vor allem Flussdelphine. Danach ist er breiter als der Bodensee. Spannend sind die Regenbänke. Man sieht sie von weitem. Sie scheinen starr über dem Fluss zu liegen. Man fährt hinein, geniesst die Abkühlung und ist zwei Minuten später wieder draussen. Übrigens: Moskitos gibt es an Bord nicht, nicht einmal am Ufer begegnete ich einem.

Ein Schiff hat jeweils mehrere Stockwerke, mindestens drei. Wer oben keinen Platz mehr findet, schläft im Frachtraum. Das will eigentlich niemand. Darum spannen sie ihre Hängematten übereinander. Über mir liegen seit Sao Paulo do Olivenca zwei weitere Menschen. Das Leben an Bord, also Leben gibt es kaum. Die Leute liegen in ihren Hängematten. Aufgestanden wird morgens um 6 Uhr. Da putzt man sich und frühstückt. Dann legt man sich wieder hin. Bewegung kommt um 12 Uhr auf, denn jeder will mit der ersten Gruppe essen, warum auch immer. Dann legt man sich bis 18 Uhr wieder hin. Jetzt gibt es das Abendessen und dann geht man schlafen. Das Essen ist nichts für Feinschmecker, es gibt immer Reis mit Bohnen und ein Stück Fleisch. Wasser gibt es eiskalt, soviel man will. Auch komfortverwöhnte werden hier leiden. Alles ist rudimentär. Sauberkeitsfanatiker sind hier auch fehl am Platz. Zumindest haben andere Reisende das so empfunden. Ich fand es jeweils sauber genug, das Essen war gut genug, und die Hängematte ist an Komfort kaum zu übertreffen und einer Kabine vorzuziehen.

Ich bin ein Mensch, der sich bewegen und entdecken will und habe ziemlich gelitten. So eine Schiffahrt ist grausam und fantastisch, Folter und Delikatesse und sie war lang.

Die ersten Tage verbrachte ich immer mit rumtigern, bis ich wieder in der Bar landete. Dort hatte es immer wieder Reisende für einen Schwatz. Rückgeld hat die Crew nie. Es wird angeschrieben und am Schluss geht alles auf. Hin und wieder starten sie ein Beiboot um Bier zu holen. Und immer kommen sie mit lediglich ein paar Büchsen zurück und ich fragte mich, warum sie nicht einfach mal ne rechte Ladung holen. Die Crew arbeitet auf eigene Rechnung. Gut vorstellbar, dass in den Dörfern das Bier teurer ist als in den grösseren Städten. Morgens um 6 Uhr bleib ich liegen und lasse das Frühstück aus. Gegen neun stehe ich auf, wasche mich und drehe meine Runden, geniesse die Landschaft. Dann geht es zum Mittagessen, dann tigere ich rum und komm einfach nicht damit klar, dass es hier nichts zu tun gibt und gehe lesen. Nach dem Abendessen bleibe ich bis Mitternacht in der Bar, denn dann macht sie zu. Ich würde gerne die Nacht hier oben geniessen, aber das ist aus Sicherheitsgründen verboten.

Flussabwärts dauert die Fahrt 5-6 Tage, flussaufwärts noch ein paar Tage mehr und somit ist die Fahrt teurer. Die Cleveren nehmen für den Rückweg das Flugzeug, weil es dann billiger kommt.

In Tabatinga wird das Boot um 12 Uhr freigegeben, um 14 Uhr geht es los. Es ist von Vorteil, früh dazu sein, vor allem, wenn man keine Übung mit Hängemattenaufhängen hat. Dazu braucht man Seile, die man an die Stangen bindet. Ich sehe gerade zu, wie sie mit einem Kran einen grossen Schrank ins Schiff bugsieren, der dabei ziemlich malträdiert wird, was keinen zu stören scheint, als die Drogenpolizei kommt. Alles wird ausgepackt, jedes Pulver geprüft. Wir fahren ab, wenn die fertig sind, es wurde 16 Uhr. Der nächste Halt, Sao Paulo de Olivenca. Die Drogenpolizei kommt und nimmt mich gleich ins Visier. Ich darf wieder alles auspacken. Man ist der unfreundlich. Dann sieht er im Pass den Ausreisestempel und meint, ich sei ja schon in Tabatinga kontrolliert worden. Wie hätte ich sonst auf das Schiff gekonnt? Als ich alles wieder eingepackt habe, kommt ein anderer, das gleiche Spielchen, der gleiche Spruch.

Der letzte Halt vor Manaus ist Santo Antonio do Ica. Hier schwimmen im Hafen Flussdelfine rum und alles versorgt sich mit frischen Früchten, vor allem riesigen Wassermelonen. An Bord muss man sich vor Dieben in Acht nehmen. Vorallem in den Häfen. Da kommen Leute an Bord, sapzieren rum und gehen wieder, Die tun das wohl kaum aus Vergnügen. Jetzt geht es ohne Halt bis Manaus und es zieht und zieht sich. Die Leute sind unzufrieden mit dem Boot, es sei viel zu langsam unterwegs.

Apropos Leute. Sie sind schüchtern und herzig. So recht getrauen sie sich nicht, mit mir zu sprechen, aber jeder meiner Schritte wird neugierig kommentiert. Schau, jetzt liest er ein Buch! Er geht in die Bar! Es gibt übrigens nur wenig, was die Brasilianer lieber tun, als mit einem Touristen zu plaudern, wie mir mehrfach bestätigt wurde. Meistens haben sie dann aber nach einem Hallo und woher kommst du genug. :) Die Amazonasbewohner sind ausgesprochen nette Menschen und wer hier reist - eine Schiffahrt gehört einfach dazu.















 
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Karl Langflug

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Manaus

Noch ein paar Worte zu Manaus, wer hier herumkreuzt, kommt nicht an Manaus vorbei. Manaus fand ich immer schon eine seltsame Stadt. Aber was soll eine Millionenstadt mitten im Dschungel, dass nur über kaputte Wege im Dschungel, per Schiff oder Flugzeug zu erreichen ist, wenn wir mal von der Strasse nach Venezuela absehen. Aber an Manaus lässt sich eine Veränderung erklären, die mir in ganz Brasilien aufgefallen ist.

Als ich das erste Mal im Jahre 2000 mit dem Schiff nach Manaus kam, was wurde mir nicht alles mit auf dem Weg gegeben. Crazy, die Frauen loco, riesigcool. Ich habe das nie so wahrgenommen. Aber damals war Manaus noch so eine richtige Hafenstadt, so wie wir uns eine Hafenstadt vorstellen. Mit einem Hafenviertel mit Kneipen und Stripclubs im dem sich alles traf, was mit Schiffen zu tun hat. Zwielichtige Gestalten, Prostituierte, Abenteurer und ganz normales Volk. Vielleicht verkläre ich es etwas, gefährlich habe ich es nie gefunden. Ich bin 2000 länger geblieben, weil ich gute Freunde kennengelernt habe. Der junge Peruaner, der jeder Frau nachpfiff und dabei kicherte wie ein kleines Kind. Der Guyaner, der prahlte, er sei hässlich, hätte hier aber schon über 100 Frauen gehabt. Dabei muss man wissen, dass damit nicht zwangsläufig Eroberungen gemeint sind, wie wir es uns vorstellen. Hier unterscheidet man beim Prahlen nicht, ob es eine Prostituierte, Semi-Prostituierte oder eine Frau ist, die einfach eine gute Zeit haben will. Eine Prostituierte würde sich auch nie als solche bezeichnen. Denn eine Prostituierte muss mit jedem mit, sie aber entscheiden selber, mit wem sie mitgehen. Dass sie sich bezahlen lassen wird damit begründet, dass die brasilianischen Männer Untreu seien oder am Morgen gleich wieder abhauten. So habe sie wenigstens etwas davon.

Wann war ich das nächste Mal in Manaus? Vielleicht 10 Jahre später? Der Hafen war jetzt total gut organisiert und abgesperrt. Die Stadt hatte man ziemlich aufgehübscht. Vorbei war es mit den zwielichtigen Spelunken und den Stripclubs, da hat kaum was überlebt. Nun war alles gesittet und dementsprechend für mich langweilig, weil Abend war hier nicht mehr viel los. Ich bin nicht gerne der einzige in der Kneipe/Restaurant.

Noch "schlimmer" bei meinem letzten Besuch im letzten Jahr. Diesmal stieg ich in Ponta Negra ab, einem Viertel mit Flussbad. Dort gab es früher tolle Kneipen mit Liveband und Tanzshows. Das Nachtleben genoss hier einen ausgezeichneten Ruf. Alles weg, mit der WM weggebaggert. Dafür hat Ponta Negra jetzt eine schöne Strandpromenade, abends flaniert hier alles. Aber keine einzige Kneipe, kein einziges Restaurant! Lediglich am Strand gab es noch ein paar Stände für ein kühles Bier im Sand. Zu essen? Ein Fastfood-Pizza-Stand. Diese Entwicklung stelle ich in ganz Brasilien fest, vielleicht hat es mit dem Einfluss der Bapthisten zu tun, vielleicht liegt es am gestiegenen Wohlstand - Brasilien ist normal geworden. Brav. Auch Manaus. Dies ist mein Eindruck.

Ich habe den Aufenthalt in Manaus - mit Ausnahme des ersten Besuchs - im Nachhinein immer als Zeitverschwendung angesehen. Tagsüber nichts los, Abends auch nichts. Die wenigen Sehenswürdigkeiten habe ich schon 2000 abgelatscht. Der Hafen, wo ich stundenlang den Schiffen zusehen konnte, abgesperrt.

Soll man nicht nach Manaus? Aber natürlich. Das Opernhaus muss man gesehen haben. Dort hat es auch ein paar ganz gute Restaurants, die immer gut besucht sind. Es kommt eben immer darauf an, was man von der Reise erwartet und was das Ziel ist.
 
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Hene

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27.03.2013
4.094
2.663
BER
Echt spitze der Bericht. Schade, dass man Töne und Gerüche nicht vermitteln kann. Die plärrende Salsa y Merengue und vor allem billige Cumbia, die sicher allenthalben die Ohren umschmeichelt, wäre als Untermalung hervorragend.
 

Karl Langflug

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22.05.2016
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Santarem/ Alter do Chao

Bei meinem ersten Besuch war Santarem noch wenig auf Tourismus ausgerichtet. Das Flussufer lud nicht wirklich zum Verweilen an. Es war ein Ort, der sich um sich selbst kümmerte. Fischmarkt, Kleingewerbe, am Abend war noch einiges los. Der Highlight ist sowieso Alter do Chao und das war er. Ich mag mich noch gut erinnern. Eine gute Busstunde ist man unterwegs zu diesem wunderbaren Flusstrand, im Hintergrund sieht man noch ziemlich hohe Hügel. Eine fantastische Szenerie. Es war Tiefwasser und man konnte zu einer Flussinsel laufen. Es gab eine Bar, da sass man auf einem Stuhl im Wasser, das bis zu den Hüften reichte. So trank ich mein Bierchen. Das gefiel mir.

Bei Hochwasser lohnt sich der Besuch nicht, denn diese Insel steht weitgehend unter Wasser. Die Schönheit des Ortes verliert massiv. Dieser Ort war ein einfaches Fischerdorf. Da wurde nichts in den Tourismus investiert, der Ort war einfach schön, einfach, arm, eine Perle, mit einfachen Leuten und ein paar verwegenen oft brasilianischen Touristen. Den Ort musste man sich verdienen.

Letztes Jahr waren beide Orte kaum wieder zu erkennen. Santarem hat jetzt eine sehr schöne Promenade, an der man am Fluss entlang laufen kann. Es gibt eine schöne Kneipe, die in den Fluss hineinragt, besonders gerne bin ich auf der westlichen Seite der Promenade, dort ist der kleinere Hafen. Die Schiffe sind jeweils mit Destination und Abfahrtstag angeschrieben. Santarem hat sich zu einem Drehkreuz entwickelt. Es gibt nun auch eine grosse Shopping Mall etwas ausserhalb und Cargill ist hier. Die haben den Ruf, kräftig abzuholzen und in Santarem ist Cargill der Inbegriff für die Korruption in Brasilien. Wie alle Städte am Amazonas kann man Santarem nicht als schön bezeichnen, ich finde aber, dass man hier wunderbar das Leben am Fluss beobachten kann, ohne dass man wegen der Langsamkeit gleich wegnickt.

Alter Do Chao wurde ebenfalls aufgewertet. Es hat jetzt nun ein befestigtes Ufer, denn hier legen hin und wieder grosse Kreuzfahrtschiffe an. Es hat mittlerweile auch ein paar bessere Hotels. Der Strand ist schön wie eh und je. Es hat heute etwas zu viel Wasser, man kann mit einem Boot die paar Meter zur Flussinsel gehen. Für die paar Meter gilt es, eine Rettungsweste anzulegen, was dem abenteuerlichen Reisenden gleich mal die Lust nimmt. Aber die "neuen" Touristen bringen das Geld, wer will es ihnen übel nehmen. Ich schwimme zur Insel, keine zwei Minuten brauche ich dafür.

Ich habe Fotos gemacht, aber wo zum Geier sind die? Wenn ich sie gefunden habe, hänge ich sie am Schluss an.
 
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plotz

Erfahrenes Mitglied
26.05.2015
1.093
305
Super, alles! Orte, bei denen ich meist erstmal die Karte zur Hand nehmen muss, beschreibst Du fast, als wäre man mitgereist. Die Fotos halten da nicht mit, das ist in diesem Fall aber einfach egal. Danke!
 

Karl Langflug

Erfahrenes Mitglied
22.05.2016
3.250
3.074
Ich finde leider meine Fotos von Alter do Chao und Santarem nicht mehr. Damit man eine Vorstellung hat, hier ein Foto von brasilienreise.de (ich kenne die Seite nicht)

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Karl Langflug

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22.05.2016
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Oyapoque

Mittlerweile dürfte die Brücke über den Grenzfluss fertig sein. Vorher musste man mit einem Boot oder einer Fähre über den Grenzfluss. Hier gibt es Flüsse, von denen wir noch nie gehört haben, die aber den Rhein locker in den Schatten stellen.

Französisch Guyana ist ein eher stilles Land, wir würden sagen gesittet. Kaum über der Grenze ist man in einer anderen Welt. Hier ist es brasilianisch laut, die Männer ziehen ihre T-Shirts über ihre Wampen, spucken auf den Boden, laute Musik dröhnt. Hier lebt das Leben, das kann man von Französisch Guyana nicht gerade behaupten.

In Oyapoque gibt es nichts zu sehen. Aber wer mal das Leben in einem isolierten grösseren Ort sehen will, der liegt hier richtig. Es geht gemächlich zu und her. Die Stadt hatte auch den Ruf, ein Rotlichtviertel zu sein, auch das kann ich nicht bestätigen. Bei meinem ersten Besuch zeigten sich beim Spazieren ein zwei Damen interessiert, aber das konnte einem in ganz Brasilien passieren und die taten das nicht deshalb, weil man so unwiderstehlich ist. Beim zweiten Besuch, wie in ganz Brasilien, kam das nicht mehr vor.

Oyapoque hat doch noch ein erstaunlich reges Nachtleben. Oben auf einem Hügel hat es einen Platz mit brasil-typischen Kneipen, die relativ gut gefüllt waren.

Die Fahrt nach Macapa war noch eines der letzteren Abenteuer und ist so ein Stich ins Herz. Die Piste wird zu einer Strasse ausgebaut. Man fragt sich, warum man deshalb eine 100 Meter breite Schneise durch den Wald ziehen muss. Erst der zweite Teil war fertig, dort zog sich eine perfekte Strasse nach Osten, was für die Autofahrer gleich bedeutend ist mit Vollgas geben. Der erste Teil war noch Piste, eine furchtbare Strecke voller Löcher, mir gefiel das. Wenn man Reiseberichte liest, dann soll der zweite Abschnitt auch bereits wieder voller Schlaglöcher sein und die Strecke immer noch furchtbar.

Es gibt Busse, welche die Strecke abfahren und Pick-Ups. die Busse fahren meistens bei Nacht, die Pick-Ups sind schneller und fahren am Morgen ab. So nahm ich einen Pick Up. So erlebe ich eine typisch brasilianische Szene.

Ich laufe zum Ufer, dort stehen die Pick-Ups. Es fahre gleich einer ab, schnell, schnell! So eile ich, war aber der einzige Passagier. Aber der Fahrer meint, es komme eine Familie mit, schnell schnell. Das ist für das geübte Ohr gleichbedeutend mit: Das kann noch ewigs dauern. Wir fahren los zum Haus der Familie. Die ist natürlich noch nicht reisefertig. Also drehen wir unsere Runden, während der Fahrer nonstop mit mir redet. Ich verstehe nicht wirklich viel. Portugiesisch ist anstrengend, weil man so genau hinhören muss. Je müder ich bin, desto weniger verstehe ich. Aber es ist ihm eh egal. Wir drehen unsere Runden durch den Ort, hin und wieder halten hier bei einem seiner Kumpel und jedes Mal vor dem Haus ist die Familie "gleich" fertig. Das kann in Brasilien alles bedeuten. Schliesslich, nach vielleicht 60, 90 Minuten, Zeit spielt hier eh keine Rolle, geht es los. Mutter, Vater, Teenagertochter. Die Mutter muss ins Spital nach Belo Horizonte. Da liegen sie auf dem Rücksitz. Der Vater zuunterst, die Tochter liegt auf dem Vater, die Mutter oben drauf. Voll herzig.

Zwischendurch gibt es Zwischenhalte, bei denen man etwas zu essen kaufen kann. Diese Stopps dauern in der Regel 20-30 Minuten. Ich futtere was, dann stehen wieder alle beim Auto. Wir wollen gerade los, jetzt hat aber das Töchterchen doch noch Hunger und geht essen ... Aber man kann ihnen einfach nicht böse sein, es sind sind herzige Menschen. Irgendwann halten wir bei einer Tankstelle. Seltsamerweise tankt der Fahrer nichts, der übrigens immer noch ununterbrochen mit mir spricht, sondern diskutiert. Dann braust er mit durchgedrückten Pinsel weiter, schliesslich erreichen wir abends Macapa. Aber was jetzt? Jetzt fährt der doch zuerst in eine Werkstatt! Und da stehen wir. Ich frage schüchtern die Familie. "Hast du es nicht mitbekommen? Die Bremse sei kaputt, der Fahrer hatte nur noch die Motorenbremse zur Verfügung".

Gut, wusste ich das nicht.
















 
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Karl Langflug

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Macapa


Macapa liegt auf dem Weg von französisch Guyana nach Belem/Manaus. Es arbeiten viele Südamerikaner in Französisch Guyana. Ich traf mal einen Peruaner aus Iquitos, der in französisch Guyana arbeitete. Da ging es mit dem Boot von Iquitos nach Santa Rosa, dann per Boot von Tabatinga nach Manaus, dann per Boot von Manaus nach Macapa und dann per Bus von Macapa nach Oyapoque, Schiff rüber und ab ins Taxi Richtung Cayenne. Was ich als Reise genoss, ist für andere ein Pendlerweg.

Macapa ist eine sonderbare statt, denn tagsüber sieht man nur wenige Menschen. Ich habe selten eine grössere Stadt so leer gesehen. Dafür gibt es hier eine kleine portugiesische Festung, die ich aber nicht betreten durfte. Es hatte kurz zuvor geregnet. Man könnte in der Burg ausrutschen, es sei zu gefährlich. Ich müsse warten, bis alles abtrocknet. Da es heute alle 30 Minuten regnet, schreibe ich den Besuch ab. Hier gibt es etwas südlicher ein Stadion, dessen Mittellinie genau auf dem Äquator liegen soll. Ich war aber nie dort. Hier gibt es noch eine Eisenbahnlinie ins Hinterland. Allerdings musste ich feststellen, dass sie eingestellt wurde. Dabei fahr ich so gerne Zug. Macapa hat ein nettes Flussufer mit Kneipen und einen Pier, der in den Amazonas hineinragt. Hier gibt es eine seltsame Konstruktion. Eine Art Einpersonenbahn, die vom Ufer zum Ende des Pier fährt. Sie war ausser Betrieb. Genauso wie das Restaurant auf dem Pier.

Macapa soll noch ein reges Nachtleben haben, aber wie immer am Amazonas ist das für Unkundige schwer zu finden, denn die Schuppen sind meistens etwas ausserhalb. Ausser es ist Sonntag. Da geht es am Flussufer richtig ab. Ganz Macapa und das Umland sind auf den Beinen. Einmal quatschte mich so eine herzige Zehnjährige an und fragte mich ein Loch in den Bauch. Zehn Minuten später sass ich bei der Familie am Tisch. Von der Urgrossmutter bis zum Baby, da sass alles. Ausschliesslich Frauen. Sie kamen von einem Ort ausserhalb Macapas, die Welt interessierte sie nicht besonders. Sie lebten in ihrem Microcosmos. Sie haben ja auch recht. Hier funktionieren nicht einmal internationale Kreditkarten, auf meinem Telefon wird kein Empfang angezeigt. Zumindest damals. Die Strassen waren (noch) schlecht, die wenigen Flüge recht teuer. Weg kommt man mit dem Schiff, das lange unterwegs ist.

Auf dem Pier gibt es eine Art Disko. Das muss man sich am Amazonas anders vorstellen, wie bei uns. Es kommt natürlich populärer Brasilsound. Alle stehen rum und quatschen oder hoffen, von jemandem zum Tanz aufgefordert zu werden. Denn hier Tanz man gemeinsam. Dabei spielt das Alter keine Rolle. die Fünzigjährige amüsiert sich genauso wie der Zwanzigjährige. Und eine Frau alleine am Tisch spielt hier auch keine Rolle. Selbst etwas hartnäckige Männer, bei uns würde man das als Belästigung auffassen, werden spielerisch abgeblockt ohne irgendeine Spur von Missmut. Während bei uns das Ganze etwas verkrampft oder aufgesetzt anmutet, ist hier alles sehr entspannt und voller Lebensfreude. Die Stimmung ist einfach ganz anders, die Lust am Leben scheint die tiefste Zelle zu erfassen. Das ist immer wieder beeindruckend.

Es ist ein schöner Abend, allerdings gibt es hier einen grossen Nachteil. Es hat kaum Toiletten. Darum kriechen die Leute überall in die Büsche. Macapa ist einer der wenigen Orte Brasiliens, in denen der Tourist noch als Sehenswürdigkeit wahrgenommen wird. Die Leute sind hier noch ziemlich neugierig. Viele Touristen kommen ja auch nicht.








 
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Karl Langflug

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wie bist du gerade auf diese Ecken und Nester gekommen?

Als ich klein war, habe ich jeweils auf der Karte fiktive Eisenbahnfahrpläne erstellt. So wie halt jedes Kind seine Flausen hat. Nur hört das bei mir nicht auf. Von Lima nach Recife, von Lissabon bis Magadan, von Kapstadt bis Tripolis Irgendwie haben mich diese abgelegenen Orte angefangen zu interessieren. Was ist dort? Und dann war ich dort und allzu oft habe ich mich gefragt, warum bin ich hier? Aber dann gibt es diese wenigen Momente, in denen man sagen muss: "Darum bin ich hier". Vielleicht bin ich ein Schatzsucher, ein Spinner sowieso, aber das gefällt mir ganz gut.

Derzeit lassen mich folgende Destinationen nicht in Ruhe:

Puerto Inidira, Kolumbien. Hab ein Bild von coolen Felsen gesehen, gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Scheiss-Internet :)
Sao Gabriel do Cachoeira. Diese Reise ist in Planung. Ich würde gerne nach Kolumbien weiter. Scheint aber zu zeitintensiv zu sein.
Jakutsk. Leider fühle ich mich in Russland nicht mehr wirklich willkommen und mein Russisch ist für die Tonne. Aber Mensch, schau mal auf die Karte! Eisenbahn und Schiff, notfalls Flug!
 

red_travels

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www.red-travels.com
Danke für die Erklärung

Derzeit lassen mich folgende Destinationen nicht in Ruhe:

Puerto Inidira, Kolumbien. Hab ein Bild von coolen Felsen gesehen, gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Scheiss-Internet :)
Aber Mensch, schau mal auf die Karte! Eisenbahn und Schiff, notfalls Flug!

ja, sowas aber auch ;) das mit dem Internet kenne ich auch, habe da auch einen sehr interessanten Streifen (Natur) bei der Reisevorplanung für's (vielleicht) übernächste Jahr entdeckt. Nur wie komme ich da hin... und ob +1 da noch mitspielen würde und mich überhaupt hinlässt ;). Konkret Wakhan Corridor :censored:
 
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Karl Langflug

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Ooooh! Fantastsiche Idee! Da hab ich auch damals auch schon ne Bahnlinie durchgezogen. Das kann man schön mit Tadschikistan verknüpfen. Im Süden gefiel es mir dort sehr gut. Gibt es dort irgendeinen Flughafen oder so? Ich meine Landweg durch Afghanistan ist nicht jedermanns Sache und ganz sicher nicht ohne.

Mein Schwager fuhr dort 2005 oder so auf der tadschikischen Seite mit dem Velo dem Amur Daria entlang da durch. Damals, so meinte er, gab es viele Checkpoints lokaler Milizen. Kam ihm ziemlich Suspekt vor, aber niemand machte Probleme.