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Vorwort
Die beschriebene Reise / Erlebnisse beziehen sich auf April 2020. Ich schreibe diesen Bericht, weil mir in diesen Tagen bewusst wurde wie privilegiert wir waren. Wie wir ohne großes Nachdenken Reisen, die Welt erleben konnten und durften. Und natürlich, weil das Fliegen zwar mittlerweile (vor Corona) zum besseren Busfahren verkommen ist, aber immer noch Faszination ausübt. Die Stimmung am Airport, die Aufregung (ok bei uns Vielfliegern weniger ) und das Gefühl, wenn mehrere tausend PS einen wieder auf 280 km/h beschleunigen und es einmal mehr heißt „Take-Off“ – immer wieder toll!
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„Your Lufthansa / Star Alliance Flight LH xxxx is now ready for Boarding“ so schallt es aus den Lautsprechern am Gate A11 am Frankfurter Airport. Jeden Tag mehrere hundert mal. Wenn ich die Augen schließe würde es mir alles normal vorkommen. Normalität in einer Zeit in der nichts normal ist.
Doch auf Anfang.
23. Februar 2020 – bei LH buche ich meinen Flug nach Berlin. Ein Besuch bei der Familie soll es an Ostern sein. Corona beginnt gerade die Flugpläne durcheinander zu wirbeln. Für meinen innerdeutschen Hüpfer bin ich optimistisch. Was soll schon passieren? Wie naiv ich doch war….
26. März 2020 – die sechste (!) E-Mail mit einer „Buchungsänderung“ von Lufthansa zu meiner Osterreise trudelt ein. Der Flugplan ist um mehr als 90 % reduziert. Corona zeigt vollste Auswirkungen. Aus meiner Ruhe und Entspanntheit werden zunehmend Sorgen. Nicht wegen meiner Gesundheit, mehr wegen der wirtschaftlichen Folgen. Arbeite ich doch bei einem Handelsbetrieb der u.a. große Mengen Material an den Messebau liefert….
02. April 2020 - In einem Telefonat mit der Familie wird entschieden die Reise an Ostern doch anzutreten. Zu viel ist im Haus, auf dem Grundstück zu tun. Ich begebe mich daraufhin in Quarantäne, um eine Ansteckung zu vermeiden und so meinen Beitrag zu leisten, wenn ich schon gegen die geltenden Vorschriften verreise.
08. April 2020 – Ihr Flug ist zum Check-In bereit. Alles scheint, trotz der Umstände doch erstaunlich normal. Doch was ist derzeit schon normal? Ein Gedanke der mir noch öfter kommen sollte während meiner Reise.
09. April 2020 – Endlich ist es soweit. Wieder fliegen. Ja trotz Corona freue ich mich drauf. Ich steige ins Auto, um zum Airport zu fahren. Von Hanau bis Frankfurt ist die A3 so leer, dass ich den Tempomat auf entspannte 240 km/h stellen kann. Ich lasse den Diesel arbeiten, die Pferdchen galoppieren und freue mich über eine neue Rekordzeit.
Am Airport ist die Freude vorbei. Ich bin allein. Alle Geschäfte geschlossen, keine Menschen, gespenstige Ruhe. Ein Horrorfilm hätte hier problemlos gedreht werden können. Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle frage ich mich zunehmend ob ich falsch bin. Kommt mir doch nicht ein Reisender auf meinem Weg entgegen
Die Sicherheitskontrolle ist dann wieder gewohnt rau und unhöflich . FRA halt. Trotzdem schön. Ein bisschen Normalität in einer Zeit in der nichts normal ist.
Statt in die Lounge, entspannt einen Weißwein schlürfen, gehe ich direkt zum Gate. Ein paar verlorene Seelen sind bereits da. Am Ende werden wir ca. 30-40 Leute sein die den A320neo betreten werden.
Und da kommt die Ansage. Your Lufthansa / Star Alliance flight…naja ihr kennt das. Plötzlich scheint alles wie immer. Die Menschen springen auf (ok die wenigen) und wollen an Bord sprinten. Doch falsch gedacht liebe Gangpassagiere. Auch während Corona herrscht Ordnung bei LH und so erfolgt das Boarding selbstverständlich in Gruppen. Ob das aktuell nötig ist? Keine Ahnung. Aber da ist sie wieder, die Normalität aus längst vergangenen Zeiten.
An Bord alles wie immer, nur leerer und über mangelndes Seatblocking beschwert sich auch keiner. Sicherheitsanweisungen folgen. Ein Glück, liegt mein letzter Flug doch so lange zurück, dass ich die Bedienung des Gurtes fast vergessen hätte.
Wir rollen ohne Wartezeit zur Startbahn 25C und können direkt abheben. Als die Triebwerke hochfahren, lasse ich Corona wenigstens einen Moment zurück. Buchstäblich auf dem Boden. Ich genieße das dumpfe, leise Dröhnen des A320neo. Runterkommen und Entspannen ist die Devise. 45 Minuten Normalität ohne Corona, ohne Breaking News, ohne irgendwelche Ministeransprachen.
Immerhin ein was Gutes hat Corona. Der Snack ist umfangreicher geworden. Ich kann mich nicht erinnern wann es auf FRA-TXL in der Eco das letzte mal ein Sandwich gab. Ich hätte in Anbetracht der Umstände gerne darauf verzichtet. Und ganz ehrlich, auf das Stück Wellpappe garniert mit Käse und E-Stoffen würde ich eigentlich immer verzichten
Landung in TXL. Die FA wünscht einen schönen Abend und „gegebenenfalls eine angenehme und vor allem sichere Weiterreise“. Die Ansage ist Normalität. Mit dem Aussteigen werde ich rausgerissen aus meiner heilen Welt. Denn plötzlich ist sie wieder da, die Corona-Welt. Deboarding in Terminal C; die Polizei empfängt uns und belehrt über die Quarantäneregeln bei Einreise aus dem Ausland. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach dem Ableben von AB dieses Terminal nochmal betreten würde. Auch darauf hätte ich gerne verzichtet.
Ich gehe zur Bushaltestelle. Während ich allein auf den Bus warte, schaue ich mich um. Wieder bin ich der Einzige, der sich hier hin verlaufen hat und in der Dunkelheit wartet. Es macht nachdenklich, traurig, denn hier an den Flughäfen wird das Ausmaß der Krise gefühlt am deutlichsten. Als hätte jemand unsere Gesellschaft und Wirtschaft wie einen Lichtschalter umgelegt und abgeschaltet.
Berlin wirkt ausgestorben, kaum Autos, kaum Fahrgäste im ÖPNV, aber auch keine betrunkenen Partygänger.
Die beschriebene Reise / Erlebnisse beziehen sich auf April 2020. Ich schreibe diesen Bericht, weil mir in diesen Tagen bewusst wurde wie privilegiert wir waren. Wie wir ohne großes Nachdenken Reisen, die Welt erleben konnten und durften. Und natürlich, weil das Fliegen zwar mittlerweile (vor Corona) zum besseren Busfahren verkommen ist, aber immer noch Faszination ausübt. Die Stimmung am Airport, die Aufregung (ok bei uns Vielfliegern weniger ) und das Gefühl, wenn mehrere tausend PS einen wieder auf 280 km/h beschleunigen und es einmal mehr heißt „Take-Off“ – immer wieder toll!
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„Your Lufthansa / Star Alliance Flight LH xxxx is now ready for Boarding“ so schallt es aus den Lautsprechern am Gate A11 am Frankfurter Airport. Jeden Tag mehrere hundert mal. Wenn ich die Augen schließe würde es mir alles normal vorkommen. Normalität in einer Zeit in der nichts normal ist.
Doch auf Anfang.
23. Februar 2020 – bei LH buche ich meinen Flug nach Berlin. Ein Besuch bei der Familie soll es an Ostern sein. Corona beginnt gerade die Flugpläne durcheinander zu wirbeln. Für meinen innerdeutschen Hüpfer bin ich optimistisch. Was soll schon passieren? Wie naiv ich doch war….
26. März 2020 – die sechste (!) E-Mail mit einer „Buchungsänderung“ von Lufthansa zu meiner Osterreise trudelt ein. Der Flugplan ist um mehr als 90 % reduziert. Corona zeigt vollste Auswirkungen. Aus meiner Ruhe und Entspanntheit werden zunehmend Sorgen. Nicht wegen meiner Gesundheit, mehr wegen der wirtschaftlichen Folgen. Arbeite ich doch bei einem Handelsbetrieb der u.a. große Mengen Material an den Messebau liefert….
02. April 2020 - In einem Telefonat mit der Familie wird entschieden die Reise an Ostern doch anzutreten. Zu viel ist im Haus, auf dem Grundstück zu tun. Ich begebe mich daraufhin in Quarantäne, um eine Ansteckung zu vermeiden und so meinen Beitrag zu leisten, wenn ich schon gegen die geltenden Vorschriften verreise.
08. April 2020 – Ihr Flug ist zum Check-In bereit. Alles scheint, trotz der Umstände doch erstaunlich normal. Doch was ist derzeit schon normal? Ein Gedanke der mir noch öfter kommen sollte während meiner Reise.
09. April 2020 – Endlich ist es soweit. Wieder fliegen. Ja trotz Corona freue ich mich drauf. Ich steige ins Auto, um zum Airport zu fahren. Von Hanau bis Frankfurt ist die A3 so leer, dass ich den Tempomat auf entspannte 240 km/h stellen kann. Ich lasse den Diesel arbeiten, die Pferdchen galoppieren und freue mich über eine neue Rekordzeit.
Am Airport ist die Freude vorbei. Ich bin allein. Alle Geschäfte geschlossen, keine Menschen, gespenstige Ruhe. Ein Horrorfilm hätte hier problemlos gedreht werden können. Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle frage ich mich zunehmend ob ich falsch bin. Kommt mir doch nicht ein Reisender auf meinem Weg entgegen
Die Sicherheitskontrolle ist dann wieder gewohnt rau und unhöflich . FRA halt. Trotzdem schön. Ein bisschen Normalität in einer Zeit in der nichts normal ist.
Statt in die Lounge, entspannt einen Weißwein schlürfen, gehe ich direkt zum Gate. Ein paar verlorene Seelen sind bereits da. Am Ende werden wir ca. 30-40 Leute sein die den A320neo betreten werden.
Und da kommt die Ansage. Your Lufthansa / Star Alliance flight…naja ihr kennt das. Plötzlich scheint alles wie immer. Die Menschen springen auf (ok die wenigen) und wollen an Bord sprinten. Doch falsch gedacht liebe Gangpassagiere. Auch während Corona herrscht Ordnung bei LH und so erfolgt das Boarding selbstverständlich in Gruppen. Ob das aktuell nötig ist? Keine Ahnung. Aber da ist sie wieder, die Normalität aus längst vergangenen Zeiten.
An Bord alles wie immer, nur leerer und über mangelndes Seatblocking beschwert sich auch keiner. Sicherheitsanweisungen folgen. Ein Glück, liegt mein letzter Flug doch so lange zurück, dass ich die Bedienung des Gurtes fast vergessen hätte.
Wir rollen ohne Wartezeit zur Startbahn 25C und können direkt abheben. Als die Triebwerke hochfahren, lasse ich Corona wenigstens einen Moment zurück. Buchstäblich auf dem Boden. Ich genieße das dumpfe, leise Dröhnen des A320neo. Runterkommen und Entspannen ist die Devise. 45 Minuten Normalität ohne Corona, ohne Breaking News, ohne irgendwelche Ministeransprachen.
Immerhin ein was Gutes hat Corona. Der Snack ist umfangreicher geworden. Ich kann mich nicht erinnern wann es auf FRA-TXL in der Eco das letzte mal ein Sandwich gab. Ich hätte in Anbetracht der Umstände gerne darauf verzichtet. Und ganz ehrlich, auf das Stück Wellpappe garniert mit Käse und E-Stoffen würde ich eigentlich immer verzichten
Landung in TXL. Die FA wünscht einen schönen Abend und „gegebenenfalls eine angenehme und vor allem sichere Weiterreise“. Die Ansage ist Normalität. Mit dem Aussteigen werde ich rausgerissen aus meiner heilen Welt. Denn plötzlich ist sie wieder da, die Corona-Welt. Deboarding in Terminal C; die Polizei empfängt uns und belehrt über die Quarantäneregeln bei Einreise aus dem Ausland. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach dem Ableben von AB dieses Terminal nochmal betreten würde. Auch darauf hätte ich gerne verzichtet.
Ich gehe zur Bushaltestelle. Während ich allein auf den Bus warte, schaue ich mich um. Wieder bin ich der Einzige, der sich hier hin verlaufen hat und in der Dunkelheit wartet. Es macht nachdenklich, traurig, denn hier an den Flughäfen wird das Ausmaß der Krise gefühlt am deutlichsten. Als hätte jemand unsere Gesellschaft und Wirtschaft wie einen Lichtschalter umgelegt und abgeschaltet.
Berlin wirkt ausgestorben, kaum Autos, kaum Fahrgäste im ÖPNV, aber auch keine betrunkenen Partygänger.