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„It’s Ukraine“. Das ist eine beliebte mit entschuldigendem Schulterzucken unterstrichene Antwort gegenüber Ausländern, die fragen, warum bestimmte Dinge in der Ukraine nun mal so sind wie sie sind. Seien es die „Tsarskiy Balkony“ (was das ist, erfährt man hier: https://iconsofukraine.com/icon/balconies), die Regierung, Projekte, bei denen man bis zuletzt mit einer Bauchlandung rechnet und am Ende umso mehr begeistert ist oder lautstarke Diskussionen am Check-in, ob der Kinderwagen mit 5 voll Einkaufstüten als ein einziges Gepäckstück gilt.
Im Moment ertappe ich mich selbst dabei mit „It’s Ukraine“ zu antworten, wenn mich deutsche Bekannte fragen, wie denn die Corona-Situation in der Ukraine sei. Im Frühjahr waren alle nach ein paar hundert Fällen in Panik, es gab einen recht strengen Lockdown bis Mitte Juni und meine +1 hat lange Zeit alles aus dem Supermarkt mit Domestos desinfiziert. Dann wurde geöffnet, es passierte lange nichts, ehe dann bis Mitte November die Zahlen anstiegen und ein „Wochenend-Lockdown“ eingeführt wurde, der „aufgrund des großen Erfolgs“ nach drei Wochen gelockert wurde und ab 08.01. bis 24.01. (ein Tag vor dem Geburtstag des Präsidenten) durch einen Lockdown ersetzt wurde, der in den sozialen Medien vor allem dadurch auf die Hörner genommen wurde, da Supermärkte keine Socken und Glühbirnen verkaufen durften. Die offiziellen Zahlen sinken jedenfalls, wie man sehen kann, auch wenn keiner so genau weiß warum. Vielleicht ist die Statistik auch etwas schöngerechnet, aber so wirklich dagegen hat hier niemand etwas und man ist froh über die relative Freiheit. Zwei Bekannte von mir und die lokalen Medien sagen, dass die Situation in den Krankenhäusern im Griff sei und so ist das Thema Corona eher eines von vielen.
Eine gute Übersicht zu den aktuellen Zahlen bietet die KyivPost: https://www.kyivpost.com/covid-19-in-ukraine-key-numbers-and-stories
Da sich im Bericht von HON/UA viele auch für die Einblicke über die Ukraine „während Corona“ interessiert haben, möchte ich hier ein paar Eindrücke, Einschätzungen und Tipps sammeln. Ich würde mich natürlich freuen, möglichst viele neugierige und aufgeschlossene Leuten hier in der Westukraine begrüßen zu können. Ich selbst bin seit 2014 mit Projekten im universitären Bereich und seit 2017 auch durch meine „+1“ mit Lwiw verbunden. So verbringe ich in etwa die Hälfte des Jahres in Lwiw, habe viele gute Freunde gewonnen, Ukrainisch gelernt, und mein Flightradar24-Profil zeigt bei LWO die Zahl 109. Obgleich ich eher ruhig und strukturiert bin und somit sicherlich nicht dem Stereotyp des Ukrainers entspreche, fühle ich mich sehr wohl in meiner zweiten Heimat. Das mag auch daran liegen, dass die Ukrainer eben nicht allzu viel Lust haben sich seitenlange Lüftungskonzepte, Coronahandbücher etc. auszudenken oder den Nachbarbesuch zu denunzieren, sondern „Leben und leben lassen“ ganz gut beherrschen und tendenziell Spott und Kritik weniger gegenüber ihren Mitmenschen vorbringen, sondern damit Politiker (von denen man sich sowieso nichts erwartet) sowie kleine und große Oligarchen damit überzieht. Ich möchte das aber nicht zu sehr romantisieren, da zu sehr Laissez faire und Deregulierung auch unbestritten nervige und für manche sogar fatale Folgen (z.B. im Brand- und Arbeitsschutz) haben. Das vergleichsweise ungestörte Weiterlaufen des öffentlichen Lebens ist auch für viele eine absolute Notwendigkeit, weil man hier nicht vom vergleichsweise dicken finanziellen Speck der Ersparnisse oder Coronahilfen zehren kann.
Von Bayreuth nach Lwiw sind es ca. 1000km - fast exakt so viel wie nach Rom - aber manchmal kommt einem das ganze dennoch wie auf einem anderen Planeten vor. So war es dann auch nach dem deutschen „Lockdown-Weihnachten“ als ich mit +1 vom fast menschenleeren MUC über WAW nach LWO flog um das orthodoxe Weihnachtsfest zu feiern. Und irgendwie fühlte ich mich nach den ersten Minuten als „Außerirdischer“ sofort besser auf dem anderen Planeten. Wer die Bilder vom weihnachtlichen Lwiw am 02. Januar 2021 sieht und ein wenig das innere deutsche Ordnungsamt ausschaltet, wird verstehen warum.
Ich werde das Ganze hier nach und nach ergänzen und auf folgende Aspekte eingehen. Wenn es irgendein spezielles Interesse gibt, dann kann ich das gerne mit reinnehmen.
Im Moment ist Lwiw dank des größten Schneefalls seit 1996 wie fast ganz Europa komplett weiß. Mein Weg zur Tram sah gestern so aus:
Auch wenn ich eher einen alltäglichen und weniger touristischen Tripreport schreiben möchte: Lwiw, knapp 80km hinter der polnisch-ukrainischen Grenze und ca. 750.000 Einwohner groß, ist eine ebenso sehenswerte wie historisch und gegenwärtig spannende (UNESCO-Welterbe-)Stadt. Diese Mischung aus wirklich authentischer, historischer Substanz, post-sowjetischer Quirligkeit und großer Offenheit gegenüber neuen Ideen begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Ich werde das auch immer ein wenig einfließen lassen. Aber vielleicht lässt man zu Themen, wo man zu leicht ins Schwärmen gerät, lieber andere sprechen. Meine Studierenden haben dazu 2019 ein wenig gebloggt und ihre Eindrücke niedergeschrieben: https://geo-e-log.com/exkursionen/ukraina-2019/lwiw
Blick aus einem Café auf die Altstadt von Lwiw (Januar 2020):
Im Moment ertappe ich mich selbst dabei mit „It’s Ukraine“ zu antworten, wenn mich deutsche Bekannte fragen, wie denn die Corona-Situation in der Ukraine sei. Im Frühjahr waren alle nach ein paar hundert Fällen in Panik, es gab einen recht strengen Lockdown bis Mitte Juni und meine +1 hat lange Zeit alles aus dem Supermarkt mit Domestos desinfiziert. Dann wurde geöffnet, es passierte lange nichts, ehe dann bis Mitte November die Zahlen anstiegen und ein „Wochenend-Lockdown“ eingeführt wurde, der „aufgrund des großen Erfolgs“ nach drei Wochen gelockert wurde und ab 08.01. bis 24.01. (ein Tag vor dem Geburtstag des Präsidenten) durch einen Lockdown ersetzt wurde, der in den sozialen Medien vor allem dadurch auf die Hörner genommen wurde, da Supermärkte keine Socken und Glühbirnen verkaufen durften. Die offiziellen Zahlen sinken jedenfalls, wie man sehen kann, auch wenn keiner so genau weiß warum. Vielleicht ist die Statistik auch etwas schöngerechnet, aber so wirklich dagegen hat hier niemand etwas und man ist froh über die relative Freiheit. Zwei Bekannte von mir und die lokalen Medien sagen, dass die Situation in den Krankenhäusern im Griff sei und so ist das Thema Corona eher eines von vielen.
Eine gute Übersicht zu den aktuellen Zahlen bietet die KyivPost: https://www.kyivpost.com/covid-19-in-ukraine-key-numbers-and-stories
Da sich im Bericht von HON/UA viele auch für die Einblicke über die Ukraine „während Corona“ interessiert haben, möchte ich hier ein paar Eindrücke, Einschätzungen und Tipps sammeln. Ich würde mich natürlich freuen, möglichst viele neugierige und aufgeschlossene Leuten hier in der Westukraine begrüßen zu können. Ich selbst bin seit 2014 mit Projekten im universitären Bereich und seit 2017 auch durch meine „+1“ mit Lwiw verbunden. So verbringe ich in etwa die Hälfte des Jahres in Lwiw, habe viele gute Freunde gewonnen, Ukrainisch gelernt, und mein Flightradar24-Profil zeigt bei LWO die Zahl 109. Obgleich ich eher ruhig und strukturiert bin und somit sicherlich nicht dem Stereotyp des Ukrainers entspreche, fühle ich mich sehr wohl in meiner zweiten Heimat. Das mag auch daran liegen, dass die Ukrainer eben nicht allzu viel Lust haben sich seitenlange Lüftungskonzepte, Coronahandbücher etc. auszudenken oder den Nachbarbesuch zu denunzieren, sondern „Leben und leben lassen“ ganz gut beherrschen und tendenziell Spott und Kritik weniger gegenüber ihren Mitmenschen vorbringen, sondern damit Politiker (von denen man sich sowieso nichts erwartet) sowie kleine und große Oligarchen damit überzieht. Ich möchte das aber nicht zu sehr romantisieren, da zu sehr Laissez faire und Deregulierung auch unbestritten nervige und für manche sogar fatale Folgen (z.B. im Brand- und Arbeitsschutz) haben. Das vergleichsweise ungestörte Weiterlaufen des öffentlichen Lebens ist auch für viele eine absolute Notwendigkeit, weil man hier nicht vom vergleichsweise dicken finanziellen Speck der Ersparnisse oder Coronahilfen zehren kann.
Von Bayreuth nach Lwiw sind es ca. 1000km - fast exakt so viel wie nach Rom - aber manchmal kommt einem das ganze dennoch wie auf einem anderen Planeten vor. So war es dann auch nach dem deutschen „Lockdown-Weihnachten“ als ich mit +1 vom fast menschenleeren MUC über WAW nach LWO flog um das orthodoxe Weihnachtsfest zu feiern. Und irgendwie fühlte ich mich nach den ersten Minuten als „Außerirdischer“ sofort besser auf dem anderen Planeten. Wer die Bilder vom weihnachtlichen Lwiw am 02. Januar 2021 sieht und ein wenig das innere deutsche Ordnungsamt ausschaltet, wird verstehen warum.
Ich werde das Ganze hier nach und nach ergänzen und auf folgende Aspekte eingehen. Wenn es irgendein spezielles Interesse gibt, dann kann ich das gerne mit reinnehmen.
- Hinkommen
- Arbeiten und Bildung
- Kochen und kochen lassen: Einkauf und Restaurants
- Rumkommen mit Trollejbus, Tramwaj und Marschrutka
- Zerstreuung: Kultur und Kunst
- Rauskommen: Ein paar Ausflüge (Karpaten, Transkarpatien, Truskawets, Brody, Ternopil, Przemysl)
Im Moment ist Lwiw dank des größten Schneefalls seit 1996 wie fast ganz Europa komplett weiß. Mein Weg zur Tram sah gestern so aus:
Auch wenn ich eher einen alltäglichen und weniger touristischen Tripreport schreiben möchte: Lwiw, knapp 80km hinter der polnisch-ukrainischen Grenze und ca. 750.000 Einwohner groß, ist eine ebenso sehenswerte wie historisch und gegenwärtig spannende (UNESCO-Welterbe-)Stadt. Diese Mischung aus wirklich authentischer, historischer Substanz, post-sowjetischer Quirligkeit und großer Offenheit gegenüber neuen Ideen begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Ich werde das auch immer ein wenig einfließen lassen. Aber vielleicht lässt man zu Themen, wo man zu leicht ins Schwärmen gerät, lieber andere sprechen. Meine Studierenden haben dazu 2019 ein wenig gebloggt und ihre Eindrücke niedergeschrieben: https://geo-e-log.com/exkursionen/ukraina-2019/lwiw
Blick aus einem Café auf die Altstadt von Lwiw (Januar 2020):