[Trip Report] Aegean Airlines Business Class: ATH-TXL

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berlinflyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
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Unterwegs in der Welt
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Datum: 31.01.2010
Flug: A3 852
Typ: A320-200
STD: 0845h (local)
ETD: 1045h (local) -1hr
Flugdauer: 2h35m
Auslastung: C 1/8 Y 52/154
Sitz: 1A


Der Wecker klingelt früh. Zu früh. Brutal früh.

Zwei Tage zuvor bin ich aus den USA kommend in Frankfurt gelandet, zwei Nächte praktisch ohne Schlaf fordern mittlerweile ihren Tribut und als mich Harry Belafonte auf meinem Handy aus dem Tiefschlaf reißt, sind auch die vergangenen 6h Schlaf kaum genug Kompensation. Ich verfluche kurz meinen nicht vorhanden Klingelton- und Weckermusikgeschmack und werde mir bewusst, dass es wohl 6h früh in Athen sein muss und in zweieinhalb Stunden mein Flug nach Berlin geht.

Ich quäle mich aus dem Bett und stelle mich für eine Viertelstunde unter die Dusche, mal heiß, mal kalt, aber auch der gute Kneipp kann an diesem Morgen die Müdigkeit nicht vertreiben.

Eine halbe Stunde später stehe ich mit einem Tee in der Hand auf der Dachterrasse des Intercontinental und schaue fasziniert zur Akropolis hinüber. Rechts hinter den Bergen am Stadtrand sind die ersten Sonnenstrahlen zu sehen und ich spüre eine innere Ruhe und Gelassenheit, gepaart mit der Einsicht, dass man als Individuum doch recht klein und unbedeutend ist, nicht mehr als eine Randnotiz in der Geschichte. Die Akropolis thront sein mehreren tausend Jahren über Athen, erbaut mit bloßen Händen und primitivsten Mitteln und ich beschwere mich über zu wenig Schlaf? Eigentlich lächerlich.

Die Club Lounge im Intercontinental bietet ein leckeres und mehr als ausreichendes Frühstück und ich bin nicht verwundert, dass ich an einem Sonntag früh um kurz vor Sieben der einzige Gast bin. Mit guten Gewissen, schließlich habe ich nur die gesunden Optionen vom Buffet genommen und souverän auf Eier, Speck und Nutellatoast verzichtet, checke ich aus und mache mich auf den Weg zum Flughafen.

Die Innenstadt von Athen ist an diesem Sonntagmorgen schon überraschend aktiv, viele Athener sind schon, oder noch, auf den Beinen und mein Taxifahrer navigiert zielstrebig durch das Häusergewirr auf die Stadtautobahn zu. Dass er sich manchmal vor Müdigkeit die Augen reibt, ignoriere ich einfach. Wie heißt es doch gleich? Der Weg mit dem Auto zum Flughafen ist statistisch viel gefährlicher als der anschließende Flug. Die Statistik wurde mit Sicherheit an einem Sonntagmorgen in Athen aufgestellt.

Um halb Acht kommen wir am Airport an und auch dieser Taxifahrer will mich, wie schon sein Kollege auf dem Hinweg, für Dumm verkaufen. Das Taximeter zeigt 28.95 Euro an, hinzu kommt noch die Maut von 2,90 Euro. Warum der Fahrer dann pauschal 40 Euro haben will, bleibt mir verborgen. Muss wohl an der Krise in Griechenland liegen. Ich bin zu müde und fühle mich nicht in Form, um hier und jetzt einen Streit vom Zaun zu brechen. Ich gebe ihm zu verstehen, dass er mich betrügen will und reiche ihm dennoch die 40 Euro. Mit einem Grinsen reicht er mir den Koffer aus dem Wagen und ich denke in dem Moment, dass ich an seiner Stelle vielleicht auch nicht anders handeln würde. Im Moment herrscht in Griechenland einfach eine wirtschaftliche Panikstimmung, die dazu führt, dass jeder zunächst an sich denkt, was im Grunde sogar verständlich ist. Auch wenn es falsch ist.

Der Check-In verläuft einfach, problemlos und freundlich. Die nette Mitarbeiterin von Aegan Airlines bestätigt meinen vorreservierten Platz 1A und sagt mir noch schnell, dass ich der einzige Gast in der Business Class sein werde und der Vorhang heute hinter Reihe 2 angebracht ist. Mit einem Lächeln informiert sie mich abschließend über die Lage der Aegan Lounge und wünscht mir einen guten Flug. Sehr angenehmer erster Eindruck und ich freue mich zusehends mehr auf meinen ersten Aegan-Flug.

Aegan ist mittlerweile die wichtigste Airline in Griechenland und hat so etwas wie die Rolle der nationalen Luftfahrtlinie übernommen, nachdem Olympic letztes Jahr zerschlagen wurde. Die traurigen Überreste des einstigen Staatscarriers finden sich am Athener Flughafen auf diversen Vorfeldpositionen, Taxiways und in Hangars. Wer eine gebrauchte A340-300, ATR 42/72 oder 737-300 sucht, wird hier allemal fündig.

Auch wenn Olympic mittlerweile mit ein kleinen Flotte und stark reduziertem Streckennetz wieder unterwegs ist wird doch jedem Fluggast schnell klar, dass Aegan nun Platzhirsch ist. 2009 wurde Aegan von Skxtrax als beste regionale Fluglinie in Europa ausgezeichnet und der Beitritt zur Star Alliance ist bereits beschlossen. Die Flotte besteht aus derzeit 33 Flugzeugen vom Typ Airbus A320/312, Boeing 737-300/400 und Avro RJ 100. Neben einem dichten Inlandsnetz werden zahlreiche Ziele in Europa angesteuert, Deutschland ist dabei auf Grund der Partnerschaft mit der Lufthansa derzeit wichtigster Zielmarkt mit Flügen nach Frankfurt, München, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf.

In der Lufthansa Senator Lounge decke ich mich noch rasch mit deutschen Zeitungen ein und statte dann der Aegan-Lounge einen kurzen Besuch ab. Sehr modernes Design in Rot, Grau und Weiss, viel Glas und Stahl zeichnen den Aegan Club in Athen aus. Es gibt PC-Plaetze mit Drucker, mehrere Sitzbereiche, ein umfangreiches Buffet und, sehr wichtig in Griechenland, einen eigenen Raucherbereich. Insgesamt ein frischer und moderner Eindruck und definitiv Star-Alliance-würdig.

Nach 10 Minuten mache ich mich auf den Weg zum nahen Gate nach Berlin und die Aussage vom Check-In bestätigt sich auch beim Blick in den Wartebereich. Der Flug an diesem Sonntagmorgen wird wohl recht leer werden, nicht mal 50 Passagiere verlieren sich am Gate und unsere A320 glänzt in der Morgensonne.

Pünktlich geht es mit dem Einsteigen los und ich werde an der Tür freundlich begruesst. Die Flugbegleiterin hängt sofort meinen Mantel auf, bietet mir Zeitungen und ein Getränk an und verbreitet direkt einen netten und positiven Eindruck. Die Kabine ist makellos, die Sitze in dunklem Leder mit heruntergeklapptem Mitteltisch sind bequem und die Kombination aus grauem Teppich, dunkelroten Vorhängen und heller Kabinenverkleidung sorgt für eine gemütliche Stimmung. Ich fühle mich schnell wohl an Bord und freue mich nun endgültig auf die kommenden 3h.

Das Boarding ist auf Grund der geringen Auslastung überpünktlich beendet und genau um 845h verlassen wir das Gate. Der Start von Runway 21 ist wackelig, aufkommende Regenwolken sind als Erklärung schnell ausgemacht. Nach 10 Minuten ist aber auch schon wieder alles vorbei und wir sind über den Wolken, stahlblauer Himmel empfängt uns hier oben. Der Service kann beginnen.

Als einziger Gast in der Business Class kann ich natürlich von der ungeteilten Aufmerksamkeit der Crew profitieren, dennoch ist der Service merklich freundlich und professionell.

Los geht’s mit Saft und Tee, gefolgt von zwei Wahlmöglichkeiten für den Hauptgang: Rührei mit Speck oder ein warmes Fruchtomelette mit Pflaumen. Ich entscheide mich für letzteres und werde nicht enttäuscht. Dazu gibt es eine Auswahl an warmen Brötchen und Gebaeck, einen großen griechischen Joghurt mit Honig, einen Obstsalat und, wahrend ich noch an meinem Omelette arbeite, bereits schon einen warmen Schokoladenkuchen. Fantastisch fuer ein Europa-Businessprodukt ist alles, was mir dazu einfällt.

Die kommenden 2h verbringe ich mit meiner Zeitung, dem Blick aus dem Fenster und abwechselnd auf die Airshow, die sehr detailliert in 3D dargestellt wird. Dazu bietet Aegan auf der A320/321 und 737-Flotte auch zehn Musikkanäle sowie, zumindest in der Business Class, freie Kopfhörer, falls man, wie ich, sein Bose Headset vergessen hat.


Die Ansagen aus dem Cockpit sind sehr detailliert und ich erfahre, dass wir in 30 Minuten pünktlich in Berlin landen werden. Die Wolken, die die meiste Zeit unter uns zu sehen waren, haben sich aufgelöst und geben den Blick auf ein tief verschneites Deutschland frei. Ich friere innerlich bereits - wann ist der Winter dieses Jahr eigentlich vorbei?

Langsam nähern wir uns wieder dem Boden und in der Business Class gibt es noch eine abschließende Getränkerunde sowohl eine Auswahl an Schokoladen und Pralinen aus einem kleinen Körbchen. Ich habe aber einfach keinen Platz mehr und lehne dankend ab.

Sollten wir in Berlin eine Aussenposition bekommen, so würde ich als Business Class Passagier sogar einen eigenen Transport zum Terminal bekommen. So steht es im Bordmagazin und auch die nette Purserin bestätigt dies auf Nachfrage. Wow!

Nach einer sanften Landung rollen wir allerdings direkt zum Gate 13 und innerhalb von 5 Minuten nach der Landung bin ich bereits am Sixt-Schalter. Beim Blick auf die Aegan A320 vom Übergang zu den Mietwagen aus bin ich überzeugt: Dies war fuer mich der mit Abstand beste Business Class-Flug in Europa. Weder die LH noch die Swiss kommen auch nur annähernd an die heutige Leistung der Aegan heran. Die Star Alliance kann sich wahrlich auf seinen Neuzugang freuen!
 
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