14 Tage Georgien inkl. Abstecher nach Eriwan

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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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1.381
Berlin
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Hallo,

Da neulich die Reaktionen mit Erfahrungen und Tipps zu Georgien rar waren, schreit es vermutlich danach, einen (nachträglichen) Tripreport zu verfassen. Warum Georgien? Als Ländersammler (Georgien ist #86) fehlte mir das Land in Europa noch und da ich 14 Tage Zeit hatte, dachte ich, wäre die Gelegenheit gut. Außerdem schickte sich die Nationalmannschaft dort ein EM-Quali-Spiel abzuhalten.
Mit dem Zug geht es aus der Stadt mit der Wulff-Schanze nach Budapest, um von dort mit Wizz Air nach Kutaissi zu fliegen (Return 77 € inkl. großes Handgepäckstück á 9 kg – viel zu viel Gepäck). Etappe 1 führt mich nach Berlin, wo ich eine kurze Nacht verbringe, da die selbige spontan mit Freunden zum Tag gemacht wurde und um 6.46 der Eurocity Richtung Budapest startet. Nach 1 Stunde im Bett, falle ich aus selbigem und finde mich kurze Zeit später am Berliner HBF wieder. Vor mir liegt eine Fahrzeit von gut 11h 30. Viele werden sich jetzt sicher fragen, wie geizig kann man sein, nur um ein paar Euro (GBW Budapest knapp 60€ RT mit BC 25 > 1100 km für 30 Euro!) zu sparen, solange im Zug zu sitzen. Nun, ich empfinde Zugfahren nicht als schlimm, im Gegenteil. Beim Rausgucken aus dem Fenster kann ich vortrefflich entspannen, über die Welt nachdenken oder einfach schlafen. Letzteres tue ich ungefähr bis zur tschechischen Grenze in einem Abteil ganz für mich allein. Von der Grenze bis Breno finde ich die Strecke sehr schön – teilweise direkt entlang der Elbe. Besonders Usti nad Labem und Breno, beide mit einer Burg/Kirche über der Stadt, habe ich im Geiste für spätere Besuche im Geiste notiert. Die weitere Fahrt verläuft ereignislos. Ich habe das 6er Abteil weiterhin für mich, Füße hochgelegt, döse immer wieder ein und werde nur von den Schaffnern geweckt, die in den unterschiedlichen Transit-Ländern mein Ticket sehen möchten. Pünktlich um 18.35 rollt der EC 171 in Budapest-Keleti ein.




Kurz noch Geld gezogen und mit Bus und Bahn zum BUD Airport aufgemacht. Diesen nach einer knappen Stunde erreicht. Um 22.50 soll W6 2247 starten. Um diese Zeit ist dort nicht mehr viel los, sodass ich nach 2 Min. durch die Siko bin. Als Wizz Air-Beförderungsfall muss man noch ein Stück über das überdachte Rollfeld laufen, um sich in einer Bierzelt-Halle für das Boarding einzureihen und ggf. das Gepäck vermessen/wiegen zu lassen. Alles läuft gesittet ab, nachdem die Tür offen ist, laufen alle nacheinander zum Flieger, der vorne und hinten über Treppen geboardet werden kann. Ich steige als einer der wenigen hinten ein und setze mich ans Fenster. Flieger ist voll, eine Gruppe Kinder direkt neben mir. Aber ich verbringe die 3h Flugzeit an die Seite gelehnt schlafend.
Zur unchristlichen Uhrzeit 4.50 (+1) sollte lt. Plan die zweigrößte Stadt Georgiens erreicht sein. Ich glaube, wir waren etwas schneller dort. Müde begab ich mich zur Immigration, wo ich wartete bis alle vor mir durch waren. Für die Nacht hatte ich keine Unterkunft und wollte warten, bis die Sonne aufging und ich mit der Maschrutka (Minibus) in die Stadt fahren könnte. Nach dem Ziehen von Geld am ATM machte ich es mir auf einer Art Liegefläche bequem und wartete auf die Sonne. Langsam kehrte Stille am Flughafen ein und außer mir, ein, zwei anderen Reisenden und Taxi-Fahrern war nur noch das Personal da. Immer wieder sprach mich ein Taxler (auf russisch) an, ob ich denn nicht für 20 Lari (1 Lari = 0,43 Cent) mit in Stadt (gut 20km entfernt) wolle. Ich teilte ihm mit meinen paar Russisch-Kenntnissen mit, dass ich auf die Maschrutka (ich liebe diese Dinger wie ÖPNV an sich!) warten würde. Irgendwann, es war gegen 6.30, aber immer noch zappenduster und nebelig, kam er, meinte er würde jetzt fahren und für nur 5 Lari, würde er mich an einem Hostel absetzen. Ich fragte nochmal deutlich nach: 5 Lari für Flughafen zum Hostel. Er bejahte. Ich willigte ein. Nach einer langsamen Fahrt durch die ungemütliche Nacht endete die Fahrt vor einem McD im Westteil der Stadt. Er wollte nochmal 5 Lari, für die restlichen KM bis zum Hostel. Auf meiner offline Google Maps Karte konnte ich sehen, dass der Preis zwar okay gewesen wäre, da ich aber dieses Lügen bzw. Ändern von Absprachen hasse, verlasse ich sein Auto mit den Worten malinki banditko und nehme ein anderes Taxi (5 Lari).

Beim Hostel angekommen macht zum Glück eine sehr alte Frau auf, mit Händen und Füßen kann ich ihr erklären, dass ich ein Bett für eine Nacht brauche. Kurze Zeit später lege ich mich hin und schlafe ein paar Stunden. Das Aufstehen gegen Mittag fiel mir schwer. Es war so kalt in dem Haus. Da das Haus bzw. die Etage nur als Hostel genutzt wird, es keine Saison ist (ich war der einzige Gast), es keine Zentralheizung (keine Seltenheit) gibt, war nicht geheizt. Eigentlich laufe ich auch bei knapp über Null nur im Hemd rum, aber dort habe ich echt gefroren. Statt den externen Heizer anzustellen, ziehe ich mir aber meinen Pullover an und gehe in die Stadt – Thilo Sarrazin wäre stolz auf mich.

Dort laufe ich mehr oder weniger ziellos umher. Ich bin kein Freund vom durchgeplanten Sightseeing. Ich lerne lieber den Alltag der Menschen kennen. Da mittlerweile die Sonne schien, in der es angenehm warm war, ging ich in den nächsten Park, trank eine Cola und versuchte einen Kontakt mit den Einheimischen herzustellen. Schwerer als gedacht, da viele auf Fragen, ob sie englisch sprechen würden, verneinten (für richtige Konversationen ist mein russisch leider zu schlecht). Komischerweise waren das mehrheitlich Jungs. Irgendwann fand ich aber zwei, die englisch konnten und Spaß daran hatten, einem Deutschen ihre Stadt zu zeigen.


 
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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Die beiden schienen in der Stadt als Poetry-Slammer bekannt zu sein, sie wurden jedenfalls dauernd angesprochen und ich zu einer Veranstaltung eingeladen (leider war diese am Tag meiner Abreise nach Budapest). Nach ein paar Stunden in der Stadt und einem kurzen Frisör-Besuch (5 Lari) ging es zurück ins Hostel. Im warmen Bett dann abends mal Tinder angeschmissen. In Kutaissi selbst war nicht viel los. Ein paar wenige junge Mädels um die 18,19. In meinem Alter (28J) keine, laut den beiden Jungens, sind da die meisten schon unter der Haube (um endlich Sex haben zu können, spätere Scheidung nicht ausgeschlossen). Ein Match ergab sich aber: Nino, 25 Jahre, 130km entfernt. Im weiteren Verlauf dann mit ihr geschrieben: Sie konnte perfekt englisch, da in Brüssel Praktikantin gewesen und jetzt dort auf Jobsuche. Sie lud mich gleich für den nächsten Tag zu sich ein, da sie entlang der Strecke Kutaissi – Tiflis, wohin ich am nächsten Tag wollte, leben würde. Später haben wir uns dann für Tiflis verabredet, wo sie wohnte – für die nächsten 2 Wochen war sie mein Schlüssel zum Verstehen Georgiens. Immer wenn ich Rat, Hilfe, Erklärungen brauchte, habe ich sie gefragt.
Am nächsten Morgen dann ausgeschlafen. Diese 3h (später 2h) Zeitverschiebung bin ich einfach nicht losgeworden (habe mir aber auch nicht sonderlich Mühe gegeben). Um 10 aus dem Bett und auf zum Bahnhof gemacht. Gegen 12 soll ein Zug nach Tiflis fahren, genaue Fahrpläne kannte niemand. Und meine Quelle war zwar die Eisenbahngesellschaft, aber ich wusste nicht, wie alt der Fahrplan war. Zugfahren – gerade auf der Strecke - ist nur etwas für Sparfüchse oder Liebhaber, deshalb scheidet das Verkehrsmittel für die meisten aus: Die Fahrzeit mit dem Zug beträgt 6h für knapp 230 km (lt. Google) und kostet 8 Lari. Die Maschrutka braucht nur 3,5h und kostet 10 Lari. So kam es, dass sich gegen 12:30 ein fast leerer Zug in Bewegung setzte. Zum Start auch nur aus einem Waggon bestehend…im Verlauf der Reise wurden aber ein paar angehängt.



Die Fahrt war ganz ok. Es gab nicht so viel zu sehen, sodass ich (mal wieder) schlief. Immerhin war ich wach, als wir Gori erreichten, den Geburtsort Stalins. Da kein Mensch wusste, wie lange oder kurz wir halten würden, blieb ich im Zug. Wie alle anderen auch. Durch die vielen Puffer im Plan wurde Tiflis pünktlich gegen 18.30 erreicht.

Mit der Metro (man muss eine Metrokarte kaufen – kostet allerdings fast nichts und kann auch in den Maschrutkas und der Seilbahn genutzt werden) ging es zum Hostel, das für die Nacht mein Schlafplatz sein sollte. Da ich nie reserviere, hatte ich Pech: alles voll. Entlang der Straße (zw. Dinamo Arena und Metro Marjanishvilli), einer besseren, wenn man die Geschäfte sah, solle es aber mehrere geben. Da es begann zu regnen und ich weit und breit kein Hostel sah, habe ich die nächste Bleibe angesteuert, die ich sah. Für 50 Lari bekam ich ein Zimmer mit (heisser!) Dusche auf dem Gang, Heizlüfter und Tv. Naja. Für eine Nacht ok.

Am Abend dann auf Tipp von Tinder-Nino in ein Lokal gegangen, welches gutes georgisches Essen habe solle. Ich wollte Khachapuri essen. Vielleicht habt ihr es damals auch beim HON/UA gesehen: So ein Brot mit Ei und geschmolzenem Käse in der Mitte (Hinweis: ich versuche mich vegetarisch zu ernähren und fahre voll auf Käse ab). Was dann allerdings den Weg an meinen Tisch fand, war auf den ersten Blick enttäuschend:




Sah aus wie eine Pizza. War aber super lecker und machte ziemlich satt. Abends dann wieder mit Nino geschrieben, die mir erklärte, dass das Khachapuri in der Form, in der ich es haben wollte, nur so in einer Region (Adjaruli) gemacht würde. Ich also beim nächsten Mal daraufhin weisen müsste, wie ich es gerne hätte.
Die Bettruhe war nicht gut. Leider machten mir ein paar PS-geile Georgier einen Strich durch die Rechnung. Als Nation von Autofreaks (vor allem deutsche Nobelkarossen älterer Baujahre), die nachts gerne Gas gaben, wurde meine Nachtruhe ziemlich eingeschränkt. Irgendwann gegen 3 eingeschlafen und gegen 7,8 Uhr aufgewacht. Kurze Zeit befinde ich mich in der Maschrutka #6 nach Didube, dem Minibus-Bahnhof. Von dort gelangt man fast in alle Landesteile. Ziel der heutigen Fahrt war Kazbegi (oder Stepantsminda) an der russischen Grenze. Nach einigem Durchfragen wurde ich zum richtigen Platz gebracht, wo ich gleich für 10 Lari (korrekter Preis ohne Handeln oder „Touristenzuschlag“) ein Platz in einem Geländewagen fand. Diese Wagen fahren erst, wenn sie voll sind. Voll heisst, 3 hinten, 2 vorne (inkl Fahrer). Nicht wie zb. in Afrika, wo hinten 4 und vorne 3 sitzen. Also vollkommen ok. Die 2 h nach Kazbegi vergingen schnell. Auf der Strecke, die bis auf ein paar Ausnahmen recht gut in Schuss war, lagen ein Stausee und eine Kirche, die beide zu Fotos einluden. Leider konnte ich nur den Stausee auf einem Foto festhalten.



Je näher wir Kazbegi kamen, desto mehr Schnee gab es. Die Straßen aber waren davon frei, jedoch nicht von LKW, die sich Richtung Mutter Russland quälten. Eine Qual war auch, dass Georgier viel und gerne rauchen. Überall. Auch im Auto. 3 von 5 haben geraucht. 1 war betrunken. Immerhin wurde das Fenster geöffnet und sich an jedem Friedhof 2-3 Mal bekreuzigt.
Im Vorfeld hatte ich mich via Couchsurfing an eine local gewandt, um zu fragen, wie es mit Schnee wäre. Ihre Antwort war damals, dass es Frühlingshaft sei. Nun, da gibt es dann doch ein paar Differenzen in der Beurteilung. Angesichts der Schneemassen, meines Plans zum Aufstieg zur Gergeti Kapelle und nicht vorhandener Winterausrüstung hatte ich schon ein paar Sorgen. Nachdem Kazbegi aber erreicht wurde, relativierten sich diese, da es doch ein paar schneefreie Flecken gab – aber viel Matsch!



Für den Tag sah der Plan nichts mehr vor, außer durch den Ort zu gehen (zu sehen gibt es dort nicht viel), und was zu essen zu kaufen. Auch hier war wenig los. Wintersportler fahren in andere Orte, für Wanderer war es zu früh, sodass der Ort noch im Winterschlaf war. Zur Stärkung gab es dann leckeres, warmes Brot, ein paar eingemachte Gurken und eine Art Kohl-Salat. Auffällig war auch das Angebot an deutschem Bier. Klar, Becks, Weißbier etc. gibt es fast überall. Aber, dass es dort auch Herrenhäuser gab, war doch überraschend.



Abends dann früh ins Bett um fit zu sein für den Aufstieg zur Gereti Kapelle.

Morgen geht´s weiter...
 
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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
804
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Berlin
Es stand also der Aufstieg zur Gereti Kapelle an. Aufstieg ist doch etwas übertrieben, da den Ort und die Kapelle lediglich 400 Höhenmeter trennen, die man entweder über eine Straße, auf der im Sommer auch Geländetaxis für 40 Lari Leute befördern, oder gerade hoch erklimmen kann. Sonst bin ich kein Freund des Wanderns, aber die Bilder von der Kapelle und der Aussicht machten mich einfach neugierig.
Am Morgen war das Wetter leider nicht ideal, sodass ich mich bereits im Tal darauf einstellte, den Mt. Kazbek (5033 m) nicht zu sehen. Es waren einfach zu viele Wolken in der Höhe, die die Berggipfel versteckten. Meine „Herbergsmutti“ warnte mich noch vor Schnee. Ein Australier empfahl mir mich dick einzupacken, da es auf dem Hochplateau ziemlich windig wäre. Guter Dinge startete ich gegen 11 und war bereits nach 30 Minuten kurz vor dem Umkehren, da ich keine Lust mehr hatte und ich mich in einem Dorf, der Weg war dort nicht markiert, verfranzt hatte. Aber schnell verwarf ich die Idee.



Nach einiger Zeit kam ich auf die Straße zur Kapelle und fand wenig später meinen Laufrhythmus. Zu Beginn war die Straße noch frei von Schnee, was sich alsbald ändern sollte.



Der Schnee wurde immer tiefer und tiefer. Nach einiger Zeit erreichte ich die Abkürzung und probierte diese aus. Mit meinen Schuhen war dort aber kein Weiterkommen. Also der lange Weg, was etwa 2km mehr Strecke bedeutete. Kurze Zeit später fing es heftig an zu schneien und die Straße verschwand. Ich stand im Nichts. Nur ein einziges großes Schneefeld.



Meinem Instinkt folgend, ging ich einfach mal drauf los und fand mich bis zu den Hüften im Schnee. Keine gute Idee. Meine Hose war fortan etwas nass, ebenso die Schuhe. Mit etwas Glück entdeckte ich ein paar Spuren und folgte diesen, welche mich wieder auf die „Straße“ führten. Der bin ich dann ca. weitere 30 Min. gefolgt, bis ich die Kapelle vor mir sehen konnte.



Nur noch kurz über das weit weniger verschneite, aber glitschige Plateau zur Kapelle. Dort oben begegnete ich auch den ersten Menschen seit knapp 2 h. Und alle waren dick eingepackt, hatten Spikes und Stöcke bei sich. Der Ausblick entschädigte für alles und das Wetter hat sich auch schlagartig verbessert.





In der Kapelle, in der 1 Priester betete und 3,4 andere Arbeiten verrichteten, konnte man sich aufwärmen. Als ich aber draußen meine Brotzeit auspacken wollte und mich zu stärken, hieß es nur „Njet“ und ich begab mich alsbald auf den Rückweg. Bergab ging es doch schon gleich viel schneller, und nach knapp 45 Minuten war ich wieder daheim.
Insgesamt lässt sich sagen, ist das ganze mehr ein Spaziergang, wenn man den Weg kennt und es nicht schneit. Und ich doch froh war, allein auf weiter Strecke gewesen zu sein. Im Sommer neben den Autos und vielen anderen dort hochzulaufen, stelle ich mir nicht so schön vor. Den Nachmittag dann mit dem Australier verbracht, der ein paar vereiste Wasserfälle an der Grenze zu Russland besucht hat. Abends gab es von „Mutti“ georgisches Essen (eine Suppe, einen Krautsalat und Brot), obwohl nicht inkludiert (bei 34 Lari für 2 Nächte).

Am nächsten Morgen ging es wieder nach Tiflis. Vom Marktplatz wollte ich eine Mashrutka nehmen, nachdem der 9-Sitzer partout nicht vollwerden wollte, wurden wir in normale PKW umgesetzt und für 15 Lari (aufmerksame Leser bemerken den Unterschied: Hin 10, rück 15. Haben aber alle das gleiche gezahlt…) ging es zurück in die Hauptstadt. Auf dem Weg dorthin konnte man gut das Chaos auf den Straßen Georgiens erleben: Wilde Überholmanöver an unübersichtigen Stellen, Kühe, die Autos touchierten und einer menschlichen Leiche, die im Regen auf dem Boden lag und der Verkehr, der sich darum schlängelte.

Den restlichen Tag nutzte ich trotz Regen um mir etwas von Tiflis anzusehen – einfach in eine Mashrutka und bis zum Ende der Linie gefahren (0,80 Lari). Dabei fiel mir auf, dass alle Polizeiwachen neu und aus Glas waren und auch die Polizeiwagen (Ford) allesamt neu waren. Nino erklärte mir dann später, dass vor einiger Zeit die Polizei komplett erneuert wurde (auch das Personal) um Korruption zu bekämpfen und die Glasbauten sollten Transparenz verkörpern, sodass jeder sähe, was in den Polizeistationen abgehen würde.

Abends versuchte ich dann herauszubekommen, zu welchem Busbahnhof ich müsste, um nach Erivan zu gelangen. Dies erwies sich schwieriger als erwartet, da lt. Auskunft von Gvantsa, eines anderen Tinder-Matches, Georgier kaum ihre Nachbarländer besuchen würden. Obwohl sie in die Türkei, Aserbaidschan und Armenien ohne großen Aufwand könnten. Zum Glück konnte Google helfen: Ortachala hieß die Station.

Am nächsten Morgen ging es dann nach einem kurzen Abstecher zum Stadion, wo die Vorverkaufsstellen für das EM-Quali-Spiel nicht vor 11 Uhr öffnen würden, per Taxi (5 Lari) zum Busbahnhof. Kurz nach dem aussteigen, werde ich auch schon angesprochen und mir ein Sitz für 30 Lari nach Erivan offeriert. Im MB Vito wartete bereits eine Person. Eine Kasachin, die perfekt englisch sprach. Mit ihr scherzte ich viel rum, da sich die Abfahrt immer weiter verzögerte, da wir auf Leute warteten. Irgendwann ging es los – ohne, dass der Wagen voll war. Richtung Norden – also weg von Erivan. Wir stoppten am HBF und wurden mit einer anderen Mashrutka zusammengelegt. Jetzt waren wir voll. Es folgten noch 2 Stopps um Gemüse und Waschmittel einzuladen. Nach 2 Stunden rumeiern, ging es dann wirklich los Richtung Armenien. Die Stimmung an Bord unter den Passagieren war gut, besonders als wir hielten, um nochmal einen Reifen zu wechseln…Galgenhumor stellte sich ein und es war auch förderlich für das Gemeinschaftsgefühl. Im weiteren Verlauf wurde ich mit allem möglichen Gebäck/ Backwaren, und davon gibt es dort viel, vollgestopft. Aber ich beschwere mich nicht. Die Landschaft erinnerte mich an Kirgistan: Grüne Wiesen, im Hintergrund schneebedeckte Berge. Es fehlten nur die Jurten. Dafür gab es heruntergekommene Häuser en masse.
 

journey

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24.12.2009
804
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Berlin
Auf guten Straßen, auf denen es zügig voran ging, erreichten wir die Grenze.



Schnell in GE ausgestempelt, in den Wagen, auf die armenische Seite. Dort ging es auch zügig voran, bis ich an der Reihe war: Gleich auf Seite 1 in meinem Pass habe ich ein (Transit-)Visum aus Aserbaidschan (AZ). Armenien und AZ haben ein paar diplomatische Spannungen, um es mal freundlich auszudrücken (Stichwort u.a. Berg Karabach). Mein Pass wurde auf die Seite gelegt und später durch einen anderen Grenzer übernommen. Dieser stellte mir eine Reihe von Fragen:

Warum waren sie in AZ? Wie lange waren sie da? Wo haben Sie geschlafen? Wen kennen Sie dort? Wen kennen Sie in Armenien? Wie lange wollen Sie bleiben? In welchen Ländern waren sie in den letzten 3 Jahren? An der Stelle musste ich schmunzeln. Wie eingangs erwähnt, sammle ich Länder. In den letzten 3 Jahren war ich sicherlich in 30…und ich begann wahrheitsgemäß zu antworten: Ghana, Togo, Benin, Kambodscha…mich beschlich das Gefühl, dass der junge Grenzer mir gegenüber die Länder kaum kannte (bzw. deren englische Namen).
Irgendwann nannte ich nur noch europäische Länder bis er anmerkte, dass es reichen würde. Bei der Frage nach dem Familienstand (single) konnte er kaum glauben, dass a) ein so geiler Typ oder b) ein so alter Typ noch nicht verheiratet sei. Ich merkte daraufhin an, dass dies ja nur alles erschweren würde. Nach gut 30 Minuten war das Interview, was sowohl mir als auch ihm Spass bereitet zu haben schien, beendet und ich durfte zu meiner Mashrutka, deren Insassen schon ungeduldig warteten. Mit einem „Sorry!“ stieg ich ein und weiter ging es.

Bergauf. Immer Bergauf. Auf etwas schlechteren Straßen, aber voll ok. Mehr und mehr Schnee war zu sehen, welcher ziemlich blendete. Nach einem Stopp im Nichts, bei dem und 2 Frauen verließen (WIE KANN MAN DORT LEBEN? IM WINTER?), ging die Fahrt weiter.



Irgendwann tauchte der Mt. Ararat am Horizont auf. Ein Zeichen, dass wir Eriwan näher kommen, obgleich der Berg in der Türkei liegt! Die Fotos aus dem Auto waren nur solala, aber den ganzen Laden wollte ich nicht schon wieder aufhalten, also fragte ich nicht, ob wir kurz stoppen würden. Radio Eriwan hatte für den folgenden Tag ebenso schönes Wetter angekündigt, es bestand also kein Grund zu Eile. Nach einem kurzen Abendessen ging es ins Bett.

Für den Folgetag stand „Sightseeing“ an. Leider hatte Radio Eriwan mit dem Wetterbericht daneben gelegen und es war ein grau in grau. Sodass ich Fotos vom Ararat vergessen konnte. Ziellos schlenderte ich mehr oder weniger durch Eriwan. Fuhr mit der Ubahn (1 Line) bis an das eine Ende, lief dort zu einem „See“, von dort zum schönen Bahnhof, zur Oper (hier konnte man sogar Räder ausleihen – hätte ich gerne gemacht, wäre das Wetter besser gewesen), weiter zum Cascade Complex. Schwer zu sagen, was das überhaupt ist. Aber man kann eine Reihe von Stufen hochsteigen und ist am Ende höher als das Empire State Building. Zwischendrin kann man Kunst bewundern oder ein Charles Aznavour Museum.







Ich begnügte mich mit dem Ausblick. Man konnte dort übrigens eine Vielzahl von IranerInnen sehen, die den Urlaub nutzten, ein frei(eres) Leben zu genießen (lt. Eigener Aussage!): Ohne Kopftuch, mit Facebook, Wiskey etc.
Später fuhr ich zum anderen Ende der Ubahn, lief dort noch etwas rum, und wurde durch den Geruch aus einer Bäckerei angelockt.



Mit einem warmen Brot setzte ich mich auf eine Bank und checkte mal die News (es gibt dort viel free Wifi!) und las vom Unglück der Germanwings-Maschine. Schlagartig veränderte sich meine Laune und ich fuhr zurück ins Hostel, um mich weiterhin informieren zu können. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass mir das VFT extrem half, den Überblick zu behalten. Ohne das Zusammentragen der vielen Quellen hätte ich (ohne Laptop, nur mit Smartphone) schnell den Faden verloren. Den ganzen Abend klebte ich am Telefon, um die Flut an Neuigkeiten zu bewältigen.

Später mehr…
 

SuperConnie

Erfahrenes Mitglied
18.10.2011
5.018
56
Nordpfalz
Kleine Ergänzung (Besuch in Eriwan Anfang März 2015)

Lieber Mitinsasse journey, ich klinke mich frecherweise mal hier mit ein paar Aperçus ein. Von meinem Hotel konnte ich den schneebedeckten Berg Ararat sehen, es war aber für eine Ablichtung zu dunstig.

Alles ein wenig sowjetisch, U-Bahneingang Republik. (Die Züge stammen noch aus dem Eröffnungsjahr Anfang der 80er, Stationen liegen kilometerweit auseinander.)

IMG_2574.jpg

Am einen Ende der Metro (Drushba) kommt man nach einer endlos langen Rolltreppe in einem unterirdischen Basar raus; oben sieht es so aus, der Trolley kostet ca. 10 Euro-Cent (die U-Bahn habe ich mich wg. Fotografierverbots nicht zu fotografieren getraut):

IMG_2575.jpg

Die Altstadt wird komplett zerstört und durch fürchterliche Wohnblocks bzw. Geschäftsgebäude ersetzt.

IMG_2582.jpg IMG_2584.jpg

Blick aus dem Hotelfenster (Congress) während eines Hagelschauers:

eriwan_2590.jpg
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Juser, das Dazwischengrätschen sei dir gestattet. Ich habe in einer Station eine Fahrtzeit von 1 Minute und 10 Sekunden auf der Rolltreppe gestoppt. Und die fahren etwas schneller als bei uns. Das ganze wirkte sich auch irgendwie auf meinen Kopf aus. Ich war ab und zu geneigt mich nach vorne zu lehnen, da mich die Bewegung irgendwie überforderte.

Ich habe mal probiert eine U-Bahn-Station zu fotografieren. Da mit dem Handy aus der Hüfte geschossen, ist das Ergebnis nicht sonderlich.



Am erwähnten und abgebildeten Republic Square gibt es im Frühling/ Sommer in den Abendstunden immer ein Wasserspiel.

Wenn ich mich nicht irre, zeigt das Foto der Metrostation das nördliche Ende, an dem ich vom Germanwings-Unglück erfuhr.
 

journey

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24.12.2009
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Berlin
Am Mittwoch, den 25., ging es nach 2 Nächten in Eriwan schon wieder zurück. Bei schönem Wetter hätte man noch mehr machen können. Laut Wikitravel gibt es mehrere Tagestouren ins Umland, die es wert sind, länger zu bleiben. Aber die Aussicht wieder mit der Kasachin zu fahren und die Vorfreude auf Nino, Fussball etc. führte mich wieder nach Tiflis.

Mit dem Taxi ging es zum Busbahnhof, wo morgens noch nichts los war. Lediglich 2 Personen waren in der Mashrutka nach Tiflis. Bei 11 Sitzen. Ich stelle mich auf eine lange Wartezeit ein. Aber oh Wunder starteten wir kurz darauf zu viert (3 Passagiere + Fahrer). Ich war mir sicher, dass wir irgendwo wieder verladen wurden, aber dem war nicht so. In der Besetzung ging es Richtung Georgien. Ob sich das für den Fahrer gerechnet hat?! An dieser Stelle sei erwähnt, dass es auch einen Nachtzug zw. Tiflis und Eriwan gibt. Aber aufgrund der doch reizvollen Strecke empfehle ich mindestens eine Fahrt im Auto durchzuführen. Dazu gehört auch eine Fabrik kurz vor der Grenze, die in der Berg gehauen zu sein scheint und ein Hochhofen/ Verbrennungsofen (?) auf dem Berg. Wirkte etwas wie aus einem James Bond Film.



Die Ausreise aus Armenien ging etwas schneller, aber auch nicht zügig. Ein paar Mal wurde der Pass durchgeblättert bevor ich passieren durfte. In Georgien alles kein Problem, obwohl hier das ganze Gepäck gescannt wurde. Kurze Zeit später die georgische Hauptstadt erreicht und per Taxi zum Stadion kutschieren lassen, um endlich die begehrten Tickets für das Deutschland-Spiel zu erwerben. Vor den einzelnen Countern herrschte teilweise dichtes Gedränge. Da ich keinen Bock hatte, mich samt Tasche durchzuwurschteln, habe ich mich wie ein paar andere vor einen geschlossenen Counter eingereiht. Und siehe da, kurze Zeit später wurden wir dort bedient. Zum Glück sprach das Personal englisch, sodass die Platzauswahl kein Problem darstellte. Tickets kosteten 10, 20, 30 oder 40 Lari. Das sind doch ziemlich angenehme Preise!



Am Tag drauf war das Wetter top und ich genoss den Ausblick von der Dachterrasse im Hostel. Vom 15. Stock hatte man eine gute Aussicht. Witzigerweise ist es so, dass die Bewohner die Benutzung des Fahrstuhls mit 0,2 Lari bezahlen müssen. Für Hotelgäste ist dies gratis. Und das soll auch keine Seltenheit sein. Andere Länder, andere Sitten…



Später ging es dann in die Altstadt. Bin eine Strecke zum Narikala Fortress und Mother Georgia mit der Seilbahn gefahren (konnte man bequem mit der Metro-Karte zahlen). Vom Hügel ist der Ausblick auch nicht schlecht. Sehr interessant zu beobachten der Stilmix von Kirchen, Sowjet-Häusern und modernen Neubauten. Unter anderem auf den Präsidentenpalast, der eine Glaskuppel hat wie der Deutsche Bundestag. Ich wollte noch nachgucken, wer da von wem abgekupfert hat…





















Nach einem Spaziergang durch die Altstadt habe ich Wikitravel gecheckt, was ich noch machen könnte. Meine Wahl fiel auf einen Vergnügungspark ebenfalls über der Stadt. Von der nahen Metro-Station Rushtavelli ging es per 124er Bus auf den Berg, direkt vor den Eingang. Kennt ihr den Film „Die schrillen Vier auf Achse“ mit Chevy Chase??
Genauso fühlte ich mich. Der kitischige Park erwachte gerade aus dem Winterschlaf.




Es war wenig los, man musste noch keinen Eintritt zahlen, da viele Fahrgeschäfte eingemottet waren. Immerhin hatte das Riesenrad geöffnet, mit dem ich mir eine Fahrt gönnte. Es war ziemlich riesig, sodass die Fahrt auch lang dauerte.

Danach genoss ich einfach die Sonne, bevor ich noch eine Verabredung mit Tinder-Gvantsa hatte. Bei Tinder hatte ich sie geliked, weil sie eben nicht dem (typischen) georgischen Schönheitsideal entsprach. Umso größer dann die Überraschung, als sie in High Heels und Businessoutfit kam. Und das, obwohl sie kurz zuvor einer Vorlesung über globale Erwärmung besucht hatte. Das, und die Tatsache, dass sie kein chinesisches Essen mochte (obwohl sie dort 1,5 Jahre lebte), zeigten, dass dies nicht die zukünftige +1 wäre ;) Ich denke da immer, dass sie das hart verdiente Geld für dämliche Klamotten ausgeben und so weniger Geld zum Reisen bleibt…

Nach einem kurzen Abendspaziergang, bei dem ich ihr per Handy den Weg ausleuchten musste, damit sie sich mit ihren Heels nicht verletzte, trennten sich unsere Wege und ich lies den Abend auf der Dachterasse bei Bier ausklingen.
 

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24.12.2009
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Am Freitag zog es mich nach Mtskheta, schlanke 15 Minuten nördlich von Tiflis. Der Ort war antike Hauptstadt und ist noch religiöses Zentrum. Für 1 Lari ging es von Didube per Mashrutka (was sonst?!) nach Mtskheta. Bei feinstem Sonnenschein erreiche ich die Swetizchoweli Kathedrale. Ich bin nicht allein. Mit mir sind noch mehrere (Grund-)Schulklassen auf dem Gelände. Was sofort auffiel war, dass auch hier die lieben Kleinen mit Smartphones in der Hand rumrennen, aber warum sollte es hier auch anders sein…





Das nächste Ziel seht ihr hier im Hintergrund: Das Dzawari Kloster.



Man könnte dort theoretisch hinwandern, aber ich wusste nicht, wo ich den Fluss überqueren konnte und auf der Straße waren es sicherlich gute 12 km, eben immer entlang dieser. Also fiel meine Entscheidung aufs Taxi, von denen es überall immer reichlich gab. Für 15 Lari wurden wir uns einig. Der Weg bestätigte mich in meiner Meinung: Die Strecke war nicht sonderlich attraktiv zum Laufen. Dauernd hätte man Rücksicht auf rasende Taxis nehmen müssen. So war es auch nicht verwunderlich, dass im bzw. um Kloster viel los war. Vornehmlich russische Touristen. Von Deutschen fehlte noch jedes Anzeichen.






Eigentlich wollte ich danach noch nach Gori, um mir das Stalin Museum anzusehen. Bei dem guten Wetter hatte ich aber keine Lust 2x90 Minuten im Auto zu sitzen. Stattdessen bin ich schnell zurück nach Tiflis und habe in der Sonne gelesen.

An der Stelle kann ich vielleicht etwas zum Essen schreiben, da ich mich selbst gefragt habe, was ich die ganze Zeit gegessen habe. Ich bin in der Zeit vielleicht 4-5 Mal Essen gegangen. Aber ich habe nicht gehungert, im Gegenteil. Habe ziemlich viele Khachapuri to go gegessen. Die Bude war direkt bei mir um die Ecke und immer wenn ich irgendwo hin wollte, musste ich dort vorbei – ohne dort zuzuschlagen. Dort war meistens eine Schlange, was ich als gutes Zeichen deutete.




Dafür zahlt man so 1-2,2 Lari pro Stück und ist danach ziemlich gesättigt. Ansonsten konnte ich an Bäckereien kaum vorbeigehen, ohne was (Warmes) auf die Hand zu kaufen. Lecker fand ich Teigtaschen mit Kartoffel-Füllung.

Am Samstag stand ein Treffen mit Nino an. Wir waren für den Nachmittag verabredet und wir wollten zusammen zum Ethnografischen Museum (3 Lari Eintritt). Dort wäre ich sonst mit ziemlicher Sicherheit nicht hingegangen. Was ein Fehler gewesen wäre! Es gab viel zu sehen und zu erfahren. Im parkähnlichen Gelände standen eine Reihe von Häusern aus unterschiedlichen Epochen, Zeiten und Regionen. In den Häusern sind Paten, die die Besonderheiten des jeweiligen Hauses/ Zeit erörtern. Dank der (Vorgänger-)Regierung gab/ gibt es ein Programm, das Englisch fördern sollte, sodass die Damen und Herren, auch auf Englisch erzählen konnten. Auch die Rentner, obwohl die ihren Text mehr aufsagen mussten. Trotzdem höchsten Respekt! In einem Haus war eine ältere Dame, die sogar ein bisschen drolliges Deutsch konnte :)







Zu den Exponaten gehörten u.a. eine Wiege mit Art von Blasenkatheter und eine Vorrichtung für Kleinkinder um das Laufen zu lernen. Es gab dort auch eine antike Mausefalle…diese müssen dato extremst groß gewesen sein.




Nach zwei Stunden im Museum schickte sich selbiges an zu schließen und Nino und ich fuhren in den Vake Park. Dieser befindet sich im wohl schicksten Viertel Tiflis. Angesichts des Wetters und Tageszeit war dort nicht allzu viel los. Dort konnte ich sie dann mit meinen nicht vorhandenen Sonnenblumenkern-Essens-Skills zum Lachen bringen. Während sie einen nach den anderen mümmelte, mühte ich mich damit ab. Nach einer weiteren Stunde haben sich dann wieder unsere Wege getrennt, wir waren ja noch für den Folgetag zum Fussball verabredet.




Mich zog es wieder in die Altstadt, wo ich Kinkhali (gefüllte dumplings) essen wollte. Auch eine georgische Spezialität (In Kirgistan nennt man sie mante). Ich nahm die mit Käse. Die gibt aber auch natürlich auch mit Fleisch. Zuerst orderte ich 5 Stück, was aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein war. Kurze Zeit später fanden nochmal 5 den Weg an meinen Tisch. Es hätten noch mehr sein können, aber ich wollte nicht als Fresssack dastehen. Auf dem anschließenden Heimweg habe ich mir dann noch eine Kartoffeltasche an der Bude geholt :D


Unkundige essen die mit Messer und Gabel (nur zur Deko auf dem Foto!) und verputzen alles. Richtig werden sie mit Fingern gegessen und der obere Zipfel bleibt liegen. Anhand derer wird gezählt wie viele man gegessen hat und man gilt als arm, wenn man auch den letzten Rest verdrückt.

So, später geht’s dann mit dem Matchday weiter!
 

t.tobsen

Erfahrenes Mitglied
25.12.2012
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165
HAM
Danke für diesen Bericht! Armenien ist bei mir ab Freitag angesagt, daher ein toller Vorgeschmack.
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
@t.tobsen: Zu Armenien hatte ich ja nicht viel zu schreiben, vielleicht hast du dann ja Lust dazu? :p

@freak: ich werde es ändern. Hatte es aus Rücksicht auf Tablet/Mobile-Juser so gehandhabt. Aber danke für die Kritik!

Eigentlich wollte ich ja noch nach Mestia fliegen, aber unter Berücksichtigung der Ereignisse der Tage zuvor habe ich mich dagegen entschieden. Ich möchte euch aber dennoch nicht die Infos zum Flug vorenthalten, die ich via Email (mari@vanillasky.ge) erhalten hatte:

"Let me inform you, that flights from Natakhtari to Mestia and back are operated by air company Serviceair, by air plane LET 410-UVP.

Flights are on Monday, Wednesday and Friday.
From Natakhtari to Mestia at 11:00 AM and from Mestia to Natakhtari at 13:00 PM.
Registration time is one hour before the flight.

Flight duration is one hour.
Ticket price is 65 GEL /per way , per person (adult); children 0-3 years is free of charge; children 3-12years / 45.50GEL.
Price includes free transfer from Tbilisi , M.S. Rustaveli and back - from Natakhtari to Tbilisi also.
Transfer point is : nearby Metro Station Rustaveli, near fountain ( before Macdonald’s restaurant). Our white Mercedes Sprinter will make transfer on 09:20am.

Driver’s contact number is : +995 595 53 80 84 (Zura).
For reservation , you have to send passenger’s name , surname, passport number, date of birth and citizenship. We need contact number also.

As for the payment , deadline is three days before the flight (in case of international bank transfer -7days).
Limit of the hold luggage and for carry-on baggage in total is 15kilos /per person.

Notes : Ticket is non-refundable; non-changeable.

We operate flights all around the year.
Please, consider , that timetable maybe changed in September (only hours )….

Also we can offer you excursions, transfer and guide service in Mestia and inside of Georgia to any direction…"
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
804
1.381
Berlin
Die Nacht auf Sonntag war ziemlich schlimm. Nach und nach rückten Gruppen von deutschen Fans ein, die nicht gerade leise waren. Das „Highlight“ war aber eine Gruppe aus Berlin. Diese hatte im kombinierten Hotel + Hostel (es ist eigentlich ein Hotel mit ein paar Mehrbettzimmern) ein 4-Bett-Zimmer gemietet, checkten dort auch ein, gingen zum Genuss von ein paar Bieren (diese habe oft 12 %) in die Stadt. Als sie wiedergekommen sind, mussten sie feststellen, dass ihr Zimmer durch eine andere Reisegruppe belegt war. Angeblich sei es zu einem Missverständnis bei der Buchung gekommen. Der Unmut der Alkoholisierten war daraufhin groß, was sie das gesamte Ho(s)tel wissen ließen. Der Höhepunkt war der Versuch das Zimmer zu stürmen. Erst nachdem eine lokale (private) Sicherheitskraft vom Typ Moskau Inkasso hinzugezogen wurde, kehrte Ruhe ein. Es war immerhin auch schon 8 Uhr.

Durch die unruhige Nacht und das schlechte Wetter habe ich den halben Tag im Bett verbracht und youtube-Videos geguckt (Tatort, Anstalt etc.). Gegen Mittag trieb mich das schlechte Gewissen aus dem Bett. Ich MUSSTE unbedingt noch das Khachapuri mit Butter, Käse und Ei in der Mitte Essen. Kurz Google Maps angeschmissen und in der Nähe ein Restaurant ausgemacht, welches mit 4,5 von 5 Sternen bei TA bewertet wurde. Nino bestätigte das gute Urteil ebenfalls. Der Weg führte mich ins Taglaura. Das scheint eine kleine Restaurant-Kette zu sein (mit 4 Filialen in Tiflis).

Der volle Parkplatz war bereits ein gutes Zeichen. Drinnen war alles proppenvoll und ich musste ein paar Minuten warten bis ein Tisch frei wurde. Leider befand sich dieser im Raucher-Bereich. Nochmal der Hinweis: Georgier rauchen viel und überall!





Die Karte war umfangreich und alles sah sehr gut aus. Aber es stand bereits fest, was ich essen wollte: Khachapuri adjaruli. Dazu wurde ein Birnensaft gereicht (zusammen 8,50 Lari). Die einzige offene Frage war, welche Größe sollte das Hauptgericht haben: Small, Medium, Large oder Giant. Ich entschied mich für Medium. Vollständigkeitshalber nochmal das Foto:



Anfangs wusste ich nicht, wie ich es essen sollte. Habe einfach zu Beginn die Brotkruste abgebrochen und in der Mitte eingetunkt. Später dann den vollgesogenen Rest mit Messer und Gabel gegessen. Ob das so richtig war, keine Ahnung. Es hat niemand entgeistert geguckt.
Meine Entscheidung habe ich später etwas bereut. Das Khachapuri war sehr lecker. Und es hat soo satt gemacht, dass ich nichts mehr anderes essen konnte. Und Essen halbfertig liegenlassen, mag ich nicht. Als ich sah, was auf anderen Tischen liegen geblieben ist, tat mir das fast schon weh. Anschließend zurück ins Hostel gerollt und ein Verdauungsschläfchen gehalten.

Für 19.00 (kickoff 20.00) war ich mit Nino verabredet. Um 18.30 wollte ich eine Mashrutka nehmen und bequem zum Treffpunkt fahren. Leider machte mir das Sicherheitskonzept der Polizei einen Strich durch die Rechnung, da der Bereich um das Stadium großräumig abgesperrt war. Per Pedes ging es dann den letzten Kilometer zum Stadion. Im Özil Trikot (am Tag des WM-Endspiels in Pristina gekauft. Musste mich zw. Özil und Götze entscheiden. Da mir der Verkäufer versicherte, dass Özil ein guter Spieler sei und er im Finale treffen würde, habe ich die „8“ genommen). Es gab aber keinerlei Probleme mit pöbelnden Leuten oder Versuchen das Trikot zu zocken. Im Gegenteil – nur positive Reaktionen.

Die Umbauarbeiten an den Drehkreuzen am Eingang, die ich die Tage zuvor beobachten konnte, schienen rechtzeitig fertig geworden zu sein. Der Zutritt zum Stadion ging schnell von Statten. Karte unter Lesegerät gehalten, durch Drehkreuz, Ticket erneut vorzeigen und drin war man. Kein Abtasten oder dergleichen. Hätte ich so nicht für möglich gehalten. Besonders vor dem Hintergrund, dass es beim Spiel stolze 7 Flitzer und 3 Kanonenschläge/Böller gab.



Zum Spiel muss ich nicht viel schreiben, ihr habt es vermutlich gesehen. Erwähnenswert war lediglich die Zahl der Flitzer, die Tatsache, dass der Schiri die 1. HZ vor der 45. Minute abpfiff (lt. Stadionanzeige), dass Georgier Müller am liebsten mögen (und nicht Schweini/ Poldi/…) und dass ich bei den „Georgien, Georgien“-Rufe (auf georgisch) immer „Werder Bremen“ verstand. Die Rufe wurden im weiteren Spielverlauf immer zaghafter, obwohl die Georgier mit dem 0:2 zufrieden schienen.




Nach Spielschluss habe ich mich von Nino verabschiedet und lief zurück ins Hostel. Dort noch ein paar Bier mit Kölnern, den Berlinern und einem Schwaben getrunken. Erst genannte mussten die Nacht noch zum Flughafen. Außer dem Spiel haben sie nur wenig von Georgien gesehen. Hätte ich persönlich als schade empfunden.

Am Montag wieder ausgeschlafen, da nur der Transfer nach Kutaisi anstand. Mit der Metro (Bild zeigt die Station Techn. Universität) bin ich das letzte mach nach Didude gefahren.



Metro-Station und Busbahnhof liegen direkt nebeneinander. Bereits beim Verlassen der Metro-Station werde ich angesprochen, wohin ich möchte und zur Abfahrt-bereitstehenden Mashrutka geführt. Für 10 Lari geht es für 3,5 h auf die Piste.



Entlang dieser gibt es unzählige Verkaufsstände für Keramik. Große Pötte (schätze mal 1,5 m hoch) werden mehrheitlich zur Herstellung von Wein verkauft, die kleinen für alles andere.



Apropos Wein. Georgien ist bekannt für seinen Wein. Dieses Kapitel habe ich allerdings ausgelassen. Da ich absolut kein Weintrinker und einen Rothschild nicht von einem 2015er Aral unterscheiden kann, habe ich verzichtet. Selbiges gilt für die lokale „Vodka“-Variante Chacha. Da dieser – laut Aussagen anderer – sowieso nicht so gut wäre, viel der Verzicht nicht schwer. Das georgische Bier habe ich weitgehend durchprobiert. Jedenfalls alles was es im Supermarkt um die Ecke gab. Fazit dazu: Kann man trinken, aber auch nichts Besonderes.

In Kutaisi wieder zum selben Hostel, bei dem ich überschwänglich begrüßt wurde. Ich glaube, sie sind froh über jeden Gast, der sich zu der Jahreszeit zu Ihnen verirrt. Der restliche Nachmittag bestand darin, den BP für Wizz Air auszudrucken und den Flughafen-Transport zu organisieren. Laut erster Auskunft des „Herbergsvaters“ sollte ein Taxi um 3 Uhr in der früh (Abflug 5.10) 25 Lari kosten. Das fand ich auf den ersten Blick teuer. Zum Vergleich: Für die Strecke Flughafen – Kutaisi hatte ich vor knapp 2 Wochen 10 Lari bezahlt, nach Kazbegi für 2 h im Auto mit 4 Mann auch nur 10. Und nun 25? In der Stadt wollte ich mich nochmal umhören.

Der online Check-In und Ausdruck des BP geriet fast zu einer Farce. Geschäft 1, ein großer Copy-Shop, hatte nur Drucker, aber keine Internet-Terminals. Geschäft 2, nur Internet, keine Drucker. Geschäft 3, zu Glück nur 5 m neben Geschäft 2, wieder nur Drucker. Also in Geschäft 2 eingecheckt, BP per Email an Geschäft 3, und dort ausgedruckt.

Geschäft 3 war übrigens eine Art „Videothek“. Aber mehr mit illegalen Kopien. Laut Gvantsa sind Georgier die größten Raubkopierer (wenn Downloads/Kopien pro Kopf gezählt werden).

Die Kopie kostete 1 stolzen Lari. Eine Klarsichtfolie hätte es aber gratis dazu gegeben. Ich hatte in meinem Hipster-Jute-Beutel aber meine Mappe, was bei den Damen für Lachen sorgte. Mein „Grüner Woche“-Beutel leistete mir und der Umwelt gute Dienste. Für jeden Einkauf bekommt man sonst nämlich eine Plastiktüte. Auf diese habe ich dankend verzichtet.
Auf dem Rückweg noch einen Taxler angesprochen: auch er nannte mir einen Preis von 25 Lari. Ok, wenn es denn so sein soll. Ich entschloss mich, für den nächsten Morgen den sympathischsten Fahrer auszusuchen, dem ich die 25 Lari gerne geben würde – oder alternativ einem den Hostel bekannten Taxi-Fahrer.

Aber es kam anders. Später klopfte es an meiner Tür und ein Tscheche sagte, er hätte gehört, dass ich morgen auch zum Flughafen wolle. Er wollte Georgien Bus anrufen und uns 2 Plätze in einem Minibus reservieren. Für 5 Lari. Kurze Zeit Später kam die Bestätigung. Um 3 Uhr sollten wir abgeholt werden. Diese Option war mir bekannt, aber als ich versuchte zu der Firma Kontakt aufzunehmen, hieß es alles voll (ich vermutete, da die Kommunikation am Telefon eher schlecht war, dies nur vorgeschoben war). Alternativ kann man auch einen Transfer mit Wizz Air buchen, dies muss allerdings 24 h vorher erfolgen.

Die Nacht verbrachte ich ohne Schlaf. Um 2 bin ich dann „aufgestanden“ und habe mich fertig gemacht. Um 2.50 stand ich an der Straße (ich bin immer überpünktlich). Um kurz nach 3 kam der Minibus, der mit uns etwas überbelegt war, und es ging fix zum Airport. Bereits von außen konnte man die langen Schlangen am CI erkennen. Zum Glück hatte ich OLCI gemacht und ging direkt Richtung Siko. Aber dödö. Von dort wurden alle um CI geschickt, um sich einen „normalen“ BP zu holen. Immerhin weiß ich jetzt, wie ein Wizz Air BP aussieht. Gut für meine Sammlung! An der Siko aber einen Hals bekommen. Wieso raffen es die Leute nicht, in den Minuten, in denen sie sowieso in der Reihe anstehen, schon mal den Gürtel abzulegen oder sonstige Vorbereitungen zur Beschleunigung des Prozesses durchzuführen?!
Boarding war leicht chaotisch. Vor allem das Warten am Gate. Und warum wieder alle zur vorderen Tür rannten…ich stieg hinten ein, nahm in einer der hintersten Reihe am Gang Platz (Landung war für 6.25 abgestrebt, mein *trommelwirbel* Zug sollte um 9.25 abfahren…also für den Fall der Fälle, dass es später schnell gehen müsste…). Ich glaube, 3 Sekunden nach dem Aufheulen der Turbinen war ich im Reich der Träume.

Rest folgt…
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
Ja, Zechpreller. ;)

Ganz ehrlich - bis gerade sind die mir nicht aufgefallen. Vermute mal ein paar Puppen in Tracht. Der Laden war eher rustikal aufgemacht.
 

journey

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24.12.2009
804
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Berlin
Auch heute war der Flug wieder voll.



In Budapest on time angekommen, ging es sehr zügig durch die Immigration zum Bus. Dieser schloss gleich nach mir die Tür und fuhr Richtung Metro/Ubahn. Für den Abschnitt brauchte ich allerdings noch ein extra Ticket. Bleibt ein Rätsel, warum der Fahrer nicht gleich beide verkaufen konnte (der Stand der Verkehrsbetriebe hatte noch zu). Mit der Bahn ging es dann mit 1 Mal umsteigen zum HBF (Budapest Keleti).



Ankunft dort 7.29.Hätte also fast noch für den früheren EC gereicht, so musste ich bis 9.25 warten. Ich ging erstmal etwas einkaufen beim Spar Markt. Die heutige Bahnetappe führte mich in 6h58 nach Prag.




An die Fahrt habe ich kaum Erinnerungen. Ich muss wohl die ganze Zeit geschlafen haben. Prag wurde ebenfalls pünktlich um 16.28 erreicht. Per Tram ging es ins Hotel Beseda in der Altstadt, welches ich bei der Hotwire-Aktion für <9 € erstehen konnte.



Das Hotel war ok. Ein paar unschöne Flecken im Teppich, TV zu klein, keine Steckdose in Bettnähe. Der größte Kritikpunkt kommt aber noch später. Da sich die Sonne kurzzeitig durchsetzen konnte, habe ich mich schnell zur Karlsbrücke aufgemacht.



Im Vergleich zu Georgien waren die Touristenmassen ziemlich gewöhnungsbedürftig. Aber ich war ja auch da und Prag ist zweifelsohne eine schöne Stadt.

Langsam änderte sich das Wetter und in mir kam ein Hungergefühl auf. Heute wollte ich unbedingt bramborák (Kartoffelpuffer –ich liebe sie!) essen. Doch überall wurden nur irgendwelche Braten und der überbackene Käse angeboten. Die Suche geriet zur Farce. Niemand konnte mir ein Restaurant oder Imbiss empfehlen, wo es die gibt. Als es dann begann zu regnen, ging ich zurück und kaufte was beim Asiaten nebenan: Einmal den gebackenen Käse (smazeny sýr) mit Pommes und Bratnudeln (ich hatte mächtig Hunger!). Das ganze habe ich mit aufs Zimmer genommen und sofort verputzt. Es gibt also leider keine Bilder. Dazu noch je ein Pilsener Urquell und ein Budweiser (das tschechische) aus der Dose getrunken. Hat mir nicht wirklich geschmeckt. Fehlte wohl die Gesellschaft – alleine trinke ich kaum.

Die Nacht werde ich durch ein lautes Geräusch aus dem Bad wach. Die Lüftung. Ich gehe ins Bad, drücke alle Schalter bis Ruhe ist. Die Lüftung ist aus. Wenig später ist diese wieder an und die Gäste aus dem Nebenzimmer bollern gegen meine Wand. Ich also zurück ins Bad, drücke den Schalter in die Ausgangsposition. Ruhe. Wenig später beginnt das Spiel erneut und ich rufe die Rezeption an, die jemanden hochschickt. Der Mann drückte auch nur den Schalter um festzustellen, dass das auch nur temporär hilft. Kurzer Eingriff am Schaltkasten bewirkt auch nichts. Ein anderes Zimmer sei nicht frei…einzige Lösung war dann, den Strom zu unterbrechen. Nicht ideal, aber Hauptsache Ruhe!

Der nächste Morgen kommt schnell. Um 7.15 bin ich am Frühstückstisch, um 7.30 wieder auf dem Zimmer. Ich bin kein großer Frühstücker. Mit der Tram zum Bahnhof, wo mein EC 176 um 8.30 Richtung Dresden starten sollte.



In Prag hl. n. war dann der EC mit +20 angeschlagen. Ist das nur dort so oder überall in CZ, dass das Gleis erst kurz vor Einfahrt bekanntgegeben wird? Ich stand zufällig schon am richtigen, aber als auf den Info-Bildschirmen angezeigt wurde, wo der Zug halten würde, füllte sich der Bahnsteig (ich hatte nicht erwartet, dass es voll würde). Da ich keine Reservierung hatte, musste ich also eine Tür treffen und schnell einen nicht-reservierten Platz finden. Und ich hatte Glück. Ich konnte als erster in die 1. Klasse einsteigen und durch die Verbindungstür in die 2. wechseln, wo nahezu alles reserviert war. Zum Glück konnte ich schnell eine Reservierung von Dresden nach Hamburg finden. Ideal, da ich in DD in den IC nach Hannover umsteigen musste.

Mit etwas Verspätung ging die Fahrt dann los. Ich schätze wir kamen aber nur 20 Minuten weit. Auf einmal standen wir in einem kleinen Bahnhof. 10 Min, 20 Min…ich habe dann einen Freund in DTL kontaktiert, ob er mal prüfen könnte, was da los sei, da es auch keinerlei Ansagen im Zug gab. Seine Antwort: Lokaschaden. Super! Das ganze zog sich 2 Stunden lag so. Wir konnten auch keine Verspätung abbauen, sodass ein Anschluss nach Hannover in Dresden (IC nur alle 2 h) nicht sicher war. Interessant war die Strecke zw. DD und B. Da ist ja nichts außer Funkloch und plattes Land. So weit das Auge reicht.

Die DB APP meinte auch, ich solle via Berlin fahren, was ich dann auch tat.
Kurz vor Berlin dann die Durchsage: Aufgrund von Sturmschäden ist die Strecke zw. HH und B gesperrt. Fahrgäste nach Hamburg fahren bitte via Hannover. Berlin HBF erreichen wir dann gegen 14.30, um 14.47 soll der ICE nach Hannover abfahren. Auf Gleis 13 steppt bereits der Bär: Strecke HH-B gesperrt, IC Berlin Amsterdam fallen aus…folglich wollen/müssen alle in „meinen“ ICE. Rosige Aussichten. Also gilt das gleiche wie heute Morgen: Tür treffen! Als der ICE mit +5 einrollt, habe ich wieder Glück. Genau vor meiner Nase befindet sich eine Tür und ich bin als erster im fast leeren Zug. Allerdings sind auf den ersten Blick alle Plätze reserviert.

Ich setze mich zu einem jungen Mann in meinem Alter und wir machen angesichts des immer voller werdenden Zuges unsere Witze (wir hatten ja einen Platz): Leben in vollen Zügen genießen, dass die Leute doch bitte ruhig sein möchten, da es sich um einen Ruhewagen handeln würde, es eine Neuverfilmung von „Der Superstau“ nur mit der Bahn, über Leute, die Reservierungen nicht interpretieren könnten etc. Wir hatten Spaß. Der Gang war voll und die Leute standen noch auf dem Bahnsteig. Im Inneren gab es Streit um Sitzplätze und wer und warum nicht weitergehen würde – ein Grund war, dass die Gänge voll mit Gepäck standen.

Erste Streitigkeiten wurden wahrgenommen:
„Ich habe einen Platz reserviert, ich möchte sitzen!“
„Ja, aber ich habe den Platz reserviert, auf dem sie sitzen! „
„Mir doch egal, ich habe bezahlt!“

„Nie wieder Bundesbahn!“ war auch oft zu hören.

Irgendwann stellte sich heraus, dass in dem Wagen Plätze doppelt vergeben wurden. Die junge Dame von der DB hat dann alle, die davon betroffen waren und standen, in die 1. Klasse gesetzt, sodass sich die Situation merklich entspannte. Allerdings war das erst weit hinter Spandau.
Kurz vor Spandau hieß es nämlich, dass es außerplanmäßig Anschluss an einen ICE nach Hamburg geben würde, ohne den Umweg/ Umstieg Hannover. Viele versuchten daraufhin den Zug zu verlassen, waren aber in der Mitte des Wagens gefangen…
Weitere Fahrt verlief dann ereignislos. Hannover wurde mit +10 erreicht, von meinem Anschlusszug sah ich nur noch die Rücklichter. Die Wartezeit wurde mir dann aber im Wartehäuschen (leider kein bahn.comfort mehr :( ) durch andere Reisende versüßt, die sich mit mir in Galgenhumor und Bahngeschichten verloren.

War der Sturm eigentlich angekündigt oder traf dieser Deutschland vollkommen überraschend?!

So, das war´s. In knapp 14 Tagen geht’s dann weiter: Portugal, Andorra und Malta sollen ihren Weg in die Statistik finden.
 
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