So nun ist der Tripreport überarbeitet, vollständig in einem Stück. Fotos folgen in einigen Tagen, geht nicht von unterwegs
Wieder eine Reise, von der es sich lohnt, ein wenig zu berichten. Meine Pläne:
30.4.2015 HAM-VNO mit Air Lituanica
1.5. 2015 VNO- BMA mit Air Lituanica
4.5. 2015 Rückfahrt mit SJ der schwedischen Eisenbahn Stockholm - Kopenhagen und weiter nach Hamburg
In Vilnius schlafe ich bei Freunden, in Stockholm die 1. Nacht im Radisson an der Centralstation (Royal Viking dem "schlechteren", gebucht von meinem Auftraggeber), die zweite Nacht im Radisson Waterfront direkt am Bahnhof, meinem Lieblingshotel in Stockholm. Weil im Radisson die Preise hochgingen, dann die letzte Nacht im Hilton Slussen am Wasser
Der Flug nach Vilnius ist der Eröffnungsflug auf dieser Strecke, mit Air Lituanica bin ich noch nicht geflogen, also Ersttat und in Stockholm Bromma dem Stadtflughafen bin ich noch nicht gelandet.
Die Rückfahrt nach HAM gab es in der ersten Klasse für 69 Euro mit meiner Föööörst BC. Zwar 8 Stunden unterwegs, aber der Weg ist das Ziel, ich fahre die Strecke gerne: Ich kann unterwegs gut arbeiten, mag das Fahren durch die Landschaft in Schweden, Wasser und Kaffee sind inklusive, das WLan funktioniert und ich nehme immer mehrere Lachsbrote von Jacobs (Foto) in der Centralstation mit. Dazu liebe ich die Fahrt über die Brücken (Södertälje und Öresund (die aus der großartigen Krimiserie)) Auch mag ich die Überfahrt im ICE auf der Ostseefähre, so wie in meiner Kindheit.
Einige Tage vorher kann ich meine Hotelbuchungen erfolgreich vereinfachen: In Stockholm gehen die Hotelpreise für das kommende lange Wochenende gerade nach unten, also werde ich alle drei Nächte in meinem Lieblingshotel Radissonblu waterfront verbringen und habe das Hilton gecancelt (Nixxx mit ausprobieren - diesmal) und auch das gruselige andere Radisson, was ich eh nicht mag, schon weil der Fitness Bereich nur eingeschränkt offen ist, wurde auch gestrichen. (Royal Viking an der vollgepissten Fußgängerunterführung, die fast aussieht wie vor einigen Tagen in dem tollen Leipziger Tatort).
Damit wird mein Aufenthalt schöner und einfacher - bei gleichen Kosten. Ich habe mir vorgenommen, das ganze lange Wochenende aus meinen beruflichen Reisespesen zu bestreiten - ohne draufzuzahlen. Mein Auftraggeber hat das Meeting auf Montag verlegt.
30.4.2015 HAM – VNO
Sollflugzeit 15:15 – 18:00 eine Stunde Zeitunterschied, es soll straight nach Osten gehen, dorthin wo einmal das Deutsche Reich endete.
Here I go again. (Abba) Einmal wieder unterwegs. Ein Freund bringt mich zum schnell Flughafen. Mein heutiger Flug ist die Streckeneröffnung für Air Lituanica von Vilius nach Hamburg und ich fliege zum ersten Mal mit dieser Airline. Es soll mich eine kleine Embraer 145 erwarten. Lange nicht mehr darin gesessen. 3 Sitze pro Reihe. Online Check-In geht in HAM noch nicht, also beginnt der Trip klassisch am Schalter.
Dort gibt es zunächst ein heftiges Problem, weil mein Ticket angeblich storniert wurde. Von mir jedenfalls nicht. Entgegen meiner großen Vorfreude auf diese Tour habe ich ohnehin heute wenig Lust und freue mich schon auf die Mucke Bude heute Abend, falls sie mich nicht fliegen lassen. Auch gut. Denn ich habe ohnehin vieles nicht geschafft, was ich bis zum Abflug hätte erledigen müssen. Dann soll eben ein Rechtsanwalt die ganzen Reisekosten einklagen, alle Buchungen sind nicht stornierbar. Nicht mein Problem.
Doch nach zehn Minuten hat es sich geklärt und ich bekomme die Bordkarte. HAM ist trotz des langen Wochenendes wie ausgestorben. Seitdem LH sich weitgehend zurückgezogen hat, wirkt alles etwas prekariats-like. Selbst die in HAM oft so rüpelige und langsame Sicherheitskontrolle geht heute schnell und unproblematisch - wow. (Nur Stuttgart ist nach meinen Erfahrungen diesbezüglich noch übler).
Mit LTU (Air Lituanica wird wirklich so abgekürzt) darf ich natürlich in keine Lounge. Fühle mich wie ein statusloser oder Statuslooser. Bei Mövenpick hole ich mir ein Käse-Baguett und Milchkaffee. Besser als erwartet, viel besser.
Das letzte Mal bin ich HAM-VNO etwa 2007 direkt geflogen mit Air Baltic, in einer abgerockten Fokker 50. Flugzeit war fast 2:30, es war wie mit einem Lastwagen in der Taiga. Heute soll es mit einem Jet nur 1:45 dauern.
Vielleicht kann ich meine LTU Maschine auch auf dem Rollfeld bei der Landung entdecken, einen Wasserstrahl der Feuerwehr wird es wohl nicht zur Begrüßung geben.
Dafür sehe eine sogar eine Maschine der LH --- ist in HAM selten geworden. Nur FRA und MUC werden noch angeflogen. Tja, wer die Freundschaft aufkündigt und mich eine Zitrone nennt, muss sich nicht wundern, dass ich mit anderen Carriern fliege, wenn es passt. Wundere mich sowie, dass „der Franz“ bei Roche noch nicht rausgeflogen ist. In meinen Augen ein gruseliger Management-Scharlatan.
Entdecke gerade auf meinem BP, dass ich heute mit einem „adhoc carrier“ fliege, unter Flugnummer zzz422. Darunter steht die Original Flight Number LTU 322. Mein Sitz ist 16 F - dass muss ja hinten auf dem Leitwerk sein, wenn wirklich eine kleine Embraer kommt.
So meine ersten Eindrücke vom Airport vor dem Abflug.
Nun bin ich in der Luft, nördlich von Berlin. Meine Laune hat sich merklich gebessert. Nichts mit Subcharter, ich sitze in einer fast neuen Embraer 175 der LTU mit 86 Sitzen, und habe mehr Platz zum Vordermann als ich es von meinen letzten LH und AB Flügen in A319 erinnere. Wir sind etwa 30 Paxe, also viel Platz. Alles sehr freundlich, hell und sauber. Die drei FAs sind sehr freundlich, und zur Streckeneröffnung gibt es Sekt und Getränke umsonst. Später bekommt jeder Pax kleines Souvenir geschenkt. So bringt das Fliegen noch Spaß.
In Vilnius ein warmer Frühsommertag. Die Stadt heißt wirklich Vilnius und nur Vilnius. Wilna war nur die Bezeichnung der polnischen Besatzer (ganz früher) und der deutschen Kriegsherren im 2. Weltkrieg.
Arrival in VNO erfolgt immer noch in der alten Ankunftshalle, einem großartigem Baudenkmal (Fotos). Im Winter 1999 bin ich hier zum ersten Mal angekommen. Damals benötigte ich einen Pass und musste DM in Litas umtauschen. Jetzt werde ich nicht einmal kontrolliert und kann in Euro zahlen. The times they are a-changing.
Am Flughafen werde ich von meinem Freund Rytis abgeholt. Er fährt immer noch meinen alten Saab 9000 CS Turbo, den ich ihn vor einigen Jahren geschenkt habe, als ich beschloss, in Hamburg kein Auto mehr zu haben. (Foto folgt). Taxi, Car2go und U-Bahn reichen. Von dem gesparten Geld kann ich mich in einer Sänfte durch die Stadt tragen lassen und mein Leben ist viel bequemer geworden. Der Saab ist hightech built 1992 und hat jetzt 250 000 km auf dem Tacho. Er wird auch noch zehn Jahre halten und fährt auch mit Gas. Der Umbau kostete 300 Euro in Litauen und nicht 2000 - wie angefragt- in Hamburg.
Den Abend verbringen wir auf der Terrasse von Rytis und Aurica mit einigen Freunden, essen gut und betrinken uns – fast bis zum nächsten Morgen. Nicht nur die Ostzone auch die baltischen Staaten waren Gefangene der Sowjetunion. Wir reden stundenlang.
1. Mai 2015
Trotzdem bin ich früh wach und bummele etwas über den Gedimo Prospekt, einer Hauptstraße. Wieder ein warmer Sonnentag. Litauen gefällt mir noch immer. Ein kleiner Lunch mit Wein auf der Terrasse in der Sonne, dann werde ich zum Flughafen gebracht.
Es ist Feiertag, alles wie ausgestorben. Mit einer ATR 42 der DOT, einer litauischen Charterfluggesellschaft, im Subcharter für LTU, geht es nach Bromma, Dauer 1:30. Auf der Strecke zwischen VON und BMA sind Getränke und Sandwich inklusive. Wir sind sechs Passagiere. Hat sich wohl nicht gelohnt heute. Bromma ist ein witziger Stadtflughafen, der wie aus den Anfängen der Fliegerei wirkt. Leider regnet es. Flybussarna bringt mich schnell in die Stadt. Im Bus funktioniert das Wlan – wie selbstverständlich. In vielem sind wir in Deutschland rückständig.
Abends bummele ich etwas durch Södermalm. Auf dem Rückweg spricht mich eine Negerin mit kurzem Rock und schwarzen Stiefeln an. Schönes Kind. Bei den Prostitutionsgesetzen in Schweden kann sie nur ein Lockvogel der SÄPO, der Sicherheitspolizei, sein. Leser einschlägiger Schwedenkrimis kennen das. In Schweden habe ich immer ein Kondom dabei, falls ich versehentlich mit einer Frau alleine im Fahrstuhl sein sollte. Bezüglich gewisser körperlicher Aktivitäten ist man als Mann ziemlich rechtlos. Ich möchte nicht wie Julian Asange in die kolumbianische Botschaft fliehen müssen, um der Auslieferung an die CIA oder der Deportation in einem CIA Folterlager in Polen oder Rumänien zu entgehen. Selbst der BND arbeitet ja nicht mehr für uns, sondern für die USA. Wir sind nur die Deppen, die zahlen.
Obwohl ein Abend mit zwei Schwedinnen sicherlich Spaß bringen würde, doch ich verbringe den weiteren Abend im Fitnesscenter und schlafe allein.
Sonnabend 2. Mai
Heute ist die Sonne auch in Schweden angekommen. Ich gehe über die Vasagatan die wenigen Meter zur Fußgängerzone, nicht ohne dem Kaufhaus Ahlens einen längeren Besuch abzustatten. Was bringt die Menschen bloß dazu, für erkennbar minderwertige Klamotten sinnlos überteuerte Preise zu zahlen, nur weil Bernd Bimbo, Nick, Thomas Hilbinger oder ein ähnliches Label darauf steht? Ich finde nichts, was mir gefällt. Eine Stunde Menschenbeobachtung in einem vollen Kaufhaus ersetzt sicherlich zwei Semester Psychologie.
Ich schlendere durch die Fußgängerzone. Vergeblich versuche ich, eine der vielen attraktiven Schwedin zu überzeugen, mit mir den Abend beim Italiener zu verbringen. Ab einem gewissen Lebensalter muss man ja die Rechnung übernehmen, sonst kommen sie nicht mehr mit. Und ich würde auch nie mit einer Frau ausgehen, die sich mit einem wie mir trifft (Gaucho Marx).
Dafür besorge ich mir für den Abend eine Flasche Wein aus dem Systembolaget, den staatlich kontrollierten Alkoholläden. Ich werde nicht einmal kontrolliert und nach dem Ausweis gefragt. Prohibition ist auch nicht mehr das, was sie in Schweden einmal war. Ich verbringe den Abend mit Sport, danach Lachsbrote von Jacobs (hier im Forum schon breit bekannt), einem Film und dem gekauften Wein. Mir geht es gut.
Nächste Woche beginnt eine Serie von Lesungen zu einem Buch, das gerade recht erfolgreich in die Buchläden gekommen ist. Einige Stunden im Hotel nutze ich, um die Dramaturgie meiner Veranstaltungen zu entwickeln. Wenn ich unterwegs bin, gelingt es mir immer gut mich auf neue Jobs, Projekte und Lebenssituationen einzustellen. „Unterwegssein“ füllt immer meinen Motivationsspeicher auf. Wäre ich reich genug, würde ich die nächsten Jahre in Hotels und auf Reisen leben.
Montag, 4.5.2015
Am Morgen bringe ich schnell meinen Business-Termin hinter mich. Dazu erzähle ich etwas, dann gibt es Q and A. 8 seriöse Männer und Frauen hören mir zu. Es ist ohnehin eine „cover-your-ass“ mission. Wenn das Investment schiefgeht, kann man sagen, man einen Experten befragt. Ich hätte auch einen Song der Rolling Stones trällern können.
Ich hole meinen Koffer, kaufe ein letztes Mal die süchtigmachenden Lachsbrote bei Jacobs takeaway und besteige den X2000 Highspeedtrain der SJ.
In einign Tagen folgt der 2. Teil des Tripreport mit den Fotos