Verspätung bei Flug mit BA von LHR nach DEN - Entschädigung bzw. Erfahrungen

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Detritus

Reguläres Mitglied
09.07.2012
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Guten Tag,

bisher bin ich *toitoitoi* von größeren Verspätungen bei Flügen verschont geblieben - diesmal hat es mich aber leider erwischt:

Flug mit der BA von LHR nach DEN war massiv verspätet. Zunächst konnte das Boarding wg. angeblicher fehlender Sicherheitchecks nicht beginnen, dann gab es einen medizinischen Notfall (ein Passagier der schon nur mit Hilfe überhaupt boarden konnte hatte wohl im Flieger Probleme bekommen) und nachdem dieser ganze Spuk dann nach ca. 1,5 Stunden vorbei war hieß es erst Teile der Crew seien jetzt über dem zulässigen Zeitlimit (man würde für Ersatz sorgen) dann später hieß es die Crew fühle sich aufgrund der dramatischen Ereignisse an Board nicht mehr flugfähig und man müsse eine komplette neue Crew besorgen, dann wurden wir nach 3 Stunden wieder aus dem Flieger geschmissen mit der Info: Kommen Sie in 4 Stunden wieder, dann fliegen wir...

Der 2te Anlauf hat dann geklappt (allerdings hieß es hier nach 7 Stunden dann auch erst: Ähm wir haben noch keine Crew...) so dass es mit ca. 7,5 Stunden Verspätung dann Richtung USA ging, insgesamt war die Ankunft dann knapp 7 Stunden (418 Minuten) verspätet. Da mich die Art und Weise wie BA mit seinen Gästen umgesprungen ist massiv geärgert hat (ok medizinische Notfälle können passieren, aber der Rest war unter aller Kanone) habe ich mich dann mal über etwaige Entschädigungsleistungen informiert.

Soweit ich das überblicke gilt nach einschlägiger Rechtssprechung, dass Verspätungen über 3 Stunden wie eine Annulierung gewertet werden, zumindest wenn es um durch die Airline zu zahlende Entschädigungen geht. Zahlen müsste BA dann wenn die Verspätung nicht auf "unvorhersehbaren" Gründen beruht die auserhalb des Einflusses der Airline stehen.

Soweit so gut, ich habe da jetzt auch mal meine Ansprüche geltend gemacht - aber seitdem von BA überhaupt nichts mehr gehört. Insofern die Frage an die Experten hier:

Gibt es Erfahrungen wie zäh das ganze Thema mit der BA werden kann? Dass niemand freiwillig gern Geld zahlt ist klar - aber sich überhaupt nicht mehr beim Kunden zu melden ist ja nun auch nicht gerade die feine englische Art.

Und weiter:
Habe zwar auch schon einige Urteile zu dem Thema gelesen, aber wie würden andere die Sachlage einschätzen?

Ob man es der BA jetzt "anlasten" kann Passagiere zu befördern deren Gesundheitszustand offensichtlich nicht der Beste ist sei dabei noch mal dahingestellt (zumindest nach Durchsage des Kapitäns wäre das alles kein Thema - die Crew sei für solche Fälle vorbereitet und bestens geschult. Kann ich etwas "unvorhergesehenes" überhaupt schulen?), aber selbst wenn man jetzt 1,5 oder 2 Stunden der tatsächlichen Verspätung wg. der medizinischer Versorgung abzieht: Dass es BA an ihrem Heimatflughafen nicht schafft innerhalb von 5 Stunden eine Crew zu organisieren (davon ab das die Aussage die Crew sei wg. des Arzteinsatzes jetzt so emotional belastet das sie nicht mehr fliegen könnte (oder eher wollte?) eh so ein Geschmäckle hat) geht m.E. doch eindeutig auf deren Konto oder? Der ursprüngliche Slot wird irgendwann dann wahrscheinlich auch futsch gewesen sein, aber auch dass ist ja wohl eher das Problem der Fluglinie.

Das BA sich im ersten Anlauf (sofern sie sich denn überhaupt noch mal melden) versuchen wird rauszureden ist mir auch klar, aber hat ggf. auch jemand mal einen Link zu einem Urteil wo es darum geht ob und wie schnell eine Fluggesellschaft eine neue Crew stellen können muss?

Vielen Dank.

Det
 

Detritus

Reguläres Mitglied
09.07.2012
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So ich antworte hier mal ausnahmsweise mir selbst:

BA hat sich doch noch gerührt - allerdings (erwartungsgemäß) mit einer Ablehnung der Ansprüche. Allerdings nicht wie erwartet wg. "unvorhergesehener Ereignisse" sondern viel mehr verweist man auf ein Vorabentscheidungsersuchen aus den UK an den EuGH bei dem es um die Auslegung der 261-EG-VO geht - kurz ob es zulässig ist Verspätungen wie Annulierungen im Sinne der VO zu werten.

Solange die Entscheidung nicht durch ist wollen die generell nichts zahlen, da sie die Rechtsauffassung vertreten es wäre gar nicht rechtmäßig Verspätungen auch der pauschalierten Kompensation zu unterwerfen. Dankenswerter (oder sollte ich sagen eher blöderweise - aus BA Sicht-) haben die auch gleich einen nichtssagenden Link zum laufenden Verfahren mitgeschickt.

So der findige Fluggast befragt Google und siehe da es findet sich der Schlussantrag des Generalanwalts aus Mai 2012 (für diejenigen die nicht so tief im EU Recht stecken: IdR folgt der Gerichtshof dem Antrag des Anwalts):
Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Amtsgericht Köln und vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s
Bench Division (Administrative Court), zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Die Art. 5, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame
Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur
Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen,


– dass die Fluggäste verspäteter Flüge den in Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen können,
wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach
der vom Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen;


– dass sie mit dem am 9. Dezember 1999 in Montreal unterzeichneten Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften
über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Grundsatz der Rechtssicherheit vereinbar sind


Im Ergebnis holt sich die TUI und die anderen Parteien die das Ersuchen eingereicht haben also höchstwahrscheinlich eine blutige Nase wenn der Gerichtshof dem Antrag des Anwalts folgt, damit wäre dann das Rechts auf Entschädigung bei Verspätungen ein weiteres mal zementiert und die Fluglinien können nur noch über die "höhere Gewalt" Schiene raus.

Ich habe die Jungs von BA mal freundlich auf den aktuellen Stand des Verfahrens hingewiesen und auch darauf das Sie mit Ihrer Rechtsauffassung so ziemlich allein da stehen. Bin mal gespannt ob und was da jetzt noch kommt oder ob die das wirklich aussitzen wollen.