Reiserecht: Aktuelle Gerichtsurteile

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Kurzentschlossener

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Es gab jetzt zwei wegweisende Gerichtsurteile, die nicht nur aus der Sicht eines Vielfliegers von Interesse sind.


Urteil, Amtsgericht Rüsselsheim (Az.: 3 C 3947/13 (31))

Codesharing: Ausführende Airline zahlt im Fall einer Verspätung

Wenn eine Airline für einen Codesharing-Flug die ausführende Fluggesellschaft ist, muss sie im Falle einer erheblichen Verspätung ihres Codeshare-Partners eine Ausgleichszahlung leisten.Wenn sich ein Codesharing-Flug erheblich verspätet, muss die ausführende Airline für Verspätungen ihres Codeshare-Partners gerade stehen. Entscheidend ist bei Codesharing-Flügen, welche Flugnummer (Code) die Buchung tägt: Das ausführende Luftfahrunternehmen haftet, so hat das Amtsgericht Rüsselsheim (Az.: 3 C 3947/13 (31)) entschieden. Über dieses Urteil berichtet die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht in ihrer Zeitschrift „Reiserecht aktuell“. Das gelte auch dann, wenn der Flug von einer anderen Fluggesellschaft im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung durchgeführt werde. Nach diesem Urteil können sich Airlines künftig bei Ausgleichsansprüchen nicht mehr aus der Verantwortung stehlen.

Das ausführende Luftfahrtunternehmen zahlt

Iin dem vor dem Amtsgericht Rüsselsheim verhandelten Fall hatte ein Flug von Varadero nach Frankfurt mehr als 21 Stunden Verspätung. Nach EU-Recht stand den Klägern eine Ausgleichszahlung zu. Der Flug wurde jedoch nicht von der beklagten Airline, sondern im Rahmen eines Codesharings von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt. Das beklagte Luftfahrtunternehmen argumentierte deshalb, dass es nicht das ausführende Unternehmen gewesen sei und deshalb nicht zahlen müsse.

Das Gericht war auf der Seite der Kläger

Die Richter waren jedoch anderer Überzeugung und gaben den Passagieren Recht: Sie erklärten, dass aus der Buchungsbestätigung der Airline hervorgehe, dass der Flug zwar von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt wurde, diese jedoch nicht als Carrier angegeben war. Die Buchung trug den Code der beklagten Airline. Diese sei deshalb das ausführende Unternehmen und habe sich lediglich eines Subunternehmers bedient. Die Gründe dafür, weshalb der Flug nicht von der eigentlichen Airline durchgeführt wurde, seien in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Codesharing: Ausführende Airline zahlt im Fall einer Verspätung

Urteil, Amtsgericht Bremen (Aktenzeichen 9 C 337/13)

Deutsches Recht für Deutschland-Flug

Bucht ein Passagier mit Wohnsitz in Deutschland einen Flug, gilt in der Regel deutsches Recht. Dies ist vor allem bei Ausgleichszahlungen wichtig.

Das hat das Amtsgericht Bremen entschieden (Aktenzeichen 9 C 337/13). Über das Urteil berichtet die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht in ihrer Zeitschrift „Reiserecht aktuell“.

In dem Fall hatte ein in Bremen wohnhafter Mann bei einer irischen Airline einen Flug von Girona nach Bremen gebucht. Dieser startete mit rund acht Stunden Verspätung. Der Passagier verlangte eine Ausgleichszahlung – allerdings erst rund zweieinhalb Jahre nach dem Flug. Nach Ansicht der Airline war das zu spät. Denn in ihren Klauseln befand sich der Hinweis, dass irisches Recht gelte. Dieses sieht eine Verjährungsfrist von zwei Jahren vor.

Das Amtsgericht Bremen entschied jedoch, dass deutsches Recht anwendbar ist, das eine Verjährungsfrist von drei Jahren nennt. Denn der Kläger hat seinen Wohnsitz in Deutschland, und die Beförderung erfolgte zu einem deutschen Flughafen.

Urteil: Deutsches Recht für Deutschland-Flug
 

jarino

Erfahrenes Mitglied
28.03.2009
698
1
"Codesharing: Ausführende Airline zahlt im Fall einer Verspätung"

Bei dem Codesharing-Urteil sollte man wohl genauer hinschauen:

Die einzige Airline, die Frankfurt-Varadero fliegt, ist Condor - das würde auch mit AG Rüsselsheim passen. Mit wem sollte Condor dort Codeshare-Flüge gehabt haben?
Tatsächlich ist es aber so, dass Condor auf dieser Strecke häufig Wet-Leases einsetzt, so z. B. derzeit Thomas Cook Airlines (MT), früher vermutlich auch andere.


[KVS Tool 7.7.4/Diamond - Timetable/NL]
Code:
FRA  Frankfurt Metro / Intl DE = FRA HHN [EDDF]
VRA  Varadero Juan Gualberto Gomez CU [MUVR]
FRI  06 Feb 2015 - 13 Feb 2015

Carrier    Flight  From  Depart    To    Arrive    A/C  St  Frequency | Dur'n | Dep T | Arr T | Effect | Ending | Exceptions
---------  ------  ----  --------  ----  --------  ---  --  ----------------------------------------------------------------
DE/MT      4188    FRA   10:50     VRA   16:00     76W  0   ---4---     11:10       1       -   06 Nov   05 Mar
DE/MT      1188    FRA   13:55     VRA   19:05     76W  0   1------     11:10       1       -   10 Nov   02 Mar
DE/MT      6188    FRA   14:50     VRA   20:00     76W  0   -----6-     11:10       1       -   08 Nov   28 Feb

Einzelne Berichte sprechen auch nicht (nur) von Codesharing, sondern von "Subunternehmen":

Im konkreten Fall konnte ein Flug von Varadero nach Frankfurt am Main nur mit über 22 Stunden Verspätung durchgeführt werden. Der Flug sollte laut Buchungsbestätigung von der verklagten Airline ausgeführt werden, ein Hinweis auf eine andere Fluggesellschaft als Subunternehmen bzw. Codesharing-Partner fehlte.
Ausgleichsansprüche bei Codesharing: Entscheidend ist der Buchungscode | Kanzlei Narewski


Es ist also zu bemerken:
1) Condor ist extrem dreist, wenn sie sich bei einem Wet-Lease darauf herausreden wollen, dass sie gar nicht ausführendes Luftfathrtunternehmen waren - dass sie damit nicht durchkommen dürfen, war wohl zu erwarten.
2) Eine echte Codeshare-Situation lag offensichtlich nicht vor, so dass die Schlussfolgerung der Presse, dieses Urteil gelte für Codeshare-Flüge im allgemeinen, wohl fragwürdig ist.
 
K

Kurzentschlossener

Guest
@ OJay

Ja, sie waren anderer Überzeugung als das beklagte Unternehmen.
Oder meinst du den Begriff RICHTER?
 
K

Kurzentschlossener

Guest
Condor ist extrem dreist, wenn sie sich bei einem Wet-Lease darauf herausreden wollen, dass sie gar nicht ausführendes Luftfathrtunternehmen waren

Bei Condor gibt's bestimmt Juristen und sie müssen sich dabei was gedacht haben.

Oder sie haben sich verschätzt.
 
K

Kurzentschlossener

Guest
Alles klar, jetzt verstehe ich was du meintest.

Und was sagst du zu dem zweiten Urteil?