Kompensation über EU-Fluggastrechte hinaus?

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Travelling_Geek

Erfahrene Reiseschreibmaschine
17.05.2009
1.845
3
HKG
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Nachdem bei FB und in Foren immer mal wieder von angeblichen Entschädigungen zu lesen ist, die über die EU-Verordnung hinaus gehen:
Kennt ihr Fälle, in denen eine Airline einem Geschäftsreisenden mehr bezahlt hat als in der Verordnung nieder geschrieben, weil er aufgrund der Verspätung einen "wichtigen" Auftrag nicht erledigen konnte (die Airline also eine Art Umsatzausfall gezahlt hat)?
Vorweg: Ich halte solche Erzählungen aus verschiedenen Gründen allesamt für Bullshit. Von suche ich nicht nach Begründungen, warum solche Zahlungen sehr wahrscheinlich *nicht* stattfanden.
 

umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
3.454
45
54
Berlin
www.kanzlei-woicke.de
Selbstverständlich.

Die 261/2004 sichert ja nur Mindestansprüche, die Kompensations-Charakter haben sollen.

Bei Verspätungen greift darüber hinaus Montreal. Wobei dieses Übereinkommen in der Praxis oft eher einschränkender denn begründender Natur ist. Im Einzelfall kann das aber zu deutlich höheren Entschädigungen führen. Macht auch oft Sinn, wenn z.B. ein Geschäftstermin verpasst wurde. Dann sind die 250 Euro für die Kurzstrecke ja selten kostendeckend.

Und wenn Montreal nicht greift, etwa weil es sich nicht um eine Verspätung handelt, sondern ein Flug gestrichen oder die Beförderung verweigert wird, gilt schnell allgemeines Privatrecht. Da sind dann zumindest in der Theorie auch sehr hohe Schadensersatzansprüche drin. Dass deren Umsetzung nicht leicht ist, ist klar. Da sind dann die ABB der Airlines zu berücksichtigen. Aber auch der Nachweis, dass der verpasste Termin zu einem bestimmten Schaden geführt hat, weil ein Vertrag nicht zustande kam, ist schwer zu führen. Auch stellt sich dann die Frage, warum man nicht z.B. einen früheren Flug genommen hat, wenn der Termin doch so wichtig war, etc.

Kurz: Komplett im Reich der Legenden braucht man solche Geschichte nicht zu verorten. Beförderungsverträge begründen vertragliche Verpflichtungen wie andere auch. Wer die schuldhaft verletzt, macht sich haftbar.
 

Travelling_Geek

Erfahrene Reiseschreibmaschine
17.05.2009
1.845
3
HKG
Kurz: Komplett im Reich der Legenden braucht man solche Geschichte nicht zu verorten. Beförderungsverträge begründen vertragliche Verpflichtungen wie andere auch. Wer die schuldhaft verletzt, macht sich haftbar.
Hast Du Erfahrung/Einblick in solche Fälle?
Insbesondere das Argument der Airline, dass man ja auch einfach früher hätte fliegen können, ist für den Geschädigten doch quasi unmöglich von der Hand zu weisen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass hier auch mal vor Gericht gezogen wird - was das Ganze dann ja ein wenig transparenter machen würde. Daher die Frage nach dem "Einblick" :)
 

fume.event

Aktives Mitglied
05.11.2015
101
0
Ich kann da nur für Lufthansa sprechen, die derartige Kosten als "Folgekosten" kategorisch ablehnt. Auch bei anwaltlichem Schreiben.

Zum MÜk (Montrealer Übereinkommen) meine ich mich aber zu erinnern, dass zumindest bei Gepäckverspätungen unter ganz bestimmten Umständen diese Verdienstausfälle übernommen werden. Wenn zB ein Handwerker für einen Auftrag fliegt, sein Werkzeug nicht ankommt und es dermaßen spezialisiert ist, dass man es auch nicht ohne weiteres ausleihen kann UND der Termin damit vollends nutzlos wurde. Aber das sind hohe Hürden, die da genommen werden müssen.
 
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Travelling_Geek

Erfahrene Reiseschreibmaschine
17.05.2009
1.845
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HKG
Zum MÜk (Montrealer Übereinkommen) meine ich mich aber zu erinnern, dass zumindest bei Gepäckverspätungen unter ganz bestimmten Umständen diese Verdienstausfälle übernommen werden. Wenn zB ein Handwerker für einen Auftrag fliegt, sein Werkzeug nicht ankommt und es dermaßen spezialisiert ist, dass man es auch nicht ohne weiteres ausleihen kann UND der Termin damit vollends nutzlos wurde. Aber das sind hohe Hürden, die da genommen werden müssen.
Man kann in einem solchen Fall auch als Nicht-Handwerker halbwegs problemlos für mehr Geld Klamotten kaufen, als es der kümmerliche Airline-Scheck andeutet.
 

fume.event

Aktives Mitglied
05.11.2015
101
0
Darum geht es doch gar nicht. Wir sprechen ja nicht von der Erstattung der Mietkosten für das Werkzeug, sondern um eine Summe X, die dem Handwerker durch die Lappen geht, weil er den Auftrag nicht ausführen konnte.
 

Travelling_Geek

Erfahrene Reiseschreibmaschine
17.05.2009
1.845
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HKG
Darum geht es doch gar nicht. Wir sprechen ja nicht von der Erstattung der Mietkosten für das Werkzeug, sondern um eine Summe X, die dem Handwerker durch die Lappen geht, weil er den Auftrag nicht ausführen konnte.
Das ist mir bewusst. Ich wollte lediglich ergänzen, dass verspätetes Gepäck seine eigenen (intransparenten) Regelungen zur Kompensation bedeutet.
 

Worldtraveler42

Erfahrenes Mitglied
15.02.2015
3.867
8
MRS
..., die dem Handwerker durch die Lappen geht, weil er den Auftrag nicht ausführen konnte.

Dann müsste der Handwerker mindestens beweisen, dass es eine Kausalität zwischen Verspätung und Verlust des Auftrags gibt. Diese Beweislast dürfte je nach Beruf allerdings recht schwer werden. Im Zeitalter des Internets, scheint es mir recht abwegig, dass ein Handwerker einen Auftrag verliert, weil er zu spät war. Ein einfaches Telefonat mit dem Kunden dürfte die Situation in den meisten Fällen klären.

Aber ja. Im Prinzip kann man sich seinen Schaden von der Airline entschädigen lassen. Allerdings dürfte kein Weg am Richter vorbeiführen.
 
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LH88

Erfahrenes Mitglied
08.09.2014
13.844
6.883
Darum geht es doch gar nicht. Wir sprechen ja nicht von der Erstattung der Mietkosten für das Werkzeug, sondern um eine Summe X, die dem Handwerker durch die Lappen geht, weil er den Auftrag nicht ausführen konnte.

Es ist eben schwer einen wie auch immer gearteten Umsatzverlust auf eine Verspätung zu schieben. Da musst du a. nachweisen das das ganze wirklich nur zur Stunde X hat erledigt werden können und b. auch nachweisen das das Unternehmen auf Grund deiner Verspätung den Auftrag anderwietig vergeben hat.

Am besten wäre es hier wenn der Auftraggeber z.B. einen Schadenzersatz wegen Nichterfüllung fordert, und die entstandenen Mehrkosten von dir einfordert.

Zudem darf es keine andere Möglichkeit gegeben haben das Ziel in etwa zeitgleich zu erreichen.

Ich hatte mal so einen Fall, und da wurde auch gezahlt - konnte aber alles gut dokumentieren, hatte Zeugen und einen guten Anwalt.
 

fume.event

Aktives Mitglied
05.11.2015
101
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Richtig. Aber Achtung: das Handwerker Beispiel bezog sich auf Gepäckverspätungen und war nur ein Exkurs.

Airlines zahlen Folgekosten in der Regel nicht ohne Prozess.
 

LH88

Erfahrenes Mitglied
08.09.2014
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Richtig. Aber Achtung: das Handwerker Beispiel bezog sich auf Gepäckverspätungen und war nur ein Exkurs.

Airlines zahlen Folgekosten in der Regel nicht ohne Prozess.

Was eigentlich verständlich ist - wenn man sich anschaut was hier immer maximiert und gefordert wird. Sonst könnte man mit Fakeaufträgen ja gleich bei der Airline abkassieren.
 

Romano

Gesperrt
30.11.2015
6
0
Was ich persönlich mal erlebt habe: die LH hat mir einen Flugpreis komplett rückerstattet, obwohl ich den Flug (mit der verspäteten Maschine) doch noch angetreten hatte. Die Verspätung war aber dann doch so gross, dass ich die entscheidende Sitzung verpasst habe, und der ganze Flug für mich somit wertlos war. Es ging immerhin über einen C Tarif von über 4000 EUR und ich fand das eine nette Geste, dass LH den Flugpreis erstattet hat.