Ob man den Grund für die verspätete Abfluggenehmigung kennt oder nicht, dürfte in diesem Fall nur der Befriedigung der persönlichen Neugier dienen.
Selbst wenn kein 'außergewöhnlicher Umstand' (also: 'höhere Gewalt') vorliegen sollte, so hat der Passagier im vorliegenden Sachverhalt dennoch keinen Anspruch auf eine entfernungsabhängige Ausgleichsleistung über hier EUR 600,-; weder nach der 'Europ. Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004) noch nach dem Übereinkommen zwischen Europa und der Schweiz, wonach die Schweiz die Europäische Verordnung 'übernimmt'. Dies aus zwei Gründen:
1.
Mögliche Ausgleichszahlungen stehen dem Passagier bei einer Flugstrecke von über 3.500 km frühestens nach drei Stunden Ankunftsverspätung zu.
2.
Die Schweizer Fluglinien 'sperren' sich, die 'Europ. Fluggastrechteverordnung' 1:1 zu übernehmen. Hierzu: 'Wenn sich Flüge stark verspäten, überbucht sind oder annulliert werden, haben Passagiere bis zu 600 Euro zugut. So steht es in der EU-Verordnung über die Fluggastrechte, welche die Schweiz im Rahmen des Luftverkehrsabkommens übernommen hat. Doch viele Airlines wehren sich vehement gegen solche Entschädigungen – unter ihnen auch die Fluggesellschaft Swiss. Sie stellt sich etwa auf den Standpunkt, die Verordnung gelte nur für Flüge zwischen der Schweiz und der EU, nicht aber für Flüge in andere Länder.
Der Brasilianer Pires da Costa kann ein Lied davon singen. Er wollte im Juni 2011 mit Swiss von Zürich nach São Paulo fliegen. Der Abflug war für 22.40 Uhr geplant, verspätete sich aber bis 8 Uhr des folgenden Tages. Für die neunstündige Verspätung verlangte da Costa von der Airline, gestützt auf die EU-Verordnung, 600 Euro, doch Swiss verweigerte die Zahlung.
Zwar gab das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt der Airline im Mai 2012 recht und wies die Klage des Passagiers ab - Begründung: Die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder umgekehrt verlaufen, nicht jedoch auf den Flugverkehr zwischen der Schweiz und Drittstaaten. - Das Urteil hat aber einen Makel: Bei seinem Entscheid stützte sich das Gericht nämlich vor allem auf einen Fachartikel der Juristin Regula Dettling-Ott. Die Flugrechtsprofessorin steht seit 2005 als 'Managing Director International Relations and Government Affairs' im Sold von Swiss und kann deshalb nicht als unabhängig gelten. Derzeit leitet Dettling-Ott die EU-Vertretung der Swiss-Muttergesellschaft Lufthansa in Brüssel.' Quelle:
Tages-Anzeiger