In aller Fairness: Der Kunde muss sich aber auch selbst verstehen. Und auf Kurzstrecken zaehlt nur der Preis. Der statusbewusste Kunde, der stets First Class reist, ist lange Geschichte. Der heutige Hybridkunde faehrt mit dem Porsche zum Aldi. Und findet darin auch keinen Widerspruch.
Wer auf einem Flug von weniger als 60 Minuten unterwegs ist, braucht kein Markenprodukt. Er braucht auch kein Getraenk und keinen Snack. Er braucht keine hochmotivierten und gutausgebildeten Flugbegleiter. Er braucht einfach einen Flug fuer wenig Geld. Der Grund warum Ryanair und Easyjet sich so viele neue Kunden erschlossen haben, liegt in erster Linie daran, dass Sie genau diesen Bedarf befriedigen.
Lufthansa macht den richtigen Schritt, indem sie das Europageschaeft in einem ersten Schritt an Germanwings uebergibt. Ich kann aber auch noch weiterdenken: Lufthansa braucht den Zubringer fuer das internationale Geschaeft, aber wenn ich den Tabubruch wagen wuerde und den Zubringer extra verkaufen wuerde ergaebe sich eventuell ein neues Szenario: 100 EUR Zubringer mit Germanwings oder 300 EUR Zubringer mit Lufthansa? Die meisten wuerden in dem Fall ueberlegen, ob es a) ueberhaupt ein Flug sein muss oder auch der Zug Sinn macht und b) ob sich die 200 EUR Aufschlag lohnen. Diese Abwaegung findet heute nicht statt, weil Lufthansa internationale Fluege immer als "Paket" verkauft. Wuerde sie es nicht machen, wuerde sie den eigenen Aufbruch beschleunigen: Einen Lufthansa Kurzstreckenjet waere schon bald Vergangenheit.
Ich bin auch ein Hybridkunde. Ich fliege Singapore Airlines in Suites und wenn ich mich selbst um meinen Anschlussflug kuemmern muss, fliege ich in Deutschland in der Economy Class. Der Aufpreis zur Business Class ist es einfach nicht wert und die Zeiten der superbilligen BMI Awards in Business ist leider vorbei. Auf der Langstrecke hingegen wuerde ich mir Lufthansa in Business Class nicht zumuten. Ein Widerspruch? Offensichtlich nicht. Da wo ich Einzelkomponenten abwaegen kann, tue ich dies auch. Auf der Langstrecke zaehlen andere Faktoren als auf der Kurzstrecke.
Noch viel interessanter ist: Hier in Asien fliegt Scoot als non-frill gegen die Mutter SQ nach Sydney. Kannibaliserung? Fast keine. Es gibt sowohl Bedarf fuer non-frill als auch high-end in der Economy Class. In Deutschland geht das nicht: Der Kunde ist nicht bereit, den Mehrwert fuer Marke und Leistung zu zahlen.*
Im Resultat wuerde ich Germanwings noch mehr auf Linie trimmen: Die sind immer noch zu nahe an Lufthansa und nicht nahe genug an Easyjet. Sowohl in den Kosten als auch beim Preis.
