Fliegen mit Rollstuhl bzw. mit einer Behinderung

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flysurfer

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06.03.2009
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aus dem S&S Thread http://www.vielfliegertreff.de/spiel-spaay/3206-besser-als-jeder-hon-service.html *dreschen*

Abseits des hanebüchenen Unsinns im OP würden mich ja mal die praktischen Erfahrungen der wirklich Behinderten interessieren, die mit dem Rollstuhl LH und Co. fliegen müssen. Ich könnte mir denken, dass man da je nach Airline und Airport ganz unterschiedliche Erfahrungen macht.
 
Moderiert:

kingair9

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18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
Abseits des hanebüchenen Unsinns im OP würden mich ja mal die praktischen Erfahrungen der wirklich Behinderten interessieren, die mit dem Rollstuhl LH und Co. fliegen müssen. Ich könnte mir denken, dass man da je nach Airline und Airport ganz unterschiedliche Erfahrungen macht.


Ich kann es Dir sagen, da mein Vater im Rollstuhl sitzt und wir in den 2 Jahren nach seinem Stroke das Fliegen erst wieder erlernen mußten (er war seit es M+M gibt immer SEN bzw HON aber durch den Stroke mußte ich mit ihm anfangen wie mit einem kleinen, ängstlichen Kind):

Wichtig ist bei oder nach der Buchung die korrekte Eingabe des Behinderungscodes. Dies macht man bei der LH z.B. über eine spezielle Hotline, die alles mögliche zum Krankheitsbild abfragt: Lufthansa - Buchung

Die entsprechenden Kennzeichen sind:

WCHR = Wheelchair Help on Ramp - kann kurze Strecken gehen und Stufen steigen
WCHS = Wheelchair Help on Steps - braucht Hilfe beim Stufen steigen, kann aber noch etwas gehen
WCHC = Wheelchair Help in Cabin - kann sich nicht selbst bewegen, braucht Ein- und Aussteigehilfe und muss in der Kabine "gesetzt" werden

Der eigene Rollstuhl (sofern nicht batteriebetrieben) wird bis in den Finger genutzt, erst dann steigt man in den speziell schmalen Bordrollstuhl um, der durch den Gang paßt. WCHS mag bei meinem Vater zum Beispiel bei einer Fingerposition gehen, da er z.B. auch im Flieger mit tatkräftiger Unterstützung an seinen Platz kommt - aber Gangway bei Außenposition geht gar nicht und bei WCHS kommt dann nur ein Helfer anstatt zweien + Tragesessel bei WCHC. Einen Hubwagen wie von Elly oben geschrieben gibt es bei Narrowbodies in D nicht, nur bei Widebodies auf Aussenstation. Auch ist das mit der Lounge nicht korrekt, man wartet ganz normal im Wartebereich oder -falls Status- in der Lounge. Allerdings gibt es Lounges auch in D, die nicht per Rolli erreichbar sind, so z.B. in BRE, der homebase meines Vaters (clever, neues Terminal aber 5 Stufen zur Lounge...)

An den meisten Stationen wird der DAA-aufgegebene Rollstuhl auch DAA wieder hingestellt, nur in TXL und CGN klappt das nicht.

Im Flieger selber dürfen WCH-Passagiere im Normalfall nur auf bestimmten Plätzen sitzen, diese sind bei LH in der Kabine mit einem schwarzen Dreieck an der Kabinenwand gekennzeichnet. Sitzen dürfen die auch nur auf Fensterplätzen, damit die bei einer Evakuierung keine gesunden Passagiere blockieren. Der Check-in sieht im Sitzplan diese speziellen sitze mit "H" markiert und grau hinterlegt. Wenn man einen dieser Plätze auswählt, gibt es zwar einen Hinweis, dass dieser Sitzplatz reserviert ist für "handicapped" Gäste, aber man wird nicht daran gehindert, diesen Platz gesunden Gästen zu geben, wenn keine oder nur weniger WCH-Gäste an Bord sind.

Aus diesem Grund ist es auch bei LH nicht möglich auf Deutschland- oder Europastrecken im Narrowbody mit Flex-C ein C-Ticket zu buchen da der vorderste WCH-Sitz in Reihe 8 oder 9 ist und die LH nicht sicher stellen kann, daß der Vorhang nicht vielleicht schon bei Reihe 4 hängt. Auch ist F auf 744 nicht möglich (Treppe), bei A340 schon.

Auf Widebodies ist übrigens ein Bordrollstuhl vorhanden und eine Eco-Toilette ist etwas größer als die anderen. Allerdings ist es Aufgabe einer Begleitperson, mit dem WCH-Gast auf die Toilette zu gehen. Wenn er dies nicht alleine kann, kann er Langstrecken nur mit Begleitperson fliegen. FBs dürfen aus versicherungstechnischen Gründen nicht helfen.

Ich hoffe, dies gibt einen ersten Einblick - bei Fragen: Immer zu!
 

dreschen

Gründungsmitglied und Senior Chefredakteur VFT
Teammitglied
07.03.2009
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Ruhrgebiet
Da aus dem S&S Thread "Besser als jeder HON Service" ernsthafte Beiträge entstanden sind, habe ich hier einen neuen Thread aufgemacht. Da sich der Beitrag von kingair9 hauptsächlich auf LH bezog, habe ich die Beiträge in das LH Forum verschoben

Edit: Nach Rücksprache mit kingair9 haben wir den Thread in Bereich "Airlines und Fliegen" verschoben : http://www.vielfliegertreff.de/airl...-mit-rollstuhl-bzw-mit-einer-behinderung.html

Ich lasse aber mal einen Verweis hier im LH Forum.
 
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kingair9

Megaposter
18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
Übrigens sind die oben gemachten Anmerkungen bei fast allen Airlines gleich oder zumindest vergleichbar. Mein Dad ist seit er im WCH sitzt mit LH, GXL, DE und AB geflogen, Prozedere waren immer gleich.

Und eine weitere Anmerkung: Wo das ebenfalls vorzüglich klappt (Hubrampe, Assistance Team etc) ist die sonst so viel gescholtene Deutsche Bahn.
 
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b58

Erfahrenes Mitglied
12.08.2009
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Fliegen mit Rollstuhlfahrer, da hab ich auch schon ein paar Erfahrungen mit meiner Mutter.

Die Betreuung ist meistens top - sogar extra ein Zivi für uns, der uns bei Außenposition im Kleinbus zum Flugzeug bringt.

An der Sicherheit ist es schon mal haarsträubend, da wurde der Rollstuhl mal - ohne Kontrolle - außen vorbei gerollt.

Dann hatten wir ein anderes mal einen beschädigten Rollstuhl, spätabends in MUC angekommen und ein Rad hatte so starke Achter, daß es sich im Rahmen verklemmte - gut, daß der Abholer direkt vor dem Haus geparkt hatte.


Und eine weitere Anmerkung: Wo das ebenfalls vorzüglich klappt (Hubrampe, Assistance Team etc) ist die sonst so viel gescholtene Deutsche Bahn.

Da hab ich mir mit meiner Mutter aber im Hauptbahnhof München schon vorwurfsvolle Worte anhören dürfen:

Mutter sitzt dauerhaft im Rollstuhl, wir kamen mit der S-Bahn von MUC und kamen grad 5 Minuten vor der Abfahrt des nächsten Zuges an.
Als wir zum Fahrrad-/Kinderwagen-/Rollstuhl-Abteil rollten, gab es erst mal von der Schaffnerin den Einwand, daß wir viel zu spät dran seien, nicht angemeldet seien, und überhaupt ist jetzt keine Rampe zur Stelle.

Ich hab dann mit einem jungen Vater gemeinsam meine Mutter ins Abteil befördert.

Beim Aussteigen auf dem ländlichen Bahnhof 100 km weiter nördlich gab es auch keine Rampe und der Bahnsteig war 3 enge Stufen entfernt.
 

krabbenkopf

Putenwienerhasser
07.04.2009
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HAM
www.outlet-reisen.com
Ärgerlich wird es übrigens, wenn die eingeschränkte/behinderte Person nicht im Rollstuhl sitzt aber trotzdem Hilfe braucht.

Mein Schwiegervater ist halbseitig gelähmt, kann auch seeeeeehr langsam mit Gehstock gehen und hat auch einen Rollstuhl, den er aber seltenst bis gar nicht benutzt.

Wenn man nun in Hamburg anmeldet, dass man jemanden benötigt, der mit ihm langsam durch die Sicherheit zum Flugzeug geht, dann gibt es das nicht! Er muss dann in den vom Roten Kreuz mitgebrachten Rollstuhl sitzen oder darf gar nicht mit.

Genauso mit den Omas - die eine ist 85 Jahre alt und möchte natürlich nicht in einem Rollstuhl sitzen - wieso auch, sie ist ja nur alt und nicht krank. Das ist aber in HAM gar nicht vorgehehen, letztes mal ist eine nette Lufthanseatin mit ihr mitgegangen weil sie "eh zum Gate" musste.

In FRA klappt es wohl ganz wunderbar mit dem sog. "Rotkäppchen"-Service. Eigener kleiner Warteraum, nettes Personal und Elektroautos.
 

linuxguru

Erfahrenes Mitglied
01.09.2009
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ZRH
In ZRH sehe ich auch sehr oft die Elektro"autos" mit älteren oder behinderten Personen von und zu den Gates fahren.
Scheint also dort auch sehr gut zu klappen.
Meist sitzen dann auf dem Wägelchen sogar noch ein bis zwei Begleitpersonen des Passagiers, die dann eben auch grad noch mitgenommen werden, weil man ja eh schon da ist und noch Platz hat.
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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5.516
Wenn man nun in Hamburg anmeldet, dass man jemanden benötigt, der mit ihm langsam durch die Sicherheit zum Flugzeug geht, dann gibt es das nicht!

Ich könnte mir vorstellen, daß das vielleicht so praktiziert wird, um sich keinem Haftungsrisiko auszusetzen, wenn die zu begleitende Person z.B. auf dem Weg zum Gate stürzt und sich dabei verletzt.
 

krabbenkopf

Putenwienerhasser
07.04.2009
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HAM
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Das wäre möglich - dennoch finde ich es merkwürdig, dass UM zum Teil mit einem Elektroauto von der Flughafen Hamburg GmbH vom Gate abgeholt werden, ältere Menschen und Behinderte aber vom Roten Kreuz (und deren Zivis) mit dessen Rollstühlen?!
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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Welche Hilfestellungen angeboten werden müssen, ergibt sich aus der Verordnung (EG) 1107/2006 (pdf / 9 Seiten).

Ich muß gestehen, daß mir in HAM noch nie Elektroautos (im Gate-/Terminalbereich) aufgefallen sind. :eek:

Aber wie Du schon sagtest, die Betreuung der UM's macht ein anderer Dienstleister als diejenige der behinderten Passagiere, das kann dann wiederum auch unterschiedliche Ansichten bedingen, wie man die Hilfestellung durchführt.

Wenn man es ganz spitzfindig angeht, kommt bei allen drei Kategorien (meine insoweit WCHR / WCHS / WCHC) kein Elektroauto vor, da es ja um die Fortbewegung mittels Rollstuhl geht.

Insofern wäre näher zu beleuchten die Frage, welche Hilfestellungen nach der o.g. Verordnung für solche Fluggäste gewährt werden müssen, die auf Unterstützung / Begleitung, aber nicht die Benutzung eines Rollstuhls, angewiesen sind.

Ich kann da durchaus nachvollziehen, was Du meinst. Mein Opa hat einen Schwerbehindertenausweis, ist aber nicht auf den Rollstuhl angewiesen. Der würde ein Föhn kriegen, wenn er sich in einen solchen reinsetzen soll. Gleichwohl wäre es so, daß er wohl nicht mehr in der Schlange am Check-in oder Security warten könnte (ist gehbehindert, eine längere Belastung, auf der Stelle zu stehen oder im Schneckentempo vorwärts zu kommen, ginge wohl nicht mehr). Ginge also auch nur darum, ihn dort schnell durchzuschleusen, alles andere ist kein Problem.