Kooperation mit Turkish Airlines: Schwarze Kasse bei Billigableger der Lufthansa entdeckt

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gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
702
44
CGN
Bitte definiere in diesem Zusammenhang doch mal den Begriff "eklatante Kontrollschwäche".

Das sind doch alles nur Worthülsen. Da gibt es doch ganz andere Fälle bei großen Dax-Konzernen wie Siemens oder Deutsche Bank, wo es ein generelles kulturelles Problem gegeben hat.

Na klar, gerne doch

Eklatante Kontrollschwäche:
- Umsatzerlöse aus Mitarbeitertickets werden über Jahre nicht ordnungsgemäß verbucht -> Unzureichende/ineffektive Kontrolle aufgesetzt, die den Prozess des MA-Ticketverkaufs kontrolliert
- Vergabe von Leistungen: Offensichtlich unzureichende Kontrolle der Einkaufsprozesse; Geschäftsführer/MD kann Aufträge ohne Einschaltung des Einkaufs vergeben. Gleiches gilt für die Sponsoringaktivität

Zur Kultur: Das bezog sich nicht auf den LH-Konzern, sonder auf die Sun Express. Der Geschäftsführer führt ein schwarze Kasse über 10 Jahre. Man kann sich kaum vorstellen, dass davon nicht andere Führungskräfte wie CFO und der Leiter des Marketing etwas davon mitbekommen haben. Als Führungskräfte halte ich diese Leute für nicht haltbar - weder den CEO/MD, der die Kasse führt, noch den CFO, der die Praxis wahrscheinlich toleriert und nicht unterbindet.

Ein anderes Warnsignal ist die Zahlung von 50.000 EUR in bar an einen Mitarbeiter - auch hier hätte man vom Mitarbeiter erwarten dürfen, dass er das an eine Compliance Helpline meldet.

Wenn Sun Express für all das keine Richtlinien hat, wäre es nur um so dramatischer. Für eine Konzerntochter halte ich das aber für unvorstellbar.

Schon die Existenz eines Barverkaufs von Mitarbeitertickets (selbst wenn ordnungsgemäß verbucht worden wäre) ist ein Risikofaktor - als CFO/Controller hätte ich da auf ein bargeldloses Verfahren gedrängt. In kundenfernen Bereichen besteht heute eigentlich keinerlei Notwendigkeit (auch in der Türkei) noch Barkassen zu haben.

Ein generelles kulturelles Problem in Bezug auf Compliance besteht auf Basis der Informationen im Artikel nur bei der Sun Express - ich habe meine Aussage nicht auf den Muttergesellschaften bezogen.

Zum Thema Bakschisch: Das klingt im Artikel nicht an, aber eine schwarze Kasse ist natürlich ein Risikofaktor. Ich erwarte von einer Konzerntochter der LH, dass keinerlei Korruption oder Bestechung geduldet wird. allerdings fällt die LH oder SunExpress ja weder unter den FCPA noch unter den UK Bribery Act - bei letzteren wären noch nicht einmal Facilitation payments straffrei.
 
A

Anonym38428

Guest
Ist ja schön was du von der "sauberen" Hansa erwartest, in der Realität sei nur an ein illegales Kartell auf dem Frachtmarkt erinnert.
 

gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
702
44
CGN
Vertreter der Eigner ("Board") sind ja wohl nur LH und TK. Erscheint mir eine Lapalie, vor allem wenn ich mir die osmanisch geprägte Bakschisch-Kultur z.B. am Balkan vor Augen führe. Zudem wurden die Moneten ja wohl eher nützlichen Zwecken (nicht i.S. von "nützlichen Aufwendungen") zugeführt.

Selbst wenn es Aufwendungen sind, die unter normalen Umständen im Geschäftsbetrieb auch gemacht worden wären: Das ist keine Entschuldigung und es ist sicher keine Lappalie. Sowohl das Sponsoring als auch die Bezahlung des Mitarbeiters sind aller Wahrscheinlichkeit nach unter Umgehung interner Regel und Kontrollen (z.B. vergaberichtilinien) erfolgt. Eine Führungskraft, die das macht, ist nicht tragbar und sollte zumindest abgemahnt werden oder entlassen werden - das hängt von der Schwere der Verstöße, der Häufigkeit und auch vom Land ab.
 

gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
702
44
CGN
Gezielte Diskreditieung. Seitens TR und der Piloten.

Die ursprünglichen Hinweise, die die Revision ausgelösten hatten, dürften andere Gründe haben. Bei Turkish Airlines hatte es offenbar 2014 einen Machtkampf gegeben, der bis in den Vorstand reichte und der internen Zugriff auf das profitable Geschäft von Sun Express zum Ziel hatte.

fvw.de von heute Nachmittag

Welche Motive ein Whistleblower hat, ist mir erst einmal egal. Ein Audit untersucht die Vorwürfe und am Ende stehen Empfehlungen - und darüber entscheidet dann das Management oder in diesem Fall das Board der Sunexpress. Ich kann mir nur schwer ein Audit vorstellen, dass als Empfehlung am Ende die Auflösung einer Gesellschaft ausspricht.
 

rotanes

Erfahrenes Mitglied
01.06.2010
7.016
5
HAM
Die schwarze Kasse bestand (laut SPIEGEL) seit 2002.

Lufthansa hat den 50% Anteil an Sunexpress erst im Jahr 2007 (von Thomas Cook) erworben.

Ebenfalls laut SPIEGEL wurde die schwarze Kasse 2012 aufgelöst. Da hätte man (LH/Revision) bei allergrösster Sorgfalt wohl auch schon 2 - 3 Jahre eher darauf stoßen können, aber einen Riesenskandal sehe ich da nun auch nicht drin, wenn es ganz offenbar 5 anstatt realistisch minimal 2 Jahre gedauert hat, so etwas abzuschalten.
 

gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
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Nö, finde ich nicht - auch der Aspekt Kartelle/Anti Trust sollten in einer Compliance-Richtlinie abgedeckt sein. Und nach einem Verstoß wie dem oben genannten muss man sich dann Gedanken machen, ob das bisherige Compliance-Programm reicht.
 

gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
702
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CGN
Ein Riesenskandal ist das sicher nicht - und normalerweise auch nichts, was ich im Spiegel erwarten würde. Da stellt sich dann wieder die Frage, wer so etwas an die Öffentlichkeit gibt - das dürfte dann nämlich wieder ein Verstoß gegen eine Richtlinie sein. Als reine Mutmaßung: vielleicht jemand aus dem Audit Committee - ein Schelm, wer böses dabei denkt.
 
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bk512

Erfahrenes Mitglied
15.10.2011
2.185
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Berlin
Na klar, gerne doch...
...

Zur Kultur: Das bezog sich nicht auf den LH-Konzern, sonder auf die Sun Express. Der Geschäftsführer führt ein schwarze Kasse über 10 Jahre. Man kann sich kaum vorstellen, dass davon nicht andere Führungskräfte wie CFO und der Leiter des Marketing etwas davon mitbekommen haben. Als Führungskräfte halte ich diese Leute für nicht haltbar - weder den CEO/MD, der die Kasse führt, noch den CFO, der die Praxis wahrscheinlich toleriert und nicht unterbindet.
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...Wenn Sun Express für all das keine Richtlinien hat, wäre es nur um so dramatischer. Für eine Konzerntochter halte ich das aber für unvorstellbar.

...Ein generelles kulturelles Problem in Bezug auf Compliance besteht auf Basis der Informationen im Artikel nur bei der Sun Express - ich habe meine Aussage nicht auf den Muttergesellschaften bezogen.

Zum Thema Bakschisch: Das klingt im Artikel nicht an, aber eine schwarze Kasse ist natürlich ein Risikofaktor. Ich erwarte von einer Konzerntochter der LH, dass keinerlei Korruption oder Bestechung geduldet wird. allerdings fällt die LH oder SunExpress ja weder unter den FCPA noch unter den UK Bribery Act - bei letzteren wären noch nicht einmal Facilitation payments straffrei.

Ich habe lange für einen großen deutschen Autobauer mit Stern gearbeitet. Das waren damals schwarze Kassen und Bakschisch in der Türkei war dort auch eine ganz andere Nummer.

Daimler: Ermittlungen gegen frühere Evobus-Manager - manager magazin

Das waren noch echte Skandale...
 

gtrecker

Erfahrenes Mitglied
29.06.2009
702
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CGN
In der Tat ist die Größenordnung eine andere - aber wie schon gesagt: eine Verfehlung bleibt es trotzdem.

Daimler hat sich ja rechtzeitig von der NYSE verabschiedet - ansonsten wäre man auch ein Kandidat für ein DPA gewesen...
 

bk512

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15.10.2011
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Das bestreitet ja auch keiner. Aber eine "eklatante Kontrollschwäche"? Come on.... Um das wirksam und wasserdicht verhindern zu wollen, benötigte man eine Armada aus Revisoren und Auditoren und selbst dann wäre es nicht 100% zu vermeiden.
 
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gtrecker

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29.06.2009
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Das bestreitet ja auch keiner. Aber eine "eklatante Kontrollschwäche"? Come on.... Um das wirksam und wasserdicht verhindern zu wollen, benötigte man eine Armada aus Revisoren und Auditoren und selbst dann wäre es nicht 100% zu vermeiden.

Verhindern kann man so etwas 100%ig nur schwer, vollkommen richtig. Aber ein Armada aus Auditoren brauche ich nicht.

- Die Kultur ist nicht in Ordnung, wenn über Jahre vom Management eine schwarze Kasse geführt werden kann.
- Für das Aufdecken brauche ich im ersten Schritt keine Auditoren und Revisoren, sondern erst einmal Mitarbeiter, die die Augen offenhalten und solche Vorgänge, wenn nötig eskalieren
- Petty Cash und Bargeld in Unternehmensteilen ohne B2C-Kundenverkehr kann man leicht abschaffen. Wenn dann doch Bargeld da ist, hat man direkt ein Anzeichen für ein Problem.
 

bk512

Erfahrenes Mitglied
15.10.2011
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Berlin
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300x250
Verhindern kann man so etwas 100%ig nur schwer, vollkommen richtig. Aber ein Armada aus Auditoren brauche ich nicht.

- Die Kultur ist nicht in Ordnung, wenn über Jahre vom Management eine schwarze Kasse geführt werden kann.
- Für das Aufdecken brauche ich im ersten Schritt keine Auditoren und Revisoren, sondern erst einmal Mitarbeiter, die die Augen offenhalten und solche Vorgänge, wenn nötig eskalieren
- Petty Cash und Bargeld in Unternehmensteilen ohne B2C-Kundenverkehr kann man leicht abschaffen. Wenn dann doch Bargeld da ist, hat man direkt ein Anzeichen für ein Problem.

Was die Kultur angeht, gebe ich dir Recht. Aber ob es wirklich eine eklatante Kontrollschwäche ist, wage ich immer noch zu bezweifeln.

In einer ggf. stark hierarchischen Kultur ist Whistleblowing nicht so leicht, besonders wenn das Top Management der Tochtergesellschaft ja davon Kenntnis hatte. Und inwieweit man ohne Bargeld in der Türkei im Tagesgeschäft mit Lieferanten usw. auskommt, wage ich auch nicht so treffsicher wie du ausschließen.

Aber sei's drum. Insgesamt ein dicker Artikel über einen doch relative kleinen Skandal verglichen mit Siemens, Daimler oder Deutsche Bank.
 
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