Veröffentlichte Urteile zu dieser Frage sind mir nicht bekannt. Es hat auch, wie ich hier schon mehrfach geschrieben habe, in aller Regel wenig Sinn, auf Umbuchung zu klagen, weil sich der Rechtsstreit wegen Zeitablaufs erledigen wird, bevor der Fluggast ein rechtskräftiges Urteil erstritten hat. Nur der klagende Anwalt hat von diesem Streit etwas, nämlich seine Gebühren, die das eigentlich unterlegene Luftfahrtunternehmen gemäß
§ 91a Abs. 1 S. 1 ZPO tragen muss. Ein Kollege hat sich mal den Spaß erlaubt und AB aus einem sehr günstigen Ticket heraus verklagt, nachdem die seine Strecke komplett eingestellt hatten: verklagt auf einen über 900 € teuren LH-Flug. Es kam, wie es kommen musste: Hauptsache erledigt, volle Kostenlast bei AB.
Meinetwegen nenn Art. 8 Abs. 1 lit. c VO "nicht eindeutig", aber was ist schon eindeutig im Gesetz, zumal in einem so schlecht geschriebenen wie der VO? Ich meine: Man muss den Wortlaut "Plätze" schon sehr durch die Brille eines Vielfliegertreffs sehen, um darunter "Buchungsklasse" zu verstehen (einem Begriff, der 99% der Flugreisenden und Juristen unbekannt sein dürfte). Wenn Du, wie es sich bei europarechtlichen Vorschriften geziemt, in die englische und französische Sprachfassung schaust, dann liest Du dort "seats" bzw. "sièges". Wer diese Wortwahl auf "Buchungsklasse" reduzieren will, braucht sehr gute Argumente dafür, dass der Wortlaut hier über das Ziel der VO hinausschießt. Leider (für die Airlines) besteht der Zweck der VO aber gerade im Schutz des Fluggasts, gebietet also genau das Gegenteil einer restriktiven Auslegung von "Plätze", "seats" und "sièges". Das Recht auf Umbuchung erwächst dem Fluggast im Übrigen nicht nur bei einer Annullierung, sondern auch bei einer unfreiwilligen Nichtbeförderung wegen Überbuchung (Art. 4 Abs. 3 VO). Da wäre es doch herrlich, wenn die Airline, die erst offenen Vertragsbruch begeht, dann auch noch nach ihrer reinen Willkür Buchungsklassen auf und zu machen kann, um den Beförderungsanspruch des Fluggasts wegen nicht verfügbarer "Plätze" zu vereiteln. Um ehrlich zu sein: Viel eindeutiger braucht es ein Jurist nicht. Und wenn es nicht um Sprünge wie oben mit AB geht, habe ich das auch stets außergerichtlich durchsetzen können. Auch aus den billigsten Klassen heraus.