Link zur HAZ
Kann das jemand der Bahn versierten User mal einem Laien erklären? Kann der Fahrdienstleiter die Technik so leicht übergehen, dass keiner der Zugführer eine Chance hat zu reagieren ?
Vereinfacht gesagt: um ein Signal auf 'Fahrt' stellen, muss die gesamte Strecke bis zum nächsten Signal frei sein. Außerdem müssen alle Weichen in der richtigen Stellung sein und es muss sichergestellt sein, dass auch von den Nachbargleisen und parallel verlaufenden Gleisen kein Zug oder Wagen in die beabsichtigte Strecke fahren oder rollen kann (Flankenschutz). Die Technik des Stellwerks prüft dies (Freimeldung der Gleise und auch die korrekte Stellung der Weichen) - nur wenn alle erforderlichen Bedingungen (sind in der Schaltlogik des Stellwerks hinterlegt) erfüllt sind, kann das Signal auf 'Fahrt' gestellt werden.
Nun gibt es in der Technik immer die Möglichkeit einer Störung (ein Achszähler - Gleisfreimeldung - ist gestört, ein Kabel ist beschädigt und die Verbindung zu einer Weiche ist unterbrochen und die korrekte Stellung (Endlage) kann nicht vom Stellwerk geprüft werden) - da gibt es zig Szenarien.
Gäbe es keine Möglichkeit, die Technik zu umgehen, dann wäre der Betrieb komplett blockiert, bis die Reparatur abgeschlossen ist. Daher gibt es bei der Bahn in Deutschland das Prozedere des 'Fahren auf Befehl' - dabei stellt der Fahrdienstleiter einen Befehl (schriftlich oder per Ersatzsignal) aus, der dem Zug erlaubt, das rote Signal zu überfahren. Natürlich muss der Fahrdienstleiter sich vorher vergewissern, dass die Störung nicht kritisch ist und die beabsichtigte Fahrt sicher ist. Ebenso muss der Lokführer im Bahnhof auf Sicht fahren.
Für diesen Fall gibt es auch definierte Abläufe, die exakt beschreiben, was zu tun ist (Kommunikation mit dem Nachbarbahnhof, etc.) - das Zugmeldeverfahren. Da der Zug dann über ein 'Halt" zeigendes Signal fährt, würde er auch von der Überwachungssystemen, die im Normalbetrieb den Zug daran hindern, gebremst, was daher auch vom Lokführer übergangen werden kann.
In diesem Betriebszustand fehlt eine Sicherheitsebene, weshalb sorgsames Arbeiten aller Beteiligten erforderlich ist und es nur in Ausnahmefällen angewendet wird. Das wird auch alles protokolliert und aufgezeichnet.
Der von dir verlinkte Artikel erweckt den Eindruck, dass nun dieses Verfahren 'Fahren auf Befehl' mal so nebenbei angewendet wurde, um irgendwelche Verspätungen aufzuholen und Wartezeit abzukürzen.
Technisch mag das möglich sein, aber da müsste schon ein seltsames Arbeitsverständnis des Fahrdienstleiter vorliegen, um so zu agieren - wenn es denn stimmt.
Quasi wie wenn in der Luftfahrt die Piloten beschließen, weil sie schon 1000 mal ein Manöver geflogen sind, lassen sie jetzt einfach die Checklisten weg. Klappt ja immer. Direkt daran hindern kann sie auch niemand.