Naja, es gibt schon noch Unterschiede in unserer Geisteshaltung - du bist gegen das Streikrecht an sich, ich bin der Ansicht, dass das Streikrecht an sich erst einmal ein sehr hohes Gut darstellt, was es zu schützen gilt. Andererseits gehört ein derart hohes Gut vernünftig und verantwortungsvoll eingesetzt, dies ist weder bei den Streiks der Türsteher an Flughäfen, der Lufthansa Piloten (wobei ich deren "Hintergedanken" vollends verstehe, akzeptiere und grundsätzlich unterstütze) sowie der Lokomotiv-Kutscher der Fall. Das ist das eigentliche Problem.
Ja. Und wenn es nicht verantwortungsvoll eingesetzt wird, gehört es eingeschränkt. Das macht der Staat auch bei ganz vielen anderen Dingen so. Beispiel: Die Vertragsfreiheit und der Grundsatz des "pacta sunt servanda" waren mal hohe Güter...heisst, dass ich mal die Freiheit hatte, auch für mich nachteilige Verträge abzuschließen und dann an diese gebunden war. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und soll die Folgen seiner Entscheidung tragen. Gilt heute alles nicht mehr.
Streikrecht war im 19. und im letzten Jahrhundert mal eine wichtige Sache. Ausgangspunkt war aber immer eine Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Grundsatz innerhalb eines Betriebes. Heisst, dass derjenige, gegen den sich die Streikmaßnahmen gerichtet haben der Arbeitgeber war. Er hat hierdurch weniger verdient und das war das Druckmittel. Wenn er wollte, konnte er sich mit der Aussperrung wehren.
Diese Situation haben wir heute aber nicht mehr sondern es hat eine Weiterentwicklung hin zu einer hochkomplexen Dienstleistungsgesellschaft stattgefunden, die mit dem alten Modell nichts mehr zu tun hat. Dieses neue Modell der Arbeitswirklichkeit wird aber immer noch mit gestrigen Maßnahmen bekämpft, die über das, was ursprünglich mal zugestanden worden war von der Wirkung her weit hinausgehen. Und wenn man eine Diskussion hierüber anstößt, kommt sofort das Totschlagargument, ob man "gegen Streikrecht" sei.
Ein Streik richtet sich heute nicht mehr primär gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die Geschäftspartner/ Kunden des Arbeitgebers, die mit der Sache null Komma null zu tun haben. So war Streikrecht nicht gedacht und ich bin gegen seine heutige missbräuchliche Nutzung unter dem Deckmäntelchen einer vor 100 Jahren (aber eben nicht mehr heute) zutreffenden Argumentation. Um diesem Missstand endlich mal Einhalt zu gebieten bin ich so langsam dafür, dass wenn durch einen Streik Schaden an Rechtsgütern unbeteiligter Dritter entstehen, diese Schäden von denjenigen, die zum Streik aufgerufen haben zu ersetzen sind. Das führte ganz sicher zu mehr Augenmaß.
Ich hatte übrigens gestern die Freude in Köln - das Jahr fängt ja toll an...Januar noch nicht vorbei und das erste Mal mittendrin - das kann ja noch was werden, wenn dann noch die Saftschupsen, die Kutscher, und wasweissichwernoch streikt. Man hat allerdings nicht die Passagiersicherheitskontrolle bestreikt, sondern die Sicherheitskontrolle für das Personal und die Warenlieferungen. Hiess: kein Personal (jedenfalls deutlich reduziert) und keine Waren in den Sicherheitsbereich. Die Dame vom Groundstaff am Gate sagte, dass sie 1,5h gebraucht habe, zum zur Arbeit in den Sicherheitsbereich zu kommen. Kommentar einer mitreisenden Schweizerin "ich verstehe das alles nicht mehr - ihr macht euch euer Land kaputt". Dem ist nichts hinzuzufügen. Ausser man gründet eine Spartengewerkschaft. Dann lebt man wie die Made im Speck. Wäre mal eine Überlegung wert.