Deine Erfahrung als Anwalt dürfte aber auch nicht unbedingt repräsentativ sein (da bei Dir natürlich nur Fälle landen, wo der Kunde sich nicht einigen konnte)
Das mag ich nicht in Abrede stellen, auch wenn fluggastrechtliche Streitigkeiten für mich nur ein Abfallprodukt meiner Reisen (und solcher im Freundes- und Bekanntenkreis) sind. Ich wäre allerdings sehr zurückhaltend damit, bei Kunden, die gegen die Willkür der Airlines nicht vorgehen, auf deren Einverständnis mit der angebotenen Ersatzbeförderung zu schließen: Die meisten fügen sich in ihr Schicksal oder glauben schlicht den Lügen, die ihnen in den Antwortschreiben der Airlines oder am Telefon aufgetischt wurden ("wir können nicht / dürfen nicht / müssen nicht" für "wir wollen nicht").
Das Vertrauen in den aufgesuchten Anwalt muss schon groß sein, wenn etwa dem möglichen Gewinn von 600 € Entschädigungsleistung ein Prozesskostenrisiko von ca. 450-750 € gegenübersteht, je nachdem, ob die Airline sich anwaltlich vertreten lässt oder nicht. Und nun erhöhen wir den Einsatz mal auf einen gestrichenen Award-Flug in F, den die Airline unter der beliebten vorsätzlichen Täuschung, dass die VO 261/04 auf Prämientickets keine Anwendung finde, unzureichend oder überhaupt nicht umbucht.
Ansonsten hatte ich auch schon etliche Beispiele von Flugstreichungen auf eben solchen Strecken mit wenig Alternativen. Beispiel letztes Jahr LOT nach Cluj (Strecke wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen, als ursprünglich geplant, Streichung 2 Monate vor dem Flug). Zugegeben nach etwas Hartnäckigkeit am Ende auf die um ein Vielfaches teurere LH-Verbindung umgebucht (für den von mir gebuchten Business Promo-Tarif zur Streckeneinführung hätte ich bei LH nicht mal das Eco-Ticket bekommen…).
C-Ticket, HON iirc, Hartnäckigkeit - we're getting there.
Ich sage ja nicht, dass es das nicht gibt. Aber wie viele der anderen Passagiere auf Deinem gestrichenen Flug saßen wohl am Ende mit Dir auf LH? Außerdem ist die komplette Einstellung (oder Nicht-Aufnahme) einer Strecke noch einmal eine andere Ebene als eine einzelne Streichung (z.B. 1-3-5 statt x7). Wie gesagt: wirklich interessant wird es erst, wenn die Airline Pseudo-Alternativen auffahren kann, dies oft noch an die Verfügbarkeit der gebuchten Buchungsklasse knüpft und das Ganze dann als Großzügigkeit verkauft.
Vielleicht wäre es mal reizvoll, einen Thread über "unfreiwillige Änderungen der gebuchten Flugroute" aufzumachen: mit der Ursache, dem Zeitpunkt, dem Wunsch des Passagiers und der Reaktion der Airline. Die Beiträge darin würden freilich auch nicht zum empirischen Beleg taugen, aber immerhin eine Tendenz aufzeigen. Aktuell weiß ich von einem Fall, in dem die Chefin von LX Deutschland es nicht für nötig hält, auf Anwaltspost in einem klaren Fall wenigstens eine Antwort zu veranlassen. Vermutlich ist sie vollauf mit der Kontrolle von Handwaagen beschäftigt.