23.02.2019 Absturz Atlas Air (Amazon Prime Air) B763F

ANZEIGE
T

Txx

Guest
ANZEIGE
Bei der 767 "gewinnt" niemand, wenn sie zu hart gegeneinander arbeiten, öffnet irgendwann eine Sollbruchstelle.
Ich kenne die 767 nicht, je nach Flugzeugtyp können das tatsächlich Sollbruchstellen sein (z.B. sogenannte "Shear Pins", die tatsächlich brechen), bei anderen löst sich eine Federbelastete Raste, und rastet wieder ein sobald sich beide wieder einig sind.

Getrennte Inputs bedeuten dann unterschiedliche Ausschläge des rechten/linken Höhenruders.

Und wenn die echte Sollbruchstelle dann durch ist? Unterschiedliche Ausschläge des Höhenruders klingt jetzt nicht gerade gesund.
 

Allererste Reihe

Erfahrenes Mitglied
07.05.2012
1.719
4
Süddeutschland
Bei der 767 "gewinnt" niemand, wenn sie zu hart gegeneinander arbeiten, öffnet irgendwann eine Sollbruchstelle.
Ich kenne die 767 nicht, je nach Flugzeugtyp können das tatsächlich Sollbruchstellen sein (z.B. sogenannte "Shear Pins", die tatsächlich brechen), bei anderen löst sich eine Federbelastete Raste, und rastet wieder ein sobald sich beide wieder einig sind.

Getrennte Inputs bedeuten dann unterschiedliche Ausschläge des rechten/linken Höhenruders.
Du "kennst die 767 nicht" stellst meine Aussage trotzdem als falsch dar ... OK.

Die "Sollbruchstelle" die Du meinst wird gelegentlich als Elevator Disconnect eingebaut. Typischerweise aber bei kleineren und Propellerflugzeugen als Notmaßnahme für einen Stucked Elevator.

Bei größeren Jets wird diese Redundanz über den moveable Stabilizer gelöst, da gibt es dann i.d.R. den Elevator Disconnect nicht mehr.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.694
10.647
Ich vermute, im Egyptair-Unfallbericht wird das 767 System im Detail beschrieben, google einfach mal.
Alle größeren Jets mit mechanischer Steuerung im Cockpit haben einen Disconnect, der ist vorgeschrieben. Die 767 hat sicher einen, ich kenne nur die technischen Details aktuell nicht, habe aber schon im Netz ein 767 AMM gefunden und werde es in Kürze nachlesen.
 

Allererste Reihe

Erfahrenes Mitglied
07.05.2012
1.719
4
Süddeutschland
Also im AMM der 767 habe ich auf die Schnelle lediglich einen Override Mechanismus gefunden der Pitch Authority trotz blockierter Surfaces erlaubt. Von einem Elevator Disconnect habe ich nichts gefunden.

Hab aber im Moment auch nur wenig Zeit. Wenn Du etwas besseres findest freue ich mich zu lernen.
 

Allererste Reihe

Erfahrenes Mitglied
07.05.2012
1.719
4
Süddeutschland
Die beiden Control Wheels im Cockpit (Steuersäulen) sind miteinander mechsnisch verbunden. In einigen Flugzeugen gibt es in der Verbindung eine Art Klammer die man durch einen Hebel im Cockpit lösen kann. Dadurch werden dann das rechte und linke Horn unabhängig voneinander.

Normalerweise wird das genutzt wenn auf einer Seite eine mechanische Blockade besteht. So kann mann trotz Blockade das Flugzeug noch um die Querachse steuern.

Volume und ich diskutieren nur ob die 763 einen solchen Mechanismus hat oder ob die Redundanz dort anders gelöst ist.
 
  • Like
Reaktionen: Brainpool

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.694
10.647
Also im AMM der 767 habe ich auf die Schnelle lediglich einen Override Mechanismus gefunden der Pitch Authority trotz blockierter Surfaces erlaubt. Von einem Elevator Disconnect habe ich nichts gefunden.
Das ist der selbe Mechanismus.
Bei "prähistorischen" Flugzeugen betätigt die rechte Steuerseule das rechte Höhenruder, die linke das linke. Ab Cockpit nach hinten sind sie völlig redundant, also mit getrennten Steuerseilen. Im Cockpit sind sie gekoppelt, allerdings mit einer Trennstelle. Entweder mit einem Roten Griff irgendwo mit dem man bewusst trennen kann (meist bei den kleineren Modellen wie der Saab) oder mit einer Sollbruchstelle, bei moderneren Flugzeugen eine Federbelastete Raste die bei Überlast rausspringt und bei Synchronität wieder einrastet.
Gemacht ist es dafür, Redundanz zu bieten falls ein Steuerkreis blockiert (z.B. Wasseransammlung im Bereich der Steuerseile die dann auf Reiseflughöhe festfrieren), nebenbei trennt es die Streithähne, falls sich Pilot und Copilot uneinig sein sollten, und gegenläufige Steuereingaben machen.
 
  • Like
Reaktionen: MANAL

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.694
10.647
So, ich habe nochmal etwas recherchiert...
Das 767 Flugsteuerungssystem (Boeings letztes vollmechanisches System) ist extrem komplex aufgebaut:
767 Elevator Control System.jpg
Rechtes und linkes Höhenruder werden prinzipiell vom rechten/linken Steuerhorn angesteuert, letztere sind mit einer Überlastkupplung reversibel gekoppelt, rasten also bei stark unterschiedlicher Kraft aus, und wieder ein wenn sich die Piloten wieder einig sind.
Darüberhinaus sind rechtes und linkes System im Rumpfheck nochmal mit einem Begrenzer verbunden, der die Differenz zwischen rechts und links beschränkt, und dann sind nochmal die rechten und linken Anlenkhebel der Aktuatoren in der Höhenflosse mit einer Steuerseilschleife verbunden, mit der selben Schleife werden auch noch die beiden Ruder selbst synchronisiert, geschützt mit irreversiblen Überlastkupplungen (mit Shear pin der bei Überlast abreisst).

Im Egypt Air Unfallbericht ist auf den Seiten 10-13 das Höhensteuersystem auch nochmal im Detail beschrieben.

Ich verstehe mehr und mehr den Trend zu FBW...
 

longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
10.217
9.697
Witzig! Vorne trennen sich die Controls, hinten wird der Unterschiedliche Output aber limitiert.

Verstehe ich nicht ganz. Das ist ja nur eine weitere Absicherung falls das Sicherungssystem weiter vorne in der Kette versagt. Der Shear Pin ist dann die dritte (oder vierte - je nach Lesart) und letzte Absicherung, dass die Kiste weiter flugfähig bleibt.
 

Mladen

Erfahrenes Mitglied
01.08.2013
330
93
NRW
Natürlich ist ein Piloteninput der "normale" Grund für einen Ruderausschlag, aber 100% sicher ist das nicht.
Eine nose-down elevator deflection kann auch daher kommen, dass ein Steuerseil gerissen ist, und die Vorpannung im System über das andere Seil den Ausschlag verursacht hat. Oder der Autopilot. Oder eine Aktuatorfehlfunktion (Analog 737 Rudder hardover).

Dann stellt sich aber schon die Frage, warum kurz vorher die Triebwerke auf "Vollgas" gestellt wurden. Ich bin wirklich gespannt auf die CVR Transcripts. Bislang heißt es ja nur

"Crew communications consistent with a loss control of the aircraft began approximately 18 seconds prior to the end of the recording."

Die 18 Sekunden sind genau der Zeitraum, in dem das Flugzeug gen Boden flog.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.694
10.647
Gerade zufällig gefunden...
Northwest 705
As the airplane penetrated the vertical air column, the pilot, in response to the uncommanded high climb rate, rapidly decreasing airspeed from 270 to 215 knots, perceived an impending stall, and applied full nose down elevator, and almost simultaneous full nose down stabilizer trim. Investigators concluded that the pilot commanded full nose down pitch by an analysis of the flight data recorder, and results of a performance analysis performed by Boeing. The analyses confirmed to the investigators that the flight path required the application of full nose down elevator and the simultaneous use of full nose down stabilizer trim. In response to these control inputs, the airplane rapidly pitched over, having reached a peak altitude of 19, 285 feet, and generating vertical acceleration levels of approximately -2G.
Einziger sofort erkennbarer gewaltiger Unterschied ist, das diesmal Vollgas gegeben wurde, nicht Gas weggenommen...
 

LINDRS

Erfahrenes Mitglied
03.04.2013
1.724
1.883
DRS
Sitzt nicht genau deshalb ein zweiter Pilot daneben, der das Prozedere überwacht? In dem Fall sogar der Kapitän?
 

Brainpool

Erfahrenes Mitglied
15.03.2014
2.801
126
Sitzt nicht genau deshalb ein zweiter Pilot daneben, der das Prozedere überwacht? In dem Fall sogar der Kapitän?
Klar sitzt da einer neben. Wenn man aber davon ausgehen darf das der zweite Mann voll ausgebildet und befähig ist selbst zu fliegen lässt man ihn machen und ist nicht darauf eingestellt das er den Vogel innerhalb von 18 Sekunden in die Erde rammt.
Als Fahrlehrer / Fluglehrer rechnet man mit allem und ist dementsprechend bereit einzugreifen.
 

Mladen

Erfahrenes Mitglied
01.08.2013
330
93
NRW
Wenn das stimmt, was dort in dem Artikel steht, dann ist es durchaus interessant, wie der Copilot überhaupt eingestellt werden konnte. Hätten die ungenügenden Flugleistungen nicht im Simulatortraining auffallen müssen? Oder werden beide Augen im Angesicht des Wachstumsdrucks zugedrückt?
 

kingair9

Megaposter
18.03.2009
22.379
772
Unter TABUM und in BNJ
Wenn das stimmt, was dort in dem Artikel steht, dann ist es durchaus interessant, wie der Copilot überhaupt eingestellt werden konnte. Hätten die ungenügenden Flugleistungen nicht im Simulatortraining auffallen müssen? Oder werden beide Augen im Angesicht des Wachstumsdrucks zugedrückt?

Dazu sagt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses:

The chair concludes: "I think we're on target if the FAA had done their job this pilot would not have been employed by Atlas Airlines and therefore this crash would not have happened."

Der vollständige Bericht aus dem Hearing ist bei Simon im Herald abgedruckt: Crash: Atlas B763 at Houston on Feb 23rd 2019, loss of control on approach
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
25.254
11.125
irdisch
Overspeed in Verbindung mit hoher Schubleistung muss eigentlich sofort beiden auffallen? Da muss man doch stutzig werden?
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.191
456
MUC
Der Abschlussbericht des NTSB ist online: https://www.ntsb.gov/investigations/AccidentReports/Reports/AAR2002.pdf

Daraus:

The NTSB determines that the probable cause of this accident was the inappropriate response by the first officer as the pilot flying to an inadvertent activation of the go-around mode, which led to his spatial disorientation and nose-down control inputs that placed the airplane in a steep descent from which the crew did not recover. Contributing to the accident was the captain’s failure to adequately monitor the airplane’s flightpath and assume positive control of the airplane to effectively intervene. Also contributing were systemic deficiencies in the aviation industry’s selection and performance measurement practices, which failed to address the first officer’s aptitude-related deficiencies and maladaptive stress response.