Der Home-ISP kann bestimmen (vermutlich mit RADIUS o.ä.) welche SIM (ICCID) sich in welche Netze einwählen kann. Natürlich nur in solche, wo Roamingabkommen bestehen.
Der heimische Netzbetreiber nutzt vor Allem zwei Mechanismen, um den Kunden im Roamingfall in ein bestimmtes Netz zu lenken.
1. Auf der SIM-Karte befindet sich eine Liste mit Preferred Networks, die das Handy mit Priorität auswählen soll.
Ein Handy funktioniert übrigens so:
Wenn man das Handy einschaltet bzw. den Flugmodus deaktiviert, versucht das Handy das zuletzt erfolgreich benutzte Netz wieder zu nutzen. Erst wenn es nach dem Abscannen aller Frequenzen dieses Netz nicht finden kann, macht es eine Bestandsaufnahme, welche Netze das Handy empfangen kann. Dann gleicht das Handy diese Netze mit der genannten Preferred Networks Liste auf der SIM-Karte ab und versucht, sich dort einzubuchen.
Diese Liste auf der SIM-Karte wird übrigens regelmäßig per OTA-SMS durch den heimischen Netzbetreiber aktualisiert. Das sind stille SMS, die dem Nutzer nicht angezeigt werden, aber im Hintergrund vom Handy verarbeitet bzw. an die SIM-Karte zur Aktualisierung verschiedener Parameter weitergeleitet werden.
2. Roaming Steering
Es dürfte mittlerweile Standard sein, dass jeder Netzbetreiber ein sog. aktives Roaming-Steering betreibt. Über dieses kann man deutlich feiner steuern, in welche fremden Netze sich die eigenen Kunden einbuchen.
Technisch geht das so: Wenn ein Handy sich in einem fremden Netzwerk einbuchen möchte, leitet das besuchte Netz die Anfrage zum Einbuchen an das Heimatnetz der SIM-Karte weiter. Dort wird dann geprüft, ob diese Anfrage aus einem Netz kommt, in dem man den Kunden roamen lassen möchte. Falls ja, wird noch geprüft, ob der Kunde überhaupt Roaming nutzen darf, und die jeweilige angefragte Technologie (2G, 4G, 5G-NSA, 5G-SA) nutzen darf. Falls nein, wird dem ausländischen Netzbetreiber eine Ablehnung geschickt.
Diese Einbuchversuche sind für den Handynutzer komplett unsichtbar. Erst wenn das Einbuchen erfolgreich war, wird ein Empfang auf dem Display angezeigt. Es kann also sein, dass man ein starkes Signal eines Roamingnetzes empfängt, sich dort aber nicht einbuchen darf/soll. Dann wird trotz des starken Signals dennoch kein Empfang angezeigt.
Diese Steering-Plattformen können sehr individuell eingestellt sein. So kann es sein, dass der heimische Anbieter in einem fremden Land Abkommen mit mehreren Partnernetzen hat, mit denen man kommerziell gute Konditionen ausgehandelt hat, sodass man verschiedene Netze nutzen kann. Es kann aber auch sein, dass das Roaming im Ausland auf nur einen Betreiber limitiert wird. So dürfte T-Mobile z.B. ein starkes Interesse haben, seine Kunden in die jeweiligen T-Mobile-Netze im Ausland zu steuern.
Es ist auf jeden Fall nicht so, dass immer das "beste", "stärkste" oder "schnellste" Netz gewählt wird. Wie oben beschrieben wird man meist in dem Netz laden, für dessen Nutzung der Heimatbetreiber die besten Konditionen ausgehandelt hat. Und wenn dies mehrere Netze in einem Land sind, ist es eher Zufall wo man landet. Und wenn das Handy im Roaming erstmal bei einem Netzbetreiber gelandet ist, bleibt es dort solange, bis es in diesem Netz irgendwann mal ein Funkloch erfährt. Andernsfalls bleibt das Handy in diesem Netz, selbst wenn ein anderes Netz an dem jeweiligen Ort vielleicht ein stärkeres Signal oder mehr Bandbreite liefern könnte.
Weiterhin ist übrigens Grundvoraussetzung, dass zwischen dem heimischen Netzbetreiber und dem jeweiligen ausländischen Betreiber überhaupt ein Roaming-Agreement geschlossen wurde und dies technsich implementiert ist. Die Freischaltung von Roaming zwischen zwei Netzen ist technisch komplex und bedarf zahlreicher Konfigurationsarbeiten in beiden Netzen.
Normalerweise ist das auch mit einem "VPN" (
GRX) ins Heimnetz verbunden, somit absolut zensurfrei, auch in China. Und natürlich eine IP aus dem Heimnetz.
Im Regelfall (bis auf wenige Ausnahmen) wird im Romaing Home-Routing betrieben. Dies ist aber kein VPN im herkömmlichen Sinne. Es bestehen zwischen den verschiedenen Netzelemente der Netzbetreiber über die GRX/IPX-Interconnects sog. GTPv2-Tunnel. Diese sind jedoch im Regelfall unverschüsselt, da die genannten Interconnects nicht über das public Internet laufen sondern es ein geschlossenes privates Netz ist.
Theoretisch könnte also ein Netzbetreiber im Ausland den GTPv2-Tunnel mitlesen und so wissen, was Du mit der deutschen SIM-Karte ansurfst. Und theoretisch könnte er dann die entsprechenden Pakete droppen.
Praktisch sind mir solche Fälle nicht bekannt, sodass man tatsächlich mit einer ausländischen SIM-Karte die jeweilige Internetzensur des besuchten Landes umgehen können sollte.