This is the end.... Ja, jetzt kommt der letzte Teil des Reiseberichts. Die letzten Tage in Kyoto und noch ein kurzer Abstecher nach Tokio.
Die Mission war in vollem Gange und für den letzten Tag standen noch weitere Ziele an. Doch zuerst ging es in den Süden der Stadt und zu einem anderen Highlight. Inari Funai Taisha ist berühmt für seine hunderten von Toriis, den rotorangenen Toren, die immer am Eingang vor Schreinen sind, und die es in verschiedensten Größen gibt.
Hier also betritt man das Gelände und wenn man die Schreinanlage hinter sich gelassen hat, erklimmt man den Berg und durchwandert dabei unzählige Toriis. Das ist natürlich beliebt bei alt und jung, und entsprechend gut war es auch besucht, aber das muß ich ja nicht weiter ausführen.
Man kann bis oben wandern, was ca 1 Std dauert, und auch genauso lange wieder zurück, aber wir haben auf etwa der Hälfte kehrt gemacht, weil es einerseits für den Eindruck schon gereicht hatte und außerdem bergab noch nicht so viele Menschen unterwegs waren. Das der Weg hinab auch vom Weg bergauf abzweigte, eröffnete uns immer wieder Möglichkeiten ein paar Bilder ohne jemand anderem im Bild zu machen.
Die gewonnene Zeit haben wir mit einem Besuch eines weiteren WKE genutzt. Der To-ji Schrein liegt in der Nähe der Kyoto Station und ist gut mit der privaten Bahn der Kintetsu-Kyoto-Line erreichbar.
Ja, die Subways und Nahverkehrszüge sind nicht alle gleich und in einem Verbund. Es gibt welche die von JR betrieben werden, und mit dem JR Pass befahren werden können, und dann die von privaten Betreibern. Diese werden meist mit einer lokalen Zahlkarte (ICoca bzw Suica/Pasmo in Tokio) genutzt. Das führt dann oft dazu, dass man an größeren Bahnhöfen bzw Schnittstellen, den Bereich des einen Verbunds verlassen muß und den eines anderen, unter neuer Bezahlung, betritt. In wenigen Fällen verlässt man sogar die Station um auf der anderen Straßenseite eine andere zu betreten.
Was aber wirklich hilfreich ist, sind die Infobildschirme in den Zügen, die die nächste Station anzeigen, und kurz vor Ankunft auch die Station, mit Lageplan in welchem Wagen man ankommt und wo die Ausgänge sind.
Alles in allem wirklich ein hervorragendes Nahverkehrssystem, das es einem wirklich leicht macht sich zu orientieren.
Zwar aus Tokio, aber so ist es fast überall
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, der To-ji Schrein. Es ist die höchste Holzpagode des Landes und auf dem Gelände befinden sich noch die "heiligen Hallen" mit Kunst aus der Shogun Zeit.
Obwohl die Challenge witzig war, war schon kurz nachdem wir sie ins Leben gerufen hatten klar, dass wir sie nicht packen würden. Eine der Sehenswürdigkeiten ist nicht so ohne weiteres zugänglich. Der Saho-ji Tempel erfordert vorherige Reservierung, und wenn man Glück hat, muß man zuvor eine religiöse Tätigkeit, wie das Abschreiben einer Sutra, absolvieren, bevor man in den Garten darf. Dass die Besucherzahl auch sehr begrenzt, und er meist ausgebucht ist (und zu unserer Zeit auch war), muß ich wohl nicht erwähnen.
Abgesehen davon hatten wir beschlossen zwei weitere WKE nicht zu besuchen, weil sie etwas weiter weg liegen und zuviel der kostbaren Zeit in Anspruch genommen hätten. So ist es bei 11 der 14 Ziele geblieben und die Challenge ist failed.... Aber dafür haben wir noch die Zeit genutzt uns mal die Innenstadt anzusehen und uns, nach all den spirituellen Orten, mal ganz irdischen Bedürfnissen, wie dem Konsum, zu widmen. Vor allem wollten wir den Nishiki Markt besuchen in dem es viel frische Lebensmittel, japanische Spezialitäten und originelle wie alltägliche Waren gibt. Man bekommt oft Kleinigkeiten zum probieren angeboten und kann sich quer durch die japanische Küche essen. Wirklich ein schöner Ort, der unser Abschluß in Kyoto war.
Am Abend waren wir dann wieder Essen. Diesmal in einem chinesisch geprägtem Restaurant, dem Velrosier. Was vielversprechend anfing, erlebte etwa zur Mitte des Menüs eine ungeahnte Wendung. Während wir einen Gang präsentiert bekamen, wurde fast beiläufig die Zutat "shark-fin" erwähnt. Mir stockte der Atem und nachdem der Angestellte gegangen war, fragte ich +1, ob sie das gleiche verstanden hat. Ja, kein Zweifel. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf.... Zurückgehen lassen? Szene machen? Probieren? Ich bin überzeugt davon, dass der Haifischfang und das Abschneiden der Flossen bei lebendigem Leibe an Grausamkeit kaum zu überbieten ist. Es ist ein Wahnsinn was wir Menschen den Tieren antun und nun hatte ich uns in eine Situation gebracht, die mich ziemlich auf die Probe stellte. Die Minuten vergingen und wir beide waren hin- und hergerissen, was wir tun sollten. Wenn wir es zurückgehen ließen würde der Hai einerseits nicht wieder lebendig werden, andererseits aber auch sicher die Nachfrage nicht schmälern. Unseren Unmut öffentlich machen schied auch aus, weil es bis dahin wirklich ein sehr gutes Menü war, und in Japan andere Sitten herrschen, was Kritik äußern angeht (Gesicht verlieren, usw).
Also aßen wir ein paar Löffel der Suppe und ich kann sagen, dass ich selten etwas weniger gern getan habe. Mir blutete das Herz, aber ich hatte beschlossen, im Nachhinein eine Mail zu schreiben und unseren Standpunkt und Empfinden klar zu machen. Ich wollte auch darauf hinweisen, dass die Fangmethoden ethisch nicht vertretbar sind und das sie das in die Menüentscheidung mit einfliessen lassen sollten. Da ich mir aber ganz sicher sein wollte, ob wir alles richtig verstanden hatten, wollte ich mich erstmal rückversichern und das Menü nachfragen. Das habe ich noch am gleichen Abend getan, und leider hat sich unsere Vermutung bestätigt.
Spätabends durch Gion, dem Geishaviertel zu laufen war wiederum etwas sehr schönes und brachte uns auf andere Gedanken. Das schummerige Licht, das die Gassen kaum erhellte, vermischt mit den dumpfen Geräuschen aus den Izikayas und Ryoteis, wo oft nur die Eingangstür beleuchtet war, verliehen der Szenerie etwas mystisches. Ab und an huschte eine Gestalt vorbei und wir bekamen auch unsere erste Geisha zu Gesicht. Es war eigentlich wenig los aber auch hier wieder diese strengen Sitten, als wir drei Leute aus einem Lokal kommen sahen. Sie verabschiedeten sich, und schnell war klar, wer der höchstgestellte war. Während er ging, blieben beide anderen, teilweise leicht gebeugt, an der Stelle stehen wo sie sich verabschiedet hatten, bis der Chef nicht mehr zu sehen war. Erst dann setzten sie sich in anderer Richtung in Bewegung. Faszinierend und doch fremdartig zugleich.
Ein ganzer Laden nur mit "Kaugummiautomaten".
Eigentlich war es schade, dass wir Gion gar nicht soviel Beachtung geschenkt hatten. Unsere Challenge hat uns alles abverlangt und deshalb müssen wir wohl nochmal hinfahren. Wir spazierten noch durch den Maruyama Park und schlenderten zum Hokan-ji Tempel, dem wohl meistfotografierten Motiv Kyotos. Verglichen mit dem Nachmittag zuvor war das eine völlig andere Welt, so ganz ohne Touris und Gedränge.
Die Mission haben wir nicht gepackt. Am Ende haben von den 14 WKE drei gefehlt. Ist aber auch egal, denn wir wurden noch mit soviel anderen Eindrücken und Attraktionen belohnt, das es gar keine Rolle mehr spielte. Einige haben uns sogar besser gefallen bzw mehr angesprochen. Dennoch besuchten wir vor der Abfahrt, früh morgens den Nishi-Hoan-ji Tempel und konnten sogar einer Morgenzeremonie beiwohnen.
Frühmorgens unterwegs zu sein ist schon irgendwie anders, als tagsüber. Der Ort ist meist noch ruhig. Es sind wenige Menschen unterwegs und das vermittelt ein Gefühl von unverfälschter Realität. Alles ist wie es ist und keiner stört, der meint etwas müsse anders aussehen. Das gilt auch für die vielen Menschen, die ansonsten die Straßen bevölkern und deren Abwesenheit ich sehr schätze. Vielleicht ist das auch ein Grund, dass ich inzwischen gerne morgens unterwegs bin und es mir (neben der senilen Bettflucht) nichts ausmacht weniger zu schlafen.
Big City Lights
Während wir im Shinkansen nach Tokyo saßen, überkam uns etwas Melancholie, denn wieder einmal lag ein Urlaub hinter uns, der uns aufgetankt hat mit neuen Erfahrungen und Eindrücken.
Fuji-san
Rückblickend bleiben, neben den schönen Dingen, die wir gemacht und gesehen haben, vor allem drei Dinge, die zwar nicht spektakulär waren, aber auch eine "Erwähnung ehrenhalber" verdient haben:
1. Das Transportwesen in Japan. Das ein Shinkansen sich verspätet ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. 90 Sekunden an jedem Bahnhof, dann geht es weiter. Der Zug hält mit einer Präzision, dass selbst die Zugtür mit dem davor ausgewiesenen Wartebereich passt.
Auch im Öffi ist die Taktung hoch und pünktlich. Die Haltestellen sind durchnummeriert und man braucht nur zu schauen ob man abwärts oder aufwärts gezählt fahren muß. In den Zügen sind meistens kleine Bildschirme mit Infos zu den Ausgängen und in welchem Wagen man sich befindet. Es ist unglaublich fahrgastfreundlich. Die Menschen warten in Reihen bis alle ausgestiegen sind, und es wird weder gedrängelt noch geschoben.
2. Damit wären wir auch beim zweiten Punkt. Uns mag so manches Verhalten von Japanern verschroben und seltsam vorkommen, aber alles fußt auf einem tiefliegenden Respekt vor der Familie und den Mitmenschen. Das wird schon von Kindheit an vermittelt und man merkt es in allen Lebenslagen. Selbst die ultracoolen Kids stehen in der Bahn für Ältere auf oder lassen jemanden vor. Wir haben im Urlaub, glaub ich, nicht eimal eine Hupe im Verkehr gehört. Jeder wartet bis er fahren kann, und wenn das bedeutet, dass er bis zur nächsten Grünphase warten muß, dann ist das eben so.
3. Öffentliche Toiletten... Ja, ernsthaft. Noch nie so erlebt. Erst wenn man den ganzen Tag auf den Beinen ist, merkt man, dass es wirklich ein Luxus ist sich keine Gedanken über das Stille Örtchen machen zu müssen. Es gibt alle paar Straßen welche und die sind alle pikobello sauber. Ich will mir gar nicht ausmalen wie sie bei uns aussähen...
Dafür sind Mülleimer Mangelware. Aber das liegt daran, dass Japaner ihren Müll meist mit heimnehmen und dort entsorgen.
Ein öffentliches Klo!
Und dann spuckte uns der Shinkansen wieder in Tokio raus. Keine völlig andere Welt, aber es war deutlich zu spüren, dass die Uhren anders ticken. Alles etwas schneller, hektischer und lauter.
Nachdem wir im Airport Hotel eingecheckt hatten, wollten wir die letzten Stunden bis zum Abendessen für eine Stippvisite in der japanischen Kapitale nutzen. Um nicht allzu weit zum Resto zu fahren, beschlossen wir in die Ungebung des selbigen zu fahren, und das war Shinjuku und Shibuya.
Die angeblich vollste Kreuzung der Welt in Shibuya, haben sie, verglichen zum letzten mal, deutlich entschärft. Der Verkehr ist eingeschränkt und wir haben nur noch wenige Autos dort gesehen. Gleich geblieben sind aber die Leuchtreklame. Überall blinkt und leuchtet es von den Wänden und Dächern.
Die Statue von Hachiko ist noch immer ein Magnet. Das geht soweit, dass sich eine beachtliche Schlange bildet mit Leuten die dort Bilder machen wollen. Wir stellten uns auch artig an, als wir feststellten, dass jeder nur 10-20 Sekunden seine Bilder machte und dann den Nächsten dran ließ. Bis dann zwei Gören kamen und anfingen eine Fotosession zu machen. Sie waren schon bestimmt gute zwei Minuten dran, posedten rum, tauschten das Ersthandy gegen das Zweit- und Dritthandy, während viele der Wartenden die Augen verdrehten. Da platzte mir der Kragen und ich vergaß japanischen Anstand und Netiquette. Ich ging nach vorne und stellte sie, ganz westlicher Touristyle, schön ins Achtung als ich ihnen klarmachte, dass auch andere noch dranwollten. Einige überraschte Gesichter, andere die mir ein "Thank you" entgegenhauchten als ich mich zurück in die Reihe stellte, aber meine Ansage zeigte Wirkung. Kurz darauf waren sie weg und bis wir drankamen, war Zucht und Ordnung.
Auf der Suche nach einem Klo ( ja, hier war das nicht mehr so luxuriös wie in Kyoto) landeten wir in einem Supermarkt. Da schoß mir ein Gedanke durch den Kopf, nämlich: Melonen... Ich erinnerte mich an Reportagen über viereckige Wassermelonen für mehrere hundert Euro, usw. Wir sahen Kobe-beef für fast 30€ für 100g, und in der Obstabteilung fanden wir zwar keine Wassermelonen, aber die teuersten Honigmelonen, die wir bisher gesehen haben.
Wir liefen noch etwas durch das dämmerige Shibuya bevor wir nach Shinjuku fuhren. Ein Riesenbahnhof. So einer von der Kategorie, dass man sich gut verlaufen kann. Das wurde auch noch dadurch begünstigt, dass in der B-Ebene Bauarbeiten stattfinden, die es zu einem wahren Labyrinth machen.
Oben angekommen, war alles irgendwie vertraut. So vertraut, dass wir auch ohne weiteres wieder die Piss-Ally fanden, die wir vor 5 Jahren doch etwas suchen mussten.
Als ich dann eine Pachinko-Halle sah, zog ich +1 mit hinein. Eines der urtypischsten Spiele der Japaner, musste ich mir ansehen. Wir waren etwas verwundert, weil man draußen nichts hörte, aber das änderte sich, nachdem wir durch die zweite Glastür ins Innere traten. Ein Lärm wie von einem Hagelschauer unterm Dach, kam es mir vor. So laut und völlig abgefahren. Davor die Spieler, die auf mich eher den Eindruck von Zombies machten, denn teilweise saßen sie ziemlich teilnahmslos herum. Wenn einer einen Herzstecker bekommen hätte... Ich glaube es wäre erst bei Geschäftsschluß bemerkt worden... Oder haben diese Hallen 24/7 Betrieb? Ich weiß es nicht... Was das Spiel angeht? Kein Plan... Ein wenig wie Flipper, aber senkrecht und mit Dutzenden von kleinen Metallkugeln. Was man damit machen soll...? Ein Rätsel. Wir kamen mit mehr Fragen raus als wir reingegangen waren, aber nichts was uns allzuviel Kopfzerbrechen bereitet hätte.
Nachdem wir auch einem kurzen Streifzug in Shinjuku gemacht haben, sind wir dann mit der Odakyu Linie ein Stück gefahren um zu unserem Ziel, dem Sio zu kommen.
Ein entspannter Laden mit Hinterhof Atmosphäre. Die Küche? Etwas italienisch. Etwas französisch... ganz viel japanisch und alles modern interpretiert. Wir hatten einen tollen Abend, auch weil Moe, uns ganz reizend bewirtet hat. Dabei hat gepasst, dass sie Englisch sprechen und in Übung bleiben wollte, und wir unsere Neugier dazu genutzt haben sie zum Sprechen zu animieren. Eine win-win Situation. Sie beantwortete unsere Fragen zu Japan, und wir erfuhren von ihr, dass sie eine Köchin in Ausbildung sei, und ihr Traum ein eigenes Resto zu haben ist.
Zurück sind wir dann wieder mit der Bahn, nachdem wir uns vergewissert haben, dass sie noch fuhren, denn ab Mitternacht wird es schwer. Da wir aber gut in der Zeit waren, haben wir so bestimmt um die 100€ für Taxifahrten gespart und sind etwas in den japanischen Alltag eingetaucht. Obwohl es ca 23h war, waren die Züge knackevoll. Müde Sekretärinnen, angetrunkene Bürohengste, Cyberpunks... Eine bunte Mischung und ordentlicher Querschnitt der japanischen Gesellschaft.
Am nächsten Morgen das Übliche dann... Restliches Zeug packen, auschecken, einchecken, in die Lounge, wo es nichtmal Obst gab, und dann heim...
Ja, das war es dann... Naja, nicht ganz. Eine Sache habe ich noch, um bei den Wortgebräuchen eines "Gurus des Antropozäns" zu bleiben. Unser Rückflug führte uns nicht über Asien zurück, sondern in nordöstlicher Richtung über Alaska, Kanada und Grönland. Als wir kurz wach wurden, machte uns die sehr nette Stewardess auf die Polarlichter vor dem Fenster aufmerksam...
Nordpol
Ok, ich wollte zwar noch ein paar Bilder anhängen, aber ich durfte nur 40... Also belasse ich es hierbei. Ich hoffe es hat ein wenig gefallen und war vielleicht auch Anregung für eine Reise.