Es gibt da ja auch lange nicht nur das komplett pseudowissenschaftliche auf der einen und das seriöse auf der anderen Seite, sondern ein ganzes Spektrum dazwischen. Wenn man sich ein bisschen mit der Materie befasst sollte man das leicht&schnell einordnen können, allerdings tun das (erstaunlicher weise) immernoch viel zu wenige Menschen. Auch an den Unis gibt es noch immer zahlreiche Personen in höheren Funktionen, die halt kaum das Internet kennen bzw. bedienen können. Da wird es dann halt schwierig.
Viel schlimmer finde ich persönlich aber etwas anderes, nämlich die rapide Qualitätsabnahme im Review-Prozess der etablierten und seriösen Zeitschriften. Heutzutage ist es, wie schon angemerkt, wirklich schwer geworden gute Reviewer zu finden. Nicht nur aufgrund des (idr unbezahlten) Zeitaufwandes, sondern auch durch die immer krasser werdende Spezialisierung. Es gibt für viele Publikationen ja nur noch zwei handvoll an potentiell wirklich geeigneten Reviewern, wovon dann mindestens die Hälfte als befangen einzustufen ist...
Das führt dann dazu, das m.E. die Merheit der Reviews, zumindest in meinem Fachbereich, von fachlich nicht optimal qualifizierten Reviewern durchgeführt wird. Diese nehmen sich (verständlicherweise) für ein Review zu wenig Zeit. Man sieht da wirklich oft das Kleinigkeiten kritisiert werden, aber größere Macken niemandem auffallen, oder Reviewer Sachverhalte einfach nicht richtig verstehen.
Ich bin aus dem Betrieb ja jetzt seit einer Weile raus, bekomme aber immernoch mehrere Anfragen für Reviews im Monat. Und wenn ich diese mit einem Kommentar wie "Ich kapiere nur die Hälfte" ablehne, kommt in mindestens einem Drittel der Fälle zwei Wochen später die Nachfrage "Können sie es nicht vielleicht trotzdem machen? Wir finden sonst niemanden!" Und das von den großen, seriösen Verlagen, nicht von Shanghai Academic Publishing o.ä.
Dies führt dann auch dazu, dass es als "richtungsweisend" eingestufte Veröffentlichungen gibt, die leider eigentlich falsch oder zumindest unkomplett bzw. sonstwie problematisch (z.B. beschönigt) sind. Ich kenne da zumindest zwei Fälle die mit mir als Reviewer nicht durchgegangen wären, aber jetzt seit Jahren von jedem in dem Bereich praktisch zitiert werden müssen (oft muss man sogar die Methode nachbauen), da es eben in einem ganz tollen Journal publiziert ist und man nicht mehr daran vorbei kommt...
Da ausser Publikationen (und Drittmitteln) aber eigentlich nichts mehr zählt, hat dies auch dazu beigetragen dass ich irgendwie den Glauben an das System verloren habe und mir was anderes gesucht habe...