Portugal - einmal von der Mitte in den Norden (Lissabon - Porto)

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meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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Nachdem ich beim letzten Urlaub zunächst Bekanntschaft mit den Gepflogenheiten im Ryanair-Terminal machen durfte, ging es dieses Mal am anderen Ende des Flughafens los. An der Sicherheitskontrolle für den LH-Flug nach FRA waren ungefähr so viele Mitarbeiter eingesetzt wie um dieselbe Zeit bei Ryanair für alles, was dort morgens früh abfliegt. Das Personal war ausgesprochen höflich ("Ist das Ihr Rucksack mit der Kamera?" "Ja." "Die Kamera ist für einen Sprengstofftest ausgewählt worden, bitte kommen Sie mit, aber ziehen Sie sich erst in Ruhe wieder an."). Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Stichprobe nach dem Zufallsprinzip, auf meine Frage, welchen von beiden Kameras man untersuchen wolle, bekam ich zur Antwort, daß das egal sei.

Viel war nicht los, auf dem Flug waren ca. 60 - 70 Passagiere (incl. ein halbes Dutzend Shuttler von LH). Der Flug fand statt mit der neuesten A320 D-AIZJ, die im September übernommen wurde. Innen roch es auch noch ein wenig nach "neu". Eigentlich hätte es dann auch pünktlich um 06.15 Uhr losgehen können, wenn da nicht der Nebel in FRA gewesen wäre. Slot um kurz vor halb, eine gefühlt für die Strecke lange Flugzeit von 60 Min., eine Viertelstunde Taxiing und nochmal eine Viertelstunde Warten erst auf den Bus und dann auf dessen Abfahrt führten dazu, daß wir erst gegen 08.00 Uhr das Terminal in FRA betraten.

Ich bin mehrere Jahre nicht via FRA geflogen und habe als erstes festgestellt, daß der vordere Bereich der A-Gates immer noch abstoßend häßlich wirkt. Hätte ja sein können, daß man da inzwischen etwas dran geändert hätte. Dann einmal Morgenspaziergang ans andere Ende zu A40, Nikotin bunkern und - das Los des Statuslosen - warten bei Automatenkaffee.

Lounge ist nicht, also mußte ich anderweitig versuchen zu maximieren. Nachdem eine Ansage abgespielt wurde "Flug ausgebucht blabla nur ein Handgepäck labersülz weiteres Handgepäck aufgeben blubbbläh" und auf Monitoranzeigen bestätigte Wartelistenplätze verkündet wurden, pries ich mich der Flight Managerin für etwaiges VDB an. Leider vergeblich. Die Maschine war gut besetzt, aber nicht ausgebucht. Kann im Ergebnis also nur heißen: Ich muß Statuskunde werden, dann klappt es auch mit dem Maximieren.

Weiter ging es, nebelbedingt ca. eine halbe Stunde verspätet, mit der A321 D-AIRB gen LIS. In der Eco gab es das sog. kalte Frühstück. Kostendruck hin oder her, außer Verarschung fällt mir dazu nichts mehr ein. In LIS hatten uns scheinbar noch nicht alle erwartet, auf der Parkposition mußte dann erst noch auf den Bediener der Fluggastbrücke gewartet werden.

Für den Transfer zum Hotel entschied ich mich gegen den Bus, nachdem hier auch schon jemand auf das Diebstahlrisiko hingewiesen hatte. Lieber vom Taxifahrer um ein paar Euros erleichtern lassen als im Bus womöglich noch mehr weg. Die Fahrstrecke zum Hotel erschien nicht künstlich verlängert, über die Autobahn und danach einmal die Straße hoch. Bei der Preisgestaltung interpretierte der Fahrer dann € 7,20 als € 14, was bei wohlwollender Betrachtung dann wohl so zu sehen wäre, daß die Rechnung € 2,80 Grundgebühr plus € 7,20 plus € 4,00 Kofferzuschlag lautet. Ich habe das (innerlich widerstrebend) mal so hingenommen, weil es mir dann auch zu blöde gewesen wäre, wegen 4 oder 5 Euro den Versuch einer Diskussion zu unternehmen.

Außerdem versprach der Platin Status die Aussicht, diese Mehrausgabe durch anderweitige Maximierung wieder zu kompensieren.

Fortsetzung und Fotos folgen
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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Um meine Ankunft im Novotel wurde kein großes Brimborium gemacht: Bei Accor legt man offensichtlich Wert auf Diskretion, so daß auch Topstatuskunden ohne großes Aufsehen im Hotel einchecken können! Entsprechend dieser Diskretionsmaxime gab es auch kein Upgrade in die Suite, sondern blieb beim Superior Zimmer:

novotel_1.jpg


novotel_2.jpg


Das Novotel liegt nördlich etwas außerhalb der Stadtmitte, allerdings in unmittelbarer Nähe einer Metrostation, so daß die City problemlos zu erreichen ist. Die Internetnutzung wird kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Frühstück war gut, vom Auswahlumfang her reichte es nicht ganz an das heran, was man in D erwarten würde, aber man sollte ja auch bedenken, daß hier die landestypischen Gegebenheiten eine Rolle spielen.

Für das Herumfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann man am besten eine Tageskarte nutzen (Preis derzeit € 3,45, gültig 24 Stunden ab erster Nutzung), die an Automaten in den Metrostationen erworben und wiederaufgeladen werden kann. Am dritten Abend funktionierte die Karte nicht mehr und wurde problemlos umgetauscht. Entgegen der Angaben auch in neueren Reiseführern (meiner datiert aus 2009) gibt es inzwischen auch ein den Verkehrsverbünden in D vergleichbares System, d.h. die Tageskarte kann z.B. auch in der Straßenbahn genutzt werden.

Als erstes ging es dann hoch zum Castelo de Sao Jorge. Schon auf dem Weg dorthin hat man einen schönen Ausblick über die Dächer von LIS und auf den Tejo:

lissabon_01.jpg


Oben angekommen, sieht die Aussicht dann so aus (im Hintergrund rechts die Brücke des 25. April):

lissabon_02.jpg


Einen Besuch wert ist auf jeden Fall der Stadtteil Belem. Neben Süßigkeiten naschen kann man dort z.B. das Marinemuseum anschauen.

Marine heißt nicht nur Schifffahrt, sondern auch Fliegerei, und so gehört zu den Exponaten auch das Flugzeug, mit dem 1922 die erste Südatlantiküberquerung vorgenommen wurde:

flugzeug.jpg


Dort steht auch das ehemalige königliche Ruderboot mit einer Nutzungdauer von 1778 - 1957:

ruderboot.jpg


Von Belem kann man entlang des Tejo zurück Richtung City laufen. Zunächst sieht man hier das Denkmal der Entdeckungen:

lissabon_03.jpg


Der Tejo und die Brücke des 25. April von Belem aus gesehen:

bruecke_01.jpg


Einmal in die andere Richtung geschaut - Sonnenuntergang über dem Tejo:

sonnenuntergang.jpg


Die Brücke des 25. April aus der Nähe im Dunkeln:

bruecke_02.jpg


Man kann es auf den Bildern nicht erkennen, aber wie hier schon angemerkt wurde, wird die Brücke auf zwei Ebenen befahren, und zwar von Autos und darunter von Zügen.

Direkt unterhalb der Brücke befinden sich die Docas - ehemalige Lagerhäuser, die zu Restaurants und Bars umfunktioniert worden sind. Wenn man sich durch die von der Brücke und dem dortigen Verkehr ausgehende Geräuschkulisse nicht stören läßt, kann man dort nett am Fluß sitzen und essen und trinken. Der weitere Weg von den Docas Richtung City sollte doch besser mit Bahn oder Bus etc. zurückgelegt werden, da es sich doch noch um ein ordentliches Stück handelt und die Gegend im weiteren weder sehenswert noch von solcher Beschaffenheit ist, daß man dort im Dunkeln herumlaufen mag.

Zum Thema Essen in der Stadt, an einem Abend habe ich leider den Fehler gemacht, nicht in ein Lokal in zentraler Touristenlage zu gehen (was an sich ja nicht verkehrt ist) und dabei erst zu spät gemerkt, daß sich dort eine Migrantenclique an ihrer Interpretation portugiesischer Küche versuchte. Aber gut, aus Fehlern wird man klug, und sowas passiert nur einmal. Wenn man nicht gerade in Restaurants mit gehobenem Preisniveau geht, gibt es Hauptgerichte zu Preisen < € 20 und in wirklich formidablen Portionen. Als ich an einem Abend gegrillten Lachs geordert hatte, und dieser dann vor mir lag, dachte ich spontan, in D werden aus der Menge zwei, wenn nicht drei, Portionen gemacht.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen natürlich die speziellen Verkehrsmittel in LIS. Zunächst einmal die elevadores, Kabinenbahnen auf die Stadtteile in Hügellage:

elevador.jpg


Außerdem gibt es dann natürlich noch die alten Straßenbahnen, die natürlich insbesondere im Zusammenhang mit der Linie 28 eine Rolle spielen. So begab ich mich mit der U-Bahn zur Station Martim Monez, um dort die Straßenbahnfahrt anzutreten. Die Idee hatten noch andere, während ich auf die Linie 28 wartete, ergoß sich auf einmal sprichwörtlich ein Schwall asiatischer Touristen über die Haltestelle. Während diese sich entzückt in das Wägelchen quetschten, harrte ich einfach der nächsten Abfahrt.

Die Fahrt ist schon ein Erlebnis. Teilweise geht es durch Gassen, die so schmal sind, daß zwischen Straßenbahn und Hauswände gerade so eine Person paßt. Ungewöhnlich auch der Tourist in der Straßenbahn gleichzeitig selbst Bestandteil der Attraktion Straßenbahn wird.

Nicht unbedingt als Attraktion erwies sich dagegen bei der Weiterreise der Bahnverkehr in Portugal. Gen Norden ging es mit dem IC, zwar zu einem günstigen Preis, allerdings in einer billig wirkenden 1. Klasse mit abgenutzten schmuddeligen Sitzen und einer seltsame Farbgestaltung mit grünen Vorhängen an den Fenstern.

Fortsetzung folgt
 
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Der nächste Teil ist schnell erzählt.

Die portugiesische Bahn brachte mich mit IC und Regionalbahn nach Figueira da Foz. Der Ort weckt die Assoziation, daß es die portugiesische Variante von Rendsburg und/oder Flensburg ist: ein Hafen in der Stadt und eine Brücke über einen Fluß. Wieso bin ich hier? Drei Tage Lücke in der Reiseplanung zwischen LIS und OPO erschienen mir nicht sinnvoll nutzbar für das Bereisen von Pousadas, also mußte irgendeine Lösung her, die darin bestand, daß ich im Reisebüro meines Vertrauens um eine Buchung für irgendwas mehr oder weniger in der Mitte zwischen LIS und OPO bat. Das kam dabei heraus.

Ende Oktober war dort nicht mehr wirklich viel los, und ich hatte zunächst zeitweise sogar den Eindruck, in dem aus dem Olimar-Katalog gebuchten Hotel der einzige Gast zu sein. So besann ich mich darauf, einfach mal nichts zu tun. Ich habe zwei Bücher wirklich gelesen, die ich vorher nur halbherzig quergelesen habe und war am Atlantik joggen. Klingt irgendwie komisch, aber Urlaub kann ja nicht nur daraus bestehen, durch Metropolen fremder Länder zu laufen und sich dort möglichst viel anzusehen.

So sieht Figueira_da_Foz aus:

figuera.jpg


Nachdem das Wetter bis zum letzten Tag super war, ändert sich das dann auf einmal. In strömendem Regen verlasse ich den Ort und setze die Reise - wieder mit dem IC - fort nach OPO.
 
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Bei strömendem Regen in OPO angekommen, sollte mich das Sch***wetter auch weiterhin begleiten. Leider war dieser Abschnitt der Reise meine erste Unternehmung, bei der mir das Wetter wirklich einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Für die Unterkunft war hier das Novotel gebucht, das sich im Vorort Vila Nova Gaia auf der südlichen Seite des Douro befindet. Die Anfrage nach einem Late-Checkout am heutigen Sonntag wurde positiv beschieden, ob der Accor-Status dabei irgendeine Rolle spielte, vermag ich nicht zu sagen; im übrigen interessierte der Status auch hier niemanden. Vom Hotel kann man entweder mit dem Taxi für ca. € 5 oneway zum Cais de Gaia fahren oder in ca. 30 - 45 Minuten dorthin laufen, von dort kann man dann so oder so auch weiter nach Porto spazieren.

Blick auf Porto vom Cais de Gaia am Tag

porto_1.jpg


und am Abend

porto_2.jpg


Am Cais de Gaia befinden sich diverse Weinkellereien, die man auch besichtigen kann. Ich habe bei Sandeman hereingeschaut:

weinkeller_1.jpg


weinkeller_2.jpg


Das Lager für den Vintage Port[/img], man beachte die Jahreszahlen (die ältesten = teuersten Weine kosten > € 2.500 / Flasche):



Zum Thema Essen: der Eindruck ist natürlich durch die Kürze des Aufenthalts beeinflußt, aber vorzugswürdig erscheinen mir die Restaurants auf der südlichen Seite des Douro, da diese sich nicht als auf die Touristenabfertigung ausgerichtet darstellen und vom Ambiente und Angebot her m.E. ansprechender sind.

Fortsetzung folgt
 
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meilenfreund

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Der Rückweg begann mit Regen, wie der Regen, der Regen und der Regen an beiden Tagen davor schon erahnen ließen. Der Taxifahrer brachte gestikulierend sein Bedauern darüber zum Ausdruck und machte sich an die Arbeit.

Die Warterei am Flughafen bot sogar noch ein wenig Entertainment. Irgendwann pöbelte am TAP-Kundenservice jemand laut los und hörte gar nicht mehr auf. Ein älteres Ehepaar stand darauf gleich mal und lief die 50 m herüber, um sich das alles aus der Nähe anzusehen, wo ein anderer Passagier schon die Kamera gezückt hatte, um die Situation zu filmen. Auf einmal erschienen gar zwei Polizisten, die Live-Festnahme vor Publikum blieb indes aus. Fortsetzung des Entertainments dann mit dem enhanced Eco-Checkin bei LH. Baggage-Dropoff ist nur da, wo LH dransteht und sonst nirgendwo. Es ist mir unbegreiflich, aber einige Passagiere versuchten augenscheinlich, ihr Gepäck ein paar Schalter weiter bei IB abzugeben oder dort sogar einzuchecken.

Auf dem Rückweg mit der D-AILU wurde ein undefinierbares, aber akzeptables Nudelgericht serviert. Um Längen besser als der Frühstücksfraß auf dem Hinflug, der schon das Schlimmste hatte befürchten lassen.

Für den Hüpfer nach BRE stand die D-ABEB bereit. Nicht alle Gäste, die auf diesen Flug gebucht waren, sollten ihn auch erreichen: um 21.30 Uhr verkündete der Kapitän, daß man jetzt eigentlich pünktlich los könne, aber noch auf 22 Passagiere aus Peking warte: "Die Maschine ist schon gelandet, die Gruppe ist jetzt irgendwo im Flughafen, wo genau auch immer, und sollte in fünf bis zehn Minuten hier sein." Das klang sehr optimistisch, eigentlich zu optimistisch. Richtig geraten. Fünf Minuten später wurden Fakten geschaffen: 22 Sitze blieben unbesetzt, dafür waren 22 Hotelbetten belegt.
 
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