Der Businesskasper, das Schnitzel und die Torte

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meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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Schnitzel und Schokotorte kann ich mir mit minimalem Zeitaufwand vor Ort besorgen, andererseits gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dafür etwas durch die Gegend zu fliegen. Um Gutschein aus der 75-Euro-Aktion von Opodo nicht verfallen zu lassen, entschied ich mich Ende Dezember für letzteres und buchte HAJ - MUC - VIE vv.

Der Abflug ex BRE fiel aus wegen ist nicht bzw. zu teuer. Die Parkhauskosten in HAJ sind flughafenüblich unverschämt, Parkangebote lohnen sich bei einem Wochenendtrip nicht. Daher stellte ich das Auto am Bahnhof Langenhagen-Mitte ab und nahm von dort die S-Bahn zum Flughafen.

Bei der Gepäckabgabe hatte ich den Eindruck, daß die LH-Mitarbeiterin das VFT-Label am Koffer gesehen hatte und einzuordnen wußte. Sie gab mir der Bordkarte mit der Bemerkung zurück, Boardinggate ist sowieso, Boardingzeit sowieso, und ich wisse ja Bescheid - wobei sich letzteres nach einer Feststellung anhörte, und nicht nach einer (rhetorischen) Frage. Die Siko war schnarchlangsam, bei allerdings freundlichem Personal. So ersparte ich mir zusätzliche Warterei und konnte direkt ins Flugzeug gehen. Man muß ja in allem irgendwie das Positive zu sehen versuchen.

Die Anzeige der Gates für die Umsteigeverbindungen in MUC offenbarte einige verwunderliche Buchungen, nämlich CPH, DRS und FRA. Das muß man nicht zwangsläufig fliegen (DRS) oder kann man auch direkt ab HAJ haben (CPH und FRA), waren vielleicht andere Paxe auf Segment Run unterwegs.

Weiter ging es von MUC nach VIE. Wie vor jedem Flug stellte sich die Frage: "Seid ihr auch alle da???" Nein, es fehlte noch einer.

Der Businesskasper.

Nachdem das Boarding (eigentlich) schon completed war, hätte es ihn nicht gegeben, trat auch er auf den Plan bzw. ins Flugzeug. Er erzählte der Flugbegleiterin irgendwas, bestimmt sehr wichtig.

Angekommen in VIE, vernahm ich auf dem Weg vom Gate zum Gepäckband eine Unterhaltung, bei der in jedem Satz die Worte "Bank" und "Geld" vorkamen. Schließlich eilte beschwingten Schrittes an mir vorbei...

... genau, der Businesskasper.

Ich dachte mir also: wer sich so peinlich aufführt, verdient eine Belauschung. Es versprach, interessant zu werden:

Businesskasper meinte:
Das kann doch nicht sein, daß wir nicht belegen können, wohin unser Geld geflossen ist. Wir sollten die Bank wechseln.

Oha. Die Lösung seines Problems folgte sogleich, es fiel das Stichwort "Sammelüberweisung". Ich ahnte, was nun folgt - und lag richtig. Für ihn war die Sammelüberweisung bis dato wohl ein Fremdwort, sein Gesprächspartner klärte ihn dann aber auf, was ihn wiederum zu dem Hinweis (oder der Instruktion?) veranlaßte, die fragliche/n Sammelüberweisung/en irgendwie aufzudröseln.

Unsere Wege trennten sich, ich kam im Hotel an. Darüber gibt es nicht viel zu sagen. Ich hatte ohne näheres Nachschauen das genommen, was Opodo mir bei der Buchung als preiswerte ****-Unterkunft anpries. Für eine Nacht, bei der es rein um die Übernachtung ging, hinnehmbar, mehr aber auch nicht.

Aufgrund spontaner Programmplanung nach Lektüre eines Stadtmagazins, das in der S-Bahn herumlag, besuchte ich das

KUNST HAUS WIEN. Museum Hundertwasser

Dort gibt es zum einen eine Hundertwasser-Ausstellung (wohl als Dauerausstellung). Ist interessant, aber thematisch nicht so ganz meine Baustelle.

Ein must-have-seen ist m.E. aber die ebenfalls dort laufende (noch bis 20.02.2011) Ausstellung der Fotos von

René Burri – Wikipedia

Was tun mit dem Rest von Abend? In Wien "muß" man Wiener Schnitzel essen! Ich ging zu

www.figlm,

nachdem ich davon hier im Zusammenhang mit dem örtlichen Stammtisch gelesen hatte, und konnte und konnte auch ohne Reservierung und Wartezeit einen Platz ergattern. Auf der einen Seite ist es dort Massenabfertigung, auf der anderen Seite ist das Schnitzel dort trotzdem eine Offenbarung, ein auf annähernd DIN-A-4-Maße plattgeklopftes und sehr geschmackvolles Stück Fleisch!

Schnitzel ist das eine, in puncto Essen gehört zu Wien auch die Sachertorte. Also begab ich mich zum Hotel Sacher, um dort ein Stück derselbigen zu verzehren. Sacher hat schon Stil, das muß man sagen. Das Tortenstück fällt etwas klein aus und der Kaffee ist von der Menge her auch nicht so viel, aber auch die touristische Massenabfertigung wird sehr charmant und zuvorkommend abgewickelt. Aber auch im Luxus-Ambiente gibt es Ausreißer: ich konnte eine Situation beobachten, in der ein Kellner vom einem verlassenen Tisch Geschirr und Tischtuch aufnahm und dann mit dem Tischtuch über einen Nachbartisch wischte, um Krümel auf den Boden zu fegen.

Das war es auch schon. Das sonntägliche Frühstück im Hotel schenkte ich mir (auch wenn das Frühstück zumindest nach Kritiken bei Tripadvisor noch zu den positiveren Punkten des Hauses zählt).

Am Gate in VIE konnte ich beobachten, was LH unter der dem Handgepäck Enhancement versteht: eine OS-Mitarbeiterin hob augenscheinlich selektiv nach der Größe (= Schlußfolgerung: große Koffer sind schwer) selektierte Koffer an, um diese dann doch für kabinentauglich zu befinden; für den Fall der Fälle hatte sie aber auch schon Gepäcklabel in der Hand.

Auf dem Flug von MUC nach HAJ besann ich bei Lektüre der BamS darauf, daß (Viel-)Fliegen nicht nur suckt, sondern auch zur Verblödung führen kann, also löste ich das einfache und das mittelschwere Sudoku. Das schwere fiel mangels Zeit unter den Tisch: Wir landeten, ich machte mir ernsthaft Gedanken um meine Zukunft. Da las ich, daß man an der Verlosung des Gewinns für das schwere Sudoku auch teilnehmen kann, wenn man die beiden anderen gelöst hat. Also

alles im grünen Bereich!!!
 
D

Der Graue Herr

Guest
Ein fesselnder Bericht.

Ich überlege noch, was mich mehr berührt hat.

Einerseits legt sich ein feiner graukörniger Schleier der Nachsicht über diesen Abend. Ein junger Mann, der:

- einen 78-EUR-"Gutschein"
- einer Reisevermittlungsfirma, deren Bezeichnung sich wie der Fachausdrück für Übergewicht auf Latein anhört
- dazu verwendet, der norddeutschen Trübsal zu entfliehen und es mit einer Städtereise in eine der historisch im Überfluss beladenen Städte versucht
- wo er es zwar kurz versucht, "Kultur" (das, was Tripadvisor für unter-30-Jährige davon empfiehlt) zu geniessen, gibt aber bereits beim Versuch auf (Teufelnochmal: Hundertwasser! Buntes Geschmiere, wie Keith Haring, nur ohne "Den Hier" zwischen Männern. Hätte man doch ein Mousepad, einen Kaffeebecher, einen Kalender kaufen können. So einfach geht heute "Kunstgenuss") und
- lässt auch im nächsten Schritt mit Schnitzel- und Tortengestopfe keinen feuchten Traum der Nachkriegszeit wie auch kein noch so grobkariertes Klischee aus (darf ich raten: In London Fish and Chips, in Paris Croque Monsieur mit Blick auf den Eiffelturm, in Italien ne Pizza auf dem Markusplatz und als Krönung des Jetsetterlebens ne Currywurst in der SANSIBAR)
- um dann die Reise wie auch den zugehörigen Bericht halberschlafft wie mein grauer Rüssel sich selbst zu überlassen und auch durch eine dem "Stern"-Feuilleton durchaus angemessene kritisch-humorvolle Würdigung des Alltags der Bediensteten (Mann wischt Tisch ab, Frau wiegt Koffer) nicht die Kurve zu kriegen (wenn der Ober doch wenigstens den Serviettenpart irgendwie interessant gestaltet hätte, reingeschneuzt oder schlimmeres).

Wie karg muss die Welt desjenigen sein, der so etwas tut.

Andererseits ist auch die noch nicht mal halbgare Anekdote über einen Geschäftmann, sehr wahrscheinlich ein ganz normaler Angestellte, eine Führungskraft aus der mittleren Ebene, der lieber zuhause wäre als in diesem Scheissflieger auf dem Weg zu einem Meeting, was nichts bringt, dessen Konversation belauscht und halb verstanden wurde. Der (weisse, christliche, nordeuropäische, krawattentragende, vollzeitbeschäftigte, steuernnichthinterziehenkönnende und damit den Laden hier im Land unfreiwillig am laufenhaltende) Businesskasper ist die am risikolosesten zu verächtlichmachende Figur der heutigen Lebens, noch vor Adel und Klerus. Hut ab, lieber Poster. Die Dieter-Hildebrand-Gedächtnismedallie hole ich bei Gelegenheit aus dem hammerschlaggraulackierten Tresor und hänge sie Ihnen um Ihren Satirikerhals, Sie Kurzstreckenkishon.

Einzig die sanft-altkluge Teileinsicht im Schlussteil, dass Dummherumfliegen nur dazu führt, dass man "da auch schon war". Aber nicht zu mehr. Ja, da glomm mein strenger Blick auf einmal warmgrau. Bursche, jetzt ist erstmal schluss mit dem launigen Herumgefliege, jetzt gehen Sie mal an die frische Luft und helfen einer alten Dame bei was.
 
Moderiert:

meilenfreund

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10.03.2009
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Danke für die tiefschürfende Analyse meines Beitrags.

Der Gutschein lautete nicht über € 78, sondern über € 75, ich habe nie den Anspruch erhoben, bei dieser Reise Kultur zu genießen, sondern es war von Anfang an klar, daß ich samstags hin und sonntags zurückfliege; ich war schon mehrfach in London, habe dort aber noch nie Fish & Chips gegessen, Paris habe ich bisher nur einmal besucht vor 16 Jahren, in Venedig und auf Sylt war ich noch nie.

Die Kritik an meinen Ausführungen nehme ich natürlich zur Kenntnis, wobei ich mich gleichwohl frage, ob man ähnliches nicht über Ihren Bericht zu Ihrem letzten Genf-Aufenthalt sagen könnte.

Ich brauche nicht an die frische Luft zu gehen, um alten Damen bei etwas - etwa dem Überqueren der Straße - zu helfen, ich habe diese mehrmals im Monat in dienstlicher Eigenschaft im Büro sitzen.
 
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mueller1000

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16.11.2010
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Der (weisse, christliche, nordeuropäische, krawattentragende, vollzeitbeschäftigte, steuernnichthinterziehenkönnende und damit den Laden hier im Land unfreiwillig am laufenhaltende) ...

Das ist vielleicht das Selbstverständnis der Suppenkasper, in Wirklichkeit kann man aber auf sie (ich bin gnädig: auf die Hälfte) verzichten, ohne dass es jemand merken würde. Viel zu viel heiße Luft, keine Ahnung von nix, aber bei allem mitreden, dazu noch die unsäglichen Managementallüren (ich brauche was zum Entscheiden, ... das will ich nicht hören, lösen Sie das Problem, ... wie, sie schaffen es nicht bis morgen, auf den Mond zu fliegen?, ....), interessiert nur an der eigenen Karriere, und daran, gut auszusehen und nicht angreifbar zu sein.
Den Laden am Laufen halten andere.
 
D

Der Graue Herr

Guest
Nein, das ist nicht das Selbstverständnis, das ist so. Wenn Sie die Verteilung des Steueraufkommens anschauen, dann halten hier wenige den Laden finanziell am laufen. Der Businesskasper, anders als seine nicht ganz so polarisierenden Mit-Nettozahler Wasmitmedien-Agenturbesitzer, Handwerksmeister und die sich vom Selbstbild durchgängig dem Angestelltenschwein gegenüber höhergestellt empfindenden Angehörige der Freien Berufe, hat kein Schwarzgeld, kriegt jeden Monat eine Quitting über Dinge, die er der Allgemeinheit eigentlich nicht bezahlen mag, ist den Launen seines Chefs und dem allgemeinen Unbill seiner Firma ausgeliefert. Über dem 5er und der E-Klasse ist für den Durchschnittskasper Schluss, in der Sansibar den feisten Leib in die Sonne halten tun alle möglichen neureichen Gestalten, dem Businesskasper hingegegen, dem die strenge Reisekostenrichtline seines Arbeitgebers und deren Umsetzung durch Buchhaltung und Compliance einen Hang zum Maßhalten auferlegt, bestellt ein Bier, isst das Schnitzel statt bei Herbert dann in Wenningstedt. Und kann es eher selten "absetzen", wie man im Volksmund sagt, weswegen die Freikost in den Wartesälen der Fluglinien ja auch so gefragt ist. Dort speisen zu dürfen, das ist wie früher, als es noch Casinos für den oberen Führungskreis gab.
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
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@#5: Genau. Wieso rennt dieser Businesskasper samstags mittags durch den Flughafen und läßt sich allgemein vernehmlich über seine Kontoprobleme aus. Der Gesprächspartner war, meiner Vermutung nach, ein Geschäftspartner oder Berater. Da es offenbar um bereits vollzogene Überweisungen ging und die Banken am Wochenende nicht arbeiten, hätte man das alles auch noch später klären können.
 
Zuletzt bearbeitet:

meilenfreund

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10.03.2009
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Hier wird ja jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. ;) Ich wollte doch nur sagen, er hätte das nicht gleich auf dem Weg vom Gate zum Gepäckband besprechen brauchen.
 

mueller1000

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16.11.2010
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Nein, das ist nicht das Selbstverständnis, das ist so. Wenn Sie die Verteilung des Steueraufkommens anschauen, dann halten hier wenige den Laden finanziell am laufen. Der Businesskasper, anders als seine nicht ganz so polarisierenden Mit-Nettozahler Wasmitmedien-Agenturbesitzer, Handwerksmeister und die sich vom Selbstbild durchgängig dem Angestelltenschwein gegenüber höhergestellt empfindenden Angehörige der Freien Berufe, hat kein Schwarzgeld, kriegt jeden Monat eine Quitting über Dinge, die er der Allgemeinheit eigentlich nicht bezahlen mag, ist den Launen seines Chefs und dem allgemeinen Unbill seiner Firma ausgeliefert. Über dem 5er und der E-Klasse ist für den Durchschnittskasper Schluss, in der Sansibar den feisten Leib in die Sonne halten tun alle möglichen neureichen Gestalten, dem Businesskasper hingegegen, dem die strenge Reisekostenrichtline seines Arbeitgebers und deren Umsetzung durch Buchhaltung und Compliance einen Hang zum Maßhalten auferlegt, bestellt ein Bier, isst das Schnitzel statt bei Herbert dann in Wenningstedt. Und kann es eher selten "absetzen", wie man im Volksmund sagt, weswegen die Freikost in den Wartesälen der Fluglinien ja auch so gefragt ist. Dort speisen zu dürfen, das ist wie früher, als es noch Casinos für den oberen Führungskreis gab.

Jetzt wird's aber ein wenig durcheinander.
Oben, in Beitrag 2, sprichst du von einer "Führungskraft aus der mittleren Ebene", während du hier doch das letzte Glied der Kette im Unternehmen beschreibst --- das macht in der Diskussion hier wie auch in der Beurteilung einen Unterschied.

Für mich gehören eher Letztere - nicht nur natürlich - zu denjenigen, die Dinge am Laufen halten. Ich möchte aber auch dabei nicht die Kollegen und Kolleginnen bei Aldi, Benz oder im Friseursalon um die Ecke vergessen - sowohl hinsichtlich ihrer Produktivität als auch ihres Beitrags zu den Steuern.
Und dennoch ist auch unser low-profile-businesskasper privilegiert. Weil er immer noch ne Stange mehr verdient als die Aldis etc. Weil er einen höheren sozialen Status hat. Und weil die Aldis etc. nie kostenlose Häppchen und Sektchen bekommen. Und auch wenn du Recht hast, was Reisekostenrichtlinien angeht. Es hört sich bei dir so an, als müssten die Jungs und Mädels in der Lounge was essen, um nicht zu verhungern oder zu verarmen. Das halte ich für übertrieben.

Und die Führungskraft aus der mittleren Ebene?
Für die springt mehr heraus als ein 5er oder die E-Klasse.

Und was mich dann ab und zu ein kleinwenig, nicht zu sehr, aber immerhin, ärgert, sind solche Einwürfe wie die von "neureichen Gestalten". Wo kommen die denn auf einmal her? Was stört dich an denen? Und wer ist das überhaupt? Lottomillionäre? ---fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht, dass man sie in den Lounges bemerkte. Leute, die ihr Vermögen nicht ererbt, sondern erarbeitet haben? --- gibt's, auch wenn sie manchmal Dieter Bohlen heißen. Die mit Aktien reich geworden sind? --- gerüchteweise.
 
M

matchcut30

Guest
Hier wird ja jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. ;) Ich wollte doch nur sagen, er hätte das nicht gleich auf dem Weg vom Gate zum Gepäckband besprechen brauchen.

Für die Goldwaage sollte man aber auch Gold zum wiegen haben...
Ich bin beileibe kein Wichtigtuer-Freund, aber seit wann bestimmt man (in diesem Falle Du) wann, wie und wo und mit wem über was Telefongespräche anderer Leute stattzufinden "brauchen"?
Vielleicht gehst Du das nächste Mal in so einer Situation einfach hin, und machst Deinem Ärger über derart deplatziertes, anmaßendes und feierabendfeindliches Telefongebaren direkt beim Verursacher Luft?
Und poste dann hier, was er erwidert hat... bitte!

Und noch einen obendrauf, mir ist mal wieder danach: Lieber Grauer Herr! Ihr zutiefst konservatives Freiberufler-, Medienarbeiter- und Handwerkerbashing, in gruseliger Kombination mit Ihrer üblichen traditionsüberfrachteten Herrenclubmentalität erzeugt in mir leider nur das Bild eines engstirnigen Reaktionärs, der nach wie vor auf seinem von 50er-Jahre-Gestalten bevölkerten Tim-und-Struppi-Planeten lebt. Wenn Sie schon Mozart und Erzherzog Joseph heranziehen müssen, um einfachste "Nettiquette" - z.B. sich mit einem kurzen Text vorzustellen - zu einer Lächerlichkeit herabzuwürdigen, frage ich mich, was Sie von einem progressiv-traditionsfeindlichen Medium wie einem Internetforum eigentlich erwarten.
 
D

Der Graue Herr

Guest
Zum Rest später - nein, das was ich da beschreibe, das ist der mittlere Mittelsmann, nicht der Sachbearbeiter, nicht der Vorstand. Glauben Sie mir, die E-Klasse ist der vierrädrige Businesskasper. Ja, bei großen Großunternehmen findet man Mager-S-Klassen gegebenenfalls noch unterhalb des Bereichsvorstands. Aber das nimmt ab. In den moderneren Industrien tendenziell noch mehr. Der Sachbearbeiter ist oft durch Tarifvertrag und Gewerkschaft geschützt, die erste und teils zweite Ebene durch goldene Fallschirme in den Verträgen. Der Mann der Mitte ist bereits "leitender Angestellter" und hat bei der Ernennung dazu übersehen, welche kündigungsschutzrechtlichen Auswirkungen das hat. Steuern zahlt er von allen gefühlt am meisten. Hinterziehen geht nicht, und die Progression rasiert von seinen 130t EUR brutto im Jahr, oder auch 180, oder auch 250, vieles ab, auf jeden Fall die Motivation.

Ja, und was die Neureichen angeht, Menschen mit viel Geld und wenig Niveau, den Umgang mit ersterem nie erlernt, ja, ohne Vorbehalte gebe ich zu, dass ich solche Menschen und ihren Lebensstil nicht mag. Und dass ich beobachte, dass - anders als noch in den 195oer Jahren - heute der Lebensstil der Unterschicht, des Ganoventums zum Vorbild der Mittelschicht wird. Auch das mag ich nicht. Und Materialismus, Gefresse und Geprotze, Jugendlichkeitswahn und Proletenverehrung, das alles erst recht nicht.
 
Moderiert:
D

Der Graue Herr

Guest
Matchcut, da haben Sie aber schnell noch jemanden aus dem Bett geklingelt, um im Archiv nach meinen Beiträgen zu forschen, wie? Das, was Sie über mich sagen, stimmt. Allerdings haben Sie das mit den Handwerkern nicht verstanden - oder vielmehr ich mich falsch ausgedrückt:

Angestellte mittelalte weisse männliche Businesskasper sind die Prügelknaben unter wichtigen Steuerzahlern, und gleichzeitig die schwächste Gruppe, haben sie am wenigsten Manipulationsmöglichkeiten, am wenigsten die Sympathie des kleinen Mannes, am ehesten den Druck von Oben, von der Seite und von Unten im Unternehmen.

Der Handwerker kann sich mit dem in Deutschland stets angesehenen Aufstieg von unten rühmen, der "kann was", macht "sich krumm" etc. Ehrenvoll. Und - er hat andere Gestaltungsmöglichkeiten. Wer von Ihnen hier hat beim letzten privaten (!) Handwerkereinsatz eine Rechnung gefordert, bekommen und inkl. USt bezahlt? Kasper kriegt die Lohnabrechung, da kann er nix drann drehen.

Ich habe hier im Forum viele verächtliche Bermerkungen und Kommentare über eben diese armen Menschen, die bestimmt nicht aus Spaß in der Lounge hocken und mit irgendeinem anderen armen Tropf einen "conference call" führen müssen, gelesen. Denn es ist risikolos, und beinahe sozialromantisch, über so jemanden herzuziehen. Wie wäre es mit dem Klempnermeister, dem Anlagenmonteur von der Technikerschule, dem OBC mit Realschulabschluss? Die sitzen dann auch in der Lounge, haben keinen conference call, sondern Mutti zuhause, die wissen will, wie es in der weiten Welt so ist. Maximieren ebenso wie die Krawattenmenschen, denen sie im blauen Sessel gegenübersitzen. Bitte - versuchen Sie sich doch mal an einer Glosse über jenes Volk.
 

meilenfreund

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10.03.2009
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OMG, da postet man ein paar vermeintlich harmlose Zeilen und es soll eine Grundsatzdiskussion daraus gemacht werden.
 
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KaiserPinguin

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20.08.2010
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DUS
Der Mann der Mitte ist bereits "leitender Angestellter" und hat bei der Ernennung dazu übersehen, welche kündigungsschutzrechtlichen Auswirkungen das hat.
Soll einem zwar immer wieder weisgemacht werden, aber ohne diverse Merkmale wie die Ermächtigung zur eigenständigen Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern hat sich das was mit "leitend" im Sinne des Arbeitsrechts.

gez. ein leitender Angestellter


OMG, da postet man ein paar vermeintlich harmlose Zeilen und es soll eine Grundsatzdiskussion daraus gemacht werden.

Du hast gleich in mehrfacher Hinsicht die Neid- und Missgunstfraktion angesprochen, die sich in Vorurteils-Bashing freudig erregt immer wieder ergeht... ;) Sei es, dass alle so reisen müssen, wie man selber es für richtig hält, und auf alle anderen als kulturlos losgetrollt wird via Zweitaccount, sei es das Stichwortgeben für und gegen Banker... :cool:
 

KaiserPinguin

Erfahrenes Mitglied
20.08.2010
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DUS
Und die Führungskraft aus der mittleren Ebene?
Für die springt mehr heraus als ein 5er oder die E-Klasse.

Du machst mich neugierig!

Ich kenne von genug Kreditinstituten die Zahlen, um äußern zu können, dass von den ca. 2.300 Instituten maximal für zwei Dutzend Institute für die Führungskräfte der mittleren Führungsebene (aka Bereichsleiter) mehr dabei herausspringt. Marktseite kann dabei besser wegkommen, da gute Vertriebler immer mal Sonderlocken bekommen, Marktfolge definitiv nicht.

Belehre mich eines Besseren, und ich überdenke meine weitere berufliche Laufbahn noch einmal! :eek: ;)
 
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matchcut30

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OMG, da postet man ein paar vermeintlich harmlose Zeilen und es soll eine Grundsatzdiskussion daraus gemacht werden.

Die vermutlich morgen ihre lobende Erwähnung im VFT-Theaterthread findet...
Und witzigerweise scheinen die Empfindungen, was harmlose Zeilen sei, hier ziemlich auseinanderzugehen.

Der Graue Herr meinte:
Angestellte mittelalte weisse männliche Businesskasper sind die Prügelknaben unter wichtigen Steuerzahlern, und gleichzeitig die schwächste Gruppe, haben sie am wenigsten Manipulationsmöglichkeiten, am wenigsten die Sympathie des kleinen Mannes, am ehesten den Druck von Oben, von der Seite und von Unten im Unternehmen.

Dem stimme ich zu.

Der Handwerker kann sich mit dem in Deutschland stets angesehenen Aufstieg von unten rühmen, der "kann was", macht "sich krumm" etc. Ehrenvoll. Und - er hat andere Gestaltungsmöglichkeiten.

Hier wird es sozialromatisch. Fragen Sie mal einen Handwerker, wie er das Ansehen seiner Branche empfindet. Etwas radikal aufgepumpt sieht das meiner Erinnerung an diverse Gespräche nach so aus:
Handwerker werden als vertragsbrüchige überteuerte Proleten gesehen;
Medienleute als volksverdummende narzisstische Gentrifizierungswiderlinge;
Freiberufler im allgemeinen als nutzlose egomane Steuerflüchtlinge oder gleich -hinterzieher.

Wie wäre es mit dem Klempnermeister, dem Anlagenmonteur von der Technikerschule, dem OBC mit Realschulabschluss? ... Bitte - versuchen Sie sich doch mal an einer Glosse über jenes Volk.

Ich arbeite daran :yes:
 
D

Der Graue Herr

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Ja, warum die sich tendenziell als "individuell" wahrnehmenden Wasmitmedienleute alle so dringend in Ottensen/PrenzlKreuzberg/Glockenbachviertel wohnen müssen (und sich dann vor ihresgleichen ekeln, wenn welche später dazukommen), deren Frauen aussehen wie belgische Lesben (das ist nicht von mir - ich habe eine pointiertere Formulierung im SPIEGEL gefunden, Quelle folgt), und alle diesen ganzen 70er-Jahre-Tand vergöttern, das dürfte mir gerne mal jemand bei einer Tasse Earl Grey erklären.
 
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matchcut30

Guest
Ja, warum die sich tendenziell als "individuell" wahrnehmenden Wasmitmedienleute alle so dringend in Ottensen/PrenzlKreuzberg/Glockenbachviertel wohnen müssen (und sich dann vor ihresgleichen ekeln, wenn welche später dazukommen), deren Frauen aussehen wie belgische Lesben (das ist nicht von mir - ich habe eine pointiertere Formulierung im SPIEGEL gefunden, Quelle folgt), und alle diesen ganzen 70er-Jahre-Tand vergöttern, das dürfte mir gerne mal jemand bei einer Tasse Earl Grey erklären.

Weil die Wasmitmedienleute durch den Fakt, dass ihnen das selbe Schicksal bevorsteht wie einst den Kesselflickern und Scherenschleifern zu Zeiten der beginnenden industriellen Revolution, ein total degeneriertes Selbstwertgefühl haben.
Früher war ein Topf (ein Film) ein Wertgegenstand, der aufwändig geschmiedet werden musste und dementsprechend teuer und unersetzlich war.
Dann kamen Manufakturen und dann Fabriken und der Topf wurde zum billigen Massenprodukt. Fazit: Kesselflicker und Scherenschleifer überflüssig.
So eine einst 'staatstragende' Branche in akuter Transformation bzw. Inflation (Photoshop, Digital(e Film)kameras und Schnittprogrammen sind nicht nur erschwinglich, es kann inzwischen jeder damit umgehen) treibt seltsame Blüten...

Die Betonung des ach-so-Individuellen kann nur der wirklich wollen, welcher der Masse bereits angehört und damit den Zwang verspürt, sich gegen die exponentiale Vervielfältigung des eigenen als einzigartig wahrgenommenen Lebensentwurfs panisch abzugrenzen. Wer keinen Sinn in seiner Funktion, seiner Arbeit, seiner für Produktivität bereitgestellten Lebensenergie mehr sieht, weil um ihn herum alle exakt dasselbe leisten können wie er selbst, und sich somit die Konkurrenz um ein Vielfaches erhöht, der muss Individualität herausstellen, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Leider tun dies wiederum auch alle anderen... ad absurdum.
 
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Der Graue Herr

Guest
Besten Dank, darauf ein "Tannenzapfen"-Bier, so heisst es doch.
 
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matchcut30

Guest
Gerne.
Aber das Bier, welches ich die Jahre meines Studiums in BaWü erfolgreich vermieden habe, nennt sich "Tannenzäpfle".
 

mueller1000

Erfahrenes Mitglied
16.11.2010
448
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nahe FRA
Jessas. Da habe ich in der letzten Stunde ja eine Menge verpasst (standesgemäß bei der Sicherheitskontrolle und beim Einchecken).