Momijigari in Tokyo

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Mantegna

Erfahrenes Mitglied
21.05.2009
3.025
17
MUC
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Momijigari in Tokyo - mit der Swiss F nach Japan

- „die japanische Sitte, im Herbst Landschaften und Parks mit schöner herbstlicher Laubfärbung, insbesondere von Ahornbäumen und -Wäldern, zu besuchen.“ (Wikipedia)

1. Auf Umwegen nach Tokyo


"Von der Lust, auf dieser Erde zu leben"

Das Foto ist so eher zufällig entstanden und doch ein passendes Motto zum folgenden Reisebericht. Entstanden ist es kurz nach dem Start meines Flugs nach Tokyo. Experten werden es schon erkannt haben: Swiss First Class, genauer die alte First. Der Champagner mit den Amuse Geule ein Laurent-Perrier Gran Siecle.

Doch zum Hintergrund: Ein Urlaub im Perigord - den ich allen Genussreisenden nur empfehlen kann - weckte erneut mein Interesse an Montaigne, auf den ich zuletzt durch Hans Stillett’s Übersetzung der "Essais" gestoßen war. Stillet’s längst vergriffenen Kommentarband konnte ich nur noch antiquarisch bekommen - eine ungemein anregende Einführung in "eines der lebendigsten und gedankenreichsten Werke der Weltliteratur". Noch hab ich den Band nicht ganz gelesen und so bleibt er mir für die nächste Zeit ein treuer Reisebegleiter.

Nochmals zum Hintergrund: Schon seit langem habe ich ein Faible für die Ästhetik japanischer Kultur: klassische Gartenarchitektur, Malerei, Kalligraphie, Ikebana, Kremamik, Bonsais... Und schon lange wollte ich endlich nach Japan reisen, hatte es auch schon mehrfach geplant, doch jedes Mal kam was dazwischen. Diesmal hat's endlich geklappt, wobei vier eVoucher den Ausschlag gaben, die mir sonst verfallen wären.
Wie bekannt, ist ein F-Upgrade aus günstigen Biz-Klassen nur mit der Swiss möglich, weshalb dann mein Flug mit Umwegen nach Tokyo ging:

MUC-FRA-ATH - Lufthansa in ECO
ATH-ZRH Swiss in BIZ
ZRH-NRT Swiss in F

MUC-FRA-ATH - Lufthansa in ECO
Eigentlich wollte ich ja direkt fliegen und die Gelegenheit nutzen, im Nationalmuseum Athen endlich wieder die Sammlung an Plastiken der Kykladen- und der archaischen Kultur sehen, doch Google belehrte mich eines Besseren: Das Museum schließt bereits um 15 Uhr - wohl reduzierte Öffnungszeiten aufgrund der Wirtschaftskrise. Statt mit früherer Ankunft im Hotel rumzuhängen, entschloss ich mich daher angesichts des minimalen Mehrpreises zu "maximalem Lounge-Hopping", also zum Flug über und Zwischenstopp in Frankfurt.
Also Auto bei BWM abgegeben und zum Frühstück in die FCL, wo ich Dipoli (auf seinem Stammplatz) und SZG traf - beide auf dem Weg nach Kairo, ebenfalls mit Umweg über Frankfurt. Der Flug selbst war unspektakulär - ohne jegliche Sicht über einer dichten Wolkendecke.

In Frankfurt mit Dipoli und SZG wieder in die FCL, doch statt Maximieren erst ein Telefonat, das noch erledigt werden musste. Dann in die Smokers Lounge: eine Zigarre (zwar "nur" von Villiger, aber immerhin eine Maduro), dazu ein Glas alten Rum (für mich die ideale Begleitung zu einer Zigarre) und (vermeintlich ein letztes Mal vor dem Flug nach Tokio) meine Emails gescheckt. Danach Mittag gegessen (ich wusste ja, dass mich auf dem Flug nach Athen nicht viel erwartet): Fasanenbrust (leider ausgesprochen trocken), ein Rotwein von Gaja und ein österreichischer Weißwein, beide ausgesprochen passend - nämlich uninteressant und langweilig.
Weiterflug nach Athen wegen Technical mit Verspätung und ebenso unspektakulär wie der vorherige Flug: amorphe, gestaltlose Wolkendecke ohne jegliche Sicht nach unten. Immerhin trotz ECO Wein und Wasser im Glas statt im Plastikbecher - eine nette Servicegeste.
Auf den Ohren Nikolaus Lahusen mit Schubert’s Klaviersonate D960, berührend und bewegend wie beim ersten Hören. Vielleicht ist diese Wahrnehmung auch durch den Interpreten mitinitiiert: Lahusen erkrankte kurz vor der Aufnahme an Krebs und schreibt im Booklet: „Die Welt der Schubertschen Musik habe ich als zutiefst heilend empfunden und empfinde es auch heute noch so: wenn ich dieses Werk beginne, versinke ich in eine tiefere, innere Welt, durchlebe alle Ebenen und tauche am Ende als gereinigter, erlöster und befreiter Mensch wieder auf.“

Kurz vor der Landung immerhin erste Löcher in der Wolkendecke und für kurze Momente die Sicht nach unten.
Übernachtung direkt am Flughafen im Sofitel. Obwohl ohne Status bei Accor Upgrade auf Exec mit Zugang zur Lounge, als Geste zwar nett, doch von begrenztem Wert: Die Lounge ein kleiner Raum mit leicht ramponierten Sesseln - im Angebot griechischer Weißwein (eisgekühlt) und ebensolcher Rotwein: ebenfalls eisgekühlt!! Dazu belegte Semmeln, die ganz ordentlich schmeckten. Relativ früh ins Bett, denn am nächsten Morgen sollte es bereits ja um 6:30 Uhr nach Zürich gehen.

ATH-ZRH
Der Flug ist gut gebucht, entsprechendes Gedränge beim Check-In. Dank BIZ und Prio Boarding bin ich aber schnell an meinem Platz. Der Abflug noch im Dunkeln, nur am Horizont zeigt sich die erste Morgenröte. Später geradezu dramatische Wolkenlandschaften, Blitze, die sich in den Wolken entladen, Kumulustürme und die Wolkenspitzen in der Morgensonne, die Landschaft darunter nur zu erahnen, über den Alpen dann wieder eine amorphe Wolkendecke. Frühstück und Service wie immer bei der Swiss verlässlich gut.

ZRH-NRT
Wie schade und enttäuschend – das zweite Technical auf meinem Flug nach Tokyo. Statt 12:50 soll es erst um 15:15 losgehen. Stattdessen wurde es dann 16 Uhr bis zum Start. Sinnlos lange sechs Stunden in der FCL, die ich überwiegend in einer der Arbeitskabinen verbrachte.

Endlich ging’s mit dem vielgeschmähten Van rüber zum Terminal E und an Bord. In der First sind nur vier der acht Plätze besetzt. Es ist wie erwartet die alte F mit ihrem antiken IFE-Schirm - für mich kein Problem, da ich ihn auf dem ganzen Flug nie nutzte. Ansonsten find ich die alte F immer noch sehr gut, obwohl die Farbskala etwas trist wirkt und das Design natürlich in die Jahre gekommen ist. Doch den Sitz und den großen Tisch finde ich noch immer sehr gut und dann gibt es als mir angenehme Kleinigkeit noch die perfekte Ablage für mein privates IFE-Equipment:



Von den acht Plätzen sind ganze vier belegt – also keine Engpässe wegen der oft bemängelten einzigen Toilette zu erwarten. Wie sich schnell zeigte, war der Service ganz in männlicher Hand, wobei der MdC und seine Kollegen so agierten, wie ich den Service bei der Swiss kenne: Freundlich, aufmerksam und zugewandt; die oft geäußerten Behauptungen, dass der LX Service unfreundlich und abweisend sei, konnte ich noch nie verstehen, erlebe dort den Service vielmehr durchgängig als konsistenter und besser als bei der Lufthansa.
Am Platz angekommen gab es natürlich gleich den Preflight Drink – einen Laurent Perrier Grand Siecle; glücklicherweise also real und nicht wie bei der Konzernmutter nur virtuell, wo es offenbar den Krug nur als papierenes Versprechen gibt. Bin kein Champagner-Kenner, doch den Grand Siecle fand ich wirklich exzellent.
Und als Vorspeise natürlich den Balik-Lachs – für mich ein Hochgenuss, den ich seit meinem ersten LX-Flug in der F dem LH Kaviar bei weitem vorziehe. Doch ich konnte es natürlich nicht lassen, auch von den anderen Vorspeisen zu probieren: Wolfsbarsch-Tartar mit Randengelee und Chutney (eher verhalten im Aroma), Pastete mit Trüffeln und Pistazien.



Danach die Pastinaken-Kurkuma-Suppe mit Kerbel-Quenelles – leider versalzen und überwürzt. Als Hauptgang schließlich Perlhuhnbrust mit Rosmarinsauce, Safran-Kartoffelbrei und Wirsing.
Von den Weinen fand ich den St Emilion Chateau Canon 1er Grand Cru 2007 ganz gut, auf dem Rückflug dann den Chablis 1er Cru Montee de Tonnerre faszinierend, obwohl ich mir sonst aus Chardonnday nichts mache.
Gut war auch der Käse (durchgängig Rohmilchkäse!), zu dem ich - obwohl mir dazu ein Blauschimmelkäse fehlte - auch den Royal Tokaji probierte. Danach geschlafen – besser zu schlafen versucht, was nur bedingt klappte, da es mir in der Kabine wie fast immer viel zu warm war.

Kurz vor der Landung ganz in der Ferne am Horizont der Fuji, leider zu weit entfernt und mit zu viel Dunst für Fotos.

Bei der Ankunft in Narita dann perfekter PA-Service, den ich als sehr hilfreich empfand: Die PA empfing mich am Ausgang, begleitete mich zu Einreise und Zoll, half mir den nächsten ATM zu finden und Geld zu holen und verließ mich erst am Weg zum Bahnsteig für den Narita Express, nachdem sie mir zuvor geholfen hatte, am Automaten die SUICA-Karte zu kaufen, mit der ich die nächsten Tage unterwegs war.
 
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Mantegna

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Tokyo - 1. Tag (Ankunft)

Natürlich hatte der Flug die Verspätung nicht aufgeholt, ich kam also statt um 9 Uhr etwa um 13 Uhr an. Dann noch mit dem Narita Express nach Tokyo rein blieb mir am ersten Tag statt des Nachmittags, an dem ich in den Shinjuku Gyoen Park wollte, nur noch ins Hotel und dann ein paar Schritte um den Block zu gehen.

Doch davor hieß es natürlich erst mal am Shinjuku Station den richtigen Ausgang zu finden, was bei einem Bahnhof mit täglich über drei Millionen Passagieren und ohne jegliche Sprachkenntnisse nicht gerade ein leichtes Unterfangen war. Doch trotz aller Warnungen, die ich an verschiedensten Stellen gelesen hatte, fand ich, wo immer ich nachfragte, Hilfe und Unterstützung und so auch ohne große Irrwege ein Taxi, das mich zum Hilton Tokyo brachte.
Im Hilton dann wenig Überraschungen: Zimmer wie gebucht, auf einer der obersten Etagen - dank Diamond mit Zugang zur Lounge. Hier der Blick von meinem Zimmer auf den Shinjuku Central Park:


Danach – mittlerweile begann es schon zu dämmern – zum Tokyo Metropolitan Government, dem „Rathaus“ von Tokyo, wo man vom 45. Stockwert einen beeindruckenden Blick über die Stadt und natürlich auch auf den Fuji hat:


(Leider lassen sich abends Spiegelungen schwer vermeiden, da man nur durch die Scheiben fotografieren kann).



 

Mantegna

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2. Tag

Naja - eigentlich 1. Tag, nachdem mir ja am Ankunftstag nur der Abend geblieben war. Vor meiner Reise hatte ich mich bei Tokyofreeguide angemeldet, einer Vereinigung vergleichbar den „Big Apple Greeters“ in New York, doch leider blieb meine Anfrage ohne Reaktion. So blieb mir nur, mich „auf eigene Faust durchzuschlagen“, was im Ende nicht nur gut klappte, sondern auch gut zu meiner Neigung passte, Pläne spontan zu ändern.

Das Frühstück in der Executive Lounge war gut und reichhaltig – mit breiter Auswahl japanischer wie europäischer oder amerikanischer Gerichte. Dazu ein Blick auf die Stadt, der einen guten Eindruck von Shinjuku gibt.



Die Lage des Hilton – mit dem Shuttlebus in fünf Minuten rüber zur Shinjuku Station – ist ideal, da von dort mit der Yamanote Ringlinie viele der interessanten Ecken und Sehenswürdigkeiten direkt zu erreichen sind.

Vorgenommen hatte ich mir für den ersten Tag den Ueno Park und das Tokyo National Museum, wollte dann einfach schauen, ob’s noch für mehr reicht. Also zur Ueno Station, wo direkt beim dem Eingang dieser Mönch stand, der sich mit seiner Geste für eine Spende bedankt, die er eben bekommen hatte.


Auf der anderen Straßenseite entlang der Bahnlinie eine kleine Einkaufsgasse – da konnte ich nicht widerstehen, da ich Märkte immer faszinierend finde:







Zurück und weiter zum Ueno Park, wo ich erst zum Benten-do Tempel ging, der auf einer kleinen Insel im Shinobazu-See liegt:



Doch interessanter fand ich den Greis, der dort Spatzen fütterte, die ihn in einem dichten Schwarm umflogen:





Hinter dem Tempel eine Kirschallee, die schon das erste Herbstlaub verloren hatte:



Daneben ein Tretbootverleih, für den offenbar die Saison bereits vorbei war:



Dann ein Bild, das mir noch häufiger begegnete: Zettelchen mit Gebeten, Wünschen o.ä. sorgfältig gefaltet und auf eine Unterlage geknotet:



Auf dem Weg zum Tokyo National Museum die ersten Gingko-Bäume - mit golden leuchtendem Herbstlaub:



Im Tokyo National Museum eine Sonderausstellung „Kyoto from Inside and Outside: Scenes on Panels and Folding Screens” – teils klassische Ansichten von Kyoto (wahre “Wimmelbilder” mit über 3000 Personen drauf, bei dem riesigen Andrang ohne Chance, sie wirklich zu betrachten) und weitere Bilder aus kaiserlichen Palast in Kyoto, dem Nijo Castle und dem Ryoanji Tempel; absolute Highlights der japanischen Kunstgeschichte. Faszinierend auch ein raumfüllend projiziertes Zeitraffer-Video der Jahreszeiten im Zen-Garten des Ryoanji Tempels. Das Museum selbst mit riesigen Beständen, deren Präsentation leider nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist. Irgendwann kapitulierte ich vor der schieren Masse, war nicht mehr aufnahmefähig. Schade.

Zu Fuß zurück zur Ueno Station und von dort weiter nach Asakusa – zugegeben eine Entfernung, die manchem am Ende des Tages zu weit erschienen wäre. Unterwegs an einem Laden vorbei, wo schon das schiere Hinschauen befürchten ließ, dass alles übereinander fällt:



In den Fenstern der Restaurants die bekannten Plastikkopien all dessen, was auf der Speisekarte steht – vor allem wenn man kein Wort Japanisch spricht, wirklich hilfreich:



Am Ende dann zum Senso-ji Tempel – wohl eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Tokyo:









Am Rückweg zur Uneo Station eine Beispiel für den überraschenden Farbenmut, der mir bei der Kombination von Topfpflanzen noch mehrfach auffiel:



Zurück ins Hotel, wo die Lounge mittlerweile angenehm leer war (am Vorabend war’s rappelvoll gewesen und als Krönung eine Gruppe amerikanischer Manager, die in ebenso lautem wie wichtigtuerischem Ton am Nebentisch ihr „Business Meeting“ abhielt). Wie ja von den Hiltons bekannt, wurden um 20:00 die Alkoholika abgeräumt und weggeschlossen. Hier mit allerdings einer Ausnahme: Bier wurde weder an diesem noch den anderen Abenden weggeschlossen. Gelten etwa in Japan ähnliche Regel wie in Bayern, wo ja bekanntermaßen Bier als Grundnahrung und nicht als alkoholisches Getränk gilt?
 
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Mantegna

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21.05.2009
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3. Tag

Nach dieser ersten zaghaften Begegnung mit japanischem Herbst war klar, dass ich nun wie von Anfang an geplant in den Rikugi-en, einen der wichtigsten klassischen Gärten in Tokyo, gehen wollte, der nicht umsonst als eine der „ausgezeichneten Sehenswürdigkeiten“ Japans und als einen der schönsten Plätze für das Momijigari gilt - „die japanische Sitte, im Herbst Landschaften und Parks mit schöner herbstlicher Laubfärbung, insbesondere von Ahornbäumen und -Wäldern, zu besuchen.“ (Wikipedia).
Anfangs des 18. Jhdt. als Fürstengarten angelegt, der Landschaftsbilder nach 88 Gedichten der klassischen chinesischen Literatur zeigte, umfasst der Garten heute nur noch ein Drittel der ursprünglichen Fläche, zieht aber zum Höhepunkt der Laubfärbung viele Besucher an.

Bereits am Eingang eine Schlange – für uns ein eher ungewohntes Bild am Eingang zu einem Park.


Ich denke, die nächstes Bilder lassen erahnen, warum dies so ist, drum will ich sie nicht groß kommentieren:




















Dies war denn auch die perfekte Gelegenheit für meine erste Schale japanischen Tees.




Am Schluß war es fast ein halber Tag, den ich Rikugi-en verbachte – fasziniert vom Farbenspiel der Herbstblätter, den immer neuen Perspektiven und Blickwinkeln, die der Garten bot.

Hungrig machte ich dann auf dem Weg zum nächsten Garten, der ganz in der Nähe lag, wieder einen Abstecher in eine Gasse, die mir typisch für die weniger weltstädtische Seite von Tokyo schien:


Einer der Gemüse- und Obstläden

Beim Blick in solche Seitengassen versteht man, warum Adressangaben europäischer Art in Tokyo nur bedingt hilfreich sind.



Nochmals der Blick in eine Seitengasse:




Diese geradezu abenteuerlich anmutende Art der Stromversorgung hat mich wirklich überrascht.

Hausbau in traditioneller Holzständerform – ebenso schnell wie erdbebensicher:



Noch ein Beispiel für den mich überraschenden Farbenmut japanischer Blumendekoration:





Ramen-Suppe in einem der Restaurants, wo ich wohl der einzige Nichtjapaner war. Als der Kellner bemerkte, dass ich Probleme hatte, die Suppe zu essen, ohne mich zu bekleckern, brachte er mir ein Lätzchen, das er mir sorgfältig umband…


Leider ein schlechtes Foto: Wagyu-Fleisch in der Auslage einer Metzgerei.

Gestärkt ging ich dann zum zweiten Park, der ganz in der Nähe lag und den ich eigentlich gar nicht auf dem Programm gehabt hatte: Der Kyu Fukukwa Garten wurde 1928 vom Kyotoer Gartengestalters Ogawa Jibē entworfen und umfasst neben einem modernen Rosengarten einen japanischen Garten nach klassischen Gestaltungsregeln. Hier einige Fotos:










Eigentlich war ich danach ja recht müde, doch dann fiel mir fast schon auf dem Rückweg zum Hotel auf, dass die Nippori Station nur drei Stationen entfernt war, die mein Reiseführer als Ausgangspunkt für einen Rundgang durch Yanaka empfahl.

Und es lohnte sich tatsächlich – Yanaka erlebte ich als weniger touristisch denn das meist genannte Asakusa: die Yanaka Ginza eine Fußgängerzone mit vielen kleinen Shops und Restaurants, vor allem Japaner, die Atmosphäre nett und entspannt.


Laden in der Yanaka-Ginza


Sakeverkauf – für mich (der/die??) erste Sake. Der Geschmack erst etwas ungewohnt, doch interessant


Der Sake-Behälter


In der Yanaka Ginza


Ich weiss nicht, was hier zubereitet wurde, war sogar eingeladen worden, doch war ich einfach zu müde, die Einladung anzunehmen.
 
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Mantegna

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4. Tag

Nach beiden Parks am Vortag war klar, daß ich meinen Plan für den dritten Tag über den Haufen warf. Eigentlich wollte ich ja zum Meiji-Schrein, in den Yoyogi-Park und dann nach Harajuku in die ausgeflippte junge Modeszene von Tokyo (ob letzteres überhaupt noch so gilt, weiß ich nicht mal, wäre vielleicht einem längst nicht mehr gültigen Touristenklischee aufgesessen).
Stattdessen also zum dritten der klassischen Gärten/Parks von Tokyo – dem Koishikawa Koraku-en. Anfangs des 17. Jahrhunderts angelegt war er der erste der Edo-Fürstengärten. Ursprünglich soll er 25 ha umfasst haben, von denen heute noch 7ha erhalten sind. Auch er folgt konfuzianischen Konzepten und ist geprägt von klassischen chinesischen Landschaftszitaten. Doch Fotos sagen wohl mehr.


Davor noch am frühen Morgen (aufgewacht um 7 Uhr): der Blick aus meinem Fenster


Der Park liegt heute direkt hinter dem Tokyo Dome – einmal mehr der Kontrast klassischer Garten- mit moderner Bauarchitektur


Für mich der schönste Blick im gesamten Park: eine künstlich aufgeschüttete in allen Details geplante Insel mit einer ebenso sorgfältig durchgestalteten Kieferngruppe.


Natürlich zieht das Momijigari auch viel ambitionierte Fotographen an, doch solche Kanonenrohre von Objektiven hatte ich wirklich noch nie gesehen.


Blutroter Ahorn


Goldgelbe Gingkoblätter


Ich hatte wirklich nicht mal erhofft, genau zum Höhepunkt der Laubfärbung in Tokyo zu sein


Bis ins Letzte durchgestaltete Gartenlandschaft: aufwendige Steinsetzungen, Steinlaterne und Ahorn mit blutrotem Laub


Die Engetsukyo-Brücke (Rundmondbrücke), die auf den konfuzianischen Gelehrten Zhu zurückgeht


Nochmals japanischer Ahorn


Am Rande des Parks die Möglichkeit, aus Reishalmen und einem Stück Bambus eine kleine Vase zu gestalten


Ein weiteres – diesmal japanisches – Landschaftszitat: Eine Darstellung des Oikawa-Flusses bei Kyoto


Sicherlich das bekannteste Motiv im Koishikawa Koraku-en


Fast direkt beim Eingang zum Park

Nachdem ich fast den halben Tag im Park war, blieb mir immer noch der Nachmittag. Damit eigentlich noch die Möglichkeit, zum Meiji-Schrein zu gehen, doch hatte mich am Vortag Yanaka so fasziniert, dass ich stattdessen nochmals dorthin zurückging. Auslöser war die Suche nach einem Laden mit klassischen Druckpapieren, den ich zwar fand, aber am Ende doch nicht so interessant fand.

Dafür noch einige interessante Eindrücke in diesem in Reiseführern weniger erwähnten Stadtviertel:



Bronze Buddhavon 1690 beim Tennoji Tempel


Kleiner Schrein am Randes des Friedhofs von Yanaka


Typisches Grab auf dem Friedhof: kubische auf einander gestapelte Steinquader, die beschrifteten Holzlatten – wie mir gesagt wurde – dauerhafte Zeichen der Anteilnahme von Freunden und Verwandten.


Ehemaliger Sake-Laden – heute Aussenstelle eines Museums


Nochmals im Sakeladen


Einer der vielen Tempel von Yanaka – der Jomyo-in Tempel, in welchem 84.000 Jizo stehen sollen.


Eine der Jizo-Figuren


Insgesamt sollen es 84 000 Figuren sein


Einer der vielen weiteren Tempel von Yanaka, ursprünglich für die Tokugawa-Dynastie errichtet


Nochmals das Sake-Museum


Traditionelle Architektur in Yanaka


Traditionelle Architektur in Yanaka


Auch in Tokyo eher ein seltener Anblick


Nochmals – für mich erstaunlicher – Farbenmut einer Blumendekoration


Kleiner Schrein am Straßenrand – keines der konstitutiven Elemente fehlt


Typisch für Yanaka: einer der vielen kleinen Tempel
 
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Mantegna

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21.05.2009
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MUC
Rückflug

Am letzten Tag blieb nicht mehr als – erfreulicherweise richtig geplant – zum Flughafen fahren, um Rückflug nach Zürich um 11:15 zu erreichen. Reine Fahrzeit des Narita Express knapp 90 Minuten, letzte passende Abfahrtszeit kurz nach 8 Uhr, + Taxifahrt zum Shinjuku Station + Sicherheitspuffer hieß spätestens um 7:45 Uhr am Hotel aufbrechen, um den Flug zu erreichen.

Und der Sicherheitspuffer war wirklich nötig: Vom Verlassen des Taxis bis ich dann auf meinem Platz im Zug saß, benötigte ich tatsächlich fast fünfzehn Minuten - Shinjuku ist nun mal ein riesiger Bahnhof.

Und das gilt selbstverständlich auch für den Flughafen Narita: Aus dem Narita Express geht’s über lange Wege und mehrere Etagen, bis man schließlich den Check-In-Bereich für die Swiss erreicht.

Dann allerdings durfte ich wieder die Vorteile des PA-Service genießen: Statt in die lange Schlange ging es 15 m weiter in den Check-In-Bereich für die Topkunden der ANA, von wo mich die PA zur ANA Suite Lounge begleitete (und dort später auch wieder abholte).

Die Lounge war gut besucht, doch nicht unangenehm voll. Zum Abschied eine kleine Schale Soba-Suppe auf Fischbasis (allein derartiges ist ein Grund, wieder nach Japan zu reisen). Ebenfalls probiert Pflaumwein, den ich wenig spannend fand. Umso besser der Zweitwein von Chateau Margeaux, der wirklich gut war, wogegen der Cote Ventoux ok, aber nicht bemerkenswert war.

Hier der Blick aus der Lounge aufs Vorfeld:






Was soll ich über den Flug selbst mehr sagen, als dass er die höchst willkommene Wiederholung dessen war, was ich auf dem Hinflug erlebt hatte?


Wieder die Swiss, mit der ich nicht nur auf meinen seltenen Flügen in der First am liebsten fliege. Wieder deren alte First, die ich immer noch gut finde. Und diesmal ganze zwei Passagiere in der First - also Betreuungsverhältnis 1:1.
Es gab wieder den Laurent Perrier Siecle, den ich auf dem Hinflug kennen gelernt hatte und wieder exzellent fand. Es gab wieder Balik-Lachs (ich mag ihn einfach) und dank des großen Tischs konnte ich dazu noch Sushi "nachholen" - hatte die ganzen Tage keine gegessen.




Die Perlhuhnbrust war genau auf dem Punkt, die Morchelsauce phantastisch.

Der Ausblick - für mich ein elementarer Teil eines schönen Fluges - anfangs eher uninteressant:







Zum Käse wieder den Tokaji und den Chateau Canon


In Flight Entertainment a la Mantegna; nur mein unverzichtbarer MP3-Player fehlt auf dem Foto. Der Service so aufmerksam, dass ich nicht mal die Chance hatte, um "Nachschub" zu bitten.

Erst über Russland und Skandinavien wurde der Ausblick interessanter:







Ankunft in Zürich im Regen:



Natürlich war der Trip viel zu kurz (wollte auch ursprünglich ein paar Tage länger bleiben) und doch hat er meine Erwartungen weit übertroffen. Ich wusste, dass er nur einen ersten Eindruck geben konnte, doch auch der übertraf meine Erwartungen. Es wird daher bis zu meiner nächsten Reise nach Japan sicher nicht lange dauern - dann hoffentlich mit viel Zeit und bevorzugt nach Kyoto.
 
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Sandlover

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09.02.2010
538
1
HAM
Schoener Bericht.Wundervolle Bilder.

Mich hat,obwohl gerade im Urlaub,schon wieder die Reiselust gepackt.
 

Aridhol

Erfahrenes Mitglied
24.11.2013
378
0
Schöner Bericht, die Fotos der Parks sind sehr ansprechend, macht direkt Lust auf Tokio.
 

bluesman

Erfahrenes Mitglied
15.11.2013
2.631
1
TXL
Ach ja ... Tokyo ... schon so lange her ... Erinnerungen .... beim nächsten Mal unbedingt die schönen Parks besuchen ...

Sehr schöner Bericht!!!
 

asahi

Erfahrenes Mitglied
08.04.2010
2.624
51
Wismut Aue
Danke für den wunderbaren Bericht.
Mit der Laubfärbung hast du ja wirklich Glück gehabt. Da war ich Anfang November 3-4 Wochen zu zeitig.
Hier mal mein Bild vom Rikugien Garten von 1 November...
hnd-3-13.jpg


...und deins vom 23.11. (ich hab´s mal etwas verkleinert)
nujzan8h_1.jpg


Diese Fotografen mit ihren Teleobjektivkanonen hab ich auch im Koishikawa Korakuen getroffen. Da war ich mit meiner Mickymausausrüstung echt neidisch...
ogf9yopj.jpg
 
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Reaktionen: Mantegna

snickerz

Erfahrenes Mitglied
07.01.2013
1.045
-1
FRA & VIE
Hi,

Vielen Dank für deinen Trip Report. Ich habe diesen sehr genossen. Toll fand ich auch, dass du "relativ große Fotos" hier online gestellt hast. Tausend Dank dafür!
 

Alligator

Erfahrenes Mitglied
11.07.2011
1.712
5
FRA
Danke, das beste, was ich hier gelesen habe. Was nicht impliziert, dass alles andere schlecht ist. Das ist einfach gut.