BGH-Urteil: Keine pauschale Entschädigung

ANZEIGE

dreschen

Gründungsmitglied und Senior Chefredakteur VFT
Teammitglied
07.03.2009
5.822
928
45
Ruhrgebiet
ANZEIGE
30.4.2009, Wer seinen Anschlussflug infolge einer Verspätung des Zubringerflugs verpasst, hat gegenüber der Fluggesellschaft keinen Anspruch auf eine pauschale Entschädigung. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute entschieden (AZ: Xa ZR 78/08). Es handele sich rechtlich nicht um eine «Beförderungsverweigerung» oder «Nichtbeförderung» im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung der EU.
Im vorliegenden Fall hatten der Kläger und seine Freundin wegen der Verspätung ihres Zubringerfluges aus Frankfurt am Main ihren Anschlussflug in Paris verpasst, mit dem sie nach Bogotá in Kolumbien fliegen wollten. Erst am nächsten Tag konnten sie dorthin weiterfliegen. Der Kläger verlangte nun von der Air France, bei der er die Flugreise von Frankfurt über Paris nach Bogotá gebucht hatte, eine Ausgleichszahlung von 600 Euro pro Person.

Die Maschine sollte am 27. September 2006 um 7.25 Uhr in Frankfurt starten und um 8.45 Uhr in Paris landen, wo der Weiterflug nach Bogotá für 10.35 Uhr vorgesehen war. Der Abflug in Frankfurt verzögerte sich aber wegen Nebels und wegen des überfüllten Flugraums über Paris, sodass die Maschine erst um 9.43 Uhr in Paris landete - also 52 Minuten vor dem geplanten Weiterflug. Als die Reisenden am «Check-in-Schalter» für den Anschlussflug eintrafen, hieß es jedoch, dass der Einsteigevorgang abgeschlossen sei und sie für den Flug nach Bogotá nicht mehr abgefertigt werden könnten. Erst am nächsten Tag ging wieder eine Maschine nach Bogotá.

Die Klage war auch in den Vorinstanzen - dem Amtsgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main - erfolglos geblieben. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidungen.

Der Vorsitzende Richter am BGH räumte ein, dass es «für den Reisenden möglicherweise unbefriedigend ist, dass er nun gar nichts kriegt». Ein Ausgleichsanspruch bestehe nur dann, wenn sich ein gebuchter Passagier «zur angegebenen Zeit» zur Abfertigung («Check-in») eingefunden habe und ihm am Flugsteig der Einstieg («Boarding») gegen seinen Willen verweigert worden sei. Diese Voraussetzungen seien hier aber nicht erfüllt. Denn die Passagiere seien wegen der Verspätung des Zubringerflugs nicht rechtzeitig zur Abfertigung - und infolgedessen auch nicht am Flugsteig - erschienen und hätten daher den Anschlussflug verpasst.

Das Frankfurter Amtsgericht hatte in einem ähnlich gelagerten Fall im Sinne des Fluggastes entschieden (Az.:29 C 884/08-21). Weil sich der Abflug in Frankfurt verzögerte, war das Boarding schon beendet, als die Passagierin in München ankam. Sie musste bis zum kommenden Tag warten und über Helsinki nach Schanghai fliegen. Die Passagierin sei hierbei eindeutig gegen ihren Willen nicht mit der gebuchten Maschine befördert worden, der Fall also als Nichtbeförderung zu betrachten.

Hintergrund

Die EU-Verordnung Nr. 261/2004, die seit 2005 EU-weit in Kraft ist, soll die Rechte von Flugpassagieren stärken. Bei «Nichtbeförderung» hat der Kunde Anspruch auf pauschale Ausgleichsleistungen, ebenso bei «Annullierung» des Fluges. Gezahlt werden 250 Euro bei Flügen bis zu 1500 Kilometern. Bei längeren Flügen innerhalb der EU sowie bei Strecken bis zu 3500 Kilometern sind 400 Euro vorgesehen, bei noch längeren Distanzen 600 Euro.

Auch bei einer «Verspätung» von mindestens zwei Stunden - bei Langstreckenflügen von mindestens vier Stunden - genießt der Reisende Schutz. Allerdings beschränken sich die Ansprüche zunächst auf bestimmte Serviceleistungen wie Mahlzeiten oder Hotelunterbringung. Erst ab fünf Stunden kommen Ansprüche auf Erstattung des Preises oder anderweitige Beförderung hinzu.

Weil hier kein pauschaler Ausgleich vorgesehen ist, drehen sich viele Prozesse um die Frage, ob ein Flug noch «verspätet» ist oder ob es sich bereits um eine «Nichtbeförderung» oder «Annullierung» handelt. Bereits 2007 hatte der Bundesgerichtshof einen ähnlichen Fall dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorgelegt. Eine Entscheidung steht noch aus.

Quelle

Für mich war der Flug verspätet und es hätte m.E. eine Ausgleichszahlung geben müssen! Wie seht ihr das?
 

SmilingBoy

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
831
1
CGN
Wenn die noch zum Check-in Schalter gehen mussten, klingt es mir ja fast so, als ob die auf zwei separaten Tickets gebucht waren. In dem Fall wäre die Entscheidung so richtig.

Wenn es auf einem Ticket war: (n) für den Richter.
 

Ed Size

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
9.425
2
Der Flug war wohl auf einem Ticket gebucht, das Gepäck war durch gecheckt, die hatten aber noch keine Bordkarten.

Das Urteil leuchtet mir nicht ein, das sind wieder einmal juristische Spitzfindigkeiten, hat mit gesunden Menschenverstand nix zu tun.

Die Richter argumentieren ungefähr so, zu spätes eintreffen am CI verwirkt den Anspruch auf die Entschädigungszahlung. Warum man zu spät ist ist egal.

Gleichwohl schliessen die Richter einen generellen Schadensersatzanspruch in diesem konkreten Fall nicht aus. Wäre ich mal Jurist geworden.......
 
Zuletzt bearbeitet:

TAZO

Erfahrenes Mitglied
09.04.2009
4.570
0
Nebel bei Abflug reicht allerdings schon aus....Wetter = Airlines aus dem Schneider !

Recht mutig, da noch in alle Instanzen zu gehen, trotzdem Hut ab.

Interessant in diesem Fall, war der Weiterflug schon voll und ev. überbucht ?

Da sollen die Gates ja schon mal die eine oder andere Minute früher dicht gemacht werden... :cry:
 
Der Flug war wohl auf einem Ticket gebucht, das Gepäck war durch gecheckt, die hatten aber noch keine Bordkarten.

Das Urteil leuchtet mir nicht ein, das sind wieder einmal juristische Spitzfindigkeiten, hat mit gesunden Menschenverstand nix zu tun.

Die Richter argumentieren ungefähr so, zu spätes eintreffen am CI verwirkt den Anspruch auf die Entschädigungszahlung. Warum man zu spät ist ist egal.

Gleichwohl schliessen die Richter einen generellen Schadensersatzanspruch in diesem konkreten Fall nicht aus. Wäre ich mal Jurist geworden.......

Duchgechecktes Gepäck bedeutet noch lange nicht nur ein Ticket. Ich vermute, dass die hier wirklich 2 verschiedene Tickets hatten. Warum haben die keine Bordkarte gehabt, wenn Sie beide Strecken mit AF fliegen ? Fragen über Fragen ?
 

bombelescher

Reguläres Mitglied
08.03.2009
96
3
Duchgechecktes Gepäck bedeutet noch lange nicht nur ein Ticket. Ich vermute, dass die hier wirklich 2 verschiedene Tickets hatten.

Das hatte ich auch erst gedacht aber:

Sachverhalt

In einem der beiden gleich gelagerten entschiedenen Fälle hatten der Kläger und seine Lebensgefährtin bei der Beklagten für den 27.09.2006 eine Flugreise von Frankfurt am Main über Paris nach Bogotá gebucht. Das Flugzeug nach Paris sollte um 7.25 Uhr starten und um 8.45 Uhr in Paris landen, der Weiterflug war für 10.35 Uhr vorgesehen. Die Reisenden gaben ihr Gepäck zwar bis Bogotá auf, erhielten jedoch in Frankfurt noch keine Bordkarten für den Weiterflug. Der Abflug in Frankfurt verzögerte sich wegen Nebels und des überfüllten Flugraums über Paris, sodass die Landung in Paris erst um 9.43 Uhr erfolgte. Als die Reisenden am Terminal eintrafen, wurden sie unter Hinweis auf den bereits abgeschlossenen Einsteigevorgang für den Flug nach Bogotá nicht mehr abgefertigt. Sie konnten erst am nächsten Tag nach Bogotá weiterfliegen. Die Parteien streiten darüber, ob es eine «Nichtbeförderung» im Sinne der Verordnung Nr. 261/2004 darstellt, wenn ein Fluggast einen Anschlussflug nicht erreicht, weil der - gemeinsam mit dem Anschlussflug gebuchte und von derselben Fluggesellschaft durchgeführte - Zubringerflug erheblich verspätet erfolgt. [...]

Quelle: http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=280745&docClass=NEWS&site=Beck Aktuell&from=HP.10

Ich interpretiere gemeinsam gebucht jetzt mal als auf einem Ticket...
Dass ein erneuter CI notwendig sein sollte ist auch irgendwie komisch - kann man den einfach Gepaeck auf einen Flug (durch)checken lassen, ohne dass man auf diesen Flug eingecheckt ist?
 

08/15 PAX

Erfahrenes Mitglied
13.03.2009
1.065
1
ZRH
Brannte eigentlich schon einmal hier jemand, transitierenderweise selbstverständlich, am Gate an, als er/sie sich erst dort den BP ausstellen liess ?
 

08/15 PAX

Erfahrenes Mitglied
13.03.2009
1.065
1
ZRH
Wenn der BP nicht an der Anfangsdestination ausgestellt werden konnte und man diesen am transfer desk beim Zwischenhalt hätte abholen können bzw. müssen. Nebenbei nur mit Handgepäck. Ein leider beinahe alltägliches Problem bei LX / SQ.