Rechtliche Probleme für Schnäppchenportale bei Bewerbung von Error Fares

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skymiler

Erfahrenes Mitglied
06.02.2016
720
174
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Nach diesem Urteil gehen die Schnäpchenportale ein Risiko ein, wenn diese gezielt die Ausnutzung von offensichtlichen Error Fares bewerben.
Lufthansa hat vor dem Landgericht München erfolgreich gegen das Reiseschnäppchen-Portal Urlaubspiraten.de auf Unterlassung geklagt,
weil deren gezielte Bewerbung eines Error Fares, 600 Buchungen verursacht hat.

LG München: Gezielte Behinderung von Fluggesellschaften wenn Internet-Buchungsportal zur Buchung von Error Fares bei Flugreisen animiert

"die Verfügungsbeklagte den Preis selber als „waschechten Error Fare“ bei ihrer Veröffentlichung beworben hat"

"Die Fehlerhaftigkeit des Preises war für die Nutzer klar erkennbar."

"als Markführerin im Bereich „Reiseschnäppchenportal“ Millionen von Nutzern erreicht und über das Vorliegen Error Fares informiert,
so dass es – wie im vorliegenden Fall – binnen weniger Stunden zu einer Vielzahl von Buchungen kommt.

Der Marktmacht der Verfügungsbeklagten kommt daher ein zusätzliches Gewicht bei der Bewertung des (parasitären) Ausnutzens hinzu"

"Die Rückgängigmachung der durch die Ausnutzung des streitgegenständlichen Error Fare zustande gekommenen 600 Buchungen ist für die Verfügungsklägerin demnach mit rechtlichen Unwägbarkeiten und mit erheblichem Mehraufwand verbunden, den sie auch als größte deutsche Fluggesellschaft nicht hinzunehmen hat."
 
Zuletzt bearbeitet:

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
3.997
114
MUC
Es geht übrigens um die San-Francisco-Errorfare von Anfang September, die auch hier im Forum recht häufig abgeflogen (und diskutiert) wurde. 600 Buchungen erscheinen mir fast schon wenig, aber vielleicht haben ja auch die meisten damals über LX gebucht.
 
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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.487
15
Farewell City
Viele interessante Details in diesem Urteil - - danke für die Einblicke.

Die Einsichten in die "Psyche" der Lufthansa hätte ich mir gern erspart - es sieht ja dort noch "dunkler" aus, als ich es eh schon angenommen hatte.

Mein Rechtsempfinden sagt mir, dass das Urteil so nicht haltbar sein kann / darf.

Hier wird der "Überbringer" der Nachricht zum Gärtner gemacht - ich wünsche den Urlaubspiraten.de eine gute Vertretung und einen langen Atem.

"Gezielte Information" ist nach Auffassung der bayrischen Justiz "die Tatwaffe" - ein Treppenwitz imho, und wunderbar passend in die in BY aktuell umfassenden "Umkrempelungen" des Rechtsstaats.

Ich bin (ver)fassungslos...:censored:
 

christianskas

Erfahrenes Mitglied
06.11.2010
1.011
310
Lviv, Ukraine - Düsseldorf
Aber Lufthansa hat doch den "Piraten" nur untersagt eine "Error Fare" als genau eben diese zu bewerben. Andere Portale sind ja auch schon mit unendlichen Dreistigkeiten durchgekommen. Dann wurde halt der Name des Angebots geändert. Jetzt dürfen die Urlaubspiraten vielleicht keine Error Fare mehr mehr namentlich als "Error Fare" bewerben, aber man kann ja noch andere Begriffe finden die eben nicht vom "Verbot" betroffen sind. Super-Schnäppchen, Angebot des Jahres, Lufthansa-Supersale... Darf natürlich auch nicht mehr auf die hohe Stornogefahr hinweisen.

Oder sehe ich das falsch...?
 
S

smalessu

Guest
Diese Entscheidung enttäuscht die, die gerne error fares Dritter buchen. Die Verbreitung wird hoffentlich etwas eingeschränkt und damit gibt es weniger error fares in der Öffentlichkeit.
Gleichzeitig erfreut es die, die selbst mehr Informationen haben und denen durch die Verbreitung von error fares die eigenen deals storniert werden.
In dem referenzierten Text ist ja mindestens ein guter Error Fare aufgezeigt ("sie haben sich sicherlich über den niedrigen Preis gewundert").
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
3.997
114
MUC
Danke für den Link. Zu was wurden denn die Urlaubspiraten verurteilt?

IANAL, MANAL, aber sie müssen die Prozesskosten zahlen und kriegen beim nächsten Mal auf die Finger (sprich, müssen dann mit einem Ordnungsgeld bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro rechnen oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten).
 
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B

Brain

Guest
Ich finde ja nach wie vor faszinierend, dass ein DAX Unternehmen nicht in der Lage ist in ihr Vertriebssystem Plausibilitätschecks einzubauen.

Z.B. Region Europa <-> Region Westküste USA:
F<3500EUR or C<2000EUR or Y<600EUR erfordert Genehmigung durch die nächsten 3 Hierachieebenen.

oder F: Preis < 0,5EUR pro Meile ...

oder...

Das hat ein Informatikstudent selbst in einem komplexen System in 2 Wochen runterprogrammiert, falls es schon einen Genehmigunglauf gibt.
Wenn nicht ist das eh fahrlässig und damit selbst schuld...
 
B

Boeing736

Guest
Ich finde ja nach wie vor faszinierend, dass ein DAX Unternehmen nicht in der Lage ist in ihr Vertriebssystem Plausibilitätschecks einzubauen.

Z.B. Region Europa <-> Region Westküste USA:
F<3500EUR or C<2000EUR or Y<600EUR erfordert Genehmigung durch die nächsten 3 Hierachieebenen.

oder F: Preis < 0,5EUR pro Meile ...

oder...

Das hat ein Informatikstudent selbst in einem komplexen System in 2 Wochen runterprogrammiert, falls es schon einen Genehmigunglauf gibt.
Wenn nicht ist das eh fahrlässig und damit selbst schuld...

Den Plausibilitätscheck gibt es ja, allerdings ist ein Fare Filing nicht so einfach wie sich die meisten das vorstellen. Die meisten Error Fares ergeben sich auch nicht daraus, dass der Preis falsch ist sondern die Konditionierung, die sich aus dutzenden Categories ergibt:
Travel Industry Basics.: ATPCO Fare Category

Zudem "existieren" die Tarife nicht in einem eigenem LH System sondern eben in ATPCo, wofür es branchenweit genau eine Eingabemaske ergibt.
 
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on_tour

Erfahrenes Mitglied
01.08.2010
8.588
1.217
Hier kann man den Volltext der Entscheidung lesen:

LG München I, Urteil vom 11.12.2017 - 37 O 14236/17.

als Nichtjurist

aus der Entscheidung
Leitsätze:
1. Animiert die Betreiberin eines Internetportals ihre Nutzer zur Buchung von "Error Fares" für Flugreisen, kann hierin eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern liegen.

wenn das das Ziel sein sollte, war die Behinderung der Wettbewerber dann auch das Ziel, als die Fares geladen wurden?

Alle buchen die LH Super Fare, niemand bucht mehr AF, etc,. eigentlich hätten dann die klagen müssen?
 

freddie.frobisher

Erfahrenes Mitglied
23.04.2016
6.504
6.369
Wie viel haben die Flüge damals denn gekostet? In Zeiten, in denen man bei Ryanair 1.000km für unter 10€ bekommt, ist für den buchenden Laien fast jeder Preis realistisch. Ein Portal wie die Urlaubspiraten werden die EF wohl erkennen, das Urteil verstehe ich deswegen trotzdem nicht.
 

Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
19.855
11.005
Das LG umschifft die Klippe, dass Lufthansa und HolidayPirates GmbH Wettbewerber sind, relativ elegant. Das waere mir im ersten Moment nicht intuitiv einleuchtend gewesen, aber das Gericht macht das mE ganz gut in den Rnn. 27 bis 33. Insbesondere den Kernsatz finde ich recht breitbeinig ("Beide richten sich – zumindest teilweise – an die gleichen Adressaten bzw. Kunden, nämlich Flugreisende. Darauf, ob die Verfügungsbeklagte selbst Flüge vermittelt, kommt es schon deshalb nicht an"), aber sei's drum. Ich finde es, ohne mich weiter eingelesen zu haben (bin kein Wettbewerbsrechtler) nach anfaenglichem Stutzen recht einleuchtend.

Anschliessend, laeuft die Pruefung einfach so durch, dass ist offensichtlich. Dass das Verhalten, Irrtuemer aufzugreifen, aufzubereiten und anderen so zur Kenntnis zu geben, dass sie zum einen Buchen und zum anderen "bosglaeubig" sind (und LH in die offensichtlich begruendete Irrtumsanfechtung zu treiben), in irgendeiner Form treuwidrig ist, ist voellig richtig.
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
3.997
114
MUC
Anschliessend, laeuft die Pruefung einfach so durch, dass ist offensichtlich. Dass das Verhalten, Irrtuemer aufzugreifen, aufzubereiten und anderen so zur Kenntnis zu geben, dass sie zum einen Buchen und zum anderen "bosglaeubig" sind (und LH in die offensichtlich begruendete Irrtumsanfechtung zu treiben), in irgendeiner Form treuwidrig ist, ist voellig richtig.

Treuwidrig? Was heißt das auf Deutsch?

Als juristischer Laie finde ich es ja durchaus interessant, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass sich Menschen, die diesen Error Fare buchen (nein, ich schaue jetzt niemanden in dieser Runde an ;)), "rechtsmissbräuchlich verhalten".
 
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gruenmann

Aktives Mitglied
04.02.2012
237
1
Na Hauptsache es ist ok für Lufthansa einen 1:00h Flug für 700€ oneway zu verkloppen, das ist schließlich keine "gezielte Ausnutzung" des Kunden. :)

Sollen sie doch froh sein, ohne Urlaubspiraten würden sie es doch nicht mal so schnell raffen, was das System wieder verbaselt hat... Und so konnten sie es "schon" nach 600 Tickets stoppen.
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
14.081
8.177
Dahoam
Verkauft Urlaubspiraten eigentlich selber auch Flüge oder verdienen die nur durch Ref-Links?
 

markusklar

Erfahrenes Mitglied
10.04.2010
2.973
41
Wie hoch sind denn die Verfahrenskosten, die die Piraten tragen müssen im Groben?
 

usarage

Erfahrenes Mitglied
12.03.2012
3.179
0
FRA
Aber wenn LH die Buchungen gar nicht angefochten hat (wir sind die ja auch wohl alle ohne Probleme abgeflogen), wie begründet sich dem Gericht gegenüber dann, dass dies wirklich Errorfares waren?
Sprich, ab welchem Punkt entsteht der Airline ein Schaden, bis wohin handelt es sich nur um ein normales/gutes Angebot, bei dem die Airline sich ja über jedwede (kostenlose!) Werbung freuen sollte? Und woher sollte das ein Blog so genau wissen - würde einfach das Weglassen von ‚Error Fare‘ in den Artikeln reichen?
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
2.281
733
Hängt vom Verfahrensablauf ab. Wenn Standard, rund 10.000 EUR.