Purser springt für kranken First Officer ein (LH757 01.11.13)

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Wolke7

Erfahrenes Mitglied
30.08.2010
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Anonym38428

Guest
Schwierige Abwägung. Was würde man hinterher sagen, wenn etwas passiert wäre, nachdem es keine Zwischenlandung gab? Aus meiner Sicht hat das mit praktiziertem Safety First nicht viel zu tun, so uncharmant Aserbaidschan oder die Ukraine auch für eine Zwischenlandung sind. Interessant wäre, ob der Kapitän eigenständig pro weiterfliegen entschieden hat oder die Entscheidung einvernehmlich mit der Ops getroffen wurde - und was "by the book" in diesen Fällen vorgesehen ist.
 

Farscape

Erfahrenes Mitglied
24.09.2010
6.973
6
Wien
Der Sicherheitspuffer (der zweite Pilot) ist zu 100% weg.
Da ein Unglück selten alleine kommt wäre ich lieber im Nirgendwo gelandet als weitergeflogen zu werden.
 

Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.488
16
Farewell City
Es gibt eine Studie (Link zur Studie) aus den 90ern zum Thema "Incapacitation in flight", Auszug:

"We found 39 incapacitations and 11 impairments aboard 47 aircraft during the six-year period. All pilots were males. The average age for incapacitations was 47.0 years (range 25 to 59 years). The average age for impairments was 43.3 years (range 27 to 57 years). The in-flight medical event rate was 0.058 per 100,000 flight hours.We found 39 incapacitations and 11 impairments aboard 47 aircraft during the six-year period. All pilots were males. The average age for incapacitations was 47.0 years (range 25 to 59 years). The average age for impairments was 43.3 years (range 27 to 57 years). The in-flight medical event rate was 0.058 per 100,000 flight hours."

Schwierige Abwägung.

Finde ich nicht - im Gegenteil, die Entscheidung ist m.A. sehr gut!

Fact:
Die Crew ist auf 1 Crew Member limitiert
Flugzeug 100 % flugtauglich

Options:
1. Sofortige Landung
2. Continue "in general direction" of scheduled destination

Risks & Benefits:
Der aktuelle Gesundheitszustand des "Crew members incapacitated" bedingt (aktuell) keine medizinisch notwendige sofortige Landung (to be re - assessed). Sofortige Landung (next available field) wäre an einem Flughafen den ich 1. nicht kenne 2. mit fremden ATC 3. Operationelle Nachteile 4. wie ist das Wetter 5. Medizinische Versorgung für das Crew Mitglied

Continue "in general direction" of scheduled destination - verbleibende Air Time bis zum Top of Descent 2 Stunden. Unterwegs, im Falle einer Verschlechterung des Gesundheitszustands noch 5 Auswechflughäfen. Wenn ich erstmal weiterfliege, kann ich diese nach und nach "self briefen" ohne "Zeit zu verlieren". Möglicherweise kann ich durch ATC noch ein direktes Routing erreichen und die Flugstrecke optimieren.

Frankfurt ist meine Homebase - hier kenne ich alle Prozeduren - ATC versteht mich - die medizinische Betreuung für meinen Kollegen ist "as good as it gets" - und die Paxe werden optimal versorgt.

Decision:
Option 2 ist optimal - minimiert das Risiko einer Single Hand Operation an einem fremden Platz / mit fremden ATC / fremden Prozeduren. Back Up: "Reclearance" und "Re-Assessment" der medizinischen Situation des ersten Offiziers - bei Verschlechterung en route Diversion.

Execution:
ATC informieren - Basis OPS informieren. Weiterfliegen.

Cross Check:
Rücksprache mit First Officer halten - kontinuierlich, über Crew.

Nennt sich FORDEC und ist das "Decision Making" System der Hansens....


Der Sicherheitspuffer (der zweite Pilot) ist zu 100% weg.
Da ein Unglück selten alleine kommt wäre ich lieber im Nirgendwo gelandet als weitergeflogen zu werden.
Risk Assessment ist hier gefragt, nicht "Statistik".Die Ursache für Flugzeugunfälle
12,5 % Umwelt
12,5 % Technik
75 % HUMAN ERROR

Das Flugzeug fliegt - ist intakt. Der "normale" Flugablauf läuft. Wenn ich jetzt entscheide, zu diverten aktiviere ich ganz automatisch das Risikopotential "Human Error": FMC umprogrammieren, ATC informieren, Self Briefing für Anflug / Missed Approach usw.

Die Entscheidung des Kapitäns ist absolut unter dem Risiko Gesichtspunkten absolut korrekt, den das Risiko eines "2. Unglücks" wird zudem nicht von der Entscheidung "continue" oder "divert" beeinflusst.
 

Takeoff53

Erfahrenes Mitglied
17.03.2013
808
8
Great Circle
Interessant wäre, ob der Kapitän eigenständig pro weiterfliegen entschieden hat oder die Entscheidung einvernehmlich mit der Ops getroffen wurde - und was "by the book" in diesen Fällen vorgesehen ist.
Das ist schnell beantwortet: "The CDR must..." steht wohl irgendwo im OM der LH und die nachfolgenden Texte werden aufzeigen, dass der Commander (richtig gelesen, nicht der Captain!) alleinig für die Flugdurchführung verantwortlich ist. OPs kann beratend sein aber der Entscheid wird ganz vorne links (oder vorne rechts, falls der Alte in den Tomaten liegt) gefällt.
 
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Anonym38428

Guest
Eine kritische Fragestellung und schon ist der halbe Pilotenchorps aktiv - finde ich gut, dass ihr hier unterwegs seid!

Die Erläuterungen zum Decision Making finde ich sehr interessant, die beispielhafte Anwendung hier knackt dann aber imho genau an dem Punkt, der für mich die größten Fragezeichen hinterlässt - das Decision Making pro/contra Zwischenlandung wird in diesem konkreten Fall doch bitte nicht erst 2h vor Ankunft stattgefunden haben, sondern spätestens als ein Arzt ausgerufen wurde!? Ein zeitlicher Unterschied von fast 3h wenn ich den BFU Bericht richtig deute.
 
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Farscape

Erfahrenes Mitglied
24.09.2010
6.973
6
Wien
...


[/B]Risk Assessment ist hier gefragt, nicht "Statistik".Die Ursache für Flugzeugunfälle
12,5 % Umwelt
12,5 % Technik
75 % HUMAN ERROR

Das Flugzeug fliegt - ist intakt. Der "normale" Flugablauf läuft. Wenn ich jetzt entscheide, zu diverten aktiviere ich ganz automatisch das Risikopotential "Human Error": FMC umprogrammieren, ATC informieren, Self Briefing für Anflug / Missed Approach usw.

Die Entscheidung des Kapitäns ist absolut unter dem Risiko Gesichtspunkten absolut korrekt, den das Risiko eines "2. Unglücks" wird zudem nicht von der Entscheidung "continue" oder "divert" beeinflusst.

klingt logisch. Danke.
 
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htb

Erfahrenes Mitglied
10.10.2010
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Die Entscheidung des Kapitäns ist absolut unter dem Risiko Gesichtspunkten absolut korrekt, den das Risiko eines "2. Unglücks" wird zudem nicht von der Entscheidung "continue" oder "divert" beeinflusst.

Bei den Risiken wurde vergesen: der Captain wird ebenfalls krank weil er am Vorabend im selben Restaurant wie der Kopilot gegessen hat oder am Morgen im selben Restaurant gefrühstückt hat. Ob das der Fall war, weiss der Captain vermutlich aber.

HTB.
 
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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
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16
Farewell City
Ein zeitlicher Unterschied von fast 3h wenn ich den BFU Bericht richtig deute.

Der zeitliche Ablauf muesste doch so ausgesehen haben:

> 2130 UTC Take Off

----- 3:30h Air Time = 5h Flight Time remaining

> 0110 UTC F/O gehts mies, verlässt das Cockpit
> (querab Teheran / Iran ?)

----- 1:20h Air Time = 3:40h Flight Time remaining

> 0230 UTC F/O Zustand verbessert sich
> (querab Samsun / Türkei)

----- 1:50h Air Time = 1:50h Flight Time remaining

> 0420 UTC F/O will zurueck auf den rechten Sitz, geht aber nicht
> (querab Timisoara / Rumänien ?)

----- 1:50h Air Time = 1:50h Flight Time Remaining
----- 1:00h Air Time bis Top of Descent

> 0520h Top of Descent (ToD) (?) nach Frankfurt
> (querab Ingolstadt / Bayern ?)

> 0610h UTC Landung FRA

(Ortsangaben / Positionsangaben = Mutmaßung !)
 
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no_way_codeshares

Guest
Bei den Risiken wurde vergesen: der Captain wird ebenfalls krank weil er am Vorabend im selben Restaurant wie der Kopilot gegessen hat oder am Morgen im selben Restaurant gefrühstückt hat. Ob das der Fall war, weiss der Captain vermutlich aber.

HTB.

Wollen wir uns nichts vormachen: dem Co-Piloten ging es dreckig. Aber er wäre im Notfall sicher immer noch in der Lage gewesen die Maschine zu landen.
 
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Anonym38428

Guest
Der zeitliche Ablauf muesste doch so ausgesehen haben:

> 2130 UTC Take Off

----- 3:30h Air Time = 5h Flight Time remaining

> 0110 UTC F/O gehts mies, verlässt das Cockpit
> (querab Teheran / Iran ?)

----- 1:20h Air Time = 3:40h Flight Time remaining

> 0230 UTC F/O Zustand verbessert sich
> (querab Samsun / Türkei)

----- 1:50h Air Time = 1:50h Flight Time remaining

> 0420 UTC F/O will zurueck auf den rechten Sitz, geht aber nicht
> (querab Timisoara / Rumänien ?)

----- 1:50h Air Time = 1:50h Flight Time Remaining
----- 1:00h Air Time bis Top of Descent

> 0520h Top of Descent (ToD) (?) nach Frankfurt
> (querab Ingolstadt / Bayern ?)

> 0610h UTC Landung FRA

(Ortsangaben / Positionsangaben = Mutmaßung !)

Soweit unstrittig - aber meiner Frage weichst du aus.
 
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Anonym38428

Guest
Wollen wir uns nichts vormachen: dem Co-Piloten ging es dreckig. Aber er wäre im Notfall sicher immer noch in der Lage gewesen die Maschine zu landen.

... und ein Pilot reicht auch völlig aus. Wozu also verstärkte Cockpits? Wozu überhaupt ein zweiter Pilot? Macht doch eh alles der Autopilot von ganz alleine - und wenn der mal kotzen muss, schafft das auch der Purser :p
 
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no_way_codeshares

Guest
... und ein Pilot reicht auch völlig aus. Wozu also verstärkte Cockpits? Wozu überhaupt ein zweiter Pilot? Macht doch eh alles der Autopilot von ganz alleine - und wenn der mal kotzen muss, schafft das auch der Purser :p

Das K.....?
Ich bin mit Dir der Ansicht, dass hier arg improvisiert und die rechtliche Situation allein auf Grund verschleppter Meldungen gedehnt wurde.
Und dennoch kann ich mir hunderte Situationen vorstellen, die ich persönlich für gefährlicher gehalten hätte. Und legal war es am Ende wohl.
 

Siwusa

Erfahrenes Mitglied
24.11.2010
4.884
-22
Lieber nen kranken Piloten, der auf bekanntem Flughafen landet, als ein kranker Pilot, auf fremden Flughafen!

Wäre er diverted und dann krank geworden, wäre der Schlamassel ja noch größer gewesen.


Und mal abgesehen davon: Meint ihr nicht der Pilot konnte nicht abschätzen ob er das selbe wie sein Kollege gegessen hat oder nicht?

Mal abgesehen davon, wenn einer schon nicht mehr stehen kann, dann sollte sich der andere zumindest leicht "unwohl" fühlen - und wenns nur Bauchweh is...
 
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MisterG

Stein-Papier-Schere Profi
02.01.2012
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Wien
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300x250
...Meint ihr nicht der Pilot konnte nicht abschätzen ob er das selbe wie sein Kollege gegessen hat oder nicht?...

Das er das selbe gegessen hat, möchte ich mir lieber gar nicht vorstellen. Wobei aus Hierarchiegründen wäre es wohl eher so, dass der Co-Pilot das selbe essen muss und nicht ungekehrt.
Aber eventuell meintest Du ja, er könnte das gleiche gegessen haben.
 
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