Nach einhelliger Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. aus neuerer Zeit OLG Hamm NZV 1998, 340; OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 20, 21; DAR 1999, 176; OLG Frankfurt NStZ-RR 1998, 346; siehe auch die Zusammenstellung bei Korte NStZ 1999, 342), die auf die Grundsätze des BGH in seiner Entscheidung vom 29. 10. 1996 zurückgeht (vgl. BGHSt 42, 283 = NJW 1997, 598 = NZV 1997, 315 [Ls.]), wird die Verjährung durch die Übersendung eines sog. Anhörungsbogens gemäß § 33 I Nr. 1 OWiG gegenüber dem - noch unbekannten - Betr. nur dann unterbrochen, wenn sich auf ihn die Übersendung des Anhörungsbogens auch bezieht (§ 33 IV OWiG). Die Unterbrechungshandlung muss sich gegen eine bestimmte Person richten (so die o.a. Rechtsprechung und außerdem auch noch OLG Hamm, ZAP EN-Nr. 116/99 = DAR 1999, 85 = MDR 1999, 314 = VRS 96, 225 = NZV 1999, 261 = Zfs 1999, 265). Demgemäß ist die Übersendung eines Anhörungsbogens als Bekanntgabe im Sinn von § 33 I Nr. 1 OWiG nur ausreichend, wenn daraus für den Adressaten unmissverständlich hervorgeht, dass die Ermittlungen gegen ihn als Betr. geführt werden (OLG Hamm NZV 1998, 340; OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 20, 21; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 33 OWiG Rn. 10). Ihm muss deutlich werden, dass ihm die festgestellte Verkehrsordnungswidrigkeit als Betr. vorbehaltlos zur Last gelegt wird (OLG Hamm NZV 1998, 340, 341). Handlungen, die demgegenüber nur das Ziel haben, den noch unbekannten Tatverdächtigen zu ermitteln, erfüllen diese Voraussetzungen nicht, es sei denn, es sind bereits Merkmale bekannt und aktenkundig, die den Täter individuell bestimmen. Dazu reicht es aber nicht aus, dass sich lediglich ein Lichtbild des Täters in der Akte befindet, vielmehr müssen die Personalien desjenigen, der als tatverdächtig gilt, bereits aktenkundig sein (BGHSt 42, 283, 287, 290; seitdem ständige Rechtsprechung der Obergerichte, so u.a. auch OLG Hamm NZV 1998, 340; ZAP EN-Nr. 305/97 = VM 1997, 90 = VRS 93, 368 = DAR 1997, 250; zfs 1997, 195 = VRS 94, 121).
Diesen Anforderungen wird der Anhörungsbogen vom 5. 5. 1999 nicht gerecht. Die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung war durch eine Radarmessung festgestellt und fotografisch festgehalten worden. Danach war die „Firma Autohaus T” als Halterin ermittelt worden. Nach Inhalt und Ausgestaltung des Schreibens vom 5. 5. 1999 hat sich das Verfahren zum Zeitpunkt der Anordnung der Versendung noch nicht gegen den Betroffenen, sondern noch gegen „Unbekannt” gerichtet. Das Schreiben lässt nämlich nicht erkennen, ob sein Adressat, die Halterin des Tatfahrzeugs, die „Firma Autohaus T” und damit der Betr. als Inhaber dieser Einzelhandelsfirma, als Beschuldigter bzw. Betr. oder als Zeuge angehört werden sollte. Zwar ist das Schreiben mit „Anhörungsbogen” unterschrieben und enthält es neben einem Hinweis auf § 55 OWiG eine Belehrung über die Rechte des Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der eigentliche Vorwurf wird aber neutral mit den Worten: „Sehr geehrter Verkehrsteilnehmer, es wurde festgestellt, dass mit Ihrem Kraftfahrzeug die oben angegebene Verkehrsordnungswidrigkeit (§ 24 Straßenverkehrsgesetz) begangen wurde” beschrieben. Damit vermeidet der „Anhörungsbogen” bereits an dieser Stelle eine Festlegung auf den Betr. als Beschuldigten/Täter der Verkehrsordnungswidrigkeit. Diese Feststellung bleibt vielmehr offen. Dies wird darüber hinaus noch dadurch verstärkt, dass es nach dem weiteren Inhalt des Schreibens vom 5. 5. 1999 letztlich vom Verhalten, insbesondere den Angaben, des Adressaten abhängig gemacht wird, ob dieser im weiteren Verfahren (nur) als Zeuge oder als Betroffener auftreten will. Das Schreiben berücksichtigt nämlich auch die Möglichkeit, dass der Adressat die Ordnungswidrigkeit nicht begangen hat und formuliert dazu: „Wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben, teilen Sie bitte innerhalb einer Woche ab Zugang dieses Schreibens neben Ihren Personalien zusätzlich die Personalien des Verantwortlichen … mit.” Insgesamt wird damit die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht vorbehaltlos dem Betr. zur Last gelegt. Vielmehr dient das Schreiben vom 5. 5. 1999 erkennbar nur dazu, den zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Fahrzeugführer zur Vorfallszeit zu ermitteln. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Betr. als Inhaber der Fahrzeughalterin „Firma Autohaus T” zum Tatzeitpunkt auch Führer des Fahrzeugs war, lagen noch nicht vor. Das ergibt sich auch daraus, dass erstmals im Bußgeldbescheid vom 12. 6. 1999 der Betr. mit seinen Personalien als verantwortlicher Fahrer in Anspruch genommen wird.
Damit ist durch die Übersendung des „Anhörungsbogens” vom 5. 5. 1999 gegenüber dem Betr. die Verjährung nicht unterbrochen worden. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich ein von dem Verkehrsverstoß gefertigtes Lichtbild bei der Akte befindet, das zur Identifizierung des darauf abgebildeten Fahrzeugführers geeignet ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHSt 42, 283) ist das zur Verjährungsunterbrechung nämlich nicht (mehr) allein ausreichend. Nach dieser Rechtsprechung ist der Täter den Behörden der Person nach erst bekannt, wenn seine Personalien ermittelt sind. Das war zum Zeitpunkt der Versendung des Anhörungsbogens an die Halterin des Fahrzeugs hinsichtlich der Personalien des Betroffenen aber noch nicht der Fall. Diese sind erst durch die Rücksendung des Anhörungsbogens zur Akte gelangt. …
Das vorliegende Verfahren gibt dem Senat Anlass zu folgendem Hinweis: Der Senat ist sich der Schwierigkeiten der Bußgeldbehörden in Fällen, die dem vorliegenden vergleichbar sind, bewusst. Wenn jedoch die Bußgeldstellen gegen den Halter eines Fahrzeugs auch als Betr. einer Ordnungswidrigkeit mit verjährungsunterbrechender Wirkung ermitteln wollen, müssen sie ihre Anhörungsbögen eindeutig und zweifelsfrei formulieren (so auch Korte NStZ 199, 342). Dies gebieten im Interesse des Betroffenen die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (OLG Hamm NZV 1998, 340, 341).