Wiener Gericht: No show-Klauseln von KLM unzulässig

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Mura

Erfahrenes Mitglied
10.12.2010
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AT/VIE
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Die niederländische Fluglinie KLM Royal Dutch Airlines verrechnet eine Gebühr ab EUR 125,-, wenn Fluggäste zB nur den Hinflug in Anspruch nehmen, aber nicht den Rückflug. Außerdem müssen Kunden EUR 275,-- für die Herausgabe ihres Gepäcks bezahlen, wenn sie ihren Flug vorzeitig am Flughafen von Amsterdam oder Paris abbrechen. Dagegen ging der VKI im Auftrag des Sozialministeriums gerichtlich vor. Das Handelsgericht (HG) Wien erklärt diese Gebühr für unzulässig.

Eine Regelung der KLM sieht vor, dass der Fluggast eine zusätzliche Gebühr (je nach Flugart zwischen EUR 125 und EUR 3.000) zu zahlen hat, wenn er nur den zweiten gebuchten Flug antritt oder die Flüge nicht in der gebuchten Reihenfolge nützt). Da nach der Klausel nicht nur Kunden, die das Tarifsystem ausnützen, die Gebühr entrichten müssen, sondern auch zB Kunden, die aufgrund einer Verspätung des Zubringerfluges das gebuchte Ticket nicht vollständig in Anspruch nehmen können, ist die Gebühr gröblich benachteiligend. Außerdem orientiert sich die Zusatzgebühr nicht am Preis der Teilleistung im Buchungszeitpunkt.

Eine weitere Klausel sah vor, dass Kunden, die ihre Reise vorzeitig abbrechen, am Flughafen in Amsterdam und Paris eine Extragebühr iHv EUr 275,-- zu zahlen haben. Diese Regelung nimmt nicht darauf Bedacht, aus welchem Grund die Reise vorzeitig an einem der beiden angeführten Flughäfen endet. Es sind daher auch jene Fälle, in denen der Kunde nichts für den Reiseabbruch kann, erfasst. Auch diese Klausel benachteiligt die Kunden gröblich.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 1.4.2019).

Quelle: https://verbraucherrecht.at

Endlich nicht mehr zurückfliegen bis zum Ende?
 
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pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
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Dass in einem EU-Mitgliedstaat andere Regeln gelten als in anderen Mitgliedstaaten, stellt noch keine Diskriminierung dar. Sie beginnt erst, wo Angehörige anderer Mitgliedstaaten schlechter behandelt werden als Inländer. Soweit also nach österreichischem Recht ein Flug außer Reihenfolge zulässig ist, muss das für alle Fälle gelten, in denen österreichisches Recht anwendbar ist. Die AGB der LH knüpfen an den Wohnsitz des Passagiers in Österreich an. Das reicht nicht aus, falls es nach dem einschlägigen Internationalen Privatrecht noch in weiteren Konstellationen zur Anwendbarkeit österreichischen Rechts kommen kann.
 
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bNNddd?!

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03.01.2017
987
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Dass in einem EU-Mitgliedstaat andere Regeln gelten als in anderen Mitgliedstaaten, stellt noch keine Diskriminierung dar. Sie beginnt erst, wo Angehörige anderer Mitgliedstaaten schlechter behandelt werden als Inländer. Soweit also nach österreichischem Recht ein Flug außer Reihenfolge zulässig ist, muss das für alle Fälle gelten, in denen österreichisches Recht anwendbar ist. Die AGB der LH knüpfen an den Wohnsitz des Passagiers in Österreich an. Das reicht nicht aus, falls es nach dem einschlägigen Internationalen Privatrecht noch in weiteren Konstellationen zur Anwendbarkeit österreichischen Rechts kommen kann.

Die Unterscheidung nach Nationalität oder zumindest Wohnsitz ist ja die Diskriminierung schlechthin.
 

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
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Die Unterscheidung nach Nationalität oder zumindest Wohnsitz ist ja die Diskriminierung schlechthin.

Nationalität und Wohnsitz sind zweierlei, und wenn der Wohnsitz über das anwendbare Recht entscheidet, ist eine daraus folgende Ungleichbehandlung keine Diskriminierung.
 

bNNddd?!

Erfahrenes Mitglied
03.01.2017
987
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Nationalität und Wohnsitz sind zweierlei, und wenn der Wohnsitz über das anwendbare Recht entscheidet, ist eine daraus folgende Ungleichbehandlung keine Diskriminierung.

Ist mir klar, dass das zweierlei ist - daher auch meine Formulierung. Es bleibt allerdings Diskriminierung, wenn ein Unternehmen Bewohner des Staates A besser stellt, als die des Staates B. Und in der EU ist das unzulässig.
 

Volume

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01.06.2018
9.886
7.312
Widerspricht das nicht dem EU-Grundsatz der Freizügigkeit?
Ich muss doch als EU-Bürger meinen Wohnsitz frei wählen können, ohne deswegen von einem Konzern aus nochmal einem anderen EU-Land anders behandelt zu werden.

Wie auch immer, die Gesetze sind in den meisten Ländern sehr ähnlich, nur die Gerichte urteilen anders. Und für ihren "nationalen Champion" urteilen sie nochmal anders, als für "Irische Flegel" der genau das selbe versucht...
Deshalb kann man ja solche Klagen bis auf europäische Ebene eskalieren, der EuGH klärt das Problem dann Europaweit.

Außerdem orientiert sich die Zusatzgebühr nicht am Preis der Teilleistung im Buchungszeitpunkt.
Müsste in Deutschland absolut genauso gelten. Auch hier ist es völlig entgegen jeder Verhältnismäßigkeit, wenn du €3000 nachzahlen sollst, weil du das letzte von 4 legs eines €1000 Flugs nicht abgeflogen hast... Auch in Deutschland kann sich ein Beauftragter nur für das entschädigen lassen, was ihm tatsächlich durch deine Stornierung an Einnahmen verloren gegangen ist (was er bei anderweiter Nutzung seiner Arbeitskraft hätte verdienen können), nicht das Zehnfache.

Die vorzeitige Herausgabe des Gepäcks ist da deutlich problematischer, da hier erhebliche Zusatzkosten entstehen wenn man ein Gepäckstück zurückruft, das u.U. bereits im Flieger verladen, oder zumindest schon mal im Container war. Da können in der Tat schnell €275 reale Kosten zusammenkommen, wenn ein Flieger deshalb einen Slot verpasst. Oder auch gerne mal ein Vielfaches.
 

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
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Ist mir klar, dass das zweierlei ist - daher auch meine Formulierung. Es bleibt allerdings Diskriminierung, wenn ein Unternehmen Bewohner des Staates A besser stellt, als die des Staates B. Und in der EU ist das unzulässig.

Tut die LH nicht, wenn auf den Vertrag mit Passagier A anderes Recht anwendbar ist als auf den mit B. Wenn ich als Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland bei der Deutschen LH mit Sitz in Deutschland einen Flug mit Abflug aus dem Ausland buche, ist im Zweifel deutsches Recht anwendbar. Wenn hier die Rechtslage anders ist als in dem ausländischen Abflugstaat, dann ist das keine Diskriminierung - weder durch das Unternehmen noch durch einen der beteiligten Staaten.

Es ist aber - das habe ich eingangs schon angedeutet - möglich, dass die Anknüpfung an den Wohnsitz ein mangelhaftes Kriterium ist, um der Sonderregelung im österreichischen Recht gerecht zu werden: Es mag Fälle geben, in denen österreichisches Recht anwendbar ist, obwohl der Passagier nicht in Österreich seinen Wohnsitz hat, und es mag Fälle geben, in denen nicht-österreichisches Recht anwendbar ist, obwohl der Passagier seinen Wohnsitz in Österreich hat. Dann kommt man womöglich zu einer Diskriminierung, aber das müsste man anhand des jeweiligen Internationalen Privatrechts "durchrechnen".

Widerspricht das nicht dem EU-Grundsatz der Freizügigkeit?
Ich muss doch als EU-Bürger meinen Wohnsitz frei wählen können, ohne deswegen von einem Konzern aus nochmal einem anderen EU-Land anders behandelt zu werden.

Freizügigkeit bedeutet nicht, sein Heimatrecht mitnehmen zu dürfen. Genau deshalb gibt es europäische Regelungen, um den Rechtsraum zu vereinheitlichen und dadurch den Gebrauch der Freizügigkeit zu erleichtern. Aber wo es sie nicht gibt...
 
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TDO

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25.02.2013
4.189
378
VIE
Die Sonderregelung für Buchungen die in Italien getätigt werden sollte dann ja passen, da sie für alle EU Bürger gilt, oder?
 

bNNddd?!

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03.01.2017
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Freizügigkeit bedeutet nicht, sein Heimatrecht mitnehmen zu dürfen. Genau deshalb gibt es europäische Regelungen, um den Rechtsraum zu vereinheitlichen und dadurch den Gebrauch der Freizügigkeit zu erleichtern. Aber wo es sie nicht gibt...

Darf trotzdem nicht diskriminiert werden. Klassischer Fall von: Wenn der erste dagegen vor den EuGH zieht, wars das mit dieser ABB-Klausel
 

pimpcoltd

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03.07.2009
3.316
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Darf trotzdem nicht diskriminiert werden. Klassischer Fall von: Wenn der erste dagegen vor den EuGH zieht, wars das mit dieser ABB-Klausel

Das ist etwa so überzeugend wie die Behauptung, als Kontinental-Europäer in UK auf der rechten Straßenseite fahren zu dürfen. Aber ich wiederhole mich. :)
 

bNNddd?!

Erfahrenes Mitglied
03.01.2017
987
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Dieser Vergleich wäre nur dann zutreffend, wenn Engländer links oder rechts fahren dürften, die restlichen Europäer aber links fahren müssten.
 

Volume

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01.06.2018
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Das ist etwa so überzeugend wie die Behauptung, als Kontinental-Europäer in UK auf der rechten Straßenseite fahren zu dürfen. Aber ich wiederhole mich. :)
Das ist etwa so überzeugend, wie als Österreicher in Holland auf der linken Straßenseite fahren zu dürfen, wenn das Auto in UK gekauft wurde...

Wenn ein Holländisches Unternehmen in Österreich andere AGBs macht, ist das ein Verstoß gegen den EU Binnenmarkt-Grundsatz des freien Verkehrs von Dienstleistungen. Nationales Recht in diesem Bereich (Verbraucherschutz, Luftfahrt) sollte die Umsetzung von EU-Richtlinien sein, gibt es da so substantielle Differenzen, hat irgendwer seinen Job nicht gemacht, und es ist ein Fall für die EU Gerichtsbarkeit.
 
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pimpcoltd

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03.07.2009
3.316
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Dieser Vergleich wäre nur dann zutreffend, wenn Engländer links oder rechts fahren dürften, die restlichen Europäer aber links fahren müssten.

Wenn's dir in ausländischen, von der EU nicht vereinheitlichten Rechtsordnungen nicht behagt: zuhause bleiben!
 

pimpcoltd

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03.07.2009
3.316
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Das ist etwa so überzeugend, wie als Österreicher in Holland auf der linken Straßenseite fahren zu dürfen, wenn das Auto in UK gekauft wurde...

Wenn ein Holländisches Unternehmen in Österreich andere AGBs macht, ist das ein Verstoß gegen den EU Binnenmarkt-Grundsatz des freien Verkehrs von Dienstleistungen. Nationales Recht in diesem Bereich (Verbraucherschutz, Luftfahrt) sollte die Umsetzung von EU-Richtlinien sein, gibt es da so substantielle Differenzen, hat irgendwer seinen Job nicht gemacht, und es ist ein Fall für die EU Gerichtsbarkeit.

Von welcher EU-Richtlinie zum Abfliegen von Flugtickets in der gebuchten Reihenfolge sprichst du?
 

Volume

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01.06.2018
9.886
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Wenn's dir in ausländischen, von der EU nicht vereinheitlichten Rechtsordnungen nicht behagt: zuhause bleiben!
Nicht nötig, der Bereich Luftfahrt und Verbraucherschutz ist von der EU vereinheitlicht. Zuhause bleiben ist die beste Garantie dafür, nur unter nationales Recht zu fallen.

Von welcher EU-Richtlinie zum Abfliegen von Flugtickets in der gebuchten Reihenfolge sprichst du?
Nicht nötig so tief zu gehen, die deutlich höheren Rechtsgrundsätze des Vertragsrechts und des Verbraucherschutzes genügen vollkommen. (Stichwort: Unverhältnismäßige Benachteiligung des Kunden)
 
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aliaza

Erfahrenes Mitglied
28.06.2016
314
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Urteil nachzulesen im Der Standard, vom 1.4.2019. Es geht in die gleiche Richtung wie das letzte Berliner Urteil. Im Grunde gibt es da nichts zu meckern ausser man ist Airline Vertreter.
 

taenkas

Erfahrenes Mitglied
26.08.2013
1.491
766
Wie sieht die rechtliche Lage da eigentlich aus - ich bin Österreicher und lebe im Ausland. Kann ich alle Tickets mit meiner Adresse in Wien kaufen und mich dann bei einem Flug zB AMS-PRG-AMS auf diese Entscheidung berufen und nur PRG-AMS fliegen (wenn nicht mit Umgehungsabsicht gebucht)? Oder gilt das nur bei Abflug in Österreich für Österreicher?