Damit hast Du die Grenzkosten doch praktisch schon definiert. Und da es keine aufblasbaren Flugzeuge gibt, bleibt also nur die Möglichkeit, die Flüge die grob wenigstens diese Kosten einspielen oder als Zubringer zu lohnenden Flügen agieren weiter fliegen zu lassen und alles andere eben nicht.
Hier geht doch auch kein Forist einen Monat lang arbeiten und überweist seinem Chef dafür dann noch ein nettes Sümmchen...
Wie man Kosten einspielt, indem man zahlende Kunden zur Konkurrenz schickt und die Sitze stattdessen lieber leer fliegt, bleibt leider weiterhin dein Geheimnis. In meiner Welt sind 10.000 Euro besser als 0 Euro, denn die 12.000 Euro Kosten pro Sitz habe ich so oder so.
Einigkeit herrscht zweifellos idarin, dass es wünschenswert ist, jeden Sitz möglichst teuer zu verkaufen, denn nur so steigert man den Gewinn mit den Mitteln, die man hat. Allerdings erreicht man dieses Ziel am besten mit loyalen Kunden, die der Marke auch in solchen Situationen treu bleiben, in denen Angebote der Konkurrenz für sich genommen günstiger und attraktiver erscheinen. Die Loyalität (die natürlich auf
Gegenseitigkeit beruht) gibt dann den Ausschlag, sich für das per se weniger attraktive Angebot zu entscheiden.
Insofern sind loyale Kunden also gerade dann sehr wichtig, wenn man höhere Margen anstrebt und sich nicht darauf einlassen kann oder will, die Konkurrenz beim Preis zu schlagen. In genau dieser Situation ist ja die Lufthansa, die nach eigenen Aussagen nicht mit den Kostenstrukturen und "verdeckten Subventionen" wichtiger Mitbewerber konkurrieren kann und will.
Was bleibt einem solchen Unternehmen dann? Die Strategie, die Marge durch Kosteneinsparungen am Kunden zu erhöhen, geht nur so lange auf, wie der Kunde das mitmacht. Das Problem ist hier natürlich, dass der Kunde (auch der treue) so etwas irgendwann merkt und nach einiger Zeit die Konsequenzen zieht. Das geht nicht von heute auf morgen. Der Krug geht solang zum Brunnen bis er bricht. Gerade der bisher loyale Kunde ändert ungern seine Gewohnheiten, er gibt gerne zweite und auch dritte Chancen. Wer wie die Lufthansa auf Fans statt Kunden setzt, erwartet zudem offenbar eine gewisse Nibelungentreue, in guten wie in schlechten Zeiten. Umso erstaunlicher, wie wenig Dr. Franz diesen Erwartungen selbst gerecht wird, er offenbart sich sich vielmehr selbst als unschlagbarer Obermaximierer, der stets das für sich beste Angebot verfolgt. Von Loyalität keine Spur, insofern steht sein Verhalten mit dem der Kunden, die er mit seiner Unternehmenspolitik vergrault hat, immerhin in Einklang.
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Bindung von Kunden besteht also darin, gegenseitige Loyalität zu pflegen. Der loyale Kunde bezahlt hin und wieder gerne etwas mehr als nötig, bekommt dafür aber hin und wieder auch vom Anbieter mehr als nötig. Eigentlich eine narrensichere Strategie, umso beachtlicher, dass sie seitens der LH einseitig aufgekündigt wurde und wird. Erwartet man wirklich fortgesetzte
einseitige Loyalität seitens des Kunden (sorry: Fans)? Kurzfristig geht so etwas natürlich auf (Krug, Brunnen...), aber langfristig sind die Folgen dafür meist umso gravierender.
Nun wird hier gerne das Scheinargument von den Kunden als Maximierern gebraucht, die Loyalität nicht praktizieren, sondern einfach nur wie Heuschrecken sämtliche Perks mitnehmen, überwiegend Schnäppchen und Tariffehler buchen und dem Unternehmen, dessen Loyalität sie genießen, mit ihrem Verhalten unterm Strich nur schaden. Über diese Argumentation kann ich nur lachen, denn die gleichen Leute, die so argumentieren, werden nicht müde zu betonen, dass der typische VFT-Maximierer überhaupt nicht repräsentativ für den "normalen" Kunden sei, und es sich die Airline folglich schenken könne, den Wünschen, Vorschlägen und Forderungen der "Forenspinner" und "Armchair-CEOs" Beachtung zu schenken.
Ganz klar: You can't have it both ways. Entweder die loyalen Statuskunden sind in der Summe überwiegend unverschämte Maximierer, oder sie sind es gerade eben nicht. Der gesunde Menschenverstand und die Lebenserfahrungen sagen uns natürlich, dass das Gros der Kunden keine Maximierer, Abomeilenmillionäre, USDM-F-Flieger etc. sind, sondern ganz normale Menschen, für die Fliegen alles andere als ein Hobby ist. Von diesen Menschen müssen einige beruflich oder privat häufiger fliegen, was sie zu Vielfliegern macht, um deren Loyalität logischerweise jede Airline buhlen sollte. Denn nur der loyale Vielflieger (aka Stammkunde) zahlt auch hin und wieder mehr, genau das ist ja die Definition von Loyalität.
Eine Airline wie die LH, die beim harten Produkt und den harten Kostenstrukturen gegenüber Konkurrenten aus Fernost auch nach eigenen Angaben strategisch auf verlorenem Posten steht, bleibt somit eigentlich gar nichts andere übrig, als beim Kunden über die Loyalitätsschiene zu punkten. Sonst sind diese Kunden nämlich irgendwann weg und kommen nur dann von Fall zu Fall zurück, wenn es entweder keine Alternativen gibt oder die LH ausnahmsweise einmal selbst das Schnäppchen ist. Ein Geschäftsmodell, das auf Schäppchen oder Monopolstellungen setzt, ist allerdings nicht zukunftsfähig, insbesondere nicht in Mitteleuropa. Denn wie schnell Menschen ohne Sinn für Loyalität die Pferde wechseln, sieht man nicht zuletzt am schnellen Abflug des Herrn Dr. Franz.