Piloten / fliegendes Personal im Streik -> kein außergewöhnlicher Umstand

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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
20
Farewell City
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...die Airlines schulden Entschädigung

SPON berichtet

https://www.spiegel.de/wirtschaft/r...zahlen-a-db78c5fb-945b-4fa4-a2d8-b8de614dc893

das Urteil (nich nicht rechtskräftig) bei Beck

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung...-flugausfall-aufgrund-pilotenstreiks-moeglich

daraus

(...) Keinen Kontakt mit anderen Airlines aufgenommen
"Die Beklagte hat sich um die Anmietung anderer Fluggeräte einschließlich Besatzung überhaupt nicht bemüht und keinen Kontakt mit anderen Luftfahrtunternehmen aufgenommen", so das LG. Deswegen hätten trotz des Pilotenstreiks keine "außergewöhnlichen Umstände" vorgelegen, die eine Haftung der Airline nach der Fluggastrechteverordnung ausschlössen. Die beklagte Fluggesellschaft schulde daher Ausgleich nach dieser Verordnung.(...)

Aktenzeichen 2-24 O 117/18

Entspricht exakt meinem persönlichen Rechtgefühl/Unrechtsgefühl anlässlich der Pilotenstreiks (anderes fliegendes Personal) bei Lufthansa / Ryanair...


Diese Auffassung der Richter und das Urteil stellen endlich einmal klar, dass der Arbeitgeber - vertreten durch den Vorstand - für Arbeitskämpfe im Haus gerade stehen muss, weil er dafür Verantwortung trägt.
 

nhobalu

Forumskater
18.10.2010
11.122
848
im Paralleluniversum
Ich karikiere mal:

Eine gewisse Person bei Ufo kommt auf die Idee und meint, dass Flugbegleiter ab 1.7.2022 100% mehr Geld verdienen müssen. Lufthansa lehnt diese Forderung erstaunlicherweise ab. Es kommt zum Streik.

Und dann soll der Arbeitgeber verantwortlich sein dafür?
Echt jetzt? :eek:

Wir sollten uns mal wirklich überlegen, ob wir für die nächste Bundestagswahl einen Nachfolger von Honecker suchen sollten.
 
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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
20
Farewell City
Ich karikiere mal:

Eine gewisse Person bei Ufo kommt auf die Idee und meint, dass Flugbegleiter ab 1.7.2022 100% mehr Geld verdienen müssen. Lufthansa lehnt diese Forderung erstaunlicherweise ab. Es kommt zum Streik.

Und dann soll der Arbeitgeber verantwortlich sein dafür?
Echt jetzt? :eek:

Wir sollten uns mal wirklich überlegen, ob wir für die nächste Bundestagswahl einen Nachfolger von Honecker suchen sollten.


Dieser Einwand ist (leider) üblich "kurzsichtig" - er entspringt dem heute leider vielerorts üblichen "Stammtisch"geschwätz und dem damit verbundenen Wissenshorizont.

Genauso wenig wie die Erde eine Scheibe ist, ist das Streikrecht nicht unausgegoren. Im Gegenteil.

Der Gesetzgeber und die ständige Rechtssprechung der Gerichte geben einen formell sehr klaren Rahmen über die Abläufe und Angemessenheiten in einem Arbeitskampf vor.

Und das ganz ohne die FJS - Sozialismus Karte...

Eine gerichtliche Überprüfung des Streikgrundes auf seine Rechtmäßigkeit hin steht dem Arbeitgeber jederzeit frei...und die Hürden sind hoch!

Ist die Rechtmäßigkeit des Streiks festgestellt - tja, dann muss man sich zusammen raufen.

Und wenn es nicht anders geht - - dann muss man gelbe Westen anziehen.

Das dieses Uretil gerade ein Argument und Zeichen FÜR Rechtsstaat und Demokratie ist - und keineswegs auch nur im entferntesten mit einem Diktator Honnecker zu tun hat, sei an dieser Stelle auch noch erwähnt.


P.S. Ich habe auch überzeichnet - als Entgegnung auf Deine Karrikatur ;-)
 

nhobalu

Forumskater
18.10.2010
11.122
848
im Paralleluniversum
Im Gegensatz zu Dir habe ich Dich nicht persönlich beleideigt.
Aber das sei Dir freigestellt.

Und ja, ich bin durchaus der Meinung, dass heute Gewerkschaften das Streikrecht massiv ausnutzen und zu Lasten der Allgemeinheit oft ihre persönlichen Interessen verfolgen, die schon lange nicht mehr mit Existenzsicherung der unterdrückten Arbeiterschaft zu tun haben.

Aber diese Diskussion möchte ich hier nicht weiterführen, gerne in einem Thread in GudW.
 
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Luftikus

Megaposter
08.01.2010
25.366
11.245
irdisch
Streiken darf jedenfalls nicht so bequem sein, dass man es, wie geschehen, nur noch als hohles Ritual handhabt und die Kosten und Härten einseitig und bequem auf die Passagiere abwälzt. Klingt für mich richtig, die Haftung nicht gleich auszuschließen. Wenn es wehtun soll, soll es den Streikparteien bitte auch wehtun. Die Zanken ja schließlich miteinander.
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.531
742
Eine gewisse Person bei Ufo kommt auf die Idee und meint, dass Flugbegleiter ab 1.7.2022 100% mehr Geld verdienen müssen. Lufthansa lehnt diese Forderung erstaunlicherweise ab. Es kommt zum Streik.

Wenn ich den ersten Absatz vom Spon Artikel richtig verstehe, ist dein Einwand off-topic...

Das Landgericht Frankfurt am Main hat geurteilt, dass Passagieren bei einem Flugausfall aufgrund eines Pilotenstreiks eine Entschädigung nach EU-Fluggastrechteverordnung zusteht. Voraussetzung dafür sei, dass die Fluggesellschaft nachweisbar nicht alles Zumutbare unternommen hat, um die Streichung des Fluges zu verhindern.

Das Beispiel ist Ryanair, die sich nicht um Charterflüge o.Ä. bemüht haben. Ich gehe jetzt erstmal davon aus, dass Lufthansa eher solche Anstrengungen unternehmen würde.

Dementsprechend kann Ufo auch Drölftausend Prozent verlangen... Ryanair/Lufthansa/... hat laut diesem Urteil nur die Verpflichtung, sich bestmöglich um seine Passagiere zu kümmern.
 
F

feb

Guest
Ich karikiere mal: (...)Echt jetzt? :eek:

Wir sollten uns mal wirklich überlegen, ob wir für die nächste Bundestagswahl einen Nachfolger von Honecker suchen sollten.

Ich denke, du würfelst reichlich wild mit der Gewaltenteilung. In der Schule nicht aufgepasst und deshalb Barista (ein ehrenwerter Beruf, bin ich überzeugt) geworden?
 

freddie.frobisher

Erfahrenes Mitglied
23.04.2016
7.193
7.559
Ich fände es äußerst wünschenswert, wenn nur Streiks des eigenen fliegenden Personals als außergewöhnlicher Umstand gewertet würden. Wenn ich Austrian buche, möchte ich mich nicht damit befassen müssen ob aus Kostengründen die ständig bestreikte Eurowings auf der betreffenden Strecke eingesetzt wird. Noch weniger Verständnis habe ich für Streiks bei Personaldienstleistern wie man sie bei Ryanair oder Lauda findet. So könnte man der Unsitte, Personal in prekäre tarifferne Beschäftigungsverhältnisse zu zwingen, wirksam entgegenwirken.
 
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Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.793
4.629
Aber es ist doch ganz einfach: die Lufthansa wird beim nächsten Streik zehn Formbriefe an andere Luftfahrt-Unternehmen verschicken und sich überall eine Abfuhr holen, weil schlichtweg ein fliegendes Gerät und keine Crews verfügbar sind. Dann ist der Gerechtigkeit genüge getan und das Landgericht Düsseldorf ist zufrieden.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.948
16.107
ich bin durchaus der Meinung, dass heute Gewerkschaften das Streikrecht massiv ausnutzen und zu Lasten der Allgemeinheit oft ihre persönlichen Interessen verfolgen

Das ist nun einmal ihr Job. Kann man moegen, muss man nicht, aber der Gesetz- (und Verfassungs-)Geber hat es nun einmal so geregelt, da muss die Allgemeinheit damit klarkommen und diese Lasten tragen.
 

MrGroover

Master of the 737
30.04.2012
2.714
9
Wenn eine LH die eigene Tochter/Schwester CL beauftragt (unterschiedliche AOCs, somit unterschiedliche Airlines), Strecken an deren Stelle zu fliegen, ist diese Auflage im Sinne des Urteils bereits erfüllt? Wenn ja, kann sich eine FR mit OE, RK, RR oder AL behelfen (sofern die streikende Personalgruppe dort normalen Dienst leistet)?
 

Wolke7

Erfahrenes Mitglied
30.08.2010
3.185
1.066
Es ist beschämend zu lesen und hat wohl auch ein wenig mit Ignoranz zu tun, wenn wir nach diesem Urteil über den Sinn oder Unsinn von Streiks, den strukturellen Konflikt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften sowie über die Un/Gerechtigkeit der Arbeitswelt diskutieren.
Es geht einzig und allein um die Frage, was zumutbare Leistungen der Airlines im Streikfalle sind, um einen Flug trotzdem noch durchführen zu können. Das Gericht ist der Meinung, dass kurzfristiges Wetlease den Airlines zuzumufen ist.
 

BKKSteffen

Erfahrenes Mitglied
28.04.2016
1.825
63
TXL/BKK/FNC
Ohjee, leider kann ich mich nicht so gewählt ausdrücken...
Fakt ist doch aber, dass durch solche Urteile unsere Rechte als Passagiere gestärkt werden und der Effekt, ein Streik soll das jeweilige Unternehmen unter Druck setzen und nicht den Kunden, wird doch dadurch bestärkt. Sehe ich das jetzt wieder zu "blauäugig"?
Kommt jetzt natürlich darauf an, was für die bestreikte Airline "günstiger" ist: kurzfristig Wetlease ordern, oder den Passagier zu entschädigen.
 

ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
3.353
904
Man kann die EU261-Rechnung als Airline ja dann einfach an die jeweilige Gewerkschaft weiterleiten, oder teilen.

Vielleicht sollte man als Arbeitgeber auch einfach mal auf Kostenteilung zwischen Airline und Gewerkschaft klagen. Nach dem Motto "mitgegangen, mitgefangen" zwei Parteien, eine Rechnung, zwei Zahler. Da man sich nicht einig wird und immer zwei dazu gehören. Der Passagier als Geschädigter wäre ja dann ebenfalls fein raus. Vielleicht kommen so einige Streitigkeiten auch schneller zur Vernunft, wenn nicht nur die Kasse der Airline gemolken wird.
 
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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
20
Farewell City
(...)Fakt ist doch aber, dass durch solche Urteile unsere Rechte als Passagiere gestärkt werden und der Effekt, ein Streik soll das jeweilige Unternehmen unter Druck setzen und nicht den Kunden, wird doch dadurch bestärkt (...)

Man kann die EU261-Rechnung als Airline ja dann einfach an die jeweilige Gewerkschaft weiterleiten, oder teilen. Vielleicht sollte man als Arbeitgeber auch einfach mal auf Kostenteilung zwischen Airline und Gewerkschaft klagen. Nach dem Motto "mitgegangen, mitgefangen" zwei Parteien, eine Rechnung, zwei Zahler (...)

Absolute Zustimmung meinerseits.

Der Wegfall der "Enthaftung" des Arbeitgebers über die "höhere Gewalt" sorgt für einen gewaltigen Hebel in den Verhandlungen - und trägt unmittelbar zu einer Beschleunigung und Hebelung enormer "Markt"kräfte auf die Verhandlungen bei.

"Turbokapitalismus" in Reinkultur (und wieder ein plakatives Beispiel warum starke Verbraucherrechte genau das Gegenteil von Sozialismus / Kommunismus (Honecker Referal oben) sind!) mit dem Ziel das alle Beteiligten sich schnell einigen mögen. Ausgehend von der Vermutung dass die Verhandlungen redlich sind. Der Arbeitgeber will mit den Arbeitnehmern Geld verdienen - der Arbeitnehmer will ein Stueck vom Kuchen. Beide brauchen einander - - - wie in einer guten Ehe ;-)

Ähnlich gelagert (abstrakt betrachtet) ist die Situation bei den Entschädigungen nach EUVo: Die Menschen empfinden gesetzliche Haftungsansprüche mehrheitlich als "Vorteil" und Zeichen eines starken Verbraucherschutzes. Das ist aus meiner Sicht kompletter Humbug - denn die Festschreibung einer Haftungssumme gilt natuerlich auch top - down: Und ich habe mich schon desöfteren darüber geärgert warum ich mit einem 6000 Euro Flugschein seitens der Airline im Irreg Fall mit 600 Euro abgespeist werden kann, ohne dass ich berechtigte weitergehende Forderungen erstreiten könnte.

Des einen Freud - des anderen Leid. Verflixt kompliziert diese Welt...
 

Vollzeiturlauber

Erfahrenes Mitglied
27.11.2012
11.142
3.759
Nord Europa
Streiken darf jedenfalls nicht so bequem sein, dass man es, wie geschehen, nur noch als hohles Ritual handhabt und die Kosten und Härten einseitig und bequem auf die Passagiere abwälzt. Klingt für mich richtig, die Haftung nicht gleich auszuschließen. Wenn es wehtun soll, soll es den Streikparteien bitte auch wehtun. Die Zanken ja schließlich miteinander.

Nur Mal so: Bei uns streiken seit ca einer Woche die Schulbusfahrer.
 
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.802
10.777
Es wäre jedenfalls mal schön, wenn gleiches Recht für alle gelten würde. Aktuelle Rechtslage ist, das Streiks bei LH aussergewöhnliche Umstände sind und die Kunden leer ausgehen, streiks bei BA aber keine aussergewöhnlichen Umstände sind, und die Airline zahlen muss.
Von daher ist ein angleichendes Urteil absolut zu begrüßen.

Zu Streit im Unernehmen gehören immer zwei, dann einen dritten dafür zahlen zu lassen ist jedenfalls ein Unding.
 
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concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.816
Hamburg
Da freue ich mich ja, als "Betroffener" im kürzlichen SAS Streik von 2019, dass eine der Agenturen meinen Claim angenommen und diese Rechtssprechung (für einige wenige Fälle?) auch gegen SAS offenbar weiterverfolgt.:)

Zu dem "alles zu tun" hätte meiner Auffassung nach auch gehört, schon 1-2 Tage vor Streikbeginn auf Seiten der SAS mit Umbuchungen zu beginnen, die Hotline zu verstärken und durchgehend geöffnet zu haben. So wie es abgelaufen ist, hat sich die SAS suboptimal verhalten. Insofern habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn meine "Erstattungsagentur" offenbar auch gegen die SAS versucht, ein Grundsatzurteil zu erwirken.
 

Gulliver

Erfahrenes Mitglied
10.11.2009
1.607
36
Kerkrade (NL)
www.kuhnert.nl
...
Zu dem "alles zu tun" hätte meiner Auffassung nach auch gehört, schon 1-2 Tage vor Streikbeginn auf Seiten der SAS mit Umbuchungen zu beginnen, die Hotline zu verstärken und durchgehend geöffnet zu haben. So wie es abgelaufen ist, hat sich die SAS suboptimal verhalten. Insofern habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn meine "Erstattungsagentur" offenbar auch gegen die SAS versucht, ein Grundsatzurteil zu erwirken.
Dies gehört aber leider nicht zu den zumutbaren Maßnahmen zu der die Airline nach EU-Verordnung verpflichtet ist, auch wenn ich mir das sehr wünschen würde. Diese Maßnahmen tragen nicht dazu bei, dass der Flug an sich nicht gestrichen werden braucht.