Na, da habe ich ja offenbar einen empfindlichen Punkt getroffen. Leider habe ich Deine Antwort erst jetzt gesehen, sonst hätte ich auch schneller darauf reagiert.
Anyway: Im Gegensatz zum persönlichen Gespräch sind Antworten in Foren ja immer so herrlich aus dem Kontext zu reißen. Zugegeben, ich bin in diesem Zusammenhang (und damit meine ich das generelle Thema Reisekosten vs. Finanzamt) etwas frustriert, da ich genau in diesen Tagen wieder elendige Diskussionen mit denen führen darf.
Ob die Umsatzsteuersenkung für Hotelübernachtungen nun ein Steuergeschenk war (wie in meinen Augen) oder der Ausgleich eines Wettbewerbsnachteils (wie du es zu sehen scheinst), hängt sicherlich sehr von der politischen Grundeinstellung ab. Trotzdem ist dein Statement einfach zu verlockend, um es unkommentiert zu lassen.
Wer braucht schon Hotels in Deutschland? Frage doch mal bei den Banken und Sparkassen in Bayern an, wie viele Pleite-Hotels sie zum Verkauf haben. Schau Dir mal die Langfrist-Entwicklungen der Übernachtungszahlen zu unseren Nachbarn an. Schau dir mal da, wie deutsche Hotels wirtschaftlich stehen!
Grade am vergangenen Wochenende waren im Umfeld der ITB äußerst positive Zahlen zu lesen. Angeblich sei Deutschland ja mittlerweile zweibeliebtestes Urlaubsland usw. Ich habe den Artikel (war in der Welt) jetzt nicht mehr im Kopf und keine Lust, Zahlenspielereien zu betreiben. Tatsache ist aber, dass die Gesamtzahlen der Übernachtungen in Deutschland eindeutig positiv sind. Ob das zu wirtschaftlich erfolgreich arbeitenden Hotels führt, ist wie immer, eine ganz andere Frage. Ich bestreite auch nicht, dass es sicherlich viele Hotels und Hoteliers gibt, denen es nicht gut geht – aber dass ist eine Frage des Wettbewerbs untereinander. Wenn in Städten wie Berlin oder Hamburg oder auch in einigen Urlaubsregionen (Ostsee) Hotels und Pensionen wie Pilze aus dem Boden sprießen, dann führt das nun mal zu Überkapazitäten, die den Preis unter Druck setzen. Welche Hotels sich hier letztlich durchsetzen und welche trotz Arbeit bis zur Selbstaufgabe leider auf der Strecke bleiben, ist eine Entscheidung des Marktes und hat in meinen Augen nichts, aber auch überhaupt nichts mit dem Umsatzsteuersatz auf Übernachtungen zu tun. Schließlich gab es vorher (also zum vollen Steuersatz) auch erfolgreiche und weniger erfolgreiche Hotels und jetzt (also zum verminderten Steuersatz) hat sich daran nichts geändert. Ich kann hier (außer vielleicht in einigen extrem grenznahen Betrieben) auch keinerlei Wettbewerbsnachteil erkennen, der ausgeglichen werden müsste. Der Satz galt und gilt schließlich für alle. Das direkt an den Landesgrenzen der eine oder andere Härtefall auftritt, ist klar, gilt aber für andere Branchen (Tankstellen, Einzelhandel usw.) auch – letztlich gibt es auch Branchen, die von der genau umgekehrten Situation profitieren, z.B. an der Grenze zu Dänemark.
Wenn mal ein Wettbewerbsnachteil reduziert wird ist das ein Steuergeschenk?
So ist es, denn ich kann, wie gesagt, keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber irgendjemandem erkennen. Ich kann aber aus eigener Erfahrung und aus persönlichen Gesprächen folgende Entwicklung in 2010/11 feststellen:
1: Die Übernachtungspreise in Deutschland sind fast flächendeckend überdurchschnittlich gestiegen – trotz der Mehrwertsteuersenkung, die in vielen Betrieben die Nettoerlöse „von ganz allein“ erhöht hat. In einigen Städten beobachte ich Preissteigerungen von mehr als 40% im Durchschnitt, basierend auf dem Nettopreis – und da rede ich nicht von Messe- oder Hochsaisonpreisen. Meine persönlichen durchschnittlichen Kosten pro Übernachtung sind 2010 gegenüber 2009 um 31% gestiegen, ohne dass sich mein Hotelverhalten nennenswert geändert hätte. Das als solches kritisiere ich nicht, denn auch das ist natürlich Marktwirtschaft. Das solche Preissteigerungen aber durchsetzbar sind, führt das Argument des Wettbewerbsnachteils ad absurdum.
2: Viele Hotels beklagen sich über die Entwicklung im Gästeverhalten. Seit der Mehrwertsteuerreform sind die Erlöse im Bereich „Nebenleistungen“, also Frühstück usw. in einigen Häusern wohl deutlich rückläufig gewesen. Hinzu kommt der höhere Verwaltungsaufwand und Kosten für z.B. Software im Umgang mit unterschiedlichen Steuersätzen, sodass ich mehrfach Flüche von denen gehört habe, die eigentlich hätten zufrieden sein sollen.
Um eines klarzustellen: Ich bin generell ein großer Gegner von Subventionen fast jeder Art, weil diese meiner Meinung nach in den allerseltensten Fällen Wettbewerbsnachteile ausgleichen, sondern eher an anderer Front neue schaffen. Und die Senkung der Umsatzsteuer für Hotelübernachtungen ist aus meiner Sicht nichts anderes, als eine vollkommen überflüssige Subvention! Wer die im Vorfeld im politischen Betrieb gefordert oder mit wessen Stimmen sie im Bundestag beschlossen wurden, spielt dabei für mich keinerlei Rolle.
Wenn die Luftverkehrssteuer aufgrund der allgemeinen Schwachsinnigkeit wieder zurückgenommen wird (ich gebe die Hoffnung nicht auf) dann werden auch einige schreien, dass die Fluggesellschaften "Steuergeschenke" bekommen.
Über die Schwachsinnigkeit dieser Steuer brauchen wir nicht zu diskutieren. Dass sie irgendwann wieder zurückgenommen wird, glaube ich zwar nicht, aber die Einführung war in der Tat ebenfalls Blödsinn.
Wenn Du aus der Branche kommst und bessere Einblicke hast, dann lasse ich mich gern vom Gegenteil überzeugen, aber grundsätzlich halte ich das Argument vom „auszugleichenden Wettbewerbsnachteil“ für nicht haltbar.