So, jetzt muss ich hier mal einen kurzen Rant loslassen, weil bestimmte Personen - sicher im Eifer des Gefechts und frustriert von der Gesamtsituation - sich aufführen, als wären sie Krisenmanagement in persona, aber wsl. noch nie ein OCC von innen gesehen haben.
Die Lage heute in MUC war ziemlich dramatisch. Um das mal kurz zu verdeutlichen: In der Nacht wurden Flieger umgeschleppt, damit sie mit der Nase in den Wind parken. Die meisten der morgens angekommenen Inbounds wurden - egal welches Terminal - am T2 bzw. hinter dem Satelliten geparkt, und dort wurden die Paxe im Windschatten der Gebäude von der Flughafenfeuerwehr mit deren eigenen Treppen aus den Fliegern geholt, weil die Flughafentreppen und Jetways nicht mehr bewegt werden durften und bis auf die Feuerwehr-Leute auch kein Mitarbeiter aufs Vorfeld durfte. Ich will es jetzt nicht überdramatisieren, aber das war potentiell nicht ganz ungefährlich. Am T1 haben sich Teile der Baustelle selbstständig gemacht, weswegen kurzzeitig das gesamte T1 geräumt werden musste.
Jetzt mal zu dem leidigen Thema Sturmbetankung (was auch in einem anderen Thread aufgekommen ist): Du stellst es so da, als würden an den relevanten Stellen ein paar Volldeppen sitzen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. In MUC wurden seit Sonntag Abend alle Flieger, die in den Nightstop gingen, sturmbetankt. Das bedeutet je nach Airline entweder eine gewisse Menge Sprit (oft: Flügel voll) oder einfach tanken bis Oberkante Unterlippe. Da in der Luftfahrt zum Glück noch Sicherheit vor On-Time Performance steht, wird dann halt nach Ankunft so viel getankt, wie es die Richtlinien vorschreiben, und nicht so viel, wie es für den (möglicherweise) nächsten Flug passend wäre - zumal die Airline ja noch gar nicht mit Sicherheit sagen kann, welcher Flieger wann wohin gehen wird.
Das bedeutet, um es nochmal deutlich auszudrücken, dass alle A320 der LH prinzipiell die gleiche Menge Sprit an Bord gehabt haben dürften und dass es demnach dann auch egal ist, ob LH hier 30 oder 200 A320 auf Halde stehen hat.
Enttanken dauert übrigens auch wesentlich länger als betanken, und geht im Unterschied zum betanken auch ausschließlich mit richtigen Tankwagen und nicht mit Unterflur-Pumpwagen, weil der einmal betankte Sprit nicht in das unterirdische Treibstoffnetz zurückgegeben werden darf. Leider haben die in MUC ansässigen Tankerfirmen (geschätzt) 70% Pumpwagen und nur zu 30% richtige Tanker.
Und um hier gleich noch einen Denkfehler von dir auszubügeln: Die kurze Strecke ist dabei - anders als von dir dargestellt - eher kontraproduktiv, weil du in der Situation am Landing Weight limitiert bist. Du verbrennst auf der Strecke nicht genügend Sprit, um wieder darunter zu kommen.
Rant over.
Jetzt zur allgemeinen Manöverkritik: Ganz unbescholten will ich den Flughafen jetzt hier auch nicht davonkommen lassen, wobei sich hier eher ein systematisches Problem offenbart, das an jedem gut ausgelasteten Flughafen der Welt so passieren würde. Kommt der Flugbetrieb einmal zum erliegen, entwickelt sich ein Rattenschwanz an Chaos, den man nicht wegbekommt. In dem Moment fällt es halt auf die Füße, dass alle relevanten Stellen gerade mal so besetzt sind, dass im Normalfall recht entspannt gearbeitet werden kann. Sobald dann ein Irreg von dieser Qualität auftritt, implodiert das ganze System, weil ein Fall auftritt, den man im CRM (Crew Ressource Management) in der Luftfahrt Task Saturation nennt. Bedeutet, in den relevanten Stellen sind einfach nicht genügend graue Zellen vorhanden, um sich um die immer mehr werdenden Probleme zu kümmern. Da weiß dann A nicht mehr so genau, was B macht, und C ist im kompletten Blindflug unterwegs und wendet das beliebte Konzept "precision guesswork" an. Auf deutsch gesagt, es ist viel einfacher, das Uhrwerk am laufen zu halten, als das Uhrwerk zum laufen zu bringen.
Diese Situation ist aber ökonomisch verständlich, denn (genauso wie beim starken Schneefall) kann ich nicht Irreg-Equipment und -Kapazität für 3 Irreg-Tage im Jahr an 362 Normal-Ops-Tagen vorhalten. Das wäre sicher rein technisch möglich, würde sich aber eindrücklich auf die Entwicklung der Flugpreise auswirken.