[30.09.15] Startabbruch einer Luxair Dash 8-400 in SCN

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alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.188
448
MUC
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Ob das wirklich nur ein "psychologisches Problem" war oder ob mit den Prozeduren bzw. der Cockpit-Kultur von Luxair etwas grundsätzlich im Argen liegt, wird wohl erst der offizielle Untersuchungsbericht zeigen. Dass die Airline jetzt eine alleinig Schuldige präsentiert und die Kommunikationsherrschaft zurück haben will, überrascht in meinen Augen nicht.

Interessant in dem Artikel von L'essentiel finde ich aber, dass bis Ende Oktober (falls es stimmt) wegen der fehlenden Maschine bereits 89 Flüge ausgefallen sein sollen.
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.129
In Deutschland ist eine fristlose Kuendigung fuer einen echten Fehler (sprich, kein Vorsatz im Spiel) praktisch unmoeglich.

Da ich mit der Materie nicht mehr befasst bin, dies unter Vorbehalt:

Der Anknüpfungspunkt bei einem Piloten ist insoweit nicht der Fehler, sondern der dauerhafte Lizenzentzug nach luftfahrtbehördlicher Untersuchung des Vorfalls.
 
A

Anonym38428

Guest
Zieht denn so ein Fehler zwingend einen dauerhaften Lizenzentzug nach sich?
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.129
Als Jurist sage ich: Das kommt darauf an.

Scherz beiseite, kann man nicht abstrakt beantworten, da es natürlich immer eine Frage ist, die der Wertung des damit befassten Entscheiders unterliegt.

Nach dem, was hier zu dem Vorfall gepostet wurde hinsichtlich der Untersuchungserkenntnisse, scheint es sich um ein Augenblicksversagen gehandelt zu haben (die Pilotin hat einen antrainierten Ablauf aus irgendeinem Grund zu früh ausgeführt). Vielleicht ist das dann halt der Grund dafür, dass man sie nicht gekündigt hat, sondern anderweitig weiterbeschäftigt.
 
A

Anonym12392

Guest
Die Sicherung, die ein Einfahren der Räder am Boden verhindern soll, hatte die Kopilotin mit dem Betätigen des Hebels ebenfalls ausgeschaltet.
Wieso macht man sowas überhaupt? Ein weiteres Versehen?
 

Petz

Erfahrenes Mitglied
08.11.2009
6.002
6.989
update auf avh:

On Nov 17th 2015 the airline reported in a press conference, that the first officer had retracted the landing gear too early, about three seconds prior to rotation and before the captain aborted takeoff causing the aircraft to settle on its belly without landing gear which resulted in heat and smoke in the cabin. The captain as well as cabin crew acted well in the course of the occurrence, the first officer however was suspended.

Was soll das?
 

Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
20
Farewell City
Ohne die CVR Transcripts ist diese Sache nach wie vor nebulös.

Was den "Lizenzentzug" angeht:

Als Jurist sage ich: Das kommt darauf an.

Das ist natürlich korrekt, dennoch sind die Hürden für einen unwiderruflichen
Lizenzentzug unendlich hoch, und die Verwaltung scheut naturgemäss Bescheide
zu erlassen deren Rechtsfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
vor Gericht ausgefochten werden.

Aufgrund eines "Bedienfehlers" kann eine Behörde eine Lizenz nicht entziehen.

Dazu sind imho andere Voraussetzungen notwendig, z.B. eine gerichtlich festgestellte
Straftat, nachgewiesene vorsätzliche Handlungen, die die Flugsicherheit beeinträchtigt haben usw.
Alles sehr schwer beweisbar - und: Wo kein Kläger da kein Richter. Der Ansatzpunkt
für den Lizenzentzug ist dann normalerweise die "mangelnde Zuverlässigkeit".

Faktisch hat sogar der CPT des Hapag Lloyd Airbus in Wien vor Gericht die Basis einer
Wiedereinstellung und Weiterbschäftigung erstritten, sollte ihm vor Gericht keine
strafbare Handlung nachgewiesen werden können.

Andere Fälle von in meinen Augen grober Fahrlässigkeit: ungenehmigter Formationsflug zum Zweck
von Air-to-Air Luftaufnahmen über dicht besiedeltem Gebiet, mit anschließendem Absturz (durch Berührung
der Maschinen) von einer beteiligten Maschine (mit Toten) und der Notlandung der anderen Maschine
mit massivem Sachschaden und glücklicherweise keinen verletzten Dritten sind was die Lizenzen angeht
im Sande verlaufen.

Jeder Pilot hat nach so einem Accident aber eine ganz andere Bürde zu tragen:
Jede Airline fragt im Rahmen der Einstellung ab, "have you ever been involved in an accident?".

In anderen Worten: Selbst mit Lizenz eine Anstellung zu finden wird schwer...sehr schwer.

Ob die Luxair sich mit ihrer Kommunikation und der damit verbundenen Aussenwirkung auf eigenes Personal
und interessierte Öffentlichkeit einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln.

Eigentlich ist global eine "No Punish" Mentalität gegenüber fliegendem Personal anerkannt und wird so auch
umgesetzt.
 

Takeoff53

Erfahrenes Mitglied
17.03.2013
826
46
Great Circle
Pilot kündigen/loswerden?

Piloten muss man nicht unbedingt kündigen, wenn man sie nicht mehr will. Es gibt bekannte Fälle wo Leute bei einem Check im Simulator dermassen durchgenuddelt wurden, dass sie den Check vermasselten und dann braucht es nicht mehr viel und man ist draussen.
Auch dieser Pilotin muss man nicht kündigen, das wird sich von allein regeln. Ich habe noch keinen Piloten gesehen, der in einer Airline einen Groundjob akzeptiert hat, weil er wegen solchen Vorkommnissen gegroundet wurde (Medical ist was ganz anderes). Und mit einer solchen Geschichte im CV einen anderen Job im Cockpit zu bekommen ist in der westlichen Hemisphäre fast unmöglich.
 
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ichundou

Erfahrenes Mitglied
05.11.2013
2.801
3
FRA
... Ich habe noch keinen Piloten gesehen, der in einer Airline einen Groundjob akzeptiert hat, weil er wegen solchen Vorkommnissen gegroundet wurde (Medical ist was ganz anderes). Und mit einer solchen Geschichte im CV einen anderen Job im Cockpit zu bekommen ist in der westlichen Hemisphäre fast unmöglich.

Dann zweiter Satz ist doch dann die Antwort auf Deinen Ersten: Etwas anderes als einen "Groundjob" zu machen bleibt dieser Dame doch garnicht übrig.
 

ichundou

Erfahrenes Mitglied
05.11.2013
2.801
3
FRA
Ohne die CVR Transcripts ist diese Sache nach wie vor nebulös.

Was den "Lizenzentzug" angeht:



Das ist natürlich korrekt, dennoch sind die Hürden für einen unwiderruflichen
Lizenzentzug unendlich hoch, und die Verwaltung scheut naturgemäss Bescheide
zu erlassen deren Rechtsfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
vor Gericht ausgefochten werden.

Aufgrund eines "Bedienfehlers" kann eine Behörde eine Lizenz nicht entziehen.

Dazu sind imho andere Voraussetzungen notwendig, z.B. eine gerichtlich festgestellte
Straftat, nachgewiesene vorsätzliche Handlungen, die die Flugsicherheit beeinträchtigt haben usw.
Alles sehr schwer beweisbar - und: Wo kein Kläger da kein Richter. Der Ansatzpunkt
für den Lizenzentzug ist dann normalerweise die "mangelnde Zuverlässigkeit".

Faktisch hat sogar der CPT des Hapag Lloyd Airbus in Wien vor Gericht die Basis einer
Wiedereinstellung und Weiterbschäftigung erstritten, sollte ihm vor Gericht keine
strafbare Handlung nachgewiesen werden können.

Andere Fälle von in meinen Augen grober Fahrlässigkeit: ungenehmigter Formationsflug zum Zweck
von Air-to-Air Luftaufnahmen über dicht besiedeltem Gebiet, mit anschließendem Absturz (durch Berührung
der Maschinen) von einer beteiligten Maschine (mit Toten) und der Notlandung der anderen Maschine
mit massivem Sachschaden und glücklicherweise keinen verletzten Dritten sind was die Lizenzen angeht
im Sande verlaufen.

Jeder Pilot hat nach so einem Accident aber eine ganz andere Bürde zu tragen:
Jede Airline fragt im Rahmen der Einstellung ab, "have you ever been involved in an accident?".

In anderen Worten: Selbst mit Lizenz eine Anstellung zu finden wird schwer...sehr schwer.

Ob die Luxair sich mit ihrer Kommunikation und der damit verbundenen Aussenwirkung auf eigenes Personal
und interessierte Öffentlichkeit einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln.

Eigentlich ist global eine "No Punish" Mentalität gegenüber fliegendem Personal anerkannt und wird so auch
umgesetzt.

Wenn man bedenkt, wie leicht man seinen Führerschein verlieren kann, dann ist das schon krass.
 

Takeoff53

Erfahrenes Mitglied
17.03.2013
826
46
Great Circle
Dann zweiter Satz ist doch dann die Antwort auf Deinen Ersten: Etwas anderes als einen "Groundjob" zu machen bleibt dieser Dame doch garnicht übrig.

Ich muss vielleicht präzisieren: Die Dame wird sicher irgendwo einen Job bekommen, auch in einer Airline ausserhalb des Cockpits. Aber ich kennen keinen vergleichbaren Fall, wo ein Pilot - nach dem Verlust der Arbeit im Cockpit - in seiner angestammten Firma, einen Groundjob angenommen hat. Das kratzt wohl zu fest am Ego.
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
25.246
11.110
irdisch
Shit happens. Die kommt woanders fliegend wieder unter. Außerdem wird sie nach diesem schnellen "Schuldspruch" seitens der Firma vielleicht auch selbst was anderes wollen?
 

rorschi

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
10.155
3.504
ZRH / MUC
Dazu sind imho andere Voraussetzungen notwendig, z.B. eine gerichtlich festgestellte
Straftat, nachgewiesene vorsätzliche Handlungen, die die Flugsicherheit beeinträchtigt haben usw.

Bei einem anderen Airline-Konzern in der EU (derjenige, der auf meiner weltweiten absoluten und in Stein gemeisselten No-Fly-List zuoberst steht) ist ein Kapitän wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden: Auf Enteisung verzichtet, nicht hochgekommen, 1 Toter am Boden.

Und trotzdem lässt Air Fr:censored:nce ihn als Kapitän weiterfliegen:

Crash du Fokker à l'aéroport de Pau : le récit inédit du pilote - LaRepubliquedesPyrenees.fr

Professionell bis zum Schluss. Also gibt es da wohl keine EU-weiten Regelungen.
 
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Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.907
16.007
Faktisch hat sogar der CPT des Hapag Lloyd Airbus in Wien vor Gericht die Basis einer
Wiedereinstellung und Weiterbschäftigung erstritten, sollte ihm vor Gericht keine
strafbare Handlung nachgewiesen werden können.

Wobei der am Ende ja tatsaechlich verurteilt wurde.


Eigentlich ist global eine "No Punish" Mentalität gegenüber fliegendem Personal anerkannt und wird so auch
umgesetzt.

Ja, zu Recht. Aber im wesentlichen innerhalb der Branche. Die Justiz laesst sich da von solchen Erwaegungen zur Flugsicherheit nicht abhalten. Neben dem besagten HF-Kapitaen faellt mir noch der Contact-Air-Pilot von dem Paris-Crash ein, der wegen fahrlaessiger Toetung verurteilt wurde.

"No punish" kann aber auch zu weit gehen: Der LX-3597-Kapitaen haette schon lange zuvor mindestens intensiv geschult, vielleicht auch gegroundet werden muessen.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.907
16.007
Ist das nicht eher eine Versetzung? Ich unterstelle mal, dass ihr Gehalt unverändert geblieben ist.

Wenn man davon ausgeht, dass im Arbeitsvertrag die Taetigkeit definiert ist, nicht. Wenn drinsteht, dass sich der Arbeitgeber vorbehaelt, jederzeit eine andere Taetigkeit bei gleichem Gehalt zuzuweisen, waere es etwas anderes; aber das kann ich mir, gerade bei Piloten, nicht vorstellen. Da wird eher im Gegenteil die aufloesende Bedingung des Lizenzverlustes festgeschrieben sein.
 

concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.814
Hamburg
Gab es nicht auch einen Swiss Piloten der am Boden das Fahrwerk eingezogen hatte und dennoch weitergeflogen ist?
 

rorschi

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
10.155
3.504
ZRH / MUC
Gab es nicht auch einen Swiss Piloten der am Boden das Fahrwerk eingezogen hatte und dennoch weitergeflogen ist?

Crossair.
Die jetzige Swiss hat betrieblich nichts mit der damaligen Crossair zu tun - da wurde gehoerig "ausgemistet" und Swissair-Standards uebernommen. Die ehemalige Crossair-Flotte wurde auch innerhalb kurzer Zeit von 82 auf 20 Maschinen reduziert.
 
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concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.814
Hamburg
Generell haben Airlines auch kein großes Interesse, dass Fehlverhalten und Schwachstellen ihrer Piloten nach "Vorkommnissen" groß in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Sehe das Ereignis der Luxair in einer Reihe dem Hapag Lloyd Piloten, der Wien ohne Treibstoff erreicht oder dem (Crossair oder Swiss) Piloten, der im Gewitter durch Norddeutschland irrte und ausserhalb Berlins dann auf einem stillgelegten Flughafen landete.